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“Der Reiz besteht darin, die komplette Vita eines Flugzeugs zu dokumentieren, bis zum bitteren Ende hier in der Wüste.“ Nach einer Notlandung in der Wüste von Arizona beschließt der Journalist Berger, nicht mehr in sein bisheriges Leben zurückzukehren. Er ahnt nicht, dass er im Begriff ist, in die verrückteste Sache seines Lebens hineinzuschlittern.
Berger sitzt in der Wüste von Arizona fest. Sein Flugzeug, das ihn von Los Angeles zurück nach Deutschland bringen sollte, musste wegen eines Triebwerkschadens notlanden. Es ist heiß, der Weiterflug ist ungewiss. Aus einer Laune heraus
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Produktbeschreibung
“Der Reiz besteht darin, die komplette Vita eines Flugzeugs zu dokumentieren, bis zum bitteren Ende hier in der Wüste.“
Nach einer Notlandung in der Wüste von Arizona beschließt der Journalist Berger, nicht mehr in sein bisheriges Leben zurückzukehren. Er ahnt nicht, dass er im Begriff ist, in die verrückteste Sache seines Lebens hineinzuschlittern.
Berger sitzt in der Wüste von Arizona fest. Sein Flugzeug, das ihn von Los Angeles zurück nach Deutschland bringen sollte, musste wegen eines Triebwerkschadens notlanden. Es ist heiß, der Weiterflug ist ungewiss.
Aus einer Laune heraus beschließt der Hamburger Journalist zu bleiben, hier in Mojave, einem der größten Jet-Parkplätze der Welt, auf dem Airlines ihre ausrangierten Maschinen abstellen, die von Besuchern aus aller Welt, so genannten »Spottern«, betrachtet und fotografiert werden. Die Faszination, die die alten Flugzeuge auf die Spotter ausüben, kann Berger zunächst nicht nachvollziehen.
Bis er eines Tages Linda kennen lernt, eine junge Frau aus Toronto. »Der Reiz«, erklärt sie ihm, »besteht darin, die komplette Vita eines Flugzeugs zu dokumentieren, bis zum bitteren Ende hier in der Wüste.«
Berger verliebt sich in sie und reist ihr nach – der Unabhängigen, Getriebenen, die nach einer gemeinsam verbrachten Nacht bereits wieder unterwegs ist zum nächsten Flugzeugfriedhof. Linda lässt zu, dass er sie begleitet. Ihr Ziel ist Singapur, wo eine Aktion der Spotter geplant ist. Mehr will Linda ihm nicht verraten. Berger ahnt nicht, dass er im Begriff ist, in das verrückteste und riskanteste Abenteuer seines Lebens hineinzuschlittern.
Leise und perfekt, eindringlich und in unaufgeregtem Ton entwickelt Peter Henning sein spannendes Roadmovie. Es ist ein modernes Erzählen im illusionslos beschreibenden, schwebenden, alles offen lassenden Ton, in dichter Atmosphäre.
Peter Hennings Roman fasziniert durch die spannende, geradlinige Handlung und eine Sprache, die lange nachklingt.
Autorenporträt
Peter Henning, geboren 1959 in Hanau, arbeitet seit über 20 Jahren als Journalist für verschiedene deutsche und Schweizer Zeitungen, Magazine und Rundfunkanstalten. Er hat Romane und Erzählungen publiziert, die verschiedentlich ausgezeichnet worden sind und gleichermaßen von Kritik wie Schriftstellerkollegen Lob ernteten.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.05.2004

Deutschland kann warten
Peter Henning über Flugzeuge und was sie anrichten können

So schön wie der Titel ist das Buch. "Linda und die Flugzeuge", Peter Hennings neuer Roman, ist eine trotzige Liebeserklärung in den Zeiten der Choleriker: Alle Welt erklärt Krieg, Henning die Liebe. Eine Gemeinsamkeit zwischen beiden Zuständen aber gibt es, und aus ihr bezieht die Erzählung ihre Energie: das Schweigen der Vernunft. Wer bereits wußte, daß Liebe blind macht, sieht sich durch "Linda und die Flugzeuge" keines Besseren belehrt. Die Liebesblendung ist vielmehr das Leitmotiv, die narrative Geheimformel dieses Romans. Doch ein anderer Hauptsatz steht ihr ebenbürtig zur Seite: Diese Blindheit ist kostbarer als der Schlaf, ein Refugium des Glücks. Nicht einmal der bewaffnete Irrationalismus vermag sie zu stoppen.

