Marktplatzangebote
5 Angebote ab € 18,81 €
Produktdetails
  • Edition Fotohof Bd.25
  • Verlag: Müller (Otto), Salzburg
  • Seitenzahl: 108
  • Deutsch, Englisch
  • Abmessung: 16mm x 272mm x 312mm
  • Gewicht: 1202g
  • ISBN-13: 9783701310784
  • ISBN-10: 3701310785
  • Artikelnr.: 12061125
Autorenporträt
Karl-Markus Gauß, geb. 1954, schreibt für große Zeitungen wie die 'ZEIT', die 'FAZ', die 'NZZ' und 'Die Presse'. Er ist Autor und Herausgeber der Zeitschrift 'Literatur und Kritik' und lebt heute in Salzburg. Der Essayist erhielt 2006 für sein Gesamtwerk den 'Georg-Dehio-Buchpreis' des Deutschen Kulturforums östliches Europa sowie den 'Manès-Sperber-Preis', 2007 den 'Mitteleuropa-Preis' und 2009 den 'Donauland-Sachbuchpreis'. Im Jahr 2010 wurde ihm der Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik und Essay verliehen, 2014 der Österreichische Kunstpreis in der Kategorie Literatur.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Der Rezensent mit dem Kürzel "rik" hat die Fotografien dieses Bandes mit einiger Faszination betrachtet, denn die darauf abgebildeten Dinge und Naturphänomene sah er hier "gerade durch allergrößte Schärfe und Kontrastreichtum" einer "optischen Unschärferelation" anheimfallen, die ihm manchmal die Zuordnung erschwerten. So schienen ihm hügelige Landschaften aus der Vogelperspektive im Blick dieses Fotokünstlers zu erstarrten Lackoberflächen zu werden, während transparente Müllsäcke ihm wie Gesteinsformationen vorgekommen sind. Reinhart Mlineritschs Motive seien vielfältig, lesen wir. Neben Landschaftsaufnahmen nennt der Rezensent Industrie- und Architekturfotografien, Naturstudien in extremer Nahaufnahme und verfremdende Detailstudien von Alltagsgegenständen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.12.2003

Die Kunst des zweiten Blicks: Neue Fotografien von Reinhart Mlineritsch

Es liegt im Wesen der Fotografie, daß sie den abgebildeten Ausschnitt der Welt isoliert, ihn aus dem Zusammenhang einer Landschaft, eines architektonischen Ensembles, eines Ereignisses reißt. Doch fügt sie ihre Bilder auch wieder in neue Kontexte ein. Der Betrachter nimmt ein Foto stets in einem Rahmen wahr - dem einer Ausstellung, eines Werbetextes oder, wie das obige Foto, einer Zeitungsseite - und macht ihn so zum Mosaikstein in einem größeren Ganzen, das der Fotograf nicht kannte.

Unser Foto trägt als Titel nur Entstehungszeit und Ort: "Trimmelkamm, Oberösterreich, Austria 2000". Was zeigt es? Eine offenbar natürlich entstandene Struktur, eingeschlossene Luftblasen auf einer Eisfläche. Doch wie kann man sich die Licht-und-Schatten-Spiele dahinter erklären? Also doch eine - künstliche - Glaskonstruktion oder vielleicht beides: Eis auf einer Glasoberfläche? Solche Uneindeutigkeiten finden sich zahlreich im Werk des in Salzburg lebenden Fotokünstlers Reinhart Mlineritsch. Seine Motive sind vielfältig; Landschaftsaufnahmen finden sich ebenso wie Industrie- und Architekturfotografien, Naturstudien in extremer Nahaufnahme und verfremdende Detailstudien von Alltagsgegenständen. Doch was beim flüchtigen Hinschauen etüdenhaft und willkürlich scheint, offenbart auf den zweiten, fast bei jedem Bild nötigen Blick eine paradoxe Ästhetik: Gerade durch allergrößte Schärfe und Kontrastreichtum fällt der Gegenstand einer optischen Unschärferelation anheim. Die hügelige Landschaft aus der Vogelperspektive ist tatsächlich eine ausgelegte Kunststoffolie (oder eher eine erstarrte Lackoberfläche?); transparente Müllsäcke erscheinen als Gesteinsformationen.

In Analogie zu den stets leicht kommerzialisierbaren "Naturwundern" - in einigen wunderbar ausgeleuchteten Aufnahmen von Höhlen und Grotten auch vertreten - müßte man bei Mlineritsch von "Kultur"- oder besser noch "Zivilisationswundern" sprechen: In geometrischen Mustern schillernde Plastikfolien, Baggerspuren in einer riesigen Baugrube, vegetativ wuchernde Kabelenden, Schläuche, Kettenglieder - was dem normalen, immer noch der Romantik verhafteten Blick als häßlich, als Verschandelung der Natur erscheinen muß, wird unter einer artifiziellen Schattenregie zum abstrakten Kunstwerk. In der direkten Gegenüberstellung von organisch Gewachsenem und Gemachtem - etwa von Eiszapfen-Stalaktiten und einem Wald aus Stützpfeilern im Rohbau - wird die Grenze zwischen Welt und Werk selbst zum Thema des Bildes. Mlineritsch zeigt, daß der Begriff einer Natur, die die Schönheit immer schon auf ihrer Seite hat, Folge einer Normierung der Wahrnehmung ist. Oder, in einer Urformel der Ästhetik: daß ein gelungenes Kunstwerk so zwingend wie die Natur selbst erscheint. (Reinhart Mlineritsch: "Velvet Curtain". Fotografien. Mit einem Text von Karl-Markus Gauß. Edition Fotohof im Otto Müller Verlag, Salzburg 2003. 108 S., geb., 33,- [Euro].)

rik

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr