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Der schwäbische Schreiner Georg Elser erkannte früh, dass Hitler nur mit Gewalt gestoppt werden kann. In dreißig Nächten hatte er im Münchner Bürgerbräukeller hinter dem Rednerpodium eine Bombe installiert. Das Attentat schlug fehl, Elser wurde an der Schweizer Grenze gestellt und sechs Jahre später im KZ Dachau hingerichtet. Dass für diesen Anschlag tatsächlich nur er allein verantwortlich war, wollten weder die Gestapo, noch spätere Historiker so recht glauben.

Produktbeschreibung
Der schwäbische Schreiner Georg Elser erkannte früh, dass Hitler nur mit Gewalt gestoppt werden kann. In dreißig Nächten hatte er im Münchner Bürgerbräukeller hinter dem Rednerpodium eine Bombe installiert. Das Attentat schlug fehl, Elser wurde an der Schweizer Grenze gestellt und sechs Jahre später im KZ Dachau hingerichtet. Dass für diesen Anschlag tatsächlich nur er allein verantwortlich war, wollten weder die Gestapo, noch spätere Historiker so recht glauben.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.12.1999

Ohne Sonderzug
Der Hitler-Attentäter Georg Elser wird inzwischen meistens gebührend gewürdigt

Helmut Ortner: Der Attentäter. Georg Elser - der Mann, der Hitler töten wollte. Überarbeitete und erweiterte Neuauflage. Verlag Klöpfer & Meyer, Tübingen 1999. 256 Seiten, Abbildungen, 39,80 Mark.

Hellmut G. Haasis: "Den Hitler jag' ich in die Luft". Der Attentäter Georg Elser. Eine Biographie. Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 1999. 271 Seiten, Abbildungen, 39,80 Mark.

Mehr als 40 Attentatsversuche auf Adolf Hitler wurden nach dem Zweiten Weltkrieg bekannt. Lediglich zwei davon verfehlten ganz knapp das Ziel: am 8. November 1939 im Bürgerbräukeller in München-Haidhausen und am 20. Juli 1944 im "Führerhauptquartier Wolfsschanze" bei Rastenburg in Ostpreußen. Dieser beiden sichtbaren Zeichen dafür, dass beherzte Gegner des Nationalsozialismus dem Diktator nach dem Leben trachteten, wird in der Bundesrepublik unterschiedlich gedacht. Während die Tat des Obersten Claus Graf Schenk von Stauffenberg in höchstem Ansehen steht, ist die Tat des Möbelschreiners Johann Georg Elser über Jahrzehnte hinweg nahezu unbeachtet geblieben. Mittlerweile hat Elsers Widerstand Anerkennung gefunden, wenn es auch nicht an gelegentlichen Versuchen fehlt, ihn zum Terroristen abzustempeln.

Pünktlich zum 60. Jahrestag des Attentats sind zwei biographische Würdigungen erschienen. Helmut Ortner überarbeitete sein 1989 publiziertes Buch über Elser. Hart geht der Autor mit der Nachkriegsgeneration ins Gericht, die sich mit Helmut Kohls Bemerkung von der "Gnade der späten Geburt" identifiziere und beabsichtige, "endgültig einen Schlussstrich unter eine nicht allzu lang zurückliegende, belastende Vergangenheit zu ziehen". Leider ist Ortner entgangen, dass es ausgerechnet Kohl war, der in seiner Gedenkrede am 20. Juli 1994 nicht nur die Namen Stauffenberg, Beck, Moltke, Bonhoeffer, Goerdeler und vieler anderer Hitler-Gegner aufzählte, sondern explizit zum Ausdruck brachte: ". . . wir gedenken der Tat eines Einzelnen wie des Johann Georg Elser."

Schon nach dem Anschlag vom 8. November 1939 war die Alleintäterschaft Elsers, der sich unmittelbar vor der Münchener Explosion über die "grüne Grenze" in die Schweiz absetzen wollte und gegen 20.45 Uhr in Konstanz zwei deutschen Zollbeamten in die Hände fiel, bezweifelt worden. In nationalsozialistischer Perspektive handelte es sich bei Elsers Tat um eine Auftragsarbeit des britischen Geheimdienstes. Daher genoss der Sonderhäftling des "Führers" während der jahrelangen Einzelhaft sogar gewisse Privilegien: Er durfte schreinern, Zither spielen und Unmengen von Zigaretten konsumieren. Nach dem "Endsieg" sollte ihm im besetzten London ein Schauprozess gemacht werden. Die besonderen Haftbedingungen trugen dazu bei, dass manche Zeitgenossen und vor allem Hitler-Gegner aus bürgerlichen und militärischen Kreisen über Elsers Ermordung am 9. April 1945 und das Kriegsende hinaus das Vorurteil von einer Inszenierung der SS im Bürgerbräukeller pflegten, um den Glauben an den von der "Vorsehung" auserwählten und geretteten Adolf Hitler zu stärken.

1969 wurde der Fall Elser einer Neubewertung unterzogen. Anton Hoch, damals Archivleiter im Münchener Institut für Zeitgeschichte, veröffentlichte einen für die Elser-Forschung bis heute grundlegenden Aufsatz. Elser sei - so Hochs Fazit - "um die verdiente Anerkennung seiner Tat, ja bis heute um jeden Nachruhm gebracht" worden. Hochs Kollege Lothar Gruchmann publizierte 1970 unter dem Titel "Autobiographie eines Attentäters" die Protokolle der Verhöre in Berlin vom 19. bis 23. November 1939.

