Ist Österreich reif für die Europameisterschaft? Franzobel steigt hinab in die Niederungen des österreichischen Fußballs und erkundet die Regionalliga ebenso wie die Nationalmannschaft. Er geht der Frage nach, was sich über den Umweg Fußball zu Land und Leuten sagen lässt. Eine Wurstsemmel-Evaluierung der Fußball-Buffets fehlt dabei ebenso wenig wie eine detaillierte Erklärung der spezifisch österreichischen Fußballausdrücke (Scheiberlgspül, Wuchtel, Outwachler, etc.): Es geht um Nummern, Spielerfrauen, Platzwarte. Aber auch der EM-Mitveranstalter Schweiz wird unter die satirische Lupe genommen. Der Autor dribbelt sprachlich durch ein großes Thema unserer Zeit, schlägt unerwartete Querpässe, schießt Eigentore, stellt sich selbst ins Abseits, um ein spannendes Spiel mit einem sensationellen Resultat zu liefern. Franzobel schreibt über Spielermaterial, das einem buchstäblich auf den Kopf fällt. Natürlich darf der 21. Juni 1978 nicht fehlen Córdoba , als unser kleiner Pflug (Marke Steyr-Puch) den Untertürkheimer Unbesiegbarkeitsacker gestochen hat, als unser aller Hansi-Burli den Erzfeind Deutschland k. o. geschossen hat. Er fragt sich, ob alle Spieler nach ihrer Karriere Tankstellenpächter werden (nein, einige sind Trafikanten) und was Menschen dazu treibt, Schiedsrichter zu werden. Fußball also als Anstoß für Alltagsphilosophie. Ein Muss für alle, die Fußball gar nicht interessiert. Für alle anderen sowieso.
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Nicht sehr viel hält Rezensent Rainer Moritz von Franzobels Fußballbuch. Seine Ablehnung geht sogar so weit, dass er den Österreichern zur Strafe ein frühes Ausscheiden bei der Europameisterschaft wünscht. Zunächst ärgert er sich über die dreiste Zweitverwertung der Texte in diesem Band, die seiner Meinung nach alle schon einmal erschienen sind, ohne dass im Buch darauf verwiesen werde. Außerdem klagt er den Autor mancher Themenverfehlung und Ahnungslosigkeit an. Auch mit der Orthografie scheint es zu hapern, was besonders bei Jürgen Klinsmann schwer ins Gewicht fällt, der bei Franzobel dem Rezensenten zufolge "Kliensmann" heißt. "Zu viele Eigentore!" stöhnt der Rezensent schließlich, den auch das ein oder andere Kluge und Amüsante in diesem Buch nicht mehr versöhnen kann.
© Perlentaucher Medien GmbH
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