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Es ist eine Dreiecksgeschichte zwischen einer Mutter, einer Tochter und der Alzheimererkrankung. Zunächst will es die Tochter nicht wahrhaben, aber dann kommt sie um die bittere Wahrheit nicht mehr herum: Ihre Mutter hat Alzheimer, eine Krankheit, die nicht aufzuhalten ist. Im Verlauf der Krankheit kämpft die Tochter mit allen möglichen Gefühlen: Trauer, Mitleid, aber auch Abwehr, Ekel und Wut. Während die Mutter mit Hilfe von Fotos einen Rest ihrer Geschichte bewahren will, wandelt sich allmählich das Interesse der als Journalistin arbeitenden Tochter an den sprachlichen Eskapaden der Mutter…mehr

Produktbeschreibung
Es ist eine Dreiecksgeschichte zwischen einer Mutter, einer Tochter und der Alzheimererkrankung. Zunächst will es die Tochter nicht wahrhaben, aber dann kommt sie um die bittere Wahrheit nicht mehr herum: Ihre Mutter hat Alzheimer, eine Krankheit, die nicht aufzuhalten ist. Im Verlauf der Krankheit kämpft die Tochter mit allen möglichen Gefühlen: Trauer, Mitleid, aber auch Abwehr, Ekel und Wut. Während die Mutter mit Hilfe von Fotos einen Rest ihrer Geschichte bewahren will, wandelt sich allmählich das Interesse der als Journalistin arbeitenden Tochter an den sprachlichen Eskapaden der Mutter zu dem Versuch, eine echte Beziehung aufzubauen. Ein später Versuch, denn die Mutter hat ihre Tochter schon früh verlassen. Eine tragische aber zugleich auch unglaublich komische Geschichte über den Weg einer Frau in das Vergessen und den beharrlichen Versuch der Tochter, den Dialog mit der Mutter zu suchen.
Autorenporträt
Angelika Kutsch, geb. 1941 in Bremerhaven, ist Autorin mehrerer Kinder- und Jugendbücher und Übersetzerin aus dem Schwedischen. Für beides wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Angelika Kutsch lebt in Hamburg und Schweden.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.09.2006

Mutter wer?
Samariterin wider Willen: Marie Petersons Alzheimer-Roman

Ein Mensch, der einem nahesteht, erkrankt an Alzheimer. Er verfällt Stück um Stück, das Hirn versagt den Dienst, kann die Welt nicht mehr begreifen, den Körper nicht mehr regieren. Ist das noch der Mensch, den wir kennen? Es ist bedrückend, wenn ein Vertrauter uns Tag für Tag fremder wird, und peinlich, auf welche Weise dies geschieht. Wie wir mit dem Kranken umzugehen haben, verordnen die Ärzte. Aber sie verordnen nicht, wie wir mit unseren widerstreitenden Gefühlen fertig werden können.

Von einem solchen Schicksalsschlag handelt der Debütroman von Marie Peterson. Der Schweizer Verlag hält sich mit Auskünften über die Autorin, die außerhalb Schwedens wahrscheinlich kaum jemand kennt und die zuvor als Kritikerin und Kulturjournalistin tätig war, zurück. Der Klappentext meldet zwar das Geburtsjahr der Übersetzerin Angelika Kutsch, nicht aber das von Marie Peterson. Leser bleiben ohne Antwort, wenn sie wissen möchten, wie die Autorin an ihren Stoff gekommen ist. Hat sie die Tragödie erfunden oder mit angesehen? Wenn wir raten sollen, dann tippen wir auf Selbsterlebtes. Peterson weiß bedrückend genau Bescheid über die gespenstische Vernichtung durch Alzheimer, und die Ich-Erzählerin trägt ihren Namen: Marie.

Die Handlung besteht im wesentlichen aus Dialogen. Wie sonst auch könnte man die wachsende Entfremdung des kranken Hirns von seiner Umgebung deutlich machen? Doch hat das ständige Reden noch eine andere Aufgabe, es verwebt nämlich die Krankengeschichte mit einer Familiengeschichte; erst aus beidem entsteht der Roman. Die Kranke, Siv Melander mit Namen, ist Maries Mutter, und zwischen Mutter und Tochter herrschen nicht erst seit der Erkrankung Mißverständnisse und Vorbehalte. Marie war noch sehr jung, da verließ die Mutter sie, ihre kleine Schwester und den Vater, gründete mit einem anderen Mann eine neue Familie. Das verlassene Kind hat den Entzug von Liebe und Sicherheit nie vergessen und nie ganz verziehen. Mit der zerstörten Siv kann sie nicht rechten, die begreift längst nicht mehr, was einst geschah. Aber der alte Unmut mischt sich immer wieder in die Trauer und das Mitleid angesichts des erschütternden Verfalls, der über die Mutter hereinbricht. Ständig schwankt Marie zwischen ehrlicher Hilfsbereitschaft und schwer zu verbergender Ablehnung der Frau, die ihr so weh getan hat. Auch Siv zeigt sich immer wieder fast feindselig - wobei offenbleibt, ob sie bloß gegen die Diktatur einer beliebigen Pflegeperson opponiert oder trotz ihrer Desorientierung die Stimmung der Tochter kontert.

Das einstige Familiendrama ist nicht auf einen Schluß, eine Lösung angelegt. Die Autorin hat dieses Offene in die Handlung verflochten als logische Grundlage für die Anwandlungen Maries, die zu ihrer Samariterrolle nicht passen wollen. Doch nicht nur die Romanfigur, auch jeder Alltagsmensch, der eine solche Rolle übernehmen muß, kennt diese Überforderung und zeitweises Versagen. Man muß dafür keine Rechnungen mit dem Demenzkranken offen haben. Peterson legt es auf ein tiefes Eintauchen in die Abgründe menschlicher Seelen an, wo tradierte moralische Gesetze und schwer zu zügelnder Selbsterhaltungstrieb miteinander ringen. Und es ist ihr gelungen, diese Zwiespältigkeit auf eine Weise zu schildern, daß wir sie nicht nur begreifen, sondern uns irgendwie daran beteiligt fühlen. Wenn die Mutter am Ende stirbt, können wir nichts anderes empfinden als die Tochter: tieftraurige Erleichterung.

SABINE BRANDT

Marie Peterson: "Du denkst, du weißt alles". Roman. Aus dem Schwedischen übersetzt von Angelika Kutsch. Atrium Verlag, Zürich 2006. 159 S., geb., 16,90 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Als "erzählerisch bestechend" und "ethisch human" preist Ursula März Marie Petersons wohl autobiografisch inspiriertes Buch über den Umgang einer Tochter mit ihrer an Alzheimer erkrankten Mutter. Der besondere Kniff dabei liegt für die Rezensentin in der Dialogtechnik. Die Autorin beschreibe die Erkrankung nicht als gesunde Beobachterin nicht von außen, sondern begebe sich in den Gesprächen , in denen sie sich auf ihr Gegenüber einstellt, auf eine Augenhöhe mit der Mutter. Das Ganze ist schön simpel und "lebensnah", und wird in den Augen der erfreuten Rezensentin schließlich zu einem "platonischen Gespräch" über Krankheit und Gesundheit, in dem die Grenzen zwischen beiden verschwinden.

© Perlentaucher Medien GmbH