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Hat sich die politische Tagesordnung in Deutschland nach den Terroranschlägen in Amerika und ihren weitreichenden Folgen prinzipiell geändert? Oder sind nur andere Probleme in den Vordergrund gerückt, ohne daß sich die Themen, die vor den Anschlägen diskutiert worden sind, erledigt hätten? Lothar Späth ist zwar der Meinung, daß vor uns ein langer Weg liegt, um den internationalen Terrorismus zu überwinden. Sie dürfen aber seiner Ansicht nach nicht als Ausrede dafür herhalten, bei dringenden Fragen innerer Reformen einfach die Hände in den Schoß zu legen.
Der erfahrene Politiker und
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Produktbeschreibung
Hat sich die politische Tagesordnung in Deutschland nach den Terroranschlägen in Amerika und ihren weitreichenden Folgen prinzipiell geändert? Oder sind nur andere Probleme in den Vordergrund gerückt, ohne daß sich die Themen, die vor den Anschlägen diskutiert worden sind, erledigt hätten? Lothar Späth ist zwar der Meinung, daß vor uns ein langer Weg liegt, um den internationalen Terrorismus zu überwinden. Sie dürfen aber seiner Ansicht nach nicht als Ausrede dafür herhalten, bei dringenden Fragen innerer Reformen einfach die Hände in den Schoß zu legen.

Der erfahrene Politiker und erfolgreiche Manager weiß, was Bürger in einem Bundestagswahlkampf vor allem erfahren möchten: wie die großen Zukunftskonzepte der Parteien aussehen, wie sie auf die Veränderungen der Gesellschaft, auf die demografische Entwicklung, auf die Globalisierung, auf eine verunsicherte Wirtschaft regieren wollen.
Der Opposition rät er, sich nicht mit Fragen aufzuhalten, die in der zurückliegenden Zeit noch heiß diskutiert wurden - also mit der Steuer-, der Renten- oder Gesundheitsreform, die der frühere Ministerpräsident von Baden-Württemberg ebensowenig für wahlentscheidend hält wie die Europapolitik. Für entscheidend hält er vielmehr, neben der Sicherheitspolitik, den Wandel vom Wohlfahrtsstaat zur Bürgergesellschaft, "in deren Mittelpunkt zuerst die Eigenverantwortung des einzelnen und kleiner Gemeinschaften steht und in der die lenkende Hand des Staates nur notfalls eingreift".
Neben einem verstärkten staatlichen Schutz der Bürger vor äußerer und inner erBedrohung ist der konsequente Abbau von Regulierungen in Wirtschaft und Gesellschaft für Lothar Späth "das zentrale Thema" der nächsten Jahre: "Nur mit mehr selbständigen und/oder unternehmerisch denkenden Menschen - vor allem im Dienstleistungsbereich - läßt sich Wohlstand für alle sichern, gerade auch für sozial Schwache und Alte." Deshalb müsse zum Beispiel, im Rahmen der kommunalen Nachbarschaft, der Genossenschaftsgedanke reaktiviert werden. Die soziale Botschaft heiße nicht: "Liebe das Finanzamt", sondern: "Liebe deinen Nächsten".
Autorenporträt
Dr. h. c. Lothar Späth, geboren 1937 in Sigmaringen, wurde 1967 Bürgermeister von Bietigheim. Von 1970 bis 1974 war er Vorstandsmitglied der Neuen Heimat Hamburg, 1970 bis 1977 erst Aufsichtsrats- und dann Vorstandsmitglied der Baresel AG in Stuttgart. Von 1968 bis 1978 gehörte er dem baden-württembergischen Landtag an, wo er von 1972 bis 1978 CDU-Fraktionsvorsitzender war. 1978 wurde er Innenminister und danach Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Von 1981 bis 1989 war er stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender. Seit 1991 ist er Vorsitzender der Geschäftsführung bzw. Vorstandsvorsitzender der Jenoptik in Jena, seit 1992 norwegischer Generalkonsul in Thüringen und Sachsen-Anhalt, seit 1996 Präsident der IHK Ostthüringen zu Gera, seit 2001 Honorarprofessor an der Universität Jena. Er hat mehrere erfolgreiche Bücher veröffentlicht und moderiert die ntv-Talkshow "Späth am Abend".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.06.2002

Löchlein im staatlichen Netz
Lothar Späth wirbt für eine befreiende Wirtschaftspolitik

Lothar Späth: Was jetzt getan werden muß. Seitenblicke auf Deutschland. Hohenheim Verlag, Stuttgart 2002, 264 Seiten, 19,90 Euro.

