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A star is born: Im Winter 1924 reist Greta Garbo mit ihrem Entdecker, dem genialen schwedischen Stummfilmregisseur Mauritz Stiller, nach Konstantinopel, wo die Garbo bei den Dreharbeiten zu dem Film Die Odaliske von Smolny die Rolle der Gräfin Marja Ivanovna übernehmen soll. Die Ankunft ihres berühmten Filmpartners Conrad Veidt verzögert sich, und die noch wenig bekannte Schauspielerin und ihr Spiritus rector Stiller nutzen die Zeit zu ausgedehnten Streifzügen durch die üppigen Gärten und endlosen Zimmerfluchten eines ehemaligen Sultanspalastes im asiatischen Teil der Stadt, in dessen Kulissen…mehr

Produktbeschreibung
A star is born: Im Winter 1924 reist Greta Garbo mit ihrem Entdecker, dem genialen schwedischen Stummfilmregisseur Mauritz Stiller, nach Konstantinopel, wo die Garbo bei den Dreharbeiten zu dem Film Die Odaliske von Smolny die Rolle der Gräfin Marja Ivanovna übernehmen soll. Die Ankunft ihres berühmten Filmpartners Conrad Veidt verzögert sich, und die noch wenig bekannte Schauspielerin und ihr Spiritus rector Stiller nutzen die Zeit zu ausgedehnten Streifzügen durch die üppigen Gärten und endlosen Zimmerfluchten eines ehemaligen Sultanspalastes im asiatischen Teil der Stadt, in dessen Kulissen der Film entstehen soll. Das Projekt wird nie fertig gestellt, die deutsche Produktionsfirma Trianon, die das Unternehmen finanzieren sollte, geht bankrott - und doch kommt es in der traumverlorenen Atmosphäre jener Wintertage zu dem magischen Moment der Geburt eines Sterns.

So zumindest imaginiert es viele Jahre später, am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts, ein sterbenskranker kalifornischer Drehbuchautor, der in mühseliger Recherche dieser alles entscheidenden Szene hinterherjagt, im genauen Wissen, dass mit ihrer Vollendung auch seine Lebenszeit abgelaufen sein wird.

Gustaf Sobins stärkstes, dichtestes Buch. Eine grandiose Meditation über die Doppelbödigkeit der menschlichen Existenz und ihre unendliche Reflexion im Spiel der Kunst.
Autorenporträt
Gustaf Sobin, 1935 in Boston geboren, kam vor über 30 Jahren in die Provence, kaufte sich eine Hütte und begann zu schreiben.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.04.2003

Die Götter müssen entrückt sein
Gustaf Sobin macht sich seinen Reim auf Hollywoods Mythen

Wahrscheinlich lag es gerade am goldenen, fast irrealen kalifornischen Licht, daß hier die Fabrik der Schatten entstand, deren Bewegungen man in Höhlen auf der ganzen Welt folgen sollte. So wurde Hollywood zum Gesamtkunstwerk des 20. Jahrhunderts, zum "empire of their own" (Neal Gabler), das die jüdischen Einwanderer errichteten. Tausende von Büchern, obskure Autobiographien wie opulente Bildbände oder soziologische Studien, sind darüber veröffentlicht worden, und vielleicht ist deshalb ein hierzulande praktisch unbekannter amerikanischer Lyriker, der seit 35 Jahren in der Provence lebt, die ideale Besetzung, um noch einmal von Hollywoods Mythologie zu erzählen, vom Zauber des "Silver Screen", nachdem die Mythen sich längst digitalisiert haben und die Filmstudios keine Reiche mehr, sondern Partikel innerhalb multinationaler Konglomerate sind, die nur einen Bruchteil der Rendite erwirtschaften. Der siebenundsechzigjährige Gustaf Sobin, der vor drei Jahren mit dem Roman "Der Trüffelsucher" auf deutsch debütierte, ist alt genug, um sich noch an eine Zeit zu erinnern, als Slogans wie "Garbo talks" ausreichten und der Begriff "Leinwandgöttin" mehr als nur rhetorische Hyperbel war.

Was mit dem Filmstar im vergangenen Jahrhundert auftauchte, ist eine Phantomexistenz, die in der Differenz zwischen der Person und ihren unendlichen fotografischen Reproduktionen wurzelt. Oder, wenn man will, eine hybride Version antiker Mythen, in der Götter und Menschen ja auch miteinander Umgang hatten. Das muß einen Lyriker faszinieren, so sehr, daß er nicht bloß zwei Romane darüber schreibt, sondern zugleich eine Allegorie entwirft, wie jemand aus dem Nichts ins Pantheon aufstieg. Wie Greta Garbo, die in "Auf der Suche nach einem verlöschenden Stern" allein in der Danksagung beim Namen genannt wird. Oder wie die fiktive Molly Lamanna, die in "Venusblau" einen ähnlichen Sog auf ihre Umgebung ausübt.

