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Fern aller Klischees entsteht nach und nach das Porträt eines Mannes, der das gleiche Schicksal teilte wie die meisten seiner Helden: das der Einsamkeit, nicht nur als Künstler, sondern auch als Verantwortlicher für seine Filmstudios an der Rue de Jenner. Sein filmisches Universum gründet sich auf die Leere des Menschen: ein Kino leerer Aktion und formaler Perfektion. Wäre es nicht paradox, so müßte man dieses uvre eine filmische Mythologie der Leere nennen.'Lohnt es sich also - und das meine ich ohne jede Koketterie -, über meine eigenen Filme so zu reden, wie ich gern über bestimmte andere…mehr

Produktbeschreibung
Fern aller Klischees entsteht nach und nach das Porträt eines Mannes, der das gleiche Schicksal teilte wie die meisten seiner Helden: das der Einsamkeit, nicht nur als Künstler, sondern auch als Verantwortlicher für seine Filmstudios an der Rue de Jenner. Sein filmisches Universum gründet sich auf die Leere des Menschen: ein Kino leerer Aktion und formaler Perfektion. Wäre es nicht paradox, so müßte man dieses uvre eine filmische Mythologie der Leere nennen.'Lohnt es sich also - und das meine ich ohne jede Koketterie -, über meine eigenen Filme so zu reden, wie ich gern über bestimmte andere Filme rede? Ich weiß es nicht. Erst in fünfzig Jahren wird man das wissen. (.) Der ideale Schöpfer ist für mich derjenige, der ein exemplarisches Werk ersonnen hat, ein Werk, das als Beispiel dient. Er muß frei, mutig und unnachgiebig sein, und er muß gesund sein, denn wie die Wolgaschiffer ihre Lastkähne, so zieht er eine Mannschaft.' Jean-Pierre Melville (aus dem Vorwort)
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Autorenporträt
Jean-Pierre Melville, 1917- 1973, Wegbereiter und spiritueller Vater der Nouvelle Vague, gilt als Meister der Kinosprache und schlug seinen Weg als Ästhet und Chronis der Unterwelt ein, inspiriert von zwei froßen Filmgenres, dem amerikanischen Film Noir und dem Western.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.12.2002

Zwitschernd kam der Tod herbei
Jean-Pierre Melvilles "Kino der Nacht" / Von Michael Althen

Jean-Pierre Melville lebte in jenem Dunkel, das seine Filme ausleuchteten. Er stieg abends in seinen weißen Ford Galaxy und fuhr über die Champs-Élysées, wo er die Besucherschlangen vor den Kinos kontrollierte, durch die äußeren Viertel an den Prostituierten vorbei hinaus in jenes Niemandsland, wo Paris aussieht wie tausend andere Städte auch. So rollte er in gemächlichem Tempo durch die Nacht, meistens allein, manchmal mit Frau und Freunden, dozierte über Filme und hielt allenfalls an, um an einem Lagerschuppen oder unter einer Eisenbahnbrücke Einstellungen zu suchen, in denen Paris wie Manhattan wirken würde. Im Morgengrauen nahm er dann am Pigalle ein Frühstück zu sich, ehe er sich ins Bett legte, wo er dann den Tag mit Zeitungen zubrachte.

Melville (1917 bis 1973) hieß eigentlich Grumbach, nannte sich aus Bewunderung für den Autor von "Pierre or the Ambiguities" Melville, trug immer einen Stetson und hatte sich auch sonst durch und durch dem amerikanischen Kino verschrieben. Seine in den Sechzigern entstandenen Filme wie "Der eiskalte Engel", "Vier im roten Kreis" oder "Der Teufel mit der weißen Weste" sind zwar so amerikanisch, wie das in Frankreich nur denkbar ist, letztlich aber doch so französisch, wie das einem Amerikaner nie möglich wäre. Gerade weil in ihnen die Sehnsucht nach einem bestimmten Bild von Amerika eingeschrieben ist, wirken sie manchmal fast träumerisch leicht, wie kunstvolle Variationen zu einem Thema. Melville, der ein eigenes kleines Studio mit Vorführraum in der Rue Jenner besaß, verbrachte viel Zeit damit, sich amerikanische Filme wieder und wieder anzusehen, zehn-, zwanzig-, dreißigmal. So betrieb er ein ausgiebiges Studium der Genre-Regeln, bei dem er darauf kam, daß es im Gangsterfilm genau neunzehn verschiedene Situationen zwischen Räuber und Gendarm gibt - und nur einen Film, der sie alle versammelt: "Asphalt-Dschungel" von John Huston. Für Melville genügt das schon, um ihn zu einem der besten Filme der Welt zu machen. Genau diese apodiktischen Urteile sind es, die dieses Interview-Buch mit ihm zu einem solchen Vergnügen machen.

