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Georges Lefebvres Darstellung Napoleons und seiner Zeit gilt als "klassische" und ausführlichste Biographie des großen Korsen. Kenntnisreich und spannend erzählt der Autor nicht nur die militärischen und politischen Ereignisse, sondern beleuchet auch die sozialen und ökonomischen Aspekte.

Produktbeschreibung
Georges Lefebvres Darstellung Napoleons und seiner Zeit gilt als "klassische" und ausführlichste Biographie des großen Korsen. Kenntnisreich und spannend erzählt der Autor nicht nur die militärischen und politischen Ereignisse, sondern beleuchet auch die sozialen und ökonomischen Aspekte.
Autorenporträt
Georges Lefebvre (1874 - 1959) ist einer der großen französischen Historiker des 20. Jahrhunderts. Lange Jahre hatte er den Lehrstuhl für die Geschichte der Französischen Revolution an der Pariser Sorbonne inne.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.06.2003

Die Epoche des korsischen Diktators
Ein unvergängliches Meisterwerk: Georges Lefebvres „Napoleon” in einer neuen Ausgabe
Jede Zeit stellt neue Fragen an die Geschichte oder formuliert auf alte Fragen neue Antworten. Deshalb kommt die Historiographie nie an jenes Ende, dass alles gesagt worden sei, was und wie es einmal gewesen. Dementsprechend unterliegt auch die historiographische Aussage dem unvermeidlichen Manko ihrer Standortgebundenheit, dem Fluch der Verzeitlichung. Die Erschließung neuer Quellen, bisweilen auch nur andere Zeiterfahrungen oder selbst eine intellektuelle Mode relegieren bisweilen sehr schnell so manches gelehrte Werk in jene Zonen einer Handbibliothek, die sich nur mit der Haushaltsleiter erreichen lassen, wenn es nicht gleich und umstandslos im Angebot des Modernen Antiquariats verschwindet.
Ein Buch, das bald 70 Jahre diesem Schicksal einfach deshalb trotzte, weil es Qualitäten besitzt, die bis heute nicht eingeholt, geschweige übertroffen werden konnten, ist das des französischen Historikers Georges Lefebvre „Napoléon”, das 1935 erstmals in der von Halphen und Sagnac edierten Reihe Peuples et Civilisations erschien. Trotz des Titels handelt es sich dabei nicht um eine Biographie, sondern um ein historisches Handbuch, das die kurze, aber sehr ereignisreiche Epoche von 1799 bis 1815 darstellt. Da das Geschehen in dieser Zeitspanne ganz wesentlich vom Wollen und Tun eines Mannes beeinflusst war, und damals die Weltgeschichte sich noch in eins setzen ließ mit der europäischen Geschichte, die wiederum sehr stark von aktuellen Entwicklungen in Frankreich abhängig war und sich ihrerseits in Erscheinung und Wirkung Napoleon Bonapartes bündelten, ist der Titel für diese historiographische Synthese jener Epoche alles andere als ein Etikettenschwindel.
Ganz abgesehen davon ist in diesem bislang unvergänglichen Meisterwerk auch sehr viel Napoleon drin, ein Porträt des Protagonisten, das trotz seiner Knappheit ein Muster an Genauigkeit und Plastizität ist. Andererseits müssen aber auch, das ist dem Charakter eines Handbuchs geschuldet, viele Dinge behandelt werden, die nichts mit Napoleon zu tun haben und außerhalb seines Einflussbereichs lagen. Das gilt namentlich für die angelsächsische Welt oder auch für Skandinavien.
Mittelbar trifft dies aber auch auf das napoleonische Europa zu, dessen vermeintliche Uniformität nur ein Oberflächenphänomen war. Darunter verbarg und verfestigte sich gerade zeit der Dauer von Napoleons „Weltherrschaft” eine Vielfalt und Buntheit, die unter der giftigen Signatur des Nationalismus für das gesamte 19. Jahrhundert charakteristisch sein sollte. All diese Phänomene, so disparat sie sich auch präsentieren mögen, werden in einer Weise detailliert benannt und verdichtet geschildert, dass sich beim Leser unschwer der Eindruck einstellt, der von einer stimmigen Harmonie im Äußeren auf die Richtigkeit und kühle Objektivität der inhaltlichen Aussage schließt.