Was den Star zum Star machte, nachdem Stars am Anfang gar keine Namen hatten, sondern einfach "Biograph Girl" hießen? Warum aus Mangel an präziseren Begriffen die metaphorische Wendung in Umlauf kam, die Kamera liebe eine Schauspielerin, um jenes "it", jenes gewisse Etwas zu beschreiben, das vom Bild, aber nicht unbedingt von der realen Person ausgeht? Es ist kein Zufall, daß es in beiden Romanen Drehbuchschreiber sind, welche diese Fragen stellen und damit die Erzählperspektiven bestimmen. Beide sind sie Mitte Vierzig und an Krebs erkrankt, für beide ist das Schreiben eine letzte Liebesarbeit, eine Obsession, die über das Kino hinausführt, und zugleich eine profane Beichte. Millicent Rappaport schreibt in "Venusblau" in ihr Tagebuch: "Ich weiß, daß ich den Boden unter den Füßen verloren habe." Und Philip Nilson sagt zu seinem Freund und Agenten: "Ich will mich noch einmal verlieren."

Nilson möchte in seinem Skript den Moment, in dem die Garbo zur Garbo wurde, erfassen, Rappaport führt ein Tagebuch als Dokument ihrer unerfüllten Liebe zur rätselhaften Molly, die von der Kurierfliegerin für Filmrollen selber zum Star wird, um schließlich als begeisterte Fliegerin vom Himmel zu stürzen. Nach Millicents Tod gerät das Tagebuch in verschiedene Hände, um dann bei einem Sammler zu landen, der für Mollys Aura ebenso empfänglich ist wie für die Rekonstruktion ihrer europäischen Vergangenheit. Aus dem Wechsel dieser beiden Ebenen, aus der Erzählung in der Erzählung, entwickelt Sobins Roman einen soliden Spannungsbogen, und zwischendurch liest man in "Venusblau", der in Amerika bereits 1991 veröffentlicht wurde, so wunderbare Sätze wie die, "daß Amerika damals nicht am Meer, sondern in einem Kinosaal geendet hatte . . . So war es denkbar, daß die ganze unaufhaltsame Wanderung nach Westen insgeheim gar nicht die Landnahme, sondern den Erwerb einer Art Identität, eines Selbstverständnisses zum Ziel gehabt hatte, daß bereits die ersten Abenteurer, Trapper und Grenzer nach jenem flüchtigsten aller Metalle süchtig waren, jener flimmernden Substanz, auf der sie eines Tages ihre Gesichter sehen sollten."

Wenn man der Fiktion Molly durch das Hollywood der späten dreißiger Jahre gefolgt ist, kann man nicht unbedingt behaupten, das Leben Greta Garbos sei um so vieles "realer". Garbos jahrzehntelanger Rückzug von der Welt, vor der sie sich mitten in New York erfolgreich abschirmte, konservierte den Kult: als müsse die reale Person hinter der um so mächtigeren Leinwandaura verschwinden. "Auf der Suche nach einem verlöschenden Stern" ist eine Konjektur, die dort ansetzt, wo die Lesarten der vielen Biographen keine Lücke gelassen haben. Das ist eine vielversprechende Voraussetzung für einen Roman. Doch das Geheimnis, dem der sterbende Drehbuchautor nachspürt und das er im Konstantinopel des Jahres 1924 lokalisiert zu haben glaubt, ist als solches längst kein Mysterium mehr. Der britische Filmpublizist David Thomson etwa hat schon vor Jahren in einem Essay lakonisch bemerkt: "Sie (die Garbo nämlich) muß für sich niemand sein, wenn sie so vieles für so viele andere bedeuten soll." Bei Sobin klingt das natürlich viel poetischer, doch was sein moribunder Erzähler am Ende beschreibt, ist auch nichts anderes als jene wundersame Verwandlung, die bei der Belichtung von spezifisch beschichtetem Zelluloid entsteht.

