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Ein zeitloses Werk über Geschichte und Kultur der mächtigsten Nation der Welt.Der Kulturhistoriker Johan Huizinga ist weltweit vor allem durch seine Werke Herbst des Mittelalters, Erasmus und Homo ludens bekannt geworden. Seine Amerika-Bücher Mensch und Masse in Amerika und Amerika - Leben und Denken sowie sein Tagebuch aus der Zeit von April bis Juni 1926 waren bisher für deutsche Leser nicht zugänglich. Sie erscheinen jetzt in einem Band. Darin entfaltet Huizinga die großen Themen seiner Zeit: von der Industrialisierung und der explodierenden Konzentration des Kapitals bis hin zur Hoheit der Ökonomie über das Gemeinwesen.…mehr

Produktbeschreibung
Ein zeitloses Werk über Geschichte und Kultur der mächtigsten Nation der Welt.Der Kulturhistoriker Johan Huizinga ist weltweit vor allem durch seine Werke Herbst des Mittelalters, Erasmus und Homo ludens bekannt geworden. Seine Amerika-Bücher Mensch und Masse in Amerika und Amerika - Leben und Denken sowie sein Tagebuch aus der Zeit von April bis Juni 1926 waren bisher für deutsche Leser nicht zugänglich. Sie erscheinen jetzt in einem Band. Darin entfaltet Huizinga die großen Themen seiner Zeit: von der Industrialisierung und der explodierenden Konzentration des Kapitals bis hin zur Hoheit der Ökonomie über das Gemeinwesen.
Autorenporträt
Johan Huizinga wurde am 7. Dezember 1872 in Groningen (Niederlande) geboren. Schon während der Schulzeit zeichnete er sich durch eine ungewöhnliche Sprachbegabung aus. Zunächst studiert er orientalische Sprachen, um nach seiner Promotion (1897) sich der Geschichtswissenschaft zuzuwenden. Er war dann Geschichtslehrer in der Schule in Harlem. 1903 habilitierte er sich an der Universität Amsterdam für altindische Kultur- und Religionsgeschichte. 1905 wurde er auf den Lehrstuhl für niederländische Geschichte an der Universität Groningen berufen, den er zehn Jahre später mit dem für allgemeine Geschichte an der Universität Leiden tauschen konnte. Dort lehrte er bis 1940, als die Universität durch die deutsche Besatzung geschlossen wurde. 1942 wurde der siebzigjährige Huizinga, der durch seine kulturhistorischen Schriften dem Nazi-Regime unbequem geworden war, für mehrere Monate in ein Konzentrationslager verschleppt. Auch nach seiner Entlassung durfte er nicht nach Leiden zurückkehren;

er starb am 1. Februar 1945 in einem Landhaus in De Steeg, das ihm als Wohnsitz zugewiesen worden war.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.10.2011

Die Zukunft hieß Amerika

Seine Schilderung der Welt des Mittelalters hat ihn berühmt gemacht. Nun kann man Johan Huizinga auch als Zeitdiagnostiker kennenlernen.

Von Henning Ritter

Der Ruhm des niederländischen Kulturhistorikers Johan Huizinga beruht auf einem einzigen Buch: "Herbst des Mittelalters". Daneben haben sich allenfalls seine Essays über Erasmus und über den "Homo ludens" behauptet. Huizinga gilt als Meister der Schilderung vergangener Welten, die er auf einzigartige Weise zu beleben verstand. So hat er das ausgehende Mittelalter durch Betrachtungen zu Literatur und Kunst in ein ganz neues Licht gerückt. Es war die Kunst, aus der er die Wesenszüge der Epoche herauslas. Damit glückte ihm etwas Seltenes, wenn nicht Einzigartiges: diese Zeit nicht, wie es üblich geworden war, in die Bewegung der europäischen Renaissancen einmünden zu lassen, sondern als Abgesang, als Ausklang, eben als Herbst des Mittelalters zu sehen, in dem sich Neues, nie Gesehenes als späte Blüte zeigte. Diese Umdeutung einer Spätzeit zur Quelle eines unvordenklich Neuen faszinierte die Zeitgenossen, die dadurch einen Sinn für die innovatorischen Kräfte einer Spätkultur bekamen. Sollte nicht auch das Europa, das man als überaltert empfand, ähnliche Blüten hervorbringen können? Wenn schon keine Renaissance, dann wenigstens Keime des Neuen im Alten. Bis heute gilt dieses Epochenverständnis als Durchbruch zu einer neuen Kulturgeschichte.

