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Was bedeutet für Sie Lebenslust? Nach Ceylon zu reisen, um dort singende Fische zu finden? Als Fleischfliege der Verfolgung durch Käfer zu entkommen? In Wien zur Miß Polonia gewählt zu werden? Von einer Swingerparty in die Freiheit aufzubrechen? Wenn ein Mann und eine Frau am 11.9. entdecken, daß sie sich etwas zu erzählen haben? Mit einer geheimen Urkunde in die USA zu reisen? Jeden Abend am selben Türsteher zu scheitern? Auf der Suche nach der Lust das Leben zu verlieren? Über den Unterschied zwischen Versager und Verlierer nachzudenken? Mineralwasser aus fünf verschiedenen Ländern zu…mehr

Produktbeschreibung
Was bedeutet für Sie Lebenslust?
Nach Ceylon zu reisen, um dort singende Fische zu finden?
Als Fleischfliege der Verfolgung durch Käfer zu entkommen?
In Wien zur Miß Polonia gewählt zu werden?
Von einer Swingerparty in die Freiheit aufzubrechen?
Wenn ein Mann und eine Frau am 11.9. entdecken, daß sie sich etwas zu erzählen haben?
Mit einer geheimen Urkunde in die USA zu reisen?
Jeden Abend am selben Türsteher zu scheitern?
Auf der Suche nach der Lust das Leben zu verlieren?
Über den Unterschied zwischen Versager und Verlierer nachzudenken?
Mineralwasser aus fünf verschiedenen Ländern zu trinken?
Zehn Erzählungen deutscher Einwanderer helfen bei der Antwort.
"Man wird sie als Werkzeug betrachten, sie eine Zeitlang gebrauchen und endlich wegwerfen, oder wenigstens vernachlässigen ", so Goethe mit berechtigter Sorge über Eingewanderte. Zehn Gründe gegen diese Einschätzung liegen nun vor mit Texten, die Lebensglut neu entfachen und die Weite der Welt zu uns bringen.
Aus ironischen, temperamentvollen und zärtlichen Plädoyers für das Feuer und die Lebenslust in den Herzen und Köpfen entstand ein erfrischender Erzählband im Land der ewigen Unzufriedenheit.
Autorenporträt
Nicol Ljubic, geboren 1971, lebt in Berlin. Als Sohn eines Flugzeugtechnikers der Lufthansa wuchs er in Griechenland, Schweden und Rußland auf. Er schreibt u.a. für SZ-Magazin, Zeit, Tagesspiegel, Merian, Geo Saison und Brigitte. Bei DVA erschien 2004 Genosse Nachwuchs, für einen Auszug daraus wurde ihm der Theodor-Wolff-Preis verliehen.

Radek Knapp, geb. 1964 in Warschau, lebt seit 1976 in Wien, wo er Philosophie studierte und sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hielt. Auszeichnungen mit dem Aspekte-Literaturpreis.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.03.2003

Ich will da bleiben, wo ich bin
Erzählungen eingewanderter Dichter / Von Hermann Kurzke

Vielleicht mag ich Deutschland mehr als mancher Deutscher", bekennt Natascha Wodin, als Tochter russischer Zwangsarbeiter in Fürth geboren, in diesen "Erzählungen deutscher Einwanderer". Auf der Suche nach sich selbst war sie einst nach Sri Lanka geraten, und der Dschungel dort, nicht Deutschland und nicht Rußland hatte sich ihr als Bild ihrer Identität geoffenbart. Das aber war eine gräßliche Erfahrung. Erst die Rückkehr in die gepflegte Ordnung der europäischen Zivilisation brachte Erleichterung.

Aus aller Welt hat es die Verfasser nach Deutschland verschlagen, aus Bulgarien und Rußland, aus Kroatien und Polen, aus Khomeinis Iran, den Vereinigten Staaten und der Türkei, als Einwanderer in erster, zweiter oder schon dritter Generation, mit Lebensläufen, die von den Katastrophen des zwanzigsten Jahrhunderts gezeichnet sind. Klagen über Deutschland sucht man vergebens. Den Autoren ist gemeinsam, daß sie ihre mehr oder weniger frei gewählte jetzige Heimat achten, während sie mit ihren Herkunftsländern traumatische Erfahrungen verbinden. Zurück will keiner. Eigenschaften, die die Deutschen sich selber zuschreiben - Gefühlskälte und Jammerei, Ordnungsfimmel und Fremdenfeindlichkeit, Selbstverachtung und Amerikaschwärmerei -, spielen in der Optik dieser Einwanderer keine Rolle. Im Gegenteil schätzen sie die Liberalität, die Lebenslust und die Gastlichkeit. Für viele war und ist Deutschland das Gelobte Land.

