35,00 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Versandfertig in 2-4 Wochen
  • Buch mit Leinen-Einband

Durch eine Kastentür gelangt der verwaiste, ledige Cyriak von Pizzicolli, der sein Leben lang nie weit von Graz weggekommen ist, auf Traumpfaden in die Tarockei, "das einzige Nachbarland der Welt", ein magisch bevölkertes Phantasiegebilde eines österreichisch-byzantinischen Utopia, dessen Verfassung auf den Regelndes Tarockspiels gründet. Was ihm dort widerfährt, nachdem er der atemberaubend schönen Cyparis ansichtig wird, und warum er am Ende ein Hirschgeweih auf dem Kopf trägt, kann Ihnen nur dieses Buch erzählen und niemand anderer als Fritz von Herzmanovsky-Orlando. "Maskenspiel der…mehr

Produktbeschreibung
Durch eine Kastentür gelangt der verwaiste, ledige Cyriak von Pizzicolli, der sein Leben lang nie weit von Graz weggekommen ist, auf Traumpfaden in die Tarockei, "das einzige Nachbarland der Welt", ein magisch bevölkertes Phantasiegebilde eines österreichisch-byzantinischen Utopia, dessen Verfassung auf den Regelndes Tarockspiels gründet. Was ihm dort widerfährt, nachdem er der atemberaubend schönen Cyparis ansichtig wird, und warum er am Ende ein Hirschgeweih auf dem Kopf trägt, kann Ihnen nur dieses Buch erzählen und niemand anderer als Fritz von Herzmanovsky-Orlando. "Maskenspiel der Genien" ist sein Hauptwerk und zugleich ein Hauptwerk der österreichischen Literatur des 20. Jahrhunderts - die phantastische Schwester von Musils "Mann ohne Eigenschaften", eine Alice im Wunderland, die durch Kafkas Schloss stolpert, ein von Einfällen und Witz überquellender, wunderschöner Alptraum!
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Fritz von Herzmanovsky-Orlandogeboren 1877 in Wien, übersiedelte 1916 nach Meran, wo er bis zu seinem Tod 1954 lebte. Im Residenz Verlag erschien von 1983 bis 1992 die Ausgabe sämtlicher Werke in 10 Bänden und zuletzt "Scoglio Pomo" (2007) und "Prosa - Erzählungen und Skizzen" (2008) als Band 1 und 2 einer Auswahlausgabe in 4 Bänden.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.04.2011

Verlegen hält der Köter einen zerfetzten Panama im Maul
Fritz von Hermanovsky-Orlando zaubert ein ägäisches Wunderland. Sein Roman „Maskenspiel der Genien“ ist ein ewiger Geheimtipp / Von Martin Mosebach
An der Fantasy-Literatur scheiden sich die Geister der Leser. Gerade die Freunde der großen Mythen, des Mahabaratha und der Artus-Sagen, des Argonautenzuges und des heiligen Grals empfinden die Mythenmixturen der Fantasy-Romane oft als allzu unverbindlich und beliebig, die Entwicklungen vorhersehbar und die aus soviel Geschichtspartikeln konstruierte Geschichtslosigkeit spannungslos. Es waren eine Art Fantasy-Romane, in die Endlosschleife einer Computer-Spiel-Ästhetik gewundene Gralsritter-Derivate, die den unschätzbaren Don Quixote den Verstand kosteten. In neuerer Zeit verbindet sich in solchen Erzählungen gern ein Prinz-Eisenherz-Mittelalter mit ort- und zeitloser Raumschiff-Science-Fiction, die Wunderwaffen der Feen komplettieren futuristisch technoide Auslöschungsmaschinen. Aber dieser Befund darf nicht davon ablenken, dass es gerade im Deutschen große und größte Literatur gibt, die sehr wohl mit den Kriterien der Fantasy-Literatur erfasst werden könnte.
