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Wie wird es ausgehen, wenn ein Mädchen am Strand einen Illustrierten-Fragebogen zum Thema »Wenn Sie aus einem erotischen Traum erwachen...« ausfüllt und dabei von drei braungebrannten, gutgebauten jungen Männern angesprochen wird?Oder: Was passiert, wenn zweien die letzte Tram gerade davonfährt, er romantisch durch die milde Sommernacht spazieren, sie aber so schnell wie möglich nach Hause zu handfesteren Beschäftigungen will und ihre ganze verbale Verführungskraft einsetzt?Oder: Welches Herz wird die Kreatur auf Lady Frankensteins Operationstisch wählen: das zynische oder das…mehr

Produktbeschreibung
Wie wird es ausgehen, wenn ein Mädchen am Strand einen Illustrierten-Fragebogen zum Thema »Wenn Sie aus einem erotischen Traum erwachen...« ausfüllt und dabei von drei braungebrannten, gutgebauten jungen Männern angesprochen wird?Oder: Was passiert, wenn zweien die letzte Tram gerade davonfährt, er romantisch durch die milde Sommernacht spazieren, sie aber so schnell wie möglich nach Hause zu handfesteren Beschäftigungen will und ihre ganze verbale Verführungskraft einsetzt?Oder: Welches Herz wird die Kreatur auf Lady Frankensteins Operationstisch wählen: das zynische oder das sentimentale?Tiziano Scarpas dicht geschriebene und raffiniert gebaute Erzählungen führen immer wieder in die Irre und nehmen überraschende Wendungen, die selbst den erfahrenen Leser verblüffen.
Autorenporträt
Tiziano Scarpa wurde 1963 in Venedig geboren und lebt heute als freier Autor und Journalist in Mailand und Venedig. Seine Bücher wurden in mehrere Sprachen, unter anderem ins Englische, Französische, Spanische und Chinesische, übersetzt.

Olaf M. Roth, geboren 1965, studierte Romanistik und Germanistik. Er übersetzt aus dem Französischen, Italienischen und Englischen, außerdem arbeitet er als Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit am Theater Kiel. Zu den von ihm übersetzten Autoren gehören u.a. Bernard-Henri Lévy, Tiziano Scarpa, Jim Dodge, Samuel Benchetrit, Michel Bussi.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.06.2004

Bei der Liebe muss dreckig gelacht werden
„Was ich von dir will”: Tiziano Scarpa vertauscht sentimentale und zynische Herzen
Tiziano Scarpa kann man sich gut in einem Fetisch-Labor vorstellen, wo er aus Frauenzöpfen und milchigen Körperflüssigkeiten seine Geschichten zusammendestilliert. Vielleicht wäre Woody Allens wabernder Riesenbusen („Was Sie schon immer über Sex wissen wollten”) ein symbolischer Leitwolf für all diese Fleisch gewordenen Kalauer, die der italienische Schriftsteller in seinen Erzählungen verwurstet. „Was ich von dir will” entpuppt sich als großartige Sammlung literarischer Bizarrerien, wenn, und das ist die Grundbedingung, wenn man den entsprechenden Splatter-Humor zu schätzen weiß. Neben Staubsaugervertreterinnen und obszönen Papageien aus dem modernen Zotenrepertoire schießt sich Tiziano Scarpa aber auch auf eine andere Spezies ein: die empfindsamen Sparkassenangestellten und Mauerblümchen. Je zarter die Natur, desto gnadenloser der Angriff mit der literarischen Kettensäge, lautet die Maxime.
Nicht umsonst wurde Tiziano Scarpa als Teil einer Jugendbewegung bekannt, die seit Mitte der neunziger Jahre unter dem Namen „gioventù cannibale” von sich reden machte und das literarische Italien mit einer Ästhetik des Hässlichen in Wallung versetzte. Ähnlich wie die deutsche Popliteratur ist die italienische Pulpliteratur nicht mehr die allerfrischeste Formation, aber geblieben sind Autoren wie Scarpa, geboren 1963 in Venedig, der vor drei Jahren mit den deftigen Erzählungen „Amore ®” auch in Deutschland als junger Wilder der neueren italienischen Literatur wahrgenommen wurde. „Alles was ich will” wirkt weniger surreal, dafür aber unvermindert triebgesteuert. Nach wie vor ist die Liebe ein infernalisches Spiel, bei dem möglichst dreckig gelacht werden muss. Gleichzeitig drückt Scarpa gerade den Verlierern eine Wortkanone in die Hand, mit der das Geschichten-Erfinden - und nicht der ewige Geschlechterkampf - zur eigentlichen Königsdisziplin gekürt wird.
„Ich zieh mir gleich das Höschen aus, damit es schneller geht” heißt die Erzählung, in der Marcellum die Details seiner Geschlechtsumwandlung vorführt. Der Ex-Marcello will nicht zur Frau, sondern zum Neutrum gemacht werden, weil er das Erzähltalent seiner Freundin nicht mehr erträgt. Für Gabriella mutiert der Alltag sekündlich zur Groteske, was den öden Schalterbeamten noch tiefer in die Sprachlosigkeit treibt. „Ich weiß nicht, es war, als würde die Welt vor ihren Augen zum Ausverkauf angeboten: Sie plünderte sie, sackte sie ein.” Im Dachgeschoss ihrer Firma entdeckt Gabriella eine verschrobene Alte, die ihr das Geheimnis der Düngung im Veneto erklärt: „Dem Bauern gaben sie drei Würstchen, die säuberlich in einem Kästchen aufgereiht lagen, denn die Mutter wollte, dass ihre Töchter sich anständig benahmen, auch wenn es darum ging, die eigene Kacke einem Fremden darzubieten.” Nach seiner Operation braucht Marcellum nicht mehr mit offenem Mund zuzuhören, sondern er reißt sich die wüsten Geschichten gewissermaßen selbst unter den Nagel.
Auch „In Lady Frankensteins Labor” wird hektisch umgewandelt: Das Monster darf sich aussuchen, ob ihm ein sentimentales oder ein zynisches Herz eingepflanzt wird, ob es selbst lieben oder geliebt werden wird. Offensichtlich sind die Unterscheidungen nicht so klar, denn das vermeintlich zynische Monster lässt die operierende Lady sitzen, um romantisch Vanilleeis essen zu gehen. Der kannibalische Furor verzieht sich genau dann, wenn die Differenz von Lieben oder Leiden zu einem langweiligen Sadomaso-Kostüm zu verkommen droht. Ganz ähnlich schlingern auch Tiziano Scarpas Erzählungen zwischen schamloser Albernheit und bissiger Komik. Die Vögel zwitschern wie verrückt, wenn sich nicht gerade ein Irrer an ihnen vergeht.
JUTTA PERSON
TIZIANO SCARPA: Was ich von dir will. Aus dem Italienischen von Olaf Roth. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2004. 156 Seiten, 10,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.08.2004

