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Im April 1905 bricht der abenteuerlustige Berliner Waldemar Abegg auf, um die Welt zu entdecken. Seine Route führt ihn in 18 Monaten zuerst quer durch die Vereinigten Staaten und dann über Hawaii in exotische Länder wie Japan, Korea, China, Burma und Indien.
Auf seiner Reise fotografiert er die ersten Wolkenkratzer in New York, bestaunt den Grand Canyon und besucht San Francisco vor dem Erdbeben von 1906. Anschließend fährt er über Hawaii nach Japan, in die Hauptstadt Tokio, wo er fasziniert mit der Kamera Leben und Rituale der Geishas festhält. Er besucht den Fudschijama, fährt weiter nach…mehr

Produktbeschreibung
Im April 1905 bricht der abenteuerlustige Berliner Waldemar Abegg auf, um die Welt zu entdecken. Seine Route führt ihn in 18 Monaten zuerst quer durch die Vereinigten Staaten und dann über Hawaii in exotische Länder wie Japan, Korea, China, Burma und Indien.

Auf seiner Reise fotografiert er die ersten Wolkenkratzer in New York, bestaunt den Grand Canyon und besucht San Francisco vor dem Erdbeben von 1906. Anschließend fährt er über Hawaii nach Japan, in die Hauptstadt Tokio, wo er fasziniert mit der Kamera Leben und Rituale der Geishas festhält. Er besucht den Fudschijama, fährt weiter nach Korea und China, wo er, stets auf der Suche nach lohnenden Fotomotiven, auch die Große Mauer besichtigt. Schließlich reist er nach Indonesien, Burma und Indien, wo er unter anderem Bombay, Kalkutta und die Insel Ceylon besucht. Dieses Buch zeigt eine Auswahl seiner beeindruckendsten Fotografien neben Auszügen aus dem originalen Tagebuch und lässt so das Abenteuer des Reisens in der damaligen Zeit wieder lebendig werden.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.03.2009