Lothar Späth wirft "Seitenblicke" auf Deutschland. Das ist ein doppelter Glückstreffer: Der Leser bekommt Gelegenheit, sich wenige Monate vor der Bundestagswahl rasch noch ein Bild davon zu machen, wie der - in der sonntäglichen Gesprächsrunde von Sabine Christiansen freudianisch so betitelte - Schattenwirtschaftsminister der Union eigentlich denkt. Und dann sind Späths Reflexionen immer eine flotte, anregende Lektüre. Aber was soll die Koketterie mit den "Seitenblicken"? Es handelt sich wohl nur um eine Verlegenheitsfloskel des Verlags, der den Band aus Kolumnen, Reden und Vorträgen zusammengestoppelt hat - und damit angesichts des Vorhabens von Kanzlerkandidat Edmund Stoiber, der FDP das Wirtschaftsministerium im Fall eines Wahlsiegs abspenstig zu machen und mit Lothar Späth zu besetzen, immerhin Zukunftsgespür beweist.

An der Lieblosigkeit eines solchen Text-Recyclings mag man sich stoßen. Doch die Lektüre ist trotzdem lohnend. Wer es nicht schon weiß, der bekommt facettenreich vor Augen geführt, daß Späth jemand ist, der aufrütteln will und kann. Jemand, der verkrustete Strukturen nicht erträgt - und der gute Argumente mit Humor verbindet.

So bekommt die rot-grüne Bundesregierung einiges zu hören: "Ein unflexibler Arbeitsmarkt hindert Deutschland an wichtigen Fortschritten. Die Regierung erfindet dauernd künstliche Methoden, wie man - zum Beispiel mit dem Job-Aqtiv-Gesetz - Arbeitsplätze schaffen könnte, statt die Überregulierung zu beseitigen. Wer die Unternehmer - vor allem die kleinen Mittelständler - immer mehr fesselt, um ihnen dann zu zeigen, durch welche Löchlein, die das Netz noch hat, sie entwischen könnten, der hat den Unterschied zwischen Ordnungspolitik und überdimensierter Regulierungswut nicht begriffen." Recht hat er - doch seine eigenen Vorstellungen zur Lösung der Beschäftigungsprobleme wirken reichlich nebulös. Späth träumt bloß den Genossenschaftsgedanken weiter: "Die wachsende Zahl älterer Menschen, die noch leistungsfähig sind, aber am Arbeitsmarkt bei den regulierten Tarifsystemen keine Aufgabe mehr bekommen, sollte im öffentlichen Bereich eingesetzt werden."

Mehr Eigenverantwortung sei notwendig, meint Späth, und erkennt im Abbau von Regulierungen das zentrale Thema für den Wahlkampf. Ob Stoiber das auch so sieht? Späth will an der beschönigend so betitelten Daseinsvorsorge ansetzen, vom Gesundheitswesen bis zur Wasserversorgung. Die Bürokratie will er schrumpfen sehen - und Realitätssinn in der Politik verbreiten: "In diesem Staat darf es keine Putzfrau ohne Lohnsteuerkarte geben. Ich habe nur noch keine mit Lohnsteuerkarte gesehen. Also gibt es gar keine." Sein eigenes Credo ist klar: Entfesselung der wirtschaftlichen Triebkräfte, Befreiung der Privatinitiative. "Im Kern muß es der Wirtschaftspolitik darum gehen, Unternehmen im internationalen Wettbewerb Chancen zu eröffnen und gleichzeitig Spielregeln aufzustellen, die den Standort wettbewerbsfähig halten."