Als Goethe im zweiten Teil des „Faust“ in einem überzeitlichen Griechenland Helena und Faust in ebender Kreuzritterburg Hochzeit halten ließ, die einst tatsächlich auf dem Boden des antiken Sparta errichtet worden war, da erfüllte er den Traum des Novalis von einer Verbindung von Mythos und Fabel, die als das Grundprinzip aller, auch der seichtesten Fantasy-Literatur gelten darf. Ein weiteres Gesetz für phantastische literarische Produktion wird hier sichtbar: je solider die Phantasieerfindung im Boden der historischen und psychologischen Realität verwurzelt ist, desto blühender wird sie wirken. Das Faszinierendste, was es gibt, ist Leben und Leben kann nicht erfunden werden.
Diese Gedanken werden aus Anlass des Erscheinens einer Volksausgabe des weithin berühmten, weithin zugleich völlig unbekannten Romans „Das Maskenspiel der Genien“ von Fritz Herzmanovsky-Orlando notiert. Als Fantasy-Roman hat man das umfangreiche Werk bisher nicht angesehen, es darf aber mit gutem Recht so genannt werden. 1929 hat der Autor das Buch abgeschlossen, aber er hat es, obwohl er den Zweiten Weltkrieg überlebte, auch später nie gedruckt sehen dürfen. Vielleicht war er einfach zu wohlhabend, um sich mit dem gehörigen Ehrgeiz um einen Verlag zu bemühen. Weltfremd will man einen Mann nicht nennen, der sich in so vielen Welten enzyklopädisch auskannte, der ein gnadenlos scharfer Beobachter seiner Mitmenschen war und der sich wahrlich aufs Schildern der Welt oder besser: von Welten so unerschöpflich verstand.
Aber ein klein wenig verrückt muss er dennoch gewesen sein. Jeder noch so wilde Obskurantismus zog ihn magisch an; alle erdenklichen Geheimlehren über die Bedeutung der menschlichen Rassen, des Mutterrechtes, die verborgenen Riten der Templer, die Wiedergeburt, über von „leibfeindlichen Mönchen“ zerstörte, aber eben dennoch weiter vorhandene Venus-Heiligtümer, schließlich, aber nicht endlich über die höheren Weihen und die historische Sendung der Androgynität hat er auf das ernsthafteste in sich hineingesogen; bei seiner schöpferischen Hemmungslosigkeit darf man vermuten, dass er als Magus über seinen Anreger, den „Templer“-Privatier Jörg Lanz von Liebenfels, der außerdem Adolf Hitler und August Strindberg den Kosmos erklärte, noch weit hinausging.
Aber eine solche Liebenfels’sche Narretei ist so lästig wie ein brabbelnder Betrunkener, sie allein erzeugt nicht den echten Adel der Verrücktheit. Den verdankt Herzmanovsky-Orlando einem ihm selbst völlig unbeherrschbaren Humor, der alles umwirft, was soeben mit pseudoszientistischer Kennermiene feierlich aufgestellt worden ist. Eine kindliche Lachlust hinderte ihn daran, auch nur zehn Minuten lang seinen Ernst durchzuhalten. Es ist, als habe in Herzmanovsky ein eiserner Widerwille bestanden, sich mit irgendeiner Art von vernünftigem Konsensus einer bürgerlichen Gesellschaft einzulassen: entweder machte er sich mit seinen Geheimlehren unmöglich, oder er torpedierte mit seiner anarchischen Komik jeden Versuch, ihn irgendwo festzunageln.
Mit dieser Disposition schrieb er seinen Fantasy-Roman. Angeregt haben könnte ihn Hugo von Hofmannsthals „Ariadne“-Libretto, in dem der antike Dionysos-Mythos mit der venezianischen Commedia dell’Arte des Rokoko so meisterhaft verflochten werden. Herzmanovsky entwirft einen romantisches Post-Histoire in der Ägäis. Spät-K.u.K.-Milieus treffen auf kleine fortbestehende Kreuzfahrer-Fürstentümer und schließlich auf richtige, und das heißt lebensgefährliche antike Götter.
Diesem ägäischen Wunderland voller mondäner Feste, bizarrer Einsiedler, berückender Landschaft und undeutlicher politischer Zugehörigkeit – die Türken werden nicht wirklich geleugnet, spielen aber nur eine untergeordnete dekorative Rolle – ist die eigentliche politisch-surrealistische Erfindung Herzmanovskys vorgelagert: die Tarockei, ein vom Fürsten Metternich geschaffener Pufferstaat im Süden der Donaumonarchie, der den Namen von seiner monarchischen Konstitution her trägt: Er wird nach den Regeln des Tarock-Spieles regiert.