Zerstreut am Lagerfeuer
Kopflos unter der Gürtellinie: Tiziano Scarpa will zuviel zu schnell

Als "boccaccesco" bezeichnen Italiener Anmerkungen, die genüßlich unter die Gürtellinie zielen, manchmal allerdings nicht die Raffinesse besitzen, kunstfertig und doch genauso eindeutig die Gürtelschnalle zu beschreiben - und den Rest der Phantasie zu überlassen, wie es Boccaccio ausgiebig im "Decamerone" tat.

"Was ich von dir will" hält sich Tiziano Scarpa im Titel seines aktuellen Buches zunächst dezent zurück, um dann in zehn Erzählungen und Dialogen intimste Details aus allen Körperregionen auszuplaudern, womit der 1963 geborene Italiener dem Stil seiner bisherigen Veröffentlichungen treu bleibt. "Als ich aus dem Erziehungsheim entlassen wurde" heißt die längste und gelungenste Erzählung dieses Bandes, in der ein junger Gewalttäter sich als Küchengehilfe in einem Ferienlager bewähren soll, dort aber lieber in lustvoll-lasterhafte Phantasien abschweift und darüber die vielleicht einzig mögliche Nähe zu einer stillen Mitarbeiterin, für ihn nur "die Schabracke", versäumt. Es sinniert sich doch so viel leichter über die vielfältige Nutzung von Artischocken oder die enormen Brüste der Köchin - die somit drei Köpfe hatte, "einen auf dem Hals und zwei vorne an der Brust" -, als sich mit dem Mord, den man begangen hat, auseinanderzusetzen. Selbst beim Versuch, am Lagerfeuer sein Leben zu erzählen und damit, ganz im Sinne Boccaccios, Ordnung hineinzubringen, scheitert er kläglich.

Scarpas Helden sind geschwätzige Monaden, die Sehnsucht nach Nähe durch einen pervertierten Rededrang und abstrusen Aktionismus kompensieren. Sie alle sind vom Verlangen gezeichnet. Wie jener Perückenliebhaber, der sich am abgeschnittenen Zopf der Angebeteten zunächst ergötzt, ihn dann als Perücke verkauft, später irrtümlich auf dem Kopf einer Passantin zu erkennen glaubt und diese kurzerhand skalpiert.

Surreal und doch nicht unheimlich, dialektisch und doch nicht spannend, voller sexueller Bezüge und doch nicht erotisch, so erschöpfen sich die meisten Erzählungen in abstrusen Handlungen oder finstersten Brütereien, die dann rasch in unerfreuliche Details abgleiten. Solange die verschwurbelten Assoziationsketten als Bekenntnisse einer gequälten Seele hervorquellen, folgt man den erzählerischen Volten des Autors wenn schon nicht freudig, so doch willig. Meist jedoch bleibt es beim Gestus des Aufrührerischen, des gewollt Unergründlichen und des forciert Provokanten. Da möchte man dem Band trotz all seiner Griffe unter die Gürtellinie nicht einmal das schwungvolle Prädikat "alla boccaccesca" zuerkennen.

ELKE BIHUSCH

Tiziano Scarpa: "Was ich von dir will". Aus dem Italienischen übersetzt von Olaf Roth. Wagenbach Verlag, Berlin 2004. 156 S., br., 10,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Gar nicht empfehlen kann Elke Bihusch Tiziano Scarpas neuen Erzählungsband "Was ich von dir will". Sie findet alles aufgesetzt und ungekonnt, geschwätzig und effekthascherisch, und auch die Figuren kommen über den Rang von Dampfplaudertaschen nicht hinaus. Was sie von dem Autor wollen soll, wird ihr nicht klar. Intime Detailbekenntnisse, die man gar nicht hören möchte - mit diesem Genre bleibt der italienische Autor sich treu, befindet die Rezensentin - aber das war's dann offensichtlich auch schon. Bihusch skizziert flüchtig eine Erzählung, die ihrer Meinung nach gelungenste; in dieser geht es um einen jungen Mann, der einen Mord begangen hat, bei der Resozialisation im Ferienlager aber lediglich von den drei Köpfen der Köchin - er findet "einen auf dem Hals und zwei vorne an der Brust" - schwärmt. Psychologisch eindringlich ist das nicht gerade, urteilt Bihusch, erotisch auch nicht.

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