Waldemar und wie er die Welt sah
Im Jahr 1905 bricht ein steifer preußischer Beamter und Fotograf zu einer Reise um den Globus auf. Seine Eindrücke sind nun in einem Bildband versammelt, der den Wandel der Zeiten und des Reisenden offenbart Von Jochen Temsch
Ach, Waldemar. Jetzt hat er den Dampfer von Bremerhaven nach New York genommen, hat Amerika mit der neuen Eisenbahn durchquert und ist, immer noch korrekt angetan mit Nickelbrille, Hut und Reiserock, im Wilden Westen angekommen. In Idaho landet er auf dem Kutschbock eines streng riechenden Maultierhalters mit schmutzigem Bart, der von einem Stück Kautabak abbeißt und ihm den vor Spucke triefenden Pfriem anbietet. Wie soll Waldemar diese höfliche Geste ausschlagen, ohne den Kutscher zu beleidigen? Eine äußerst unangenehme Situation.
Waldemar Abegg ist ein Weltreisender im Jahre 1905, aber er ist kein unerschrockener Draufgänger. Er hat die Reise akribisch geplant, die ihn 18 Monate lang westwärts führen soll: USA, Japan, Korea, China, Indonesien, Birma, Indien – für jede Station hat er Vorsorge getroffen. Er hat Sitzplätze in Zügen und Kajüten reserviert, sich Empfehlungsschreiben besorgt. Er ist Jurist, Regierungsassessor, ein preußischer noch dazu, dessen Geburtsjahr 1873 fast mit der Gründung des deutschen Kaiserreichs zusammenfällt. Seine Jugend in einer Berliner Bankiersfamilie war geprägt von Disziplin und Ordnung. So einer schmeißt nicht alles hin für eine Reise. So einer holt sich den Segen und die finanzielle Unterstützung seines Vaters, dann nimmt er unbezahlten Urlaub unter dem Vorwand, eine Studie über die weltweiten Methoden der Umerziehung jugendlicher Straftäter zu verfassen.
Aber insgeheim arbeitet etwas anderes in ihm, Fernweh, das schon mit der Lektüre von Jules Vernes Roman „In 80 Tagen um die Welt” begann, der 1875 auf Deutsch erschien. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist die ganze Welt im Aufbruch. Die Pariser Weltausstellung hat ein Zeitalter der grenzenlosen Verheißungen und des Fortschrittsglaubens eingeläutet. Vor allem die Fotografie fesselt Waldemar. Er ist ein Mensch, der gerne hinschaut. Er will wenigstens einmal noch die vorgezeichnete Beamtenlaufbahn unterbrechen. Er muss sie sehen, diese aufregende Welt, und mit seiner handlichen Klappkamera dokumentieren.
Und wie Waldemar die Welt gesehen hat, zeigt nun der hinreißende Band „Reise in eine vergangene Zeit”, den der humanitär engagierte französische Jurist Boris Martin herausgegeben hat. Martin grub Waldemars Reisetagebuch und einen Teil seiner 1000 kolorierten Fotos, Schwarzweiß-Aufnahmen und Panoramabilder in einem Berliner Archiv aus, traf eine Auswahl und schrieb eigene einfühlsame Kapitel dazu, die Waldemars Fahrt in ihren historischen Kontext stellen. So bietet der Band berührend persönliche Ansichten einer Welt, die bald in den Gräueln der Weltkriege untergehen soll, und führt unmittelbar vor Augen, was eine solche Grand Tour im Wesen eines Menschen zu verändern imstande ist, solange er sich ihr hingibt.
Am Anfang, bei der Atlantiküberquerung, offenbart Waldemar noch preußisches Standesbewusstsein. Er schreibt: „Sobald man an Bord kommt . . . geht man sofort zum Obersteward und erkundigt sich nach der Tischordnung, dann sind noch einige Änderungen möglich.” Vom Oberdeck herab fotografiert er diejenigen, die ganz andere Sorgen haben: Frauen mit Kopftüchern, blasse Kinder, Juden auf der Flucht vor der Verfolgung in Osteuropa – doch einen Tagebucheintrag ist ihm das Elend dieser Menschen nicht wert. Überhaupt hat er es nicht so mit seinen Mitreisenden. Er will am liebsten von niemandem behelligt werden, und wenn er doch Konversation machen muss, führen ihn seine Steifheit und seine lückenhaften Englischkenntnisse leicht in Fettnäpfchen.
In New York erlebt Waldemar die Geburt einer Weltmetropole. Die Straßen werden seit kurzem gepflastert. Zwar holpern noch Kutschen darüber, aber es sind schon die elektrischen Trams und die zwischen gigantischen Bürotürmen zirkulierenden Hochbahnen, die das Stadtbild dominieren. Ab und zu tuckert sogar ein Automobil vorbei – Waldemar fotografiert begeistert. Er ist fasziniert von der Technik und den Naturschönheiten der USA. Allerdings wundert er sich, dass die Menschen nicht einmal Zeit haben, ihre Mahlzeiten am Tisch zu beenden, sondern mümmelnd auf den Gehwegen umhereilen – er kennt noch keinen Kaugummi. Vier Monate lang erkundet er die Ostküste, dann nimmt er die Eisenbahn, die erst seit ein paar Jahren das Landesinnere erschließt. Im Westen vergleicht er seine von Karl May gefütterte Phantasie mit der Wirklichkeit des Grand Canyon, der Rocky Mountains und der Prärie, wo er an den Kutscher mit dem Kautabak gerät. Waldemar beißt nicht davon ab. Er stopft sich stattdessen schnell etwas zu essen aus seinem Vorratsbeutel in den Mund. „Ein Blick unsäglicher Verachtung traf mich”, schreibt er. Aber es ist ihm gleich. Er hat die Situation gemeistert. Er ist jetzt immer souveräner unterwegs.
Über Hawaii reist er nach Japan, wo ihn die Kunst und die anmutigen Rituale faszinieren. In Tokio geht ihm der aufdringliche deutsche Botschafter Graf Arco Valley auf die Nerven, der Jahre später zum Mörder des ersten bayerischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner werden soll. Der Liebreiz junger Geishas macht Waldemar blümerant: „Wo man sie auch hinsetzte oder hinstellte, gab es ein Bild”, schreibt er. Er fährt nach Korea und China, wo er die Große Mauer besteigt, von der sein Lehrer noch behauptet hatte, sie existiere gar nicht, sondern sei nur eine Metapher für die Abschottung des Landes. Weiter geht es nach Indonesien, Burma und Indien. Auf Ceylon bekommt Waldemar Malaria, aber das hält ihn nicht von seinen geplanten Ausflügen ab. Er will nichts versäumen. Auch will er weg von den anderen Reisenden. Die eleganten Europäer und ihre gezierte Lebensart findet er inzwischen abstoßend. Er ist nicht mehr derselbe.
Nach 18 Monaten kehrt Waldemar Abegg über den Suezkanal zurück in die mittlerweile „ungeliebte Zivilisation”. Er gründet eine Familie und steigt zum Präsidenten der Regierung in Schleswig auf. Die Nazis schicken ihn 1933 in den Ruhestand. Er teilt ihre Ideologie nicht – die Weltanschauung von Menschen, die die Welt nie angeschaut haben.
Waldemar Abegg, Boris Martin
Reise in eine vergangene Zeit
Rund um die Welt 1905. Aus dem Französischen von Ilse Rothfuß. Frederking & Thaler, München 2009. 192 Seiten mit 112 Abbildungen, 39,90 Euro.
In New York erlebt Waldemar Abegg die Geburt einer Weltmetropole. Die Uferpromenade des Hudson River teilen sich die Spaziergänger noch mit Pferdegespannen. Aber die Großstadthektik hat schon Einzug gehalten. Abegg beobachtet Menschen, die anscheinend im Gehen essen – er kennt noch keinen Kaugummi. Foto: Waldemar Abegg Foundation/AKG-images
Die Rituale Japans faszinieren den Preußen am meisten. Indien durchquert er von Ost nach West. Fotos: Waldemar Abegg Foundation/AKG-images
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.12.2009