Einstweilen zwar lebt man hier und jetzt, wo der Illusion das Erwachen folgt. Doch Henning inszeniert die Enttäuschung der Sorglosigkeit zugleich als ihre Feier, errichtet ein Denkmal der Unschuld, über dem der Vorschlaghammer schwebt. So unterlegt schon das Geleitwort des Romans den Liebesschlaf der Vernunft mit einer ewigen Melodie: "Livin' is easy with eyes closed". Hinzu tritt ein zweites Motto, eine Raymond-Carver-Sentenz: "Ein Mann kann sich immer an die Regeln gehalten haben, und plötzlich ist alles scheißegal." Der Roman entfaltet sich als Variation über dieses uneinholbare Wort: plötzlich. Entscheidungen werden nicht getroffen, sie sind längst da, fordern schlagartig ihre Anerkennung. Und Hennings Helden geben sich ihnen restlos hin.

Den erzählerischen Bogen bildet ein Flug. Der Hamburger Journalist Jan Berger befindet sich auf dem Rückweg von Los Angeles. Dort hatte er seinen Bruder Georg besucht, der zu den deutschen Ausgewanderten gehört. Was diesen nach Amerika verschlug, wie leicht tautologisch mitgeteilt wird, war der Wille, "Deutschland den Rücken zu kehren". Jan Berger dagegen erwarten in Hamburg Beruf und Frau, in dieser Reihenfolge. Doch stimmt offenbar etwas mit den Anziehungskräften nicht mehr, sein Ziel bewegt sich schneller von ihm fort, als er sich diesem nähert. Ein zunehmend imaginäres Deutschland markiert den fernen Horizont von Hennings Roman, unerreicht. Die gesamte Handlung ereignet sich im Zwischenraum, an ausdehnungslosen, aber zusammengehörigen Nicht-Orten, an die nur eine Notlandung führt. Im flimmernden Wüstensand von Mojave, Kalifornien, ereilt auch den Heimkehrer die plötzliche Entscheidung: "Deutschland konnte warten!" Von einem weiterziehenden Zivilisationsnomaden übernimmt Berger den Job, aufkreuzende "Planespotter" zu ausrangierten Flugzeugen zu transportieren, denn zufällig ist er auf einem der größten Flugzeugfriedhöfe der Welt gestrandet. Die klischeehafte Aussteigerromantik und Bergers Anklagen gegen das verlogene Karrierestreben gehörten zu den Schwächen des Buches, würden sie nicht höchst eigenwillig gebrochen.

In die Szenerie erfüllten Exilantentums bricht bald die blendende Sinnlosigkeit der Liebe ein: Linda, eine Feier des Lebens. Die schöne Spotterin existiert, indem sie sich verschwendet, an den manisch betriebenen Flugzeug-Voyeurismus, an ihre luftigen Ideen, an Männer, an die Romantik. Jenseits der Verschwendung kennt Berger nichts von ihr und verfällt prompt ihrem naiv-heiligen Zauber. Er folgt Linda auf ihrer "Odyssee" durch ein befremdliches Paralleluniversum.

Gerade weil die Liebe ein Spiel ist, muß sie an Lindas kindlicher Ernsthaftigkeit abprallen. Daß dagegen die Flugzeug-Verehrung bereits fanatische Züge angenommen hat, offenbart der Plan, mit einer sinnlosen Operation den Tod des jungen Spotters Lenny zu rächen, der durch die Flughafenpolizei von Singapur zu Tode gekommen ist: ein Märtyrer der Gemeinschaft. Berger, wie alle Blinden der Literatur auch ein Seher, zweifelt am Nutzen des Unterfangens, weicht jedoch nicht von Lindas Seite.