Manchmal braucht das "Cleverle" nicht einmal zu argumentieren, sondern läßt die Fakten ihre eigene Lächerlichkeit entfalten: "In einer Woche habe ich drei Überschriften in Zeitungen gelesen. Erste Überschrift: Der Numerus clausus muß in der Informatik eingeführt werden, weil die Zahl der Studenten doppelt so hoch ist wie die Zahl der angebotenen Studienplätze. Zweite Meldung: Wir müssen mehr Greencards ausgeben, um Ausländer als Informatiker hereinzuholen. Dritte Meldung: Im Osten laufen die jungen Leute weg." Warum komme angesichts solcher Tatsachen niemand auf die Idee, in Ostdeutschland 25 Fachhochschulen aus dem Boden zu stampfen und den Numerus clausus zu vergessen? Mehr als eine halbe Milliarde Euro wären dafür nicht notwendig, meint Späth. Er wirbt für seine Idee der technologischen Cluster: Universitäten, Fachhochschulen, Berufsakademien und Forschungseinrichtugen als Ansatzpunkt, um einen neuen Mittelstand und Industriebesatz aufzubauen. Ganz ohne Brüche bleiben seine Äußerungen freilich nicht. Späth ist zwar ein glaubwürdiger Marktwirtschaftler: "Der internationale Wettbewerb wird alle Gesellschaften bestrafen, die ihr System nicht in Richtung von mehr Marktwirtschaft reformieren." Aber er bleibt im Grunde seines Herzens doch Politiker: "Wer nicht will, daß das Primat der Politik durch die drohende Dominanz der Wirtschaft abgelöst wird, darf die Herausforderung der Globalisierungsdynamik nicht ignorieren. Die Bewältigung der neuen Herausforderungen setzt einen handlungsfähigen Staat voraus. Ein ausufernder Staat ist kein starker Staat." Den Staat durch die anonyme Rationalität der Wirtschaft zu entmachten - so weit geht seine Liberalität mitnichten. "Der moderne Leistungsstaat ist eine nicht mehr wegzudenkende Voraussetzung für das Funktionieren unserer hochentwickelten und komplexen Gesellschaft geworden."

Eine Überraschung sind indes Späths Gedanken über die Zukunft der Europäischen Union. Er wertet es als fatal, daß die europäische Integration bisher auf den Binnenmarkt konzentriert geblieben sei. Damit finde die wenig Emotionen weckende Wirtschaft übermäßig viel Beachtung im Vergleich zum wesentlichen Kitt, der die Europäer im tiefsten Inneren zusammenhalte: die Kultur. Späth ist skeptisch gegenüber einer Ausweitung der Kompetenzen des Europa-Parlaments - aber er plädiert für das Modell eines "freiwilligen Kerneuropas mit dem Ziel, einen Bundesstaat aufzubauen".

KAREN HORN

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die Rezensentin Karen Horn freut sich über diese Neuveröffentlichung eilig zusammengestellter Kolumnen, Reden und Vorträge des Lothar Späth vor der Bundestagswahl. Die Leser hätten nun die Möglichkeit, ihren möglicherweise zukünftigen Wirtschaftsministers Lothar Späth und seine Vorstellungen zur Entwicklung der Wirtschaftspolitik "flott und anregend" vor Augen gebracht zu bekommen. Zentrales Thema des Wahlkampfes sei der Abbau von Regulierungen im Arbeitsmarkt: Abschaffung des Job-Aqtiv-Gesetzes, mehr Eigenverantwortlichkeit und Befreiung der Privatinitiative, lauten die in den Lösungsvorschlägen teilweise "nebulös" bleibenden Forderungen, fasst die Rezensentin zusammen. Als "Cleverle" bezeichnet Horn Lothar Späth, wenn er mit bestechend einfachen Ideen kommt: So zum Beispiel den Mittelstand und Industrie über "technologische Cluster" bedarfsgerecht neu aufzubauen - Kostenpunkt: eine halbe Million Euro. Horn ist überzeugt, dass Späth als Politiker einen handlungsfähigen Staat gegen die drohende Dominanz der Wirtschaft verteidigen würde. Für das Europa-Parlament möchte Späth jedoch keine Ausweitung der Kompetenzen, sondern ein "freiwilliges Kerneuropa", das der verbindenden Kraft der Kultur verstärkt Beachtung schenken sollte, zitiert die Rezensentin.

© Perlentaucher Medien GmbH