Das übrige Werk Huizingas wurde dadurch in den Schatten gerückt, ein solches Zauberkunststück lässt sich nicht ohne weiteres wiederholen. Es ist insofern eine Überraschung, wenn jetzt aus der Feder des Mittelalterhistorikers ein Buch über Amerika erscheint, von dessen Existenz wohl nur Fachkollegen wussten: "Mensch und Masse in Amerika". Es erschien 1918, ein Jahr vor "Herbst des Mittelalters". Vielleicht wurden beide Werke gleichzeitig von ihrem Verfasser redigiert. Man möchte deswegen eine gewisse Komplementarität zwischen beiden Büchern vermuten. Während das eine Alteuropa erkundet, blickt das andere auf Amerika als die von diesem Europa losgelöste Entfaltung eines Neuen. Die deutsche Ausgabe ergänzt das Buch von 1918 durch Betrachtungen unter dem Titel "Amerika - Leben und Denken", die 1926 zuerst erschienen, und ein erst jüngst in den Niederlanden veröffentlichtes Tagebuch von April bis Juni 1926, vor allem über Begegnungen an amerikanischen Universitäten.

Nun sind Statur und Rang der beiden kulturhistorischen Werke kaum zu vergleichen. Das eine das Ergebnis vieljähriger Vertiefung in den Reichtum der Welt des ausgehenden Mittelalters, das schmale Amerikabuch eher eine aus Vorlesungen hervorgegangene Skizze, ein Herantasten an Kulturprobleme der Gegenwart. Huizingas Amerikastudien können ihren experimentellen Charakter nicht verleugnen. Wenn auch nicht ausdrücklich, wollen sie ein Urteil über gegenwärtige Verhältnisse gewinnen, auch auf deren Auswirkung auf Europa. Damit greift Huizinga die Fragestellung von Alexis de Tocquevilles Werk über die "Demokratie in Amerika" noch einmal auf, das die Eigenart der Institutionen und Lebensformen der amerikanischen Demokratie mit Blick auf die Zukunft Europas zu erkennen suchte. Nach mehr als einem halben Jahrhundert war das prognostische Interesse noch nicht erlahmt, wenn auch verhaltener formuliert. Huizinga hielt sich mit weit ausgreifenden Prognosen zurück, aber die Frage, in welchem Maße die Vereinigten Staaten die Zukunft sind, war nicht weniger beunruhigend als zur Zeit Tocquevilles. Mit dem Weltkrieg waren die Vereinigten Staaten erstmals nach Europa gekommen.

Von dieser Gegenwart spricht Huizinga allenfalls implizit. In gedrängter Form, fast in einem amerikanischen Tempo, lässt er die Geschichte der Vereinigten Staaten Revue passieren. Dabei rückt er die politischen Ereignisse in den Hintergrund. Ungleich wichtiger ist ihm, was in den Überschriften seiner Essays schlagwortartig beschworen wird: Individualismus und Assoziation, die Automatisierung des Gemeinschaftslebens und Staatssinn und Geschäftsgeist. Damit sind Besonderheiten des amerikanischen Lebens und der amerikanischen Kultur namhaft gemacht: In allen Lebensbereichen dominiert die Gemeinschaft in Gestalt einer Vielzahl von Assoziationen, von denen sich die Individuen bereitwillig aufsaugen lassen, sie scheinen nicht anders als in solchen Verbindungen, Vereinen, Bruderschaften existieren zu können. Diese Gemeinschaften werden im Lauf der Geschichte dem Druck der technischen Imperative von Rationalisierung und Automatisierung unterworfen. Dies geschieht, wie Huizinga auch am Beispiel der Wissenschaft erläutert, offenbar widerstandslos, als wäre es selbstverständlich, dass sich das Leben in seinen Verzweigungen zu rationalisieren und zu automatisieren habe.