Die Aktion "Rache für Lenny" entwickelt bald ihre Eigendynamik, usurpiert die Gefühle der Figuren und die Handlung des Romans. Von Singapur lernt Berger einzig den Flughafen kennen: "Wie ein Sträfling auf einer Insel hatte ich mich die letzten 72 Stunden hier bewegt, essen, schlafen und Sex, und wieder das gleiche von vorn, verbunden mit Warten." Gewartet wird auf den Zeitpunkt der Aktion, die langsam Konturen annimmt. Mehr Personal wird eingespannt, die Asian Aerospace Airshow ist der Anlaß, eine medienwirksame Demonstration das Ziel. Weil die Liebe, der alles ist, was es ist, fraglos Tautologien akzeptiert, fügt sich auch der an sich etwas feige Ich-Erzähler in den vermeintlichen Lauf der Dinge. Warum? Darum. Die mysteriöse Operation läuft also tatsächlich an.

Henning spielt mit hohem Einsatz - und gewinnt. Der bis an die Grenze gedehnte Spannungsbogen mündet in ein grandioses Finale, das die Erwartungen nicht enttäuscht. Die Pointe, so radikal wie subtil, ist dabei keine wirkliche. Man konnte sie, wie Berger auch, längst wittern. Und doch ist man ihr ins Netz gegangen: Liebesgeschichten machen blind. Zumal, wenn sie unprätentiös daherkommen. Und so gekonnt - denn kaum etwas dürfte schwieriger sein, als von der Liebe zu erzählen, ohne sich in seine Figuren zu verlieben und daran literarisch zu erblinden.

Peter Henning: "Linda und die Flugzeuge". Roman. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2004. 156 S., geb., 15,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.07.2004

