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Die Lebensbedingungen auf der Welt, insbesondere in den Entwick-lungsländern, sollen sich, so hört man es oft, laufend verschlechtern. Insbesondere Institutionen, die von und für die Entwicklungs-hilfe leben, vertreten diese These. Mit reichem Datenmaterial be-legt der Verfasser, daß fast überall auf der Welt die Lebenserwartung steigt, sich Bildungsstand und Ernährungslage verbessern, kurz, der Wohlstand zunimmt. Mit einer Ausnahme: Schwarzafrika. Wolff geht weiter, er warnt vor dem Trugschluß, dies sei auf Entwicklungshilfe zurückzuführen und erfolgreiche Entwicklungsprojekte seien mit…mehr

Produktbeschreibung
Die Lebensbedingungen auf der Welt, insbesondere in den Entwick-lungsländern, sollen sich, so hört man es oft, laufend verschlechtern. Insbesondere Institutionen, die von und für die Entwicklungs-hilfe leben, vertreten diese These. Mit reichem Datenmaterial be-legt der Verfasser, daß fast überall auf der Welt die Lebenserwartung steigt, sich Bildungsstand und Ernährungslage verbessern, kurz, der Wohlstand zunimmt. Mit einer Ausnahme: Schwarzafrika. Wolff geht weiter, er warnt vor dem Trugschluß, dies sei auf Entwicklungshilfe zurückzuführen und erfolgreiche Entwicklungsprojekte seien mit erfolgreicher Entwicklung gleichzusetzen. Reformvorschläge für die Entwicklungshilfe schließen den Band ab.
Autorenporträt
Jürgen H. Wolff, Diplom-Volkswirt, Dr.phil.habil., ist habilitierter Politikwissenschaftler und seit 1981 Professor für Soziologie der Entwicklungsländer an der Ruhr-Universität Bochum. Forschungs-und Gutachtertätigkeit in zahlreichen Ländern der Dritten Welt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.05.2006

Wirksame Entwicklungshilfe
Ökonomisches Hintergrundwissen für ein umstrittenes Politikfeld

Die Befürworter der Entwicklungshilfe haben ein Problem: Wenn Armut, Ungleichheit und Not iden Entwicklungsländern zunehmen, also die Bedürftigkeit wächst, und wenn gleichzeitig die bedürftigsten Länder Afrikas relativ zu ihrer Absorptionsfähigkeit besonders viel Hilfe erhalten, dann stellt sich die Frage nach der Wirksamkeit der Entwicklungshilfe. Nach Auffassung des Bochumer Entwicklungssoziologen Jürgen Wolff muß die Beweislast für die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe aus Steuern, also aus staatlichen Zwangsabgaben, bei den Befürwortern der Entwicklungshilfe liegen. Um den Nachweis der Effektivität von Entwicklungshilfe ist es aber schlecht bestellt.

In den ersten vier Kapiteln seines Buches kritisiert Wolff vor allem die Auffassungen von "Bußpredigern" und "edlen Seelen", die oft von geradezu haarsträubender ökonomischer Unkenntnis geprägt sind. In diesem Zusammenhang erhält der Leser auch wichtige Informationen, beispielsweise darüber, daß die Getreideproduktion Indiens trotz eines kräftigen Bevölkerungszuwachses in den vergangenen 40 Jahren auch je Kopf zugenommen hat, und daß Indien mehr Lebensmittel exportiert als importiert. Weil in Indien viel mehr Arme leben als in jedem anderen Land der Welt, ist das für eine globale Betrachtung wichtig.

Man erfährt auch, daß sich die Pro-Kopf-Einkommen in der Welt in den vergangenen Jahrzehnten durchaus positiv entwickelt haben - vor allem in Asien, wo mehr als die Hälfte der Menschheit lebt. Ersetzt man das Pro-Kopf-Einkommen oder Sozialprodukt durch einen anderen Index der Entwicklung, der auch Lebenserwartung und Alphabetisierung berücksichtigt, dann fällt die Bilanz sogar noch erfreulicher aus. Interessant ist auch, daß sich die Schere zwischen den Zuwachsraten der Einkommen in Afrika und Asien erst seit den siebziger Jahren geöffnet hat - eine Erklärung der Misere Afrikas durch geographische Konstanten wird damit fragwürdig.

Obwohl es sogar in Afrika bis zu den neunziger Jahren zu einer Steigerung der Lebenserwartung kam, kann kein Zweifel daran bestehen, daß dort vielfach Armut, Hunger und Not herrschen, also Hilfsbedarf. Ein solcher Bedarf beweist allerdings weder, daß die Hilfe den Bedürftigen tatsächlich zugute kommt, noch daß sie langfristig das Wachstum fördert. Die meisten Projekte der Entwicklungshilfe werden nicht evaluiert. Eigenbeurteilungen sind häufig. Externe Gutachter sind nicht immer wirklich unabhängig. Außerdem: Was nützt ein Projekt, das einer Zielgruppe von armen oder landlosen Bauern hilft, wenn vielleicht deshalb andere und genauso bedürftige Menschen noch ärmer werden?

Eine Analyse der Makroebene, der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, läßt sich deshalb nicht vermeiden. Da ist das Bild recht unübersichtlich. In der neueren Forschung überwiegen komplizierte Ergebnisse, nach denen beispielsweise positive Effekte der Entwicklungshilfe nur bei geeignetem institutionellen oder wirtschaftspolitischen Umfeld auftreten oder nur in schon fortgeschrittenen und nicht in den ärmsten Ländern oder nur dort, wo es nicht allzu viel Hilfe gibt. Wolffs Fazit ist, daß zwar die Unwirksamkeit von Entwicklungshilfe nicht nachgewiesen ist, aber deren Wirksamkeit auch nicht. Man könnte auch sagen, daß die Bedingungen der Wirksamkeit umstritten bleiben. Aber reicht das als Rechtfertigung einer Steuer- und Zwangsfinanzierung der Hilfe aus?

Kritisch zu dem Buch kann man anmerken, daß eine gewisse Affinität der Entwicklungshilfe zur Planwirtschaft nur gestreift wird. Dieser Aspekt hätte gründlicher behandelt werden können. Trotz dieser punktuellen Kritik gilt: Wolffs Buch verdient viele aufmerksame Leser - vor allem unter "Bußpredigern" und "edlen Seelen".

ERICH WEEDE.

Jürgen H. Wolff: Entwicklungshilfe: Ein hilfreiches Gewerbe? LIT-Verlag, Münster 2005, 298 Seiten, 19,90 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Erhellend findet Rezensent Erich Weede dieses Buch des Entwicklungssoziologen Jürgen H. Wolff, das einen kritischen Blick auf die Entwicklungshilfe wirft. Einig ist er sich mit dem Autor in dessen Einschätzung, dass es um einen Nachweis der Effektivität schlecht bestellt ist. Die meisten Projekte würden nicht wirklich evaluiert, externe Gutachter seien oft nicht unabhängig. Weede verweist auf Wolffs Darlegung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, die im Blick auf die Frage nach der Effektivität ein unübersichtliches Bild ergibt. Plausibel scheint ihm das Fazit des Autors, wonach zwar die Unwirksamkeit von Entwicklungshilfe nicht nachgewiesen ist, deren Wirksamkeit allerdings auch nicht. Letztlich blieben die Bedingungen der Wirksamkeit umstritten. Gern hätte Weede mehr über die Nähe von Entwicklungshilfe zur Planwirtschaft erfahren. Dies bleibt aber sein einziger Kritikpunkt, so dass er das Buch zur Lektüre nur empfehlen kann.

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