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Das große Begleitbuch zur ARD-Fernsehserie im Herbst 2005. Das eindringliche und lebendige Porträt eines Jahrzehnts - erzählt anhand von persönlichen Lebensgeschichten vor dem Hintergrund der Zeitgeschichte. Kriegsheimkehrer, Wohnungsnot, Flucht in den Westen, FDJ oder der Aufstand vom 17. Juni: Die 50er-Jahre waren in beiden Teilen Deutschlands eine Zeit dramatischer Veränderungen und schicksalhafter Neuanfänge. In keinem anderen Jahrzehnt nach dem Krieg lagen Verzweiflung und Aufbruchstimmung mehr so nah beieinander wie in den 50er-Jahren. Im Herbst 2005 startet die ARD unter der Regie von…mehr

Produktbeschreibung
Das große Begleitbuch zur ARD-Fernsehserie im Herbst 2005. Das eindringliche und lebendige Porträt eines Jahrzehnts - erzählt anhand von persönlichen Lebensgeschichten vor dem Hintergrund der Zeitgeschichte. Kriegsheimkehrer, Wohnungsnot, Flucht in den Westen, FDJ oder der Aufstand vom 17. Juni: Die 50er-Jahre waren in beiden Teilen Deutschlands eine Zeit dramatischer Veränderungen und schicksalhafter Neuanfänge. In keinem anderen Jahrzehnt nach dem Krieg lagen Verzweiflung und Aufbruchstimmung mehr so nah beieinander wie in den 50er-Jahren. Im Herbst 2005 startet die ARD unter der Regie von Jan Schütte das große, 6-teilige TV-Ereignis über die 50er-Jahre. Dieses Begleitbuch zur Serie erzählt nicht nur die Lebensgeschichten der Zeitzeugen aus Ost und West, sondern zeigt über den Film hinaus, wie die "große" Geschichte Schicksale und Lebensläufe von Menschen bestimmt. Buchautor Rudolf Großkopff verknüpft persönliche Erlebnisse von Zeitzeugen und typische Erfahrungen mit umfassendem Hintergrundwissen zur Zeitgeschichte.
Autorenporträt
Rudolf Großkopff, geboren 1935 in Münster, ist promovierter Historiker und Journalist. Nach seiner jahrelangen Tätigkeit als Korrespondent unter anderem für die Welt, Frankfurter Rundschau und den Tagesspiegel arbeitete er ab 1986 beim Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt. Zahlreiche Buchveröffentlichungen. Rudolf Großkopff lebt in Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.11.2005