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Eine Melittatüte bei der Arbeit: „Linda und die Flugzeuge”
Wenn gesetzte Männer ein neues Leben beginnen wollen, tun sie entweder Dinge, mit denen sie sich lächerlich machen, oder sie erfüllen sich Bubenträume. Der arrivierte Hamburger Journalist Jan Berger entscheidet sich für eine Kombination aus beidem. Als er im Laufe einer Recherche in Amerika zu einem Abstellplatz für schrottreife Flugzeuge kommt, schmeißt er kurzerhand alles hin, um sich den Flugzeugen zu widmen. Er schließt sich so genannten Planespottern an, Leuten, die durch die ganze Welt reisen, um seltene Flugzeugtypen zu fotografieren. Der Journalismus, seine gesicherte Existenz, die langjährige Lebensgefährtin - „ohne mich! Deutschland konnte warten!”
„Linda und die Flugzeuge” ist das Protokoll eines Ausbruchs. Ausbrecher sind ein Lieblingsthema von Peter Henning. Im Roman „Tod eines Eisvogels”, mit dem der Literaturredakteur 1997 bekannt geworden war, packt ein Mann seine geisteskranke Schwester in ein Auto und fährt mit ihr nach Holland. Es ist eine ziellose Reise, der Irrweg ist bei Peter Henning die einzige Möglichkeit, zu sich selbst zu kommen. Um eine Odyssee geht es auch in seinem neuen Roman. Aus dem amerikanischen Mojave verschlägt es den Ich-Erzähler nach Singapur, dort driftet er in die Illegalität ab. Was als Abenteuer begonnen hat, wird zur Geschichte eines totalen Verlusts, die Peter Henning auf 156 Seiten flott erzählt. Zu überzeugen vermag „Linda und die Flugzeuge” trotzdem nicht.
Das beginnt mit der Wahl des Protagonisten. Journalisten als Romanfiguren sind eigentlich immer anstrengend. Journalisten sind Filter. Es gibt die Welt, die oben in den Filter hineinkommt, und es gibt das, was unten als Text, Bild oder Ton herausrinnt. Interessant am Leben des Journalisten ist das, was er verarbeitet, interessant sind vielleicht auch die Dinge, mit denen er nichts anfangen kann, der Satz, der im Filter hängenbleibt. Das Unergiebigste ist der Journalist selbst. Genausogut könnte man eine Melitta-Tüte bei der Arbeit beobachten.
Die Kunstsprache des Grauens
Jan Berger führt das klassische Journalistenleben, ein Leben, das immer nur Medium ist und nie Inhalt. Er fährt von einem Katastrophenschauplatz zum anderen, um zu beobachten, um „den Schmerz und das Grauen anderer in eine reibungslos funktionierende Kunstsprache zu überführen”. Selbst die Haut seiner Geliebten kann nicht für sich stehen, die Poren erinnern Jan Berger an die Einschusslöcher, „die die Häuserwände von Gaza Stadt zierten, welche ich auf einer meiner Reisen gesehen hatte”. Wo alles Spiegelung ist und der Tod nur „eine Zahl, eine in Worte übersetzte Schreckensgeste”, wächst beim Journalisten die Todessehnsucht. Einmal die Seiten wechseln, etwas Gefährliches tun, einmal selbst handeln, statt immer nur vom Handeln der anderen zu berichten.
Doch hier liegt ein weiteres Problem des Buches. Ein Journalist, der nur Journalist sein will, ist als Romanfigur langweilig. Ein Journalist, der kein Journalist mehr sein will, weil er seinen Beruf nicht erträgt, gehört in eine Selbsthilfegruppe. Henning behilft sich mit einer spektakulären Handlung. Jan Berger wird in eine Verschwörung verwickelt, seine Geliebte Linda ist gar keine so harmlose Flugzeugnärrin, sondern hat Großes auf dem Flughafen von Singapur vor. Doch je rasanter Henning sein Air Movie gestaltet, desto weniger Zeit bleibt ihm für die Figuren, den abgebrühten Jan Berger, seinen ehrgeizigen Kollegen oder den knallharten Chef, der seinen Reportern immer härtere Stories abnötigt, um die Auflage zu steigern. Diese Journalisten sagen oft „okay” oder „hey” oder Sachen wie „Arsch aufreißen”. Viele Sätze in dem Buch enden mit einem Ausrufezeichen, dem Satzzeichen des Boulevards. Die Ausrufezeichen sind die Warnhinweise, die den Leser auf der Irrfahrt durch den Roman bis hin zur Aussage lotsen: Achtung, oberflächliche Medienwelt! Dabei hätte man ihn darauf gar nicht stoßen brauchen.
VERENA MAYER
PETER HENNING: Linda und die Flugzeuge. Roman. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2004. 156 Seiten, 15,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Einfach schön findet Rezensent Oliver Jungen Titel und Buch, das er als "trotzige Liebeserklärung in Zeiten der Choleriker" gelesen hat: alle Welt erkläre den Krieg, Peter Henning hingegen die Liebe. Den Roman selbst besteht für ihn aus Variation des Wortes "plötzlich": plötzliche Entscheidungen, die dem Leben des Protagonisten plötzliche Wendungen geben. Im vorliegenden Fall verschlägt es einen Hamburger Journalisten auf der Rückreise von Los Angeles in die Wüste Kaliforniens, wo er beschließt, seine Rückkehr nach Deutschland zu verschieben. An dieser Stelle räumt der Rezensent in seinem leicht verschwiemelt formulierten Lob nun auch Schwächen des Buches ein. Die Aussteigerromantik des Protagonisten findet er nämlich samt dessen Anklagen gegen das Karrierestreben etwas klischeehaft. Bis dann die Liebe einbricht und dem Rezensenten doch noch ein grandiosen Finale beschert.

© Perlentaucher Medien GmbH