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Von einem Moment auf den anderen wird das Leben zahlreicher Menschen erschüttert und für immer verändert, als auf einer Straße außerhalb Jerusalems eine Selbstmordanschlag verübt wird. Was bedeuten nach einer solchen Katastrophe noch Geheimnisse, Hoffnungen, Träume und Pläne? Kann, was zerstört wurde, jemals wieder heilen?

Produktbeschreibung
Von einem Moment auf den anderen wird das Leben zahlreicher Menschen erschüttert und für immer verändert, als auf einer Straße außerhalb Jerusalems eine Selbstmordanschlag verübt wird.
Was bedeuten nach einer solchen Katastrophe noch Geheimnisse, Hoffnungen, Träume und Pläne? Kann, was zerstört wurde, jemals wieder heilen?
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.10.2005

Keine Insel, nirgendwo
Ein dramatischer Roman über ein Selbstmordattentat in Israel
Sonntag, 9. April, 11.47 Uhr: Ein Selbstmordattentäter sprengt den Flughafen-Transferbus Tel Aviv - Jerusalem in die Luft, in dem sich der 16-jährige Thomas aus Berlin befindet. 20 Tote und viele Verletzte. „Echtzeit” heißt der Roman von Pinna Moed Kass, der die Leser minutiös mit Ereignissen vor und nach diesem Anschlag konfrontiert.
Wer die TV-Serie „24” im Fernsehen verfolgte, weiß, wie sich eine Realzeit-Handlung zum Aktionismus verselbstständigt, Bilder der Gewalt goutiert. Die amerikanische Autorin von „Echtzeit”, die 35 Jahre in Israel lebte, verhindert Oberflächlichkeit durch eine exzellente Dramaturgie und dadurch, dass sie ihren Figuren eine innere Stimme gibt. Sie beschreibt die Ereignisse von Thomas’ Abflug in Berlin bis zum Überleben auf einer chirurgischen Station fünf Tage nach der Katastrophe.
Kass montiert die inneren Monologe der Hauptpersonen und ihrer Freunde und Verwandten mit Rundfunknachrichten, Sanitäterberichten, medizinischen Befunden, Kommentaren eines TV-Reporters, Statements von Betroffenen, Augenzeugen und Randfiguren. Das macht den (fiktiven) Roman zu einem ergreifenden Dokument des Alltags in Israel und in den besetzten Gebieten in der Zeit der Intifada. Die Geschichte ist besonders deshalb so lebensnah, weil Kass keine Sichtweisen aussperrt. Sie kontrastiert die Gedanken von Menschen verschiedenster Herkunft und Erfahrungen. Thomas’ Motive, nach Israel zu reisen, stehen neben den Überlegungen zweier Palästinenserjungen und potenzieller Attentäter. Die inneren Monologe des alten Chefgärtners und KZ-Überlebenden Baruch aus dem Kibbuz Broschim (in dem Thomas ein Praktikum absolvieren will) wechseln mit den Reflexionen der 19-jährigen Vera, einer russischen Jüdin.
So gibt es viele höchst unterschiedliche Stimmen, die sich zu einer Geschichte verdichten, die die inneren Wirklichkeiten mit der äußeren Realität verknüpft. Trotz der kommentarlosen Montage von Motiven vor und nach dem Anschlag, entsteht ein eindeutiges Schreckensbild des Irrwegs Terror. Ein kleines, zartes Pflänzchen der Hoffnung gedeiht jedoch am Wegesrand: im individuellen Verhalten von Menschen, die die Kraft besitzen, sich der Spirale aus Hass und Gewalt zu entziehen.
Pnina Moed Kass gibt sich allerdings mit diesem brisanten Stoff nicht zufrieden. Die Motive der drei Hauptpersonen Thomas, Vera und Baruch werden ganz besonders gründlich ausgelotet. Thomas’ eigentlicher Grund für die Reise ist die Suche nach den Schattenseiten im Leben des Großvaters, unter denen vor allem der früh verstorbene Vater litt. War der Ordnungspolizist in einer Wehrmachtseinheit an der Ermordung polnischer Juden beteiligt? Den alten Baruch hingegen quält die Frage, wie er mit dem jungen Deutschen aus dem Land seiner Peiniger umgehen soll. Vera schließlich leidet immer noch unter dem Freitod ihres Freundes kurz vor der Auswanderung.
Veränderung der Psyche
In den inneren Monologen werden die wahren Motive der Hauptfiguren aufgeschlüsselt und erfahren nach der Katastrophe eine völlig neue Bewertung - in gewisser Weise eine Katharsis. Nichts kann mehr so sein wie vorher, selbst wenn die körperlichen Verletzungen eines Tages verheilt sein werden. Von dieser Veränderung der Psyche erzählt die Autorin glaubwürdig. In der Ergründung der Motive vor der Katastrophe konstruiert Kass jedoch ausgesprochen gestelzte innere Monologe - ein Mangel, der an Bedeutung verliert, je mehr das konkrete Leid der Überlebenden in den Vordergrund rückt. „Dies ist ein Land, das seine Bewohner aufzehrt”, sagt der alte Baruch resigniert. „Und es gibt keine Insel, auf die man fliehen könnte.” So bleibt am Ende nichts als Hoffnung und Mut Einzelner - während sich der nächste junge Attentäter bereits auf den Weg macht. SIGGI SEUSS
PNINA MOED KASS: Echtzeit. Aus dem amerikanischen Englisch von Uwe-Michael Gutzschhahn. Bloomsbury Kinderbücher & Jugendbücher, Berlin 2005. 260 Seiten, 14,90 Euro. (Ab 12)
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Sehr beeindruckt ist Fritz Wolf vom Jugendroman "Echtzeit", in dem die amerikanische Autorin Pnina Moed Kass von einem Selbstmordattentat in Israel erzählt. Die Autorin hat das Schicksal mehrerer Personen verknüpft und erzählt wechselnd aus verschiedenen Perspektiven, so dass man sowohl die Gedanken des jungen Selbstmordattentäters, als auch das Leben und die Gefühle der Menschen im Bus, der später explodieren wird, kennen lernt, erklärt der Rezensent. Moed Kass schildert "realistisch und spannungsgeladen", dabei nüchtern und sachlich, und so bekommen die Leser eine Ahnung vom Leben in ständiger Terrorangst, so Wolf beklommen. Er attestiert der Autorin, diesen "ausgesprochen schwierigen Stoff" "hervorragend" gemeistert zu haben und findet, dass der Roman damit eines der "aufregendsten Jugendbücher der letzten Jahre" darstellt.

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