Zugeknöpfter Weltreisender

Wie wird das sein, fragt man sich beim Blättern in diesem Buch, wenn in hundert Jahren jemand die Reisebildbände unserer Zeit betrachtet - Bücher, in denen die Städte bei Nacht im kalten Neonschein leuchten und die Landschaften oft geprägt sind von ersten Spuren einer sich abzeichnenden Zerstörung. Wird auch dies dann nostalgisch verklärt betrachtet, so wie jetzt die Aufnahmen, die der Berliner Waldemar Abegg Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts von seiner achtzehn Monate dauernden Weltreise mitbrachte? Es sind wunderbare Bilder einer verschwundenen Zeit, aufs Anmutigste handkoloriert, Dokumente exotischer Welten. Dabei fühlte Abegg damals zu allererst den Puls der Zeit, wenn er etwa in Elendsquartieren fotografierte oder die ersten Automobile in New York festhielt. Das Leben im ländlichen Asien zeigt er nicht nur als Idyll. Und die Stille in Korea vermittelt auch etwas Unheimliches. Nur der Wildnis scheint er sich ungebrochen hinzugeben. In Boris Martins kluger Nacherzählung der Reise freilich erfährt man, einem Entwicklungsroman gleich, wie der "zugeknöpfte" Abegg allmählich die Welt zu lieben lernte.

F.L.

"Reise in eine vergangene Zeit - Rund um die Welt 1905" von Waldemar Abegg; herausgegeben von Boris Martin. Frederking & Thaler Verlag, München 2009. 192 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Gebunden, 39,90 Euro.

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