All dies entfaltet Huizinga in einer Schilderung von dramatischen Konflikten auf dem unübersichtlichen Feld der kleinen und großen Sozietäten, die in der einen oder anderen Weise auf den Druck der technischen Innovationen reagieren. Wo Huizinga den Sonderformen des amerikanischen Gemeinschaftslebens und den Schicksalen der Individualität nachgeht, kommt er seinem kulturgeschichtlichen Programm am nächsten. Besonders aufschlussreich ist dabei seine Beobachtung, dass der Individualismus sich in Amerika in erster Linie im Geschäftsleben, im Business, auslebe. Offenbar ist, anders als in Europa, nicht in erster Linie die Kultur der Schauplatz für die Ausbildung der Individualität. Trotzdem scheut sich Huizinga offenbar, die amerikanische und die europäische Stellung zum Individuum zur Grundlage eines Kulturvergleichs zu machen, der hier naheliegen würde, hatten doch die großen Mächte des amerikanischen Lebens - Technik, Rationalisierung und Automatisierung - in Europa längst Fuß gefasst.

Unübersehbar hat Huizingas Amerikabuch etwas Verschlossenes, er hält mit seinem Urteil hinter dem Berge. Allenfalls seine eindringliche Schilderung des Prinzips der Individualität im Kampf gegen die übermächtigen Gemeinschaften und die neuen technischen Mächte lassen es nicht zweifelhaft erscheinen, wo seine Sympathien liegen. Über Europa scheint er zu schweigen, weil seine Angst vor der Ansteckung durch den Geist Amerikas übermächtig ist. Eine nicht weniger beunruhigende Aussicht dürfte es für ihn gewesen sein, dass sich auch in Europa die Wissenschaft den neuen technischen und wirtschaftlichen Organisationsformen so rückhaltlos öffnen könnte wie in Amerika. Diese Sorge dürfte den Anstoß für sein 1926 erschienenes zweites Amerikabuch gegeben haben: "Lose Bemerkungen" unter dem Titel "Amerika - Leben und Denken". Es handelt sich um Glossen zu Erscheinungen des amerikanischen Alltagslebens und der akademischen Welt. Überschriften wie "Standardizing", "Veräußerlichte Kultur", "Headline und Inserat" geben die Richtung seiner Überlegungen zu erkennen.

Wäre da nicht eine gewisse Biederkeit, könnte man versucht sein, an die amerikanischen Beobachtungen zu denken, die Theodor W. Adorno zwei Jahrzehnte später niederschrieb. Gemeinsam haben sie allerdings die Sensibilität gegenüber Verfallsformen des Geistes. Als wollte er für seine prognostische Zurückhaltung entschädigen, schließt Huizinga seine Betrachtungen über das amerikanische Geistesleben mit einer Glosse, die "Eine kommende Verfolgung?" überschrieben ist. Er glaubt zwischen den jüngeren amerikanischen Intellektuellen und der puritanischen Tradition eine tief reichende Entfremdung wahrzunehmen, die ihn zu einer merkwürdigen Ausflucht greifen läßt: "Vielleicht muß man die Verfolgung der amerikanischen Wissenschaft am Ende herbeiwünschen, damit sie ihr zu aller ursprünglichen Glut, allem Vertrauen und allem Mut, die ihr eigen sind, noch die Vertiefung bringe, der sie zuweilen zu bedürfen scheint." Die Panik, die Huizingas Erkundungen des amerikanischen Lebens insgeheim lenkte, hat damit am Ende einmal ein Ventil gefunden.

Johan Huizinga: "Amerika".

Aus dem Niederländischen von Annette Wunschel. Mit einem Nachwort von Thomas Macho. Wilhelm Fink Verlag, München 2011. 380 S., Abb., geb., 49,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.12.2011