Die vier Könige des Landes werden ausschließlich nach ihrer physiologischen Ähnlichkeit mit den Spielkarten ausgesucht, und so gelangen die erstaunlichsten Personnagen auf den Thron. Hinter den Tetrarchen aber steht der eigentliche Machthaber, ein unheimlicher, nie erblickter Rat der Drei, bestehend aus den Tarockkarten Sküs, Mond und Pagat. Die Tarockei ist keine Insel der Seligen, obwohl von der Außenwelt der Nachbarstaaten gut abgeschirmt. Sie enthält natürlich Elemente einer Satire auf das alte Österreich mit seiner im Rückblick von heute bewunderten Bürokratie, die vor allem durch die von ihr entwickelte Sprache zu ihrer Zeit aber auch in manchem administrativen Exzess im Gedächtnis geblieben ist. Die K.u.K.-Groteske nähert sich in der Tarockei dem Wunderland der englischen Alice und ist genauso bedrohlich in ihren auf die Spitze getriebenen Absurditäten. Alle diese Landschaften und Staaten werden von der tragischen Hauptfigur Cyriak von Pizzicolli durchreist, der, beständig von Hunden umknurrt, seinem erotischen Ideal, einem strahlend schönen Knabenmädchen hinterherspürt, so lange bis sich ihm die schreckenerregende Göttin Artemis offenbart und ihn den Tod des Aktäon sterben lässt, der in einen Hirsch verwandelt von Jagdhunden zu Tode gehetzt wurde.
Die letzten Sätze des Romans enthalten seine erzählerische Atmosphäre in einer Nussschale: „Seine Hunde zerreißen ihn, und alles versinkt. Bloß ein einzelner Köter steht noch da, verlegen, einen zerfetzten Panama im Maul. Denn zur Zeit, da diese Geschichte spielte, trugen schon wieder einzelne Herren der Gentry diese Art von Hüten.“ Es war Friedrich Torberg, der Herzmanovskys Manuskript zum ersten Mal zum Druck beförderte und ihm damit zu dem kleinen Ruhm des ewigen Geheimtipps für Kenner verhalf. Und dabei wollte er mit den radikalen Überarbeitungen, die er dem Werk angedeihen ließ, gerade das Gegenteil tun: alle – jedenfalls alle nach Witz und Originalität Hungrigen - sollte Herzmanovsky lesen können.
Dazu musste das Manuskript erheblich verschlankt und in Ordnung gebracht werden. Es stimmt ja überwiegend, was Torberg monierte: Der geniale Dilettant – in des Wortes schönster ältester Bedeutung – hielt die Rosse, oder besser die Hippogryphen seines erzählerischen Wagens nicht fest am Zügel, sondern ließ sie galoppieren oder stehenbleiben, wie es ihnen gerade zumute war. Aber der Leser eines Rabelais, eines Sterne, eines Jean Paul weiß im Geheimen, dass mit solchen gärtnerischen Operationen des Stutzens und Schneidens bei derlei Literatur wenig auszurichten ist. Ihre Ordnung ist der Wildwuchs. Eine klassizistische Ästhetik mit ihrer von Lichtenberg so unübertrefflich karikierten Devise, der Autor „habe insolite und inaudite Wörter zu meiden wie die Skopeln“, läuft hier ins Leere.
Herzmanovsky ist Manierist und Groteskenmaler, die erotische Obsession und die jede erotische Spannung aufhebende Fratzenmalerei treten bei ihm janusköpfig auf, und je ungebräuchlicher und ungewohnter ein Wort oder historisches Detail sein mag, desto eher wird es Eingang in ein Herzmanovsky-Manuskript finden können. Schon 1989 hatte der Residenz-Verlag deshalb eine Ausgabe der vollständigen Fassung des Romans gewagt und ihr einen ausführlichen Kommentar beigegeben, der auch notwendig ist, wie man ja auch bei Jean Paul für solche Verständnishilfen dankbar ist.