Besitz und Bewahrung
Lefebvres „Napoleon” hat, was nicht ebenfalls für seine Qualität spricht, in rezeptionsgeschichtlicher Hinsicht Epoche gemacht. Innerhalb der zum Zeitpunkt seines erstmaligen Erscheinens auch schon unübersehbar großen Napoleon-Literatur kann Lefebvres Werk für sich nämlich in Anspruch nehmen, die erste Darstellung der Figur wie ihrer Epoche aus der Feder eines französischen Historikers zu sein, deren Erkenntnis leitendes Interesse nicht durch eine parteiliche Festlegung für oder gegen den Protagonisten geprägt ist. Das ist eine in diesem Fall sehr rare Qualität, die sich aber selbst bis heute noch keineswegs als Standard durchgesetzt hat, auch wenn Napoleon als historische Erscheinung sich kaum mehr zu politischen Polarisierungen eignet. Das ändert gleichwohl nichts daran, dass er als eine Referenzgröße nationaler Selbstvergewisserung eine in ihrer emotiven Ausstrahlung nach wie vor nicht zu unterschätzende Rolle spielt, was für eine kritische, um Objektivität bemühte Auseinandersetzung mit der Person und der Leistung Napoleons nach wie vor ein erhebliches Hindernis darstellt. Das wird nicht zuletzt dadurch illustriert, dass es bis heute keine historisch-kritische und im Rahmen des Möglichen Vollständigkeit anstrebende Ausgabe seiner Briefe gibt.
Lefebvres distanzierte Haltung gegenüber Napoleon lässt ihn auch den längst zum Dogma erstarrten Manichäismus überwinden, der im Einklang mit der napoleonischen Propaganda diesen als den „Retter Frankreichs”, als die nationale Lichtgestalt schlechthin auffasste. Damit das funktionierte und seinen gehörigen dramaturgischen Effekt machte, galt es vor allem, die Spätphase der eigentlichen Revolutionszeit, das Direktorium, als ein politisch verderbliches und moralisch diskreditiertes Intermezzo darzustellen. Tatsächlich jedoch leistete dieses Regime unter sehr schwierigen Voraussetzungen insbesondere im Steuer- und Verwaltungswesen entscheidende Vorarbeiten, auf denen Bonaparte in der Zeit seiner Consulats-Herrschaft – die Lefebvre auch als das klassifiziert, was sie war: eine Diktatur – aufbauen konnte, um dann das in erstaunlich kurzer Zeit Geleistete als sein Werk auszugeben.
Glanzvoll auch, wie Lefebvre den Anspruch Napoleons, die Revolution vollendet zu haben, am Beispiel von dessen gesellschaftlicher Reformpolitik einholt, für die sein Gesetzbuch, der Code Napoléon, die differenzierteste Anschauung liefert. Aus der auffälligen Privilegierung der Eigentumsverhältnisse, die mit Napoleons Zivilgesetzgebung festgeschrieben wurde, zieht Lefebvre den logischen Schluss, dass sein Entwurf einer gesellschaftlichen Hierarchie allein auf Besitz, vorzüglich Grundbesitz, gründete. Das stand im Übrigen auch im Einklang damit, dass Napoleons Machtübernahme in stillschweigender Übereinstimmung mit jenen Schichten erfolgte, die sich als die materiellen Gewinner der Revolution empfinden konnten: Jene Bürger, die ihren Kapitalbesitz im Erwerb von „Nationalgütern”, von der Revolution enteigneten Adels- oder Kirchenbesitz, immobilisiert hatten und die deshalb auf ein Regime setzten mussten, das ihnen die Früchte dieser Vermögensrevolution garantierte.
Damit stellte sich Napoleon in einen scharfen Widerspruch zu den „Ideologen”, wie er sie abschätzig nannte, die das revolutionäre Postulat der Gleichheit dadurch zu verwirklichen suchten, dass sie mittels einer freien Bildung für alle das Talent fördern wollten, das dann zur politischen Führung im Staat befähigen sollte. Obwohl Napoleon ironischerweise gerade diesem Konzept seinen Aufstieg zu verdanken hatte, misstraute er ihm umso heftiger, war er doch zutiefst davon überzeugt, dass allein Besitz, der auf seine Selbstbewahrung erpicht war, die Garantie für das Regime bot. Talent und Armut, das war ihm aus eigener Erfahrung nur zu geläufig, verdichteten sich allzu leicht zu einem Ferment der Revolution.