Alleintäterschaft und Lauterkeit der Motive Elsers standen seither außer Zweifel. Trotzdem artikulierte sich erst 1987 ein verstärktes Interesse daran, den Mann und seine einsame Tat der Vergessenheit zu entreißen. Ein Beschluss des Bezirksausschusses München-Haidhausen, ein Elser-Denkmal an der Stelle des ehemaligen Bürgerbräukellers zu errichten (schließlich kam es nur zu einer Bodenplatte im Kulturzentrum am Gasteig), führte immerhin zu einer von Ulrike Albrecht verantworteten Ausstellung. Zehn Jahre später zog dann die Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin nach. Inzwischen war der Attentäter 1989 durch Klaus Maria Brandauers Spielfilm "Georg Elser - Einer aus Deutschland" einem breiten Publikum bekannt gemacht und 1994 durch Kohls Gedenkrede zum 20. Juli in die vorderste Reihe der deutschen Widerstandskämpfer aufgenommen worden.

Hellmut G. Haasis hat nun unter dem Titel "Den Hitler jag' ich in die Luft" sämtliches vorhandene und teilweise in den Ausstellungen gezeigte Quellenmaterial über Elser zu einer spannend lesbaren Lebensgeschichte verarbeitet. Der Gestapo-These vom "Sonderling" und der Historiker-These vom "Fanatiker" widerspricht er nachdrücklich und hebt hervor, dass die bei Elser im Sommer 1939 wahrgenommene Verschlossenheit lediglich der Vorbereitung des Attentats gedient habe. Haasis vergleicht Elsers Handeln mit der Militäropposition im Winter 1939/40: "Die hohen Militärs, die es nicht wagten, Hitler zu beseitigen, opferten dann ohne Skrupel ganze Divisionen. Elser dagegen hatte seine Entscheidung getroffen: einer statt vieler Millionen."

Natürlich hätte ein gelungenes Attentat nicht nur Hitler getötet, sondern auch unzählige andere Teilnehmer der jährlich am 8. November stattfindenden Traditionsfeier zur Erinnerung an den Hitler-Putsch von 1923. Weil Hitler den Bürgerbräukeller um 21.07 Uhr verließ, um im Münchener Hauptbahnhof den Sonderzug nach Berlin (Abfahrtszeit 21.31 Uhr) zu erreichen, löste sich die NS-Veranstaltung bereits auf, als die Bombe um 21.20 Uhr explodierte. Von den rund 160 noch anwesenden Personen (darunter viele Musiker und technische Helfer) wurden acht getötet und 63 verletzt. Daher habe das Nachkriegsdeutschland "lange Zeit die Berechtigung des Attentats nicht zugeben wollen und sich zur Selbstentlastung der acht ,unschuldigen Opfer' bedient".

Den Mitgefühl-Ansatz vertieft jetzt Lothar Fritze in der "Frankfurter Rundschau". Der um dreizehn Minuten verpassten Gelegenheit, den verbrecherischen Diktator loszuwerden, werde zu viel der Ehre zuteil, weil Elser den Tod von acht Menschen "schuldhaft verursacht" habe. Der Chemnitzer Privatdozent konzentriert sich nun auf den Tod der Aushilfskellnerin Maria Henle und auf die schweren bleibenden Verletzungen der Angestellten Maria Strobl: "Beide haben in jedem vernünftigen Sinne als unschuldig zu gelten - und von beiden kann nicht angenommen werden, dass sie die Tat nachträglich gebilligt hätten." Außerdem sei Elser nicht bereit gewesen, "das Risiko auf sich zu nehmen, dass es auch ihn treffen könnte". Fritze wirft Elser "moralisches Versagen" vor und legt an die Aktionen des Widerstands im "Dritten Reich" eine akademisch-weltfremde Messlatte an, mit der die meisten Attentatsversuche auf Hitler diskreditiert werden könnten. Nur einem mit Selbstopfer des Attentäters verbundenen Tyrannenmord wäre demnach Vorbildcharakter beizumessen. Angeregt durch Fritze, dürfte die künftige Elser-Forschung im wahrsten Sinne des Wortes um folgende Fragen kreisen: Warum versäumte es Elser, Hitler um eine Privataudienz oder wenigstens um eine Einladung zur Münchener Traditionsfeier zu bitten? Warum versäumte es Elser, am Eingang des Bürgerbräukellers eine Repräsentativumfrage unter den 2000 Anwesenden zu veranstalten und sie auf eventuelle Risiken und Nebenwirkungen wie Tod oder Verletzung hinzuweisen?

RAINER A. BLASIUS

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Wilhelm von Sternburg lobt Hellmut Haasis` Biografie über den Hitler-Attentäter Georg Elser als eine "akribische Untersuchung". Das könnte man auch als Kritik verstehen, so ist es aber nicht gemeint. Phantasie oder Inspiration ist Sternburgs Sache nicht. Für ihn schließt das Buch endlich eine Lücke in der Geschichtsschreibung, die sich viel um den konservativ-militärischen Widerstand gekümmert hat, aber viel zu wenig um den schwäbischen Schreiner Elser. Das Buch, so Sternburg, berichtet einfühlsam und lässt einem "stillen Helden Gerechtigkeit widerfahren". Das tut Sternburg in seiner Besprechung auch. Ein Manko der Rezension ist, dass Sternburg den Eindruck vermittelt, als handele es sich hierbei um die erste Elser-Biografie. Inwieweit sich dieses Buch von anderen über Georg Elser, die es ja schon gibt, absetzt oder hervorhebt, sagt Sternburg nicht.

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