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Die Ideologie grenzenlosen Wachstums durch deregulierte Märkte ist gescheitert. Schon vor 40 Jahren war erkennbar: Die Grenzen des Wachstums sind erreicht, nachhaltige Wirtschaftsformen schonen unsere Lebensgrundlagen, Ungleichheit und ein schwacher Staat fördern Armut, Krankheit und Kriminalität. Aber erst heute sind wir bereit, über die Konsequenzen nachzudenken. Erhard Eppler legt dar, warum diese Einsichten lange Zeit überspielt, geleugnet und verdängt wurden. Er unterscheidet zwischen 'Leistung' und 'Erfolg'. Er will eine solidarische Leistungsgesellschaft, in der das Leitbild nicht der…mehr

Produktbeschreibung
Die Ideologie grenzenlosen Wachstums durch deregulierte Märkte ist gescheitert. Schon vor 40 Jahren war erkennbar: Die Grenzen des Wachstums sind erreicht, nachhaltige Wirtschaftsformen schonen unsere Lebensgrundlagen, Ungleichheit und ein schwacher Staat fördern Armut, Krankheit und Kriminalität. Aber erst heute sind wir bereit, über die Konsequenzen nachzudenken. Erhard Eppler legt dar, warum diese Einsichten lange Zeit überspielt, geleugnet und verdängt wurden. Er unterscheidet zwischen 'Leistung' und 'Erfolg'. Er will eine solidarische Leistungsgesellschaft, in der das Leitbild nicht der mit den kräftigsten Ellbogen ist, sondern der Mensch mit Verantwortungsgefühl und mit dem feinsten Gespür für die Bedürfnisse anderer. Auch in der Europäischen Union und in unserem Verhältnis zu Afrika sollten Leistung und Solidarität wieder verbunden werden.
Autorenporträt
Erhard Eppler, geb. 1926, Dr. phil., neben seinen zahlreichen politischen Ämtern war er von 1973 bis 1992 Vorsitzender der SPD-Grundwertekommission und u. a. Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentags.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.11.2011