Homo ludens
in Chicago
Eine Entdeckung, erstmals in deutscher Übersetzung:
Der Kulturhistoriker Johan Huizinga in und über Amerika
Nein, Chicago hatte es dem niederländischen Historiker und Kulturwissenschaftler Johan Huizinga gar nicht angetan. Als er die Stadt im Mai 1926 anlässlich einer dreimonatigen Rundreise durch die USA besuchte, zeigte er sich nicht nur enttäuscht, dass die Stadt und die Universität hinter ihren Möglichkeiten zurückgeblieben waren. In ihm stieg deutlich Übelkeit auf: „Nun sehe ich wirklich, dass Chicago eine verächtliche Stadt und ein Schandfleck der Menschheit ist. Ich schäme mich fast, hier in diesem gepflegten Hotel zu wohnen.“ Damit nicht genug: Der miserable Gesamteindruck der „Windy City“ trieb Huizinga ins Grundsätzliche: „Ist das hier die amerikanische Zukunft, die ich bereit war in günstigem Licht zu sehen? Oder müssen wir an der modernen Kultur verzweifeln?“
Was sollte man auch von einem Autor anderes erwarten, der bereits 1918 ein Buch mit dem deutlich kulturkritischen Titel „Mensch und Masse in Amerika“ veröffentlicht hatte? Ein bisschen milder, dafür ebenso pompös klang das zehn Jahre später vorgelegte Buch „Amerika – Leben und Denken“, hervorgegangen aus dem zitierten Tagebuch und einer Vielzahl von Notizen.
Das Bild wird scheinbar vollständig, wenn man jetzt in Christian Krumms kluger Nachzeichnung von Huizingas Rezeption in Deutschland nachlesen kann (Waxmann Verlag, Münster, 2010) , dass bereits 1927 ein Verlag die Übersetzung der Amerika-Bücher ablehnte, weil es doch schon zu viele von der Art auf dem Markt gebe. Offensichtlich hatte man selbst in Deutschland genug von Amerika-Analysen dieser Art.
Und jetzt hat es der Fink-Verlag also doch getan: nämlich die beiden Studien und das Tagebuch in einer großartigen Übersetzung in ein Buch gepackt und zur Überprüfung des hier Gesagten aufgefordert. Nach der Lektüre der schön aufgemachten und sorgfältig edierten Fassung kann man nur sagen: Gott sei Dank! Denn nichts könnte naiver sein, als Huizinga einfach nur so beim Wort zu nehmen, die Titel mit dem Inhalt zu verwechseln und die gelegentlichen Griffe in die Ressentiment-Kiste mit seiner Haltung gleichzusetzen. Man darf als Gegengift zu dem hier gezeichneten Bild auch an die beiden bis heute lieferbaren Klassiker „Herbst des Mittelalters“ und „Homo ludens“ erinnern, um den Rang Huizingas in der Geistesgeschichte des 20. Jahrhunderts zu markieren, der häufig in einem Atemzug mit Jacob Burckhardt und Aby Warburg genannt wird.
Der 1872 geborene und 1945 verstorbene Niederländer war nicht nur ein glänzender Stilist, genauer Historiker und ausgesprochen wacher Zeitgenosse, sondern auch mit einer sehr seltenen Gabe ausgestattet: der Revision von (Vor-)Urteilen. Was im Tagebuch ungeschützt und sicherlich oft zu schnell hingeschrieben wurde, verschwand dann in den gelehrten Abhandlungen, weil es nach sorgfältiger Reflexion keine Gültigkeit mehr besaß. Außerdem enthalten die Aufzeichnungen ausgesprochen interessante Einsichten in das amerikanische Bildungs- und Universitätssystem der Zeit. Bedeutender aber sind die Reflexionen zur Zentralstellung der Diskurse um die Ökonomie, die uns manches vom Geist der Wirtschaftswissenschaften vor den „Chicago Boys“ verraten.
Dass Huizinga außerdem von der gesamten amerikanischen Geistes- und Wirtschaftselite zum Gespräch geladen wurde, beweist vor allem das gegenseitige Interesse des „alten“ und des „neuen“ Kontinents. Organisiert hatte die Reise die „Laura Spelman Rockefeller“-Stiftung, die 1929 in der global engagierten „Rockefeller Foundation“ aufging, welche wiederum sich im Laufe der Zeit auf die Förderung europäischer Wissenschaftler spezialisiert hatte und Dependancen unter anderem in London, Paris und Berlin unterhielt. Johan Huizinga war für eine solche Rundreise erste Wahl. Mit „Mensch und Masse in Amerika“ hatte er sich in die erste Reihe der Amerika-Kenner der Zeit geschrieben, was vor allem jenseits des Atlantiks aufmerksam registriert wurde.