Es ist eben diese nüchterne, einem gewissermaßen aufgeklärten Marxismus verpflichtete Analyse des Phänomens Napoleon, die Lefebvres Handbuch in den Rang eines Klassikers erhebt, dessen Aussagen noch immer als gültig anerkannt werden können. Die Richtigkeit seiner Synthese der napoleonischen Epoche ist im übrigen durch die Beiträge von Jean Tulard, des derzeitigen Doyen der Napoleon-Forschung, bislang nur bestätigt worden.
JOHANNES
WILLMS
GEORGES LEFEBVRE: Napoleon. Herausgegeben von Peter Schöttler. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2003. 610 Seiten, 29,50 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Der kleine, große Korse
Ein Klassiker über den kleinen, großen Korsen ist wieder auf dem Markt. Wer mehr über Napoleon wissen will, als in dem ZDF-Vierteiler (nach einem Roman von Max Gallo) zu sehen war, ist bei Georges Lefebvre an der richtigen Adresse. Der Autor betont, dass er keine Biografie geschrieben habe, er wolle vielmehr "die wesentlichen Züge des Gemeinschaftslebens der Franzosen und der Völker, die der Kaiser sich unterworfen hat", darstellen. Dies ist ihm sehr eindrucksvoll gelungen.
Kaiser der Franzosen
Der Autor gehörte zu den ersten Historikern, die eine Gesamtdarstellung der napoleonischen Ära unternahmen. Sein 1935 vorgelegtes Manuskript erschien 1955 erstmals auf Deutsch. Das vorliegende Buch wurde anhand der neuesten französischen Ausgabe überarbeitet. Ein Anhang setzt das Werk in den Kontext der neueren Napoleon-Forschung, die durch Funde nach dem Zweiten Weltkrieg zahlreiche neue Erkenntnisse hervorbrachte.
Das neue Europa
Napoleon, 1769 auf Korsika als Napoleone Buonaparte geboren, war ein widersprüchlicher und wandlungsfähiger Charakter. Seine herausragenden Eigenschaften waren Tatkraft, Ehrgeiz, Konzentration und Reaktionsschnelligkeit. Vor allem in den zehn Jahren als Kaiser der Franzosen verband er Ideen der Französischen Revolution mit absolutistischem Herrscherwillen und grenzenlosem Machtdrang. Er führte Kriege – bis zum völligen Zusammenbruch der alten europäischen Machtstrukturen. Napoleons Expansionen forderten ungeheure Blutopfer. Doch er hinterließ als Diktator und Kriegsherr nicht nur Trümmerfelder. Seine Ideen und Reformen prägen bis heute die Verwaltung und das Rechtssystem Frankreichs. In Deutschland und Italien verhalf er modernen Ansichten von Staat und Nation zum Durchbruch. Ein Ergebnis nicht zuletzt dieses aufklärerischen Wirkens war das Ende der deutschen Kleinstaaterei.
(Mathias Voigt, literaturtest.de)

"Auf raffinierte Weise spiegelt er Biographie und Person Napoleons in eine Epoche, ihre historischen Bedingungen und ihre Dynamik ein" (Michael Jeismann, Frankfurter Allgemeine Zeitung).
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Volker Reinhardt hat einer "Text-Exhumierung" beigewohnt und fragt sich, ob die Leiche uns noch etwas zu sagen hat. Denn Lefebvres Napoleon-Biografie stammt aus dem Jahr 1935, und was damals revolutionär war - die Erkenntnis beispielsweise, dass Privates durchaus politisch ist - scheint ihm heute nicht mehr ganz taufrisch. Die heutige "Napoleonik" sei jedenfalls bei gänzlich anderen Interpretationen vom Leben des Korsen angelangt, darüber gebe der "lesenswerte" Essay Aufschluss, der die Wiederveröffentlichung kommentierend begleitet. Hielt nämlich Lefebvre Napoleon noch für einen gänzlich innovativen Diktator, der dem Bürgertum radikal den Weg ebnete, so erscheine er in der jüngeren Forschung als einer, der sich alten und neuen Eliten verpflichtet fühlte. "Daher", resümiert Reinhardt, "bleibt am Ende nur das melancholische Fazit, dass alle Geschichtswissenschaften nach einem Menschenalter wieder zur Quelle ihrer eigenen Zeit zerfällt" - und bedankt sich, vor Erschöpfung milde gestimmt, für diese bewährte Erkenntnis.

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