Warum dieser Kommentarteil nun ausgerechnet bei einer Ausgabe wegfallen musste, die Herzmanovsky erklärtermaßen unters „Volk“ bringen will, bleibt ein – leider leicht zu durchschauendes – Geheimnis des Verlages. „Ein porphyrogenetisches Mysterium der griechischen Praejeunesse dorée“ sind wir bereit, uns selbst zu erschließen, aber was ist ein „Voluptoir“, ein „Obex“, was sind „Elfenpikörs“, „Rebabspieler“ und „Petauristen“? Für diese Fragen verweist das Nachwort im Rahmen der Selbstabschaffung des Verlagswesens allen Ernstes aufs Internet. Dabei könnte allein die Lektüre eines Herzmanovsky-Glossars schon so erheiternd und bildend wirken wie ein ganzes seiner Kapitel.
Goethe hat in den Noten zum West-östlichen Divan übrigens etwas Vergleichbares mit Jean Paul vorgenommen und in einer knappen Passage damit Treffendes über die ästhetische Stimmung in dessen Romanen gesagt. Mit Jean Paul verbindet Herzmanovsky aber nicht nur die Leidenschaft für die Zivilisationssatire, sondern auch die Liebe zu Naturbeschreibungen, die immer neue loci amoeni wundersam phantasmagorisch erglänzen lassen. Diese Mischung aus dem Komischen und dem Schwärmerischen ist in all ihrer Ungewöhnlichkeit eben doch eine Spezialität der deutschen Literatur – Heinrich Heine nickt zustimmend – und in diesem Sinn ist auch der Ritter von Herzmanovsky-Orlando, der Abkömmling vieler Völker der Donaumonarchie, ein überaus deutscher Autor.
FRITZ VON HERZMANOVSKY-ORLANDO: Das Maskenspiel der Genien. Residenz Verlag, St. Pölten 2010. 504 Seiten, 32 Euro.
Von Martin Mosebach, der 2007 den Büchner-Preis erhielt, erschien zuletzt der Roman „Was davor geschah“(2010).
Eine kindliche Lachkunst hinderte
ihn daran, auch nur zehn Minuten
seinen Ernst durchzuhalten
Herzmanovskys Tarockei
wird nach den Regeln des
Tarock-Spiels regiert
Fritz von Hermanovsky-Orlando wurde 1877 in Wien geboren, studierte Hochbau und arbeitete kurze Zeit als Architekt. Seit 1912 konnte er sich ganz dem Schreiben und Zeichnen widmen. Er starb 1954 in Schloss Rametz bei Meran. Die Bleistiftzeichnung „Kirke und die Schweinehunde“ variiert ein Abenteuer des Odysseus. In der Tarockei trifft man auf richtige antike Götter.
Foto: Imagno, Getty Images (oben), privat
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Fest entschlossen gibt sich der Schriftsteller Martin Mosebach, eine Lanze für den stets als Geheimtipp gehandelten Außenseiter-Kollegen Fritz von Herzmanovsky-Orlando zu brechen. Dessen zu Lebzeiten unveröffentlichter und zunächst deutlich gekürzt publizierter Großroman "Das Maskenspiel der Genien" liegt nun in einer vollständigen, aber (sehr zum Bedauern Mosebachs) unkommentierten "Volksausgabe" vor. Etwas umwegig nähert sich der Rezensent diesem recht singulären Werk: Indem er nämlich dessen Nähe zur Fantasy-Literatur herausstellt. Ein recht bunter und mit Sicherheit einzigartiger Mix aus entlegenem Wissen und von keinen Hemmungen gebremster Fantasie sei diese Geschichte, die in der Tarockei spielt, einem Land, in dem - wie der Name schon sagt - vieles auf Kartenspiele Bezug hat. Zum Wuchern der Handlung ist damit noch wenig gesagt, und Mosebachs Verweis auf Geistesverwandte wie Laurence Sterne und Jean Paul macht sehr klar, dass es hier nicht um Plot und lineares Erzählen geht, sondern um die Lust an der Abschweifung, am Einfall als solchen, und zwar auf stets auch humoristische Weise. Kurzum: ein manieristisches Werk, aber eines, wie Mosebach versichert, aus der absoluten Meisterkategorie.

© Perlentaucher Medien GmbH