Die genaue Kenntnis der amerikanischen Forschung, das Sich-Einlassen auf die spezifischen Entstehungsbedingungen des Gebildes USA, das nicht mit den eingeübten Kategorien der Nationalgeschichte zu greifen war und schließlich ein an Tocqueville geschultes Gespür für die politischen Prozesse und die komplexen Mechanismen amerikanischer Machtregulierung auf lokaler und überregionaler Ebene – all das kam bei den Kollegen in New York und Chicago sehr gut an. Schließlich erweist sich Huizinga als treuer Schüler Ernst Troeltschs und Kritiker Max Webers, deren Modelle zur Erklärung von Ökonomie, Religion und dem Verhältnis von Individuum und Gemeinschaft er zwischen den Zeilen klug zu unterscheiden wusste. Besonderes Augenmerk galt der Frage nach den fehlenden Traditionen in den USA. So wirkten Literatur und Philosophie auf den Beobachter aus der Ferne noch reichlich unförmig, und der Pragmatismus kann ihn offensichtlich nicht erwärmen. In seiner zweiten Arbeit kritisiert er denn auch offen das politische Engagement vieler Professoren und Intellektueller.
Wie schon Christoph Strupp in seiner schönen intellektuellen Biographie Huizingas (erschienen 2000) herausstellte, liegt den Amerika-Schriften die Überzeugung zugrunde, man könne eine genuine kulturwissenschaftliche Erklärung der Zeitgeschichte schreiben. Dafür liefern die hier versammelten Texte feine Kostproben ab, die sich aus den bekannten, heute aber nur noch antiquarisch greifbaren Aufsatzsammlungen der dreißiger bis fünfziger Jahre genauer studieren lassen. Huizinga war kein Historist, kein Sozialgeschichtler, eher schon der Mentalitätsgeschichte zugetan, ohne jedoch der deutschen Emphase von „Kultur“ als einer metaphysischen Entität zu huldigen.
Die neue Edition, der Thomas Macho ein instruktives Nachwort beisteuert und die von der Übersetzerin Annette Wunschel mit zahlreichen erläuternden Hinweisen bereichert wird, erweitert nicht nur das Wissen um Huizinga und dessen kulturgeschichtliche Methodik, sie lässt uns eine intellektuelle Figur neu entdecken. Gemeinsam mit den beiden genannten Klassikern, mit der bei C. H. Beck wieder lieferbaren „Holländischen Kultur des siebzehnten Jahrhunderts“ sowie mit einem demnächst bei Matthes & Seitz erscheinenden Bändchen zum „Spiel“-Begriff ist dieses Amerika-Buch nicht nur ein wunderbarer Einstieg in Johan Huizingas Denkwelten, sondern auch eine bemerkenswerte Vorbereitung für den amerikanischen Wahlkampf. Auch wenn festgehalten werden muss, dass Chicago selbstverständlich eine herrliche Stadt ist!
THOMAS MEYER
JOHAN HUIZINGA: Amerika. Mensch und Masse in Amerika. Amerika – Leben und Denken. Amerika-Tagebuch. Aus dem Niederländischen von Annette Wunschel. Mit einem Nachwort von Thomas Macho. Wilhelm Fink Verlag, München 2011. 380 Seiten, 49,90 Euro.
Huizinga war ein sehr wacher
Zeitgenosse – mit der seltenen
Fähigkeit, Vorurteile zu revidieren
Johan Huizinga (Zeichnung von von Toon Kelder)
SZ Photo
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Unvoreingenommen und differenziert sei der Blick des berühmten, unter den Nazis verfemten niederländischen Kulturhistorikers auf die USA, den dieser bei einer ausgedehnten Studienreise 1926 auf das Land warf, findet Julian Weber, und anschaulich die Darstellung der "Widersprüche einer noch jungen Weltmacht? zwischen Primat der Individualität und gesellschaftlichem Zusammenschluss, die dem Autor auch als historische Orientierungshilfe dienen. Für den Rezensenten steht diese nun erstmals auch auf Deutsch veröffentlichte Kulturgeschichte in der Tradition europäischer Deutungen der USA, die im frühen 19. Jahrhundert einsetzen. Näher erläutert wird dies jedoch nicht, wie auch der übrige Text im wesentlichen aus einer Inhaltsschilderung besteht.

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