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In Logroño, der spanischen Hauptstadt des Weins, sollen Santiago Malpás undein gewisser F.R. mit ihrem Nissan ein »paar Kisten« abholen (darin befindensich unter anderem: ein Haarföhn, ein Toaster und zwei Kanister Olivenöl) undsie zu einer ominösen Hütte bringen, wo sich ihr Freund, der reiche WinzerModesto Cumba, verschanzt hat.Was den in vierter Ehe unglücklich verheirateten Cumba zu diesem außergewöhnlichenSchritt bewogen hat, enthüllt sich dem Leser parallel zum Konsumunzähliger Flaschen Rotwein, die da während der Autofahrt mitten in einemSchneesturm und später auch in Cumbas Hütte…mehr

Produktbeschreibung
In Logroño, der spanischen Hauptstadt des Weins, sollen Santiago Malpás undein gewisser F.R. mit ihrem Nissan ein »paar Kisten« abholen (darin befindensich unter anderem: ein Haarföhn, ein Toaster und zwei Kanister Olivenöl) undsie zu einer ominösen Hütte bringen, wo sich ihr Freund, der reiche WinzerModesto Cumba, verschanzt hat.Was den in vierter Ehe unglücklich verheirateten Cumba zu diesem außergewöhnlichenSchritt bewogen hat, enthüllt sich dem Leser parallel zum Konsumunzähliger Flaschen Rotwein, die da während der Autofahrt mitten in einemSchneesturm und später auch in Cumbas Hütte gepichelt werden - naiv wärees zu denken, hier habe keine Frau ihre Hand im Spiel. Doch als die dreiFreunde, die sich vor vielen Jahren bei einem tragischen Motorradunfallkennengelernt haben, in ihrer Hütte unerwartet Besuch erhalten, wird es für sieallmählich eng ...
Autorenporträt
Javier Fernández de Castro, geboren 1942 in Aranda de Duero (Burgos), lebt dort seit seinem fünften Lebensjahr nicht mehr. Dafür hat er zahlreiche Romane verfasst - und u.a. James Joyce und Ian McEwan aus dem Englischen übersetzt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.10.2011

Von der Schwierigkeit, trocken zu reisen

Ist das eine Novelle oder ein Roman? Javier Fernández de Castro erzählt ein wunderbares Rotweinabenteuer dreier enger Freunde.

Von Jan Wiele

Jeder hat vielleicht schon einmal eine besonders intensive, womöglich auch gefährliche Erfahrung im Kreis enger Freunde gemacht, die es verdient, Abenteuer genannt zu werden.

Während man mittendrin ist, realisiert man es oft gar nicht; wenn es vorbei ist und in die ferne Welt der Erinnerung rückt, tritt neben die bittere Erkenntnis der Unwiederholbarkeit bald auch die Hoffnung auf eine neue spannende Episode mit diesen Freunden. Aber auch die ist im Leben nicht immer garantiert. Vom Warten auf genau diesen Tag kann schöne Literatur handeln - und wenn sie gut ist, dieses Warten etwas erleichtern.

Javier Fernández de Castro weckt die Abenteuerlust des Lesers zunächst durch die klingenden Ortsnamen nordspanischer Weinbaugebiete, an denen seine Erzählung sich geradezu berauscht: Oyón, Assa, Laguardia, Samaniego, San Vicente de la Sonsierra, Ábalos und Labastida. "Du kommst nicht darauf, was ich mir in Cabezón de la Sal gekauft habe", sagt Santiago Malpás einmal zu seinem Beifahrer, der nur F.R. genannt wird. Die beiden Männer indessen kommen nicht darauf, warum sie von ihrem Freund Modesto Cumba gebeten worden sind, ihn unverzüglich in einer entlegenen Berghütte zu besuchen. So beginnt ein erzählerisches Roadmovie, das neugierig macht.

Auch wenn Malpás und F.R. ihr Tagewerk nur ungern liegenlassen, steht es für die Männer außer Frage, dass sie ihrem Freund, der anscheinend in Not ist, sofort helfen und seiner Einladung folgen werden. Während die zwei noch rätseln, warum der Dritte im Bunde sie so dringend sehen will, entkorken sie an Bord ihres Geländewagens bereits die ersten Weinflaschen. Es müssen noch einige sonderbare Kisten abgeholt werden, dann geht es immer höher ins navarrische Bergland, während der Herbsthimmel von einem Unwetter verdunkelt wird, das den ersten Schnee bringt.