Sie alle leben freilich im internationalen Milieu der Großstädte, meist in Berlin. Ob ihr Urteil über das platte Land auch so positiv ausfallen würde, bleibt dahingestellt. Jefferson S. Chase, geboren im amerikanischen Springfield, verrät es, wenn er Berlin die "Antithese zu Deutschland" nennt und seine heimatlichen Gefühle gegenüber dieser Stadt damit erklärt, daß hier jeder Schwachsinn akzeptiert werde. Mit amerikanischem Schwachsinn geht er härter ins Gericht. Ein Ausflug nach Boston, wo ein Impotenter ihm die Freundin zum Geschlechtsverkehr anbietet, endet mit der Erkenntnis: "Die Amis hatten ein Rad ab."

Wenn von Leiden die Rede ist, dann sind es nicht Leiden an Deutschland, sondern Leiden an autoritären Vätern, an Pubertätsproblemen, an unerfüllter Liebe und freudlosem Sex, an anderen Ausländern, am Älterwerden, an Alkohol und Fettsucht, an Trost- und Orientierungslosigkeit. Die Erzählungen handeln von Menschen, nicht von Ausländern, und sind deshalb für deutsche Leser genauso spannend wie für kroatische oder türkische. Ihre Hauptschauplätze sind interkulturell - Kneipen, Discos, Partys, Feten aller Art - offene Orte ohne nationale Tönung.

Auch als Schriftsteller sind diese Autoren bemerkenswert unsentimental. Das Konzept des leidenden, mißverstandenen Künstlers sei, schreibt Selim Özdogan, am Anfang der Laufbahn vielleicht in Ordnung, aber später nicht mehr - "diese Jammerei geht mir auf die Nerven, wenn ich das Gefühl habe, daß da ein privilegierter Mensch vor mir steht. Jemand, der sich seinen Beruf selbst ausgesucht hat, seinen Arbeitstag selbst gestalten kann, ein Mensch, der vielen Zwängen entkommen ist und immer noch heult, wie schlecht alles ist und wie er leidet und wie schwer es ihm fällt, auch nur eine Zeile zu schreiben, einen Pinselstrich zu machen oder was auch immer."

Die zehn Erzählungen werden unterbrochen von vier Gesprächen, in denen sich die Autoren äußern über Interkulturalität, Heimat und Schreiben. Ein Motto aus Goethes "Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten" schmückt diese Gespräche nicht zu Unrecht. Zwar bezieht sich keiner explizit auf Goethe oder die deutsche literarische Tradition; das Geschehen spielt sich im Euro-Zeitalter ab; aber sie alle schreiben ein vorzügliches Deutsch, pflegen diese Sprache und halten sie für ein ausgezeichnetes Instrument, das ihnen Distanz zu ihren Gefühlen erlaubt und zugleich ein Präzisionswerkzeug in die Hand gibt, mit dem sie ihre Empfindungen ausdrücken können.

Tzveta Sofronieva, Natascha Wodin, Mohammad Aref, Jefferson S. Chase, Zoran Drvenkar, Richard Duraj, Catalin Dorian Florescu, Radek Knapp, Nicol Ljubic, Selim Özdogan: "Feuer, Lebenslust!" Erzählungen deutscher Einwanderer. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2003. 260 S., geb., 12,50 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Bemerkenswert fand Rezensent Hermann Kurzke, dass in der Optik der zehn eingewanderten deutschen Autoren dieser Anthologie offenbar keine jener Eigenschaften eine Rolle spielt, die eingeborene Deutsche sich zuschreiben würden: also "Gefühlskälte und Jammerei, Ordnungsfimmel und Fremdenfeindlichkeit" oder Selbstverachtung. Kein Leiden an Deutschland, nirgends. Vielmehr fand der Rezensent das hier präsentierte Deutschlandbild ("das Gelobte Land") ausgesprochen positiv. Die Autoren, die es in ersten, zweiter oder gar schon dritter Generation ursprünglich aus Bulgarien, Russland, Kroatien, Polen, Iran, der USA oder der Türkei hierher verschlug, verknüpften eher mit diesen Ursprungsländern traumatische Erfahrungen. Die Erzählungen des Bandes spielen meist in großen Städten, lesen wir, wo auch die Autoren lebten. Ihre Hauptschauplätze seien interkulturell, "Kneipen, Discos, Parties", Orte ohne nationale Tönung. Kurzke fand die Autoren als Schriftsteller bemerkenswert unsentimental und hat auch die in Anlehnung an Goethes "Unterhaltungen deutscher Ausgewanderter" zwischen die Texte geschalteten Gespräche mit den Autoren über "Interkulturalität, Heimat und Schreiben" offensichtlich mit Gewinn gelesen.

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