Das unterschätzte Jahrzehnt
Im Buch zur ARD-Serie „Unsere 50er Jahre” wird mit Klischees über die angebliche Ära gesellschaftlicher Restauration aufgeräumt
Das Buch zum Film - das ist ein Attribut, bei dem der Leser inzwischen leicht misstrauisch wird. Häufig genug läuft er sonst Gefahr, einer geschickten Vermarktungsstrategie von Fernsehanstalten aufzusitzen und für teures Geld ein schnell hingeworfenes Werk zu kaufen. Unbegründet ist diese Skepsis bei Rudolph Großkopffs „Die fünfziger Jahre”, dem Begleitbuch zu der am 21. November startenden sechsteiligen ARD-Serie „Unsere Fünfziger Jahre - Wie wir wurden, was wir sind”. Denn dies ist kein Buch voller Fernsehbilder, vielmehr lässt der Historiker mit einem eigenen Text auf 256 Seiten den Alltag der Wirtschaftswunderjahre lebendig werden und räumt auf mit einem dem Jahrzehnt anhaftenden Klischee: „piefig, miefig, spießig”.
Gern werden heute die fünfziger Jahre auf Petticoat, Wirtschaftswunder oder Heimatfilm reduziert. Jüngere haben nur eine vage Vorstellung vom Wiederaufbau des Landes und seinem gesellschaftlichen Leben im Nachkriegsjahrzehnt. Viel spannender scheinen in der Retrospektive die revolutionären 60er und 70er Jahre, haben diese doch gesellschaftliche Freiheiten geschaffen, von denen wir noch heute profitieren.
Der mangelnden Vorstellungskraft weiß der Historiker Großkopff (Jahrgang 1935) spielerisch auf die Sprünge zu helfen. Und zwar ohne große Bilderschau - das Buch beinhaltet gerade mal 40, nicht immer spektakuläre Fotos. Stattdessen lernt der Leser Menschen kennen. Zeitzeugen geben überraschende, erschütternde, aber auch amüsante Einblicke in ihr damaliges Leben. Dabei wahrt der Autor ein ausgewogenes Verhältnis zwischen persönlichen Erfahrungsberichten und historischer Einschätzung; erfrischend nüchtern und knapp protokolliert er die Lebensgeschichten und vermeidet so Dramatisierung oder allzu subjektive Färbung.
Die Dekade, die der in Berlin lebende Journalist vor uns ausbreitet, ist eine Zeit der Widersprüche und Gegensätze: Deutschland ist zweigeteilt, Ost und West entwickeln sich sowohl politisch als auch wirtschaftlich auseinander. „Mit System in die Spaltung” nennt Großkopff den Prozess, in dem Bundeskanzler Konrad Adenauer als „demokratischer Diktator” agiert, von Wiedervereinigung spricht, durch die außenpolitische Westorientierung aber die Teilung tatsächlich mit vorantreibt. Die Trümmerfrauen haben noch längst nicht allen Schutt beiseite geräumt, da schlittern die Deutschen in den nächsten, den Kalten Krieg. Wie wir wurden, was wir sind, ist vor der großpolitischen Lage zu betrachten. Wer wir sind, ist in den wirren Nachkriegsjahren auch durch Flucht und Vertreibung definiert: Von einer „umgestülpten Gesellschaft” spricht der Autor; zehn Millionen Deutsche machen sich von Schlesien, Ostpreußen und Ostpommern auf den Weg nach Westen. Ihre Integration wird zu einer der größten gesellschaftlichen Aufgaben.
Hoffnungsvoll und unerschrocken gingen beispielsweise die Eheleute Oppermann durch diese Zeit und ziehen, trotz seiner zehnjährigen russischen Kriegsgefangenschaft und schwieriger Existenzgründung, heute ein überraschendes Fazit: „Die 50er Jahre waren schöner als die Gegenwart.” Verzweifelt liest sich dagegen die Familiengeschichte Waterstraat, die von politischer Willkür und Brutalität zeugt. Wolfgang Waterstraat, ein Westberliner Arzt, wird 1951 von der Stasi entführt, 1954 in der UdSSR erschossen. Erst 1959 erfahren Frau und Tochter von seinem Schicksal. Die fünfziger Jahre bedeuten Schrecken für sie.
Miefig und unbeweglich wirkt diese Zeit, in der die Deutschen sich auf eine starke Hand Adenauers verlassen und Anpassung als Tugend gilt. Aber auch von Aufbruch erzählen diese Jahre, betont Großkopff, denn es herrschte durchaus keine „politische Friedhofsruhe”, vielmehr begann eine lange Chronik des Protests. Gegen die Wiederbewaffnung, für Arbeitnehmerrechte, gegen Filme des „Jud Süß”-Regisseurs Veit Harlan. Wenn Intellektuelle den restaurativen Charakter der Zeit beklagen, setzt Großkopff ihnen entgegen: Mehr Reformen hätten die Deutschen vielleicht überfordert, so aber fühlten sie sich immer heimischer in der Republik.
Und was war mit der Jugend los? Spießig wirken rückblickend die jungen Männer in ihren kantigen Anzügen, mit Scheitel und Pomade, die Mädchen mit Petticoat und dauergewelltem Haar. Doch es gab auch die ersten „Nietenhosen”, nicht selten Auslöser von Familienzwist, und die „Halbstarken”-Krawalle rund um Rock’n’Roll-Konzerte - Ausbrüche einer skeptischen Generation, die nichts weniger als eine Vorrevolution des 68er-Protests waren.
Der Autor bietet Perspektivwechsel an. Wenn er Klischees oder Vorwürfe gegen das Jahrzehnt nicht entkräften kann, so sucht er nach Antworten auf das Warum. Und er spannt den Bogen zu heute mit seiner Kritik an jenen, die angesichts der Arbeitsmarktmisere hemdsärmeliges Anpacken wie zu Zeiten des Wirtschaftswunders fordern. Egal ob Politik, Sport, Kultur oder Freizeit, im Osten wie im Westen, kurzweilig und klar strukturiert führt Großkopff durch die Epoche. Manch Geschichtslehrer wäre dankbar für solch ein Lehrbuch - denn es ist besser als Fernsehen.
MIRJA KUCKUK
RUDOLF GROßKOPFF: Die fünfziger Jahre. Eichborn Verlag, Frankfurt a. M. 2005. 256 Seiten, 19,90 Euro.
Deutschland - ein Sommermärchen: Ausflug zu Beginn der 50er Jahre mit dem „Tempo Wiking” ins Grüne.
TV-yesterday
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Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Mirja Kuckuk ist von diesem Buch zur ARD-Fernsehserie "Unsere 50er Jahre" rundum begeistert und stellt mit Erleichterung fest, dass der Autor Rudolf Großkopf kein "Buch voller Fernsehbilder", sondern ein fundiertes Werk vorgelegt hat, das mit überkommenen Vorstellungen aufräumt. Der Autor lässt Zeitzeugenberichte mit historischen Einbettungen abwechseln und erreicht so eine äußerst "lebendige" Darstellung, lobt die Rezensentin. Dass er dabei "Dramatisierung" vermeidet und stattdessen einen "erfrischend nüchternden" Stil pflegt, gefällt Kuckuk besonders. Dort, wo Großkopf die Klischees gegen die 50er Jahre nicht entkräften kann, interessieren ihn die Gründe dafür, so die Rezensentin angetan. Sie kann dem Autor nur zustimmen, wenn er die mitunter wieder vernehmbare Forderung, es müsse wie zu Wirtschaftswunderzeiten einfach angepackt werden, zurückweist und so in seinem Buch auch den "Bogen" zur Gegenwart schlägt. Ein "kurzweiliges und klar strukturiertes" Buch über die 50er Jahre und auf jeden Fall "besser als Fernsehen", freut sich die Rezensentin.

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