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Die Globalisierung ändert unser Zusammenleben in einem rasanten Tempo. Arbeitsplätze sind nicht mehr sicher, gesellschaftliche Strukturen lösen sich auf, Angst vor sozialem Absturz lähmt viele Menschen. Die Folgen für den Einzelnen: Jeder ist sich zunehmend selbst der Nächste, muss sich um alles selbst kümmern und kann vom Staat keinen Schutz mehr erwarten. In derartigen gesellschaftlichen Umbruchsituationen reagieren Menschen mit Angst und Rückzug ins Private. Der Autor zeigt anhand von Peter Breughels berühmtem Gemälde "Der Turm von Babylon" anschaulich, wie Menschen psychisch auf soziale…mehr

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Produktbeschreibung
Die Globalisierung ändert unser Zusammenleben in einem rasanten Tempo. Arbeitsplätze sind nicht mehr sicher, gesellschaftliche Strukturen lösen sich auf, Angst vor sozialem Absturz lähmt viele Menschen. Die Folgen für den Einzelnen: Jeder ist sich zunehmend selbst der Nächste, muss sich um alles selbst kümmern und kann vom Staat keinen Schutz mehr erwarten. In derartigen gesellschaftlichen Umbruchsituationen reagieren Menschen mit Angst und Rückzug ins Private.
Der Autor zeigt anhand von Peter Breughels berühmtem Gemälde "Der Turm von Babylon" anschaulich, wie Menschen psychisch auf soziale Veränderungen reagieren. Damals führte ein ungesteuerter Wandlungsprozess in das Elend sozialer Unruhen und eines langjährigen Krieges.
Der Autor warnt vor einer ähnlichen ökonomischen und mentalen Gemengelage und fordert uns zu gesellschaftlichem Engagement auf.
Autorenporträt
Peter Winterhoff-Spurk ist Professor für Psychologie und Leiter der Arbeitseinheit für Medien- und Organisationspsychologie an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken. Er gehört zu den "führenden Repräsentanten psychologischer Medienforschung in Deutschland mit einem wachen Interesse an der pädagogischen Medienpraxis" (medien praktisch).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.10.2008

