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Der Titel dieses "wie vom Himmel gefallenen Prachtbandes" (FAZ 29.9.2006) ist bewußt mehrdeutig angelegt. Es geht u.a. um Theaterbauten und Theatermaschinerie der Mozartzeit, es geht um Mozarts Opernwelten, speziell um sein erfolgreichstes Werk "Die Zauberflöte", es geht aber auch um die Vermarktung Mozarts - sozusagen das Theater, das bis heute um ihn gemacht wird. Dieses etwas andere Mozartbuch ist ein wissenschaftlich fundiertes Sachbuch und gleichzeitig ein schön anzuschauendes 'coffeetablebook', das seine Leser auch visuell in die Mozartzeit entführen möchte.

Produktbeschreibung
Der Titel dieses "wie vom Himmel gefallenen Prachtbandes" (FAZ 29.9.2006) ist bewußt mehrdeutig angelegt. Es geht u.a. um Theaterbauten und Theatermaschinerie der Mozartzeit, es geht um Mozarts Opernwelten, speziell um sein erfolgreichstes Werk "Die Zauberflöte", es geht aber auch um die Vermarktung Mozarts - sozusagen das Theater, das bis heute um ihn gemacht wird. Dieses etwas andere Mozartbuch ist ein wissenschaftlich fundiertes Sachbuch und gleichzeitig ein schön anzuschauendes 'coffeetablebook', das seine Leser auch visuell in die Mozartzeit entführen möchte.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.09.2006

Mozartpuppe unter Generalverdacht
Theater ums Theater: Das Begleitbuch für die Teilnehmer der Islamkonferenz beim angekündigten Besuch der Oper "Idomeneo" in Berlin

Der Universitätsverlag Carl Winter hat schnell geschaltet. "Theater um Mozart" heißt das Buch, das pünktlich zum "Idomeneo"-Eklat herauskommt. "Es geht um Theater und Theatermaschinerie der Mozartzeit, es geht um Mozarts Opernwelten", heißt es in der Einleitung der Herausgeberin Bärbel Pelker von der Forschungsstelle Südwestdeutsche Hofmusik der Heidelberger Akademie der Künste. Der Band setzt auf die Evidenz des ikonographischen Verfahrens. Er ist reich mit Mozart-Bildnissen und -Karikaturen ausgestattet. Darunter befindet sich auch das hier abgebildete Selbstporträt des Komponisten im Brief an seine Frau Constanze nach Baden bei Wien vom 5. Juli 1791. Diese Karikatur, minimalistisch im Stil, ist von eigentümlicher Aussagekraft. Das Genie, das nichts ohne seine Hände kann, erscheint hier ohne Hände. Statt dessen strecken sich zwei Arme nach ihm aus, der Künstler weicht erschrocken zurück. Es ist, als hätten sich in diesem Selbstbildnis die Hände Mozarts verselbständigt, als träten sie ihm als eine fremde Macht entgegen, die ihn gefangennimmt. Es ist, als sage der, der alles nur mit seinen Händen vermag: Mir sind die Hände gebunden.

Mit diesem und anderen Bildern trägt das Buch auf höchst malerische Weise dem Umstand Rechnung, daß Mozart über Nacht zum Schirmherr des Okzidentalen wurde, zur Kristallisationsfigur im Dialog der Kulturen. Der Herausgeberin geht es auch darum, den großen, von ihr "Amadeus Superstar" genannten Komponisten nicht auf seine janusköpfige Rübe-ab-Oper "Idomeneo" zu reduzieren. Bärbel Pelker erreicht dieses Ziel mit dem dramaturgischen Kniff der Auslassung. Anders gesagt: "Idomeneo" kommt in dem Buch nicht vor, die "Entführung aus dem Serail" bleibt sensibel ausgespart. Dafür wird die unanstößige "Zauberflöte" ins Zentrum gestellt. Auf daß nie Mozartpuppen in Heidelberg brennen.

Wäre es ein Wunder, wenn demnächst das Innenministerium den dreißig Mitgliedern der Islam-Konferenz nebst Tickets zum Besuch der "Idomeneo"-Oper auch das Buch "Theater um Mozart" aushändigen würde? Nein, das wäre kein Wunder, das wäre eine schöne, eine radikal-säkulare Geste, die jedenfalls vom Verlag ausdrücklich begrüßt würde. Denn natürlich ist "Idomeneo" in diesem Buch gerade durch seine Abwesenheit auf jeder Seite präsent. In diesem Sinne schreibt die Herausgeberin listig, das Buch sei "janusköpfig wie der Titel selbst" - der Titel lautet, wir erinnern uns: "Theater um Mozart".

Es ist nun tatsächlich nicht irgendein versunkenes Theater in Schwetzingen, das hier gemeint ist, es ist das große Welttheater von heute, das Theater zwischen Orient und Okzident, in das der Universitätsverlag Carl Winter mit diesem Buch eine Bresche schlägt, wie der Innenminister dies seinerseits mit der Islamkonferenz tut. So gesehen, ziehen beide, der Verlag und Wolfgang Schäuble, auf ihre Weise an ein und demselben Strang.

Hörte es sich nicht wie ein Geleitwort zu diesem wie vom Himmel gefallenen Prachtband an, als Schäuble gestern im Bundestag dem Sinne nach sagte, ihm gehe es im Augenblick darum, daß in Deutschland weder Mozart noch Muslime unter Generalverdacht gestellt würden? Niemand von den Lesern dieses Buches dürfte freilich solches im Sinn haben. Schon die Bildauswahl des Bandes arbeitet dem doppelten Generalverdacht entgegen. Sehen wir uns nach dem zurückgenommenen Selbstporträt, von dem eben die Rede war, deshalb noch ein anderes Bild des Bandes an. Es handelt sich um das 1864 von Heinrich Lossow erstellte Gemälde "Mozart als Knabe an der Orgel der Franziskanerkirche von Ybbs". Es illustriert, wie Mozart schon früh das Verhältnis von Kunst und Religion durchorgelt - und zwar durchaus nicht nur im Blick auf den Islam, sondern, wie ja auch die Oper "Idomeneo" zeigt, nicht minder im Blick aufs Christentum. "Höre ich richtig?" scheint der eine Franziskaner ungläubig zu fragen, während der andere vorsorglich lieber in Deckung geht. Mozart orgelt unbeirrt weiter. In seinem Musiktheater, im Theater um Mozart, fallen Köpfe, egal von wem.

CHRISTIAN GEYER

"Theater um Mozart". Herausgegeben von Bärbel Pelker. Universitätsverlag Carl Winter, Heidelberg 2006. 252 S., geb., zahlreiche Abbildungen, 28,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Das war fix! Mit einem Buch zum "Idomeneo"-Eklat hat Christian Geyer so schnell nicht gerechnet. In Wirklichkeit handelt es sich allerdings mehr um ein Buch über das Theater und die Oper der Mozartzeit. Wenn die vielen Abbildungen Mozart dem Rezensenten auch als "Schirmherr des Okzidentalen" präsentieren: Die umstrittene Oper kommt nicht einmal vor, ausdrücklich nicht. Dafür "Die Zauberflöte". Als Präsent für die Mitglieder der Islamkonferenz kann Geyer sich den von Bärbel Pelker herausgegebenen Band trotzdem gut vorstellen. Geht es doch um das große Welttheater und darum, den Generalverdacht loszuwerden ­ gegen Mozart und gegen die Muslime. Bei Mozart, so weiß Geyer spätestens nach dieser Lektüre, fallen nun mal Köpfe, "egal von wem".

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