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Joachim gehört zu der Generation, die noch in den letzten Kriegswochen von Hitler in die Schützengräben geschickt wird: Jungs mit 15, 16. Einige von ihnenkommen mit dem Leben davon, auch Joachim hat Glück. 1949 muss er das Abi-Jahr wiederholen. Er und seine neuen Schulkameraden wollen aber von den Polit-Parolen aus der UdSSR nichts wissen. Bevormundung und Volksagitation haben sie gründlich satt. Sie wollen sich wehren. Statt als Blauhemden in der FDJ mitzulaufen, kleben sie nachts Flugblätter und fahren nach West-Berlin, um sich mit anderen Freiheitsdenkern zu treffen. Unter Joachims Regie…mehr

Produktbeschreibung
Joachim gehört zu der Generation, die noch in den letzten Kriegswochen von Hitler in die Schützengräben geschickt wird: Jungs mit 15, 16. Einige von ihnenkommen mit dem Leben davon, auch Joachim hat Glück. 1949 muss er das Abi-Jahr wiederholen. Er und seine neuen Schulkameraden wollen aber von den Polit-Parolen aus der UdSSR nichts wissen. Bevormundung und Volksagitation haben sie gründlich satt. Sie wollen sich wehren. Statt als Blauhemden in der FDJ mitzulaufen, kleben sie nachts Flugblätter und fahren nach West-Berlin, um sich mit anderen Freiheitsdenkern zu treffen. Unter Joachims Regie ersinnen sie einen ausgefuchsten Plan: Sie bauen einen geheimen Radiosender. Das hat Folgen für die jungen Männer der russische Geheimdienst und die gerade entstehende Stasi geben keine Ruhe, bis sie die »Saboteure« geschnappt haben. Joachim droht die schlimmste Strafe.
Autorenporträt
Steffen Lüddemann, geboren 1962 in Leipzig, war Buchhändler, freiberuflicher Verlagsmitarbeiter und Rezensent. Von 1989 bis 1992 Studium am Leipziger Literaturinstitut. Lebt heute als freier Rundfunk- und Fernsehautor in Berlin. Sein erster Roman basiert auf einem Dokumentarfilm, der mehrfach ausgestrahlt wurde.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.11.2007