Und je länger Nilson recherchiert, desto aufdringlicher macht sich auch die ödipale Grundierung seiner Suche bemerkbar - so wie sich in "Venusblau" das Begehren der von ihrem Ehemann enttäuschten Millicent eher mühsam zur mütterlichen Liebe für Molly sublimieren muß. Auf Sobins Reisen in eine verschollene Welt gibt es leider ein Übermaß an solchen Navigationshilfen. Er entwirft seine Szenen und Figuren so ausladend, minutiös und hingebungsvoll wie ein Sternberg oder Stroheim, um dann wie ein beflissener Drehbuchautor die spezifische Atmosphäre mit vermeintlich höherer oder tieferer Bedeutung zu überwölben. In "Venusblau" sind es die düsteren Schatten des Zweiten Weltkriegs und die Amnesie Mollys; in der Garbo-Hommage ist es die Sehnsucht nach "unseren verlorenen Ursprüngen", und daraus entsteht in beiden Büchern ein seltsamer Erzählrhythmus - als spränge jemand immer nur zwischen extremer Nahaufnahme und epischer Totale hin und her. Ist es da ein bloßer Zufall, daß der Kameramann William Daniels, der die Garbo in neunzehn ihrer vierundzwanzig Hollywood-Filme fotografierte, später nüchtern erklärte: "Sie wurde immer in Close-ups oder Totalen aufgenommen, kaum jemals in halbnahen oder Einstellungen des ganzen Körpers. Letztere funktionierten nie." Vermutlich ist es nur ein Zufall. Doch was im Kino zum Repertoire der magischen Praktiken gehört, muß in einem Roman nicht auch funktionieren. Bücher über ein Geheimnis sind nicht zwangsläufig geheimnisvoll.

Gustaf Sobins Bücher sind altmodisch, in ihrer bildhaften, eleganten Sprache, in ihrer weitgehenden Unberührtheit durch die modernen Mythen, in denen jene Archetypen schwerer zu finden sind, welche zu Stummfilmzeiten noch die Wiedererkennbarkeit der Stoffe beim Publikum sicherten. Das Kino ist längst zu seinem eigenen Resonanzraum geworden. Die Entzauberung der Welt hat den Zauber nicht vertrieben, der von ihm ausgeht; er hat nur andere Formen angenommen seit der Zeit, als man ganz unschuldig eine Schauspielerin wie die Garbo "die Göttliche" taufen konnte. Doch man liest Sobins Bücher mit großer Sympathie - wie eine Flaschenpost aus dem goldenen Kinozeitalter, und die Nostalgie, die aus ihnen aufsteigt, überträgt sich auf den Leser, wenn der sich von den schwärmerischen Anwandlungen anstecken läßt.

Daß Sobin sich diesem Zauber noch einmal überlassen hat, daß er, wie er in einem Interview bekannte, in eine "Dauerhalluzination" verfiel, während er über die Garbo schrieb, macht seine Romane liebenswert; es ist zugleich ihre Schwäche, weil sich die zeitliche Distanz nicht wirklich in den Blick einschreibt, obwohl die Erzähler in beiden Büchern aus der Gegenwart sprechen. Man kann heute eben nicht einmal mehr versuchen, so über Hollywood zu schreiben wie F. Scott Fitzgerald in seinem "Letzten Taikun", der noch immer die schönste Fiktion über das Reich der Fiktionen ist. Die "Stars", von denen das Studio Metro-Goldwyn-Meyer in den dreißiger Jahren behauptete, es verfüge über mehr davon, als am Himmel stehen, sind verglüht. Sie sind zwar als Mega- oder Superstars wiederauferstanden, doch eine "Ahnung vom Himmel" überkommt dabei vermutlich niemanden mehr.

PETER KÖRTE

Gustaf Sobin: "Auf der Suche nach einem verlöschenden Stern". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Peter Knecht. Berlin Verlag, Berlin 2003. 144 S., geb., 16,- [Euro].

Ders.: "Venusblau". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Wolfram Ströle. Berliner Taschenbuch Verlag, Berlin 2002. 300 S., br., 9,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Peter Körte hat zwei Romane des hierzulande "praktisch unbekannten" amerikanischen Autors Gustaf Sobin gelesen, die sich beide um den Mythos des weiblichen Kinostars drehen. "Auf der Suche nach einem verlöschenden Stern" ist ein Buch über Greta Garbo, dessen Ich-Erzähler - ein sterbender Drehbuchautor - dem Geheimnis der Schauspielerin auf den Grund gehen will, fasst der Rezensent zusammen. Die Ausgangsposition der Hauptfigur, nämlich dort anzusetzen, wo die bereits existierenden Lebensbeschreibungen Garbos "keine Lücke gelassen haben", lobt Körte als vielversprechend. Allerdings kann er dem "Geheimnis", dass der Drehbuchautor in Konstantinopel 1924 entdeckt haben will, nichts Neues abgewinnen. Dennoch, räumt er ein, klingt die Erkenntnis, dass Garbo "für sich niemand sein" konnte, weil sie für die Kinobesucher "so vieles bedeuten" sollte, beim Autor "natürlich viel poetischer". Eines allerdings stört den Rezensenten an diesem Roman gewaltig: es sind die "vielen Navigationshilfen" mit denen Sobin sein Buch mit "höherer oder tieferer Bedeutung" ausstatten will und die dem Rezensenten zu aufdringlich erscheinen. Außerdem diagnostiziert er als "Schwäche", dass der zeitliche Abstand sich nicht in die Perspektive, aus der die Geschichte geschildert wird, "einschreibt".

© Perlentaucher Medien GmbH…mehr