Geschickt lenkt de Castro die Erzählung bald auf die Wege der Erinnerung, und meisterlich gelingt es ihm, den Rückblick auf die Entstehung einer besonderen Männerfreundschaft in das Gegenwartsgeschehen der seltsamen Autofahrt einzuspeisen: Der Ingenieur F.R., der Verleger Malpás und der Winzer Cumba lernten sich durch ein tragisches Ereignis viele Jahre zuvor kennen und verbrachten daraufhin ein unvergessliches Wochenende, das sie für immer zusammengeschweißt hat.

Die Knappheit, mit der de Castro drei ganze Leben schlaglichtartig erzählt, lässt die Bezeichnung als Kurzroman durch den deutschen Verlag auch bei kaum mehr als hundert Seiten Länge nicht ganz abwegig erscheinen. Für eine vielleicht bessere Einordnung als Novelle könnte indessen sprechen, dass eine wirklich ziemlich unerhörte Begebenheit geschildert wird. Sie zu verraten,würde den Spaß verderben, aber erwähnen darf man wohl, dass sowohl Kühe als auch ein Killer dabei eine Rolle spielen. Kein Geheimnis ist, dass bei dem Wiedersehen der drei Männer wiederum reichlich getrunken wird.

Zu den wunderbaren Elementen der Erzählung gehört, dass Modesto Cumba auch in den brenzligsten Momenten stets eine neue Flasche Wein aus dem Hut zaubert. Seine Kollegen sind nicht minder gut gerüstet: Wenn es darauf ankommt, greift man kurz in einen immer wieder stolz erwähnten "prall gefüllten Hirtenbeutel" voller nützlicher Utensilien und zieht daraus "einen Ersatzkorkenzieher und ein kleines Teleskopglas aus ziseliertem Silber" hervor: Diese Männer sind allzeit bereit.

Neben dem Interesse an ihrer Geschichte zeigt der Autor aber auch immer wieder ein solches an besonders schönen kleinen oder großen Dingen, die er mit Liebe zum Detail beschreibt - sei es nun ein altes BMW-Motorrad, das Malpás seit einem Unfall nur noch anschaut und poliert, oder aber ein Klappmesser im Beutel von F.R., dessen Griff "in Form eines seiner Beute nachsetzenden Windhundes geschnitzt war". Beim Betrachten erinnert sein Besitzer sich: "Ich habe es beim Fährmann Flix für eine Mütze von Real Saragossa eingetauscht."

Selten hat man zudem eine derartige Gemütlichkeit verspürt, wie sie de Castro und sein Übersetzer Timo Berger kraft der Sprache erzeugen, wenn die ulkigen Helden sich im Auto oder in einer Schäferhütte vor dem Sturm schützen und dabei schlemmen. "Einen Pakt schließen mit dem, was da ist" heißt das einfach in einer Kapitelüberschrift. Diesen Pakt geht man als Leser gern ein. Und was die Hoffnung auf ein eigenes Abenteuer angeht, befördert das Buch wie kaum ein anderes die Gewissheit, dass es irgendwann wieder passieren kann - vielleicht in ein paar Jahren, vielleicht schon morgen.

Javier Fernández de Castro: "In Erinnerung an einen vorzüglichen Wein".

Aus dem Spanischen von Timo Berger. Wagenbach Verlag, Berlin 2011. 120 S., geb., 14,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nach der Lektüre von Javier Fernandez de Castros neuem Roman "In Erinnerung an einen vorzüglichen Wein" möchte Rezensent Jan Wiele am liebsten gleich auch ein Abenteuer erleben. Derart eingenommen hat ihn diese wunderbare, kurze Geschichte, in welcher der Autor die Freundschaft dreier Männer schildert, die sich durch ein tragisches Ereignis kennenlernten und Jahre später erneut aufeinandertreffen. Der Rezensent begleitet die Protagonisten bei weinseligen Abenden, erfährt in beachtenswert knappen und meisterhaften Erzählungen viel aus deren Leben und bewundert nicht zuletzt die Gabe des Autors, kleine und große Gegenstände mit viel Liebe zum Detail zu beschreiben. Voller Lob erwähnt Wiele auch die Arbeit des Übersetzers, dem es gelinge die von de Castro erzeugte Gemütlichkeit in die deutsche Sprache zu übertragen.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Fernández de Castro schreibt, wie jene Geigenvirtuosen mit zwölf Fingern die unmöglichsten Partituren spielen, während sie einer Dame in der ersten Reihe zuzwinkern.« Félix de Azúa