Wankelmut, geh’ du voran
Sind Oberflächlichkeit, Distanz und veräußerte Gefühle ein guter Panzer gegen die übermächtige Wirtschaft? Besser als Loyalität und Verantwortung? Peter Winterhoff-Spurk über Wendigkeit in der Globalisierung Von Andreas Zielcke
Wie in jeder Krise, so ist auch jetzt wieder die Zeit der Seelendeuter gekommen. Die Dämonen der Angst, die seit dem September 2001 weniger das alltägliche als sehr viel stärker das politische Bewusstsein heimgesucht haben, wichen in den letzten Jahren jenen noch unheimlicheren Dämonen, die die allmächtig-unkontrollierte Weltwirtschaft in so viele Gemüter einschleust. Und im Moment fressen sich die Ängste noch tiefer hinein, seit alle Welt mitansehen muss, wie den Regierungen das Ruder endgültig zu entgleiten scheint und das Finanzmarktdesaster mit seinen Kettenreaktionen auch die Realwirtschaft in den Abgrund zu ziehen droht. Dass ein gewaltiger Zorn über die in diesem Fall eindeutig lokalisierbaren Verursacher der Misere hinzutritt, dämpft die verbreitete emotionale Verstörung nicht, im Gegenteil: auch der Zorn ist ohnmächtig.
Der an der Saarbrücker Universität lehrende Psychologe Peter Winterhoff-Spurk hat sein Buch „Unternehmen Babylon” nicht zur aktuellen Krise geschrieben, sondern zu den generellen Wirkungen, die der weltweite Wirtschaftsprozess auf alle ausübt, die an ihm beteiligt sind: „Wie die Globalisierung die Seele gefährdet”. In der Tat, die Schlussfolgerungen aus dem jetzt vor allen Augen implodierenden Casino-Finanzmarkt ergeben sich von selbst – a fortiore.
Prekär steht es nach Winterhoff-Spurk nicht nur um die psychische Verfassung der Arbeitnehmer, die sich der rücksichtslosen Dynamik des globalen Prozesses ausgeliefert fühlen, sie prägt auch die wirtschaftlichen Eliten, die den Prozess gestalten. Die Kernthese des Autors lautet, und da befindet er sich in einer bunten Gesellschaft von Soziologen, Kapitalismuskritikern und Wirtschaftshistorikern, seine Kernthese also ist, dass sich die Wirtschaftsformation, so wie sie heute die Gesellschaften beherrscht, auch einen dominanten „Sozialcharakter” formt, der zu ihr passt und zugleich ihre Exzesse, Anfälligkeiten und Krisen widerspiegelt.
In den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts schrieb Wilhelm Hauff sein berühmtes Märchen „Das kalte Herz”. Nicht nur für seine romantischen Zeitgenossen porträtierte er darin – avant la lettre – den Sozialcharakter des aufkommenden industriellen Unternehmer- und Aufsteigertypus: kaltherzig eben und berechnend, in allen Lebenslagen auf Gewinn aus und jedwedes soziale Mitgefühl zugunsten der Vermögensmehrung verratend. Das war schon damals, bei aller legendären Skrupellosigkeit vieler Industrieller der ersten Generation, ein Zerrbild. Dennoch hieß Winterhoff-Spurks letztes Buch genauso, „Kalte Herzen”.
Nun aber, sagt er in seinem jüngsten Werk, werde der Typus des „narzisstischen”, kalten, selbstbezogenen, emotional und moralisch bindungslosen Charakters abgelöst durch eine neue herrschende Sozialgestalt, die der heutigen „postindustriellen” Phase des Kapitalismus besser entspreche. Es ist der „Histrio”.
Dieser Histrio – der Begriff stammt aus der römischen Antike und meinte den Schauspieler oder Tänzer – zeichnet sich dadurch aus, dass er sein Herz nicht versteinern lässt, sondern verkauft. Zumindest muss er den Verkauf glaubwürdig darstellen. Gefühle stören nicht mehr, wie zu den Hochzeiten der Industriegesellschaft, den reibungslosen Verlauf der kapitalistischen Akkumulation, sie werden in der Dienstleistungsepoche selbst zur handelbaren Ware. Am Ende ist jeder der Showroom, der Verkäufer seiner selbst. Der Histrio kann darum wechselnde Gefühle und Loyalitäten gut verkörpern, das verschafft ihm verführerische Suggestibilität, aber auch notorische Oberflächlichkeit und Leere, er ist schnell erregbar und latent aggressiv, emotional labil, neigt zu theatralischer Hingabe und lässt sich so leicht entzünden wie enttäuschen. Sein Denken ist egozentrisch, intuitiv, wenig strukturiert und impressionistisch.
Klar ist, dass auf eine solche Figur in dem aktuellen angstgeschwängerten Klima wenig Verlass ist, sie könnte zum trotzigen Tunnelblick eines Hasardeurs oder aber zur Depression oder gar Panik neigen. Gleichwohl erkennt man in ihr viele begeisterungsfähig-wankelmütige Prototypen der heutigen Demokratie (auf der Wähler- und auf der Politikerseite), man erkennt in ihr aber auch den Charakter, der so häufig am Verkaufstisch und auf Chefsesseln zu finden ist. Trotzdem wäre der Histrio überfordert, erlegte man ihm tatsächlich die Last auf, als Durchschnittsfigur die Ökonomie zu tragen.
Seit Thorstein Veblen, seit Max Webers „Protestantischer Ethik” und Norbert Elias’ Zivilisationstheorie und nach dem Krieg besonders seit David Riesmans „Die einsame Masse” oder Pierre Bourdieus „Habitus”-Begriff hat der für eine Epoche exemplarische Sozialcharakter seinen festen, aber immer umstrittenen Auftritt auf dem soziologischen Parkett. Doch wenn man einen Typus so ins Zentrum rückt wie Winterhoff-Spurk den Histrio, müsste man die Palette seiner Charakter- und Mentalitätsattribute stark anreichern, um ihn als – wenn auch schwankende – Basis der sozialen Kohäsion und ökonomischen Leistungskraft plausibel zu machen.
Die neuere wirtschaftsvergleichende Forschung zu der Frage, warum manche Gesellschaften prosperieren und andere nicht, belegt, welcher zivilisatorische Standard trotz aller seiner moralischen black boxes im heutigen Kapitalismus verinnerlicht sein und welches Maß an Arbeits-, Selbstdisziplin und Selbstvertrauen etabliert sein muss, um seinen Erfolg zu begründen – gerade auch in der Krisenbewältigung. Mag der Histrio-Schauspieler die passende Maske der herrschenden Verkäufermentalität sein, so muss er im Schnitt auch erstaunliches Rückgrat und Verantwortungsgefühl haben. Nicht alles lässt sich spielen.
Peter Winterhoff-Spurk
Unternehmen Babylon
Wie die Globalisierung die
Seele gefährdet.
Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2008.
280 Seiten, 19,90 Euro.
Was macht der Wettbewerb nur mit dem Menschen?
Mainstream-Charakter: Der Mann hinter der Maske ist nur fast zu verwechseln mit der „Persona”, mit der er sich verkauft. Foto: Simon Friedemann/Thalia Theater
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Sehr einverstanden scheint Rezensent Roland Mischke mit diesem Buch, in dem der Psychologe Peter Winterhoff-Spurk den Folgen der globalisierten Ökonomie für die Seele nachspürt. Wie wir den Informationen des Rezensenten entnehmen, sieht der Autor nach der narzisstischen Phase der New Economy nun eine Phase der "Simulation" aufziehen. Vorgekaukelt werden vor allem falsche Gefühle: Freundlichkeit etwa. Früher, bringt Rezensent Mischke seine Erkenntnisse auf den Punkt, hätten sich nur Huren prostituiert, heute müssten auch Lehrer, Ärzte und Callcenter-Mitarbeiter "Gefühlsarbeit" leisten. "Der allgegenwärtige Kommerz verbiegt die Menschen", lernt Mischke von Winterhoff-Spurk, aber auch, dass schon immer Größenwahn den Menschen die größten Problemen beschert hat.

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