Wir brauchen keine Utopie,
es genügt das Grundgesetz
Erhard Eppler kämpft für eine menschlichere Gesellschaft
Klaus von Dohnanyi ist seit 54 Jahren Mitglied der SPD, Erhard Eppler seit 55 Jahren. Beide sind fast gleich alt, Dohnanyi 83, Eppler 84. Und trotz ihres hohen Alters melden sich die zwei immer noch gern zu Wort. Sehr viel mehr Gemeinsames lässt sich über die Oldies nicht berichten. Im Sommer hat sich der konservative Dohnanyi über seinen linken Parteifreund im Fernsehen lustig gemacht: Der hantiere immer noch mit „Argumenten aus den 70er Jahren“. Anlass war ein Beitrag in der SZ, in dem sich der frühere Vorsitzende der Grundwertekommission der SPD über die allmächtigen Finanzmärkte ärgerte, die „mit jedem der europäischen Nationalstaaten kegeln“. Es sei höchste Zeit, dass die Politik sich wieder das Primat des Handelns verschaffe. Ähnliches sagen mittlerweile auch konservative Politiker wie etwa Bundespräsident Christian Wulff oder sein Vorgänger Horst Köhler.
Für Eppler dürfte das Totschlagargument Dohnanyis eher ein Ritterschlag sein. Denn der einstige evangelische Kirchentagspräsident macht gar kein Hehl daraus, dass er schon seit 40 Jahren an die Grenzen des Wachstums erinnert, die Ellbogengesellschaft verdammt und sich für einen aktionsfähigen Sozialstaat ausspricht, der nicht ausgehungert werden darf. Insofern sind für ihn die letzten Jahrzehnte der deutschen Politik eine vergeudete Zeit, in der versäumt wurde, die richtigen Weichen zu stellen.
Eppler legt sich in seinem neuen Buch,
in dem er das scheinbare Paradox einer „solidarischen Leistungsgesellschaft“ beschwört, erst gar nicht lange mit den Wachstumsfetischisten innerhalb und außerhalb seiner Partei an. Auffällig ist, dass er als Mitstreiter im Geiste vornehmlich konservative Denker benennt. Ausführlich den Sozialwissenschaftler Meinhard Miegel, der die Wachstumsideologie als „Religion unserer Zeit“ brandmarkt. Und der auch nicht eben als linke Speerspitze seiner Partei bekannte Hans-Jochen Vogel wird von Eppler gerühmt, weil er bereits 1973 zwischen schädlichem und nützlichem Wirtschaftswachstum scharf unterschieden und eine neue Epoche „der Erhaltung und Wiederherstellung“ als überfällig bezeichnet hatte.
Und nicht ganz uneitel schreibt Eppler über sich selbst, wie aus dem „unauffälligen Abgeordneten der 60er Jahre“ der „aufreizend hartnäckige Verfechter einer ökologischen Wende“ wurde. 1975 erschien nicht nur das seinerzeit sehr bekannte Buch des damaligen CDU-Bundestagsabgeordneten und späteren ÖDP-Gründers Herbert Gruhl („Ein Planet wird geplündert“), sondern auch Epplers
„Ende oder Wende“. Darin spricht er – im Sinn des Club of Rome – von einer „historischen Zäsur“: Die Menschheit müsse erkennen, dass die Wirtschaft nicht unbegrenzt weiter expandieren könne.
Obwohl Eppler sich in seiner Analyse treu bleibt, ist sein Buch beileibe kein Aufguss von alten Argumenten. Er setzt sich ausführlich mit den jüngsten Entwicklungen auseinander, mit der republikanischen „Tea Party“ in den USA, mit den absurd hohen Managergehältern, mit der stetig wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich, mit der für ihn seltsamen deutschen Diskussion über Steuersenkungen, aber auch mit Stuttgart 21, das für ihn ein schönes Beispiel dafür ist, wie notwendig eine stärkere Einbindung der Bevölkerung in politische Entscheidungen ist. Eppler ist für Plebiszite, auch auf Bundesebene.
Ihm geht es eben nicht nur um die Eindämmung der anonymen Finanzmärkte, es geht ihm um nichts weniger als die Zukunft der Gesellschaft. Dazu brauche es gar keine „neue schlau erfundene Utopie“, es reiche schon, unsere Verfassung ernst zu nehmen: „Ganz sicher hat das Grundgesetz nicht den rein ökonomisch und egoistisch programmierten Wettbewerber am Markt im Auge.“ Schon die nach Artikel 1 zu schützende Würde des Menschen erfordere etwa ein Existenzminimum für jeden Arbeitnehmer.
Eppler beschwört ein neues, aber eigentlich selbstverständliches Miteinander, das „Höflichkeit, Rücksicht auf Schwächere, Hilfsbereitschaft, Einfühlung in andere, Solidarität“ erfordert. Und Bildung bestehe nicht darin, aus jedem Kind einen künftigen „homo oeconomicus“ zu machen; in jedem Menschen sollen vielmehr seine speziellen Fähigkeiten angeregt werden. Eine bloße Konkurrenzgesellschaft, in der jeder jedem misstraut, ist für Eppler (und wohl nicht nur für ihn) „die Hölle auf Erden“.
RALF HUSEMANN
ERHARD EPPLER: Eine solidarische Leistungsgesellschaft. Epochenwechsel nach der Blamage der Marktradikalen.
J. H. W. Dietz, Bonn 2011. 144 Seiten, 15,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Konkurrenzgesellschaft - ein böses Reizwort für den Autor, der schon über 80 und doch kein bisschen leise ist, wie es scheint, wenn Ralf Husemann uns das neue Buch des SPD-Mannes Erhard Eppler vorstellt. Eppler kommt sofort zur Sache, freut sich Husemann, lässt seine Gegner, die Wachstumsfetischisten, gleich links (beziehungsweise rechts) liegen und bleibt sich treu, ohne bloß die alten Argumente aufzuwärmen. Das bisschen Eitelkeit desjenigen, der schon immer wusste, dass es keine Alternative zur ökologischen Wende gibt, verzeiht der Rezensent dem Autor und hört gespannt, was Eppler zu Stuttgart 21, Tea Party oder der Schere zwischen Arm und Reich aufschreibt. Dabei stellt er erfreut fest: Nicht nur um die Bändigung der Finanzjongleure geht es ihm, sondern um unsere Zukunft als Gesellschaft. Dass alles zu deren Segen Notwendige bereits in der Verfassung steht beziehungsweise in uns schlummert (Solidarität, Rücksicht usw.), gehört für Husemann zu den überraschenden Erkenntnissen des Bandes.

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