Schon 1973 ist "Le cinéma selon Melville" in Frankreich erschienen - um so schöner, daß es der Herausgeber Robert Fischer geschafft hat, es nach fast dreißig Jahren im Berliner Alexander Verlag auch auf deutsch zu publizieren. Ursprünglich wollte der portugiesische Filmkritiker Rui Nogueira ein Werkstattgespräch mit François Truffaut führen, so wie dieser es einst mit Alfred Hitchcock getan hat. Als sich aber herausstellte, daß die beiden nicht auf der gleichen Wellenlänge lagen, schlug Nogueira als Ersatz Melville vor, der als heimlicher Vater der Nouvelle Vague galt. Von deren Vertretern wie Godard wurde er zwar bewundert, war aber ein strenger "Vater", der längst nicht alles guthieß, was die jungen Wilden mit der Kamera veranstalteten. Aber vor der Folie seiner poetisch-geometrischen Filme lesen sich seine exzentrischen Urteile und sein fast akademischer Umgang mit Hollywood um so aufregender. Melville hat immer gewußt, was er tut, und kann deshalb präzise wie kaum ein anderer über seine Filme und ihre Entstehungsgeschichten reden. Eines jener wunderbaren Details, an denen sich die Phantasie entzünden kann, ist dabei die Geschichte von dem kleinen Vogel, dessen monotones Gezwitscher in "Le samouraï" Alain Delons langen Weg in den Tod begleitet - er ist umgekommen, als 1967 Melvilles Studio abbrannte.

Weil das Interview vor Melvilles letztem Film geführt wurde, gibt es ein Nachwort des Regisseurs Philippe Labro, das sich mit "Un flic" befaßt, dazu die wunderbare Erinnerung von Volker Schlöndorff an seine Nächte mit Melville sowie ein Interview, in dem Robert Fischer Rui Nogueira befragt. So ist eine geradezu vorbildliche Ausgabe entstanden, die für all die Jahre entschädigt, die man auf die Übersetzung warten mußte.

Rui Nogueira: "Kino der Nacht". Gespräche mit Jean-Pierre Melville. Herausgegeben und übersetzt aus dem Französischen von Robert Fischer. Alexander Verlag, Berlin 2002. 280 S., Abbildungen, 19,90 [Euro].

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"Für Fans des 'film noir' ein Muss."(KinoKino BR-Online)

"Schon 1973 ist 'Le cinéma selon Melville' in Frankreich erschienen - um so schöner, daß es der Herausgeber Robert Fischer geschafft hat, es nach fast dreißig Jahren im Berliner Alexander Verlag auch auf deutsch zu publizieren. Ursprünglich wollte der portugiesische Filmkritiker Riu Nogueira ein Werkstattgespräch mit Francois Truffaut führen, so wie dieser es einst mit Alfred Hitchcock getan hat. Als sich aber herausstellte, daß die beiden nicht auf der gleichen Wellenlänge lagen, schlug Nogueira als Ersatz Melville vor, der als heimlicher Vater der Nouvelle Vague galt. Von deren Vertretern wie Godard wurde er zwar bewundert, war aber ein strenger 'Vater', der längst nicht alles guthieß, was die jungen Wilden mit der Kamera veranstalteten. Aber vor der Folie seiner poetisch-geometrischen Filme lesen sich seine exzentrischen Urteile und sein fast akademischer Umgang mit Hollywood um so aufregender. Melville hat immer gewußt, was er tut, und kann deshalb präzise wie kaum ein anderer über seine Filme und ihre Entstehungsgeschichten reden. Eines jener wunderbaren Details, an denen sich die Phantasie entzünden kann, ist dabei die Geschichte von dem kleinen Vogel, dessen monotones Gezwitscher in 'Le samourai' Alain Delons langen Weg in den Tod begleitet - er ist umgekommen, als 1967 Melvilles Studio abbrannte.

Weil das Interview vor Melvilles letzten Film geführt wurde, gibt es ein Nachwort des Regisseurs Philippe Labro, das sich mit 'Un flic' befaßt, dazu die wunderbare Erinnerung von Volker Schlöndorff an seine Nächte mit Melville sowie ein Interview, in dem Robert Fischer Rui Nogueira befragt. So ist eine geradezu vorbildliche Ausgabe entstanden, die für all die Jahre entschädigt, die man auf die Übersetzung warten mußte."(Michael Althen,FAZ vom 3.12.2002)…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Die verspätete deutsche Übersetzung der Gespräche von Rui Nogueira mit Jean-Pierre Melville begrüßt Fritz Göttler. Denn Melville war laut dem Rezensenten "der Fürst unter Frankreichs Filmemachern". Aus einer Verlegenheit entstanden, zeichnet das Buch ein Bild des Regisseurs, der auch als Schauspieler wirkte, wie Göttler berichtet. Dabei beeindruckt den Rezensenten, wie Melville in diesen Gesprächen in den sechziger Jahren und auch später sich selbst treu geblieben ist. So charakterisiert er Melville als autoritären Methodiker, der kein Jota von seinen Ideen abweiche und damit "an den Wahnsinn grenzt". Der Reiz dieses Porträts besteht für den Rezensenten darin, dass in der Person des "unabhängigen Filmemachers" gleichzeitig eine "wahre Geschichte Frankreichs nach dem Krieg" gezeichnet wird. So sei dann auch Melvilles Werk zu sehen.

© Perlentaucher Medien GmbH