Brüder der Weißen Rose
Eine jugendliche Widerstandsgruppe in der Frühzeit der DDR
Altenburg in Thüringen im Jahr 1949. Vier Gymnasiasten diskutieren auf einem heimlichen Treffen die politische Situation in ihrer Stadt, die seit vier Jahren russischer Garnisonsstandort ist. Im öffentlichen Leben und im Schulalltag breitet sich immer mehr ein Klima der Unfreiheit aus. Für gute Schulnoten ist ein Eintritt in die staatliche Jugendorganisation FDJ fast obligatorisch. Wie können die Jungen die Öffentlichkeit wachrütteln gegen das sich etablierende Regime der SED, denn, geprägt von den grausamen Erfahrungen der Kriegszeit, haben sie längst den Glauben an die Integrität der Elterngeneration verloren.
Besonders Joachim, dessen Persönlichkeit der Autor Steffen Lüddemann in den Mittelpunkt seines zeitgeschichtlichen Romans „50 Hertz gegen Stalin” stellt, verachtet seinen Vater, der ihn für einen Spinner und Versager hält, weil er Gedichte schreibt und die 12. Klasse wiederholen muss. „Weißt du, was ich unter Versagen verstehe?”, beginnt Joachim mit sehr ruhiger Stimme. „Wenn man seinen Arsch immer versucht an die Wand zu kriegen. Wenn man das Maul hält und mitmacht. Das ist für mich versagen. Zehn Jahre ,Heil Hitler‘ brüllen, und dann, als wäre nichts gewesen, rein in die neue Uniform. Und siehe da, sie passt auch wieder.”
Flugblätter vom RIAS
„Wer schweigt, macht sich mitschuldig” ist ihr moralischer Impetus und mit einem Schuss jugendlichen Leichtsinns und Abenteuerlust planen sie spektakuläre politische Aktionen. Schließlich sind sie begeisterte Hörer von RIAS, dem Berliner Westsender, der nicht nur amerikanische Musik spielt, sondern auch immer wieder zum politischen Widerstand auffordert. Auf einer Fahrt nach Berlin erhalten sie beim Sender Flugblätter, die am nächsten Morgen in Altenburg kleben und die Besatzer alarmieren.
Der Erfolg macht sie mutig. Doch ihre zweite Widerstandsaktion – sie bauen selbst einen Radiosender und stören die Rede des damaligen SED-Vorsitzenden Wilhelm Pieck an Stalins 70. Geburtstag – wird von der Staatsmacht grausam bestraft. Nachdem ein Denunziant, dessen Identität bis heute unbekannt blieb, sie verraten hat, werden sie zu langen Zuchthausstrafen verurteilt. Joachim verschwindet, sein Schicksal bleibt ungeklärt, bis 1997 die russische Militärverwaltung mitteilt, dass er, zum Tode verurteilt, im Dezember 1950 in Moskau erschossen wurde.
Diese jugendliche Widerstandsgruppe, die wie die Mitglieder der „Weißen Rose” während der NS-Zeit, aus ethischen und moralischen Gründen Widerstand gegen das SED-Regime und die russischen Besatzer leistete, hat in Altenburg wirklich existiert. Durch einen ehemaligen Mitschüler erfuhr Steffen Lüddemann von ihrem Schicksal. Aus Recherchen bei Beteiligten und Aussagen von Zeitzeugen verfasste er zuerst ein Hörspielfeature und danach einen Dokumentarfilm.
In seinem Roman verlässt Lüddemann die rein dokumentarische Ebene. Mit fiktiven Erzählmomenten entwickelt er eine Geschichte, die mehr ist als ein karges Zeitzeugnis, die in kurzen Szenen im Dialogstil nicht nur den Widerstand der Jungen, sondern auch das Leben in der gerade entstehenden DDR zeigt, den Schulalltag und das noch vom Krieg geprägte Schicksal der Eltern.
So entsteht neben aller Tragik eine spannende Geschichte, die den Leser berührt, weil die Protagonisten trotz ihres Idealismus nicht als Helden geschildert werden, sondern einfach als junge und etwas übermütige junge Leute. Ihr Widerspruchsgeist, den sie mit vielen heutigen Altersgenossen teilen, ist ein guter Ausgangspunkt, um beim jugendlichen Leser Interesse für politische Entwicklungen zu wecken und ihn vor die Frage zu stellen, wie ein eigenes politisches Engagement aussehen kann.
Die Geschichte der Weißen Rose ist inzwischen in den deutschen Lehrplänen fest verankert. Das Gleiche wünscht man sich von der Geschichte der jugendlichen Widerstandsgruppe aus Altenburg, deren Existenz erst jetzt, nach der Wiedervereinigung, bekannt wurde. Zumindest sollte der Roman obligatorisch zur Schullektüre ausgewählt werden. ROSWITHA BUDEUS–BUDDE
STEFFEN LÜDDEMANN: 50 Hertz gegen Stalin. Sauerländer, Düsseldorf 2007. 272 Seiten, 14,90 Euro. Ab 13 Jahren und Erwachsene
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Wenn es nach Roswitha Budeus-Budde ginge, sollte dieser Jugendroman um eine Widerstandsgruppe im Thüringischen Altenburg, die sich 1949 gegen das SED-Regime und die sowjetische Besatzung auflehnten, zur Schullektüre gemacht werden, weil er das politische Bewusstsein und Engagement fördert, wie sie lobt. Die vier Gymnasiasten, die aus ethischen Gründen Widerstand leisteten, indem sie Flugblätter aus dem Westen verteilten und später einen Radiosender bauten, mit dem sie eine Rede von Wilhelm Pieck störten, hat es tatsächlich gegeben, und nachdem Steffen Lüddemann zunächst ein Hörspielfeature und einen Dokumentarfilm dazu produzierte, hat er nun die Geschichte in einem Roman verarbeitet, erklärt die Rezensentin. Dadurch geht das Buch über ein reines Zeitzeugnis hinaus, es bewegt und fesselt die Leser, findet Budeus-Budde, der besonders gefällt, dass der Autor seine Protagonisten nicht als Helden, sondern als typische Jugendliche zeichnet.

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