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Inhaltsverzeichnis:
Vorwort Auf einmal haften sie einen Staat (Einleitung) Der problematische Dreiklang von Ethnie, Nation und Staat Was ist eine Ethnie? Der primordiale Ansatz Der situative Ansatz Der situativ-primordiale Ansatz Tabelle der Idealtypen Was ist eine "Ethnie"? - oder: Wie bastelt man eine Nation? Bröckelnde Bausteine Was ist eine Nation? Das subjektive Nationskonzept Zwei objektive Nationskonzepte Das tendenziell objektive Konzept Das konsequent objektive Konzept: Die Ethno-Nation Die reale Macht des Irrealen Was ist Nationalismus? Das Doppelantlitz des Nationalismus Funktion…mehr

Produktbeschreibung
Inhaltsverzeichnis:
Vorwort Auf einmal haften sie einen Staat (Einleitung) Der problematische Dreiklang von Ethnie, Nation und Staat Was ist eine Ethnie? Der primordiale Ansatz Der situative Ansatz Der situativ-primordiale Ansatz Tabelle der Idealtypen Was ist eine "Ethnie"? - oder: Wie bastelt man eine Nation? Bröckelnde Bausteine Was ist eine Nation? Das subjektive Nationskonzept Zwei objektive Nationskonzepte Das tendenziell objektive Konzept Das konsequent objektive Konzept: Die Ethno-Nation Die reale Macht des Irrealen Was ist Nationalismus? Das Doppelantlitz des Nationalismus Funktion Der emanzipatorische Nationalismus Der integrale Nationalismus Inhalt Der bürgerlich-demokratische Nationalismus Der Ethno-Nationalismus (communalism) Tabelle der Nationalismen Was ist ein "Nationalstaat"? Nationalstaat und Nationalstaat Die mörderische Mischung Das unerreichte Ideal Nation und Islam: Eine widersprüchliche Allianz Das Untrennbarkeits-Dogma "Nationalstaat" gegen umma? Gelegenheit macht Staaten Die Verwechslung von Staat und Nation Die süßesten Früchte hängen ganz oben Eine Perle ohne Marktwert Politische Institutionen und ethno-nationale Konflikte Rezepte für eine funktionierende Gesellschaft Diskussion und Kritik Mit dem Bezelbub gegen den Teufel? Telegramm Definitionen Thesen Geschichtspiraterie: Die Atombomben, das Amselfeld und das historische Spiegelkabinett Nation oder nicht Nation? Der Einzug des Islams Mehr als nur Religion? Der Bogumilen-Mythos und Konvertierungen in Bosnien-Herzegowina Die Mythen aus dem Industal Wer wurde Muslim? Wer war Muslim? Die Sozialstruktur der Muslime im frühen Bosnien-Herzegowina Konvertierungen und Sozialstruktur im frühen Indien Brüder oder Besatzer? Die Osmanen und die bosnische Selbständigkeit Die Osmanen und die indische Selbständigkeit Das osmanische millet als Nationsschmiede? Bosnien-Herzegowina Indien Die Politisierung der Muslime Ethno-nationale Blockbildung Bosnien-Herzegowina Neue Etiketten für politische Ziele "Wem gehört Bosnien?" Indien "Wem gehört Indien?" Indien durch die britische Brille Vom Dorf-Gott zur Hindutva Die "Ethnisierung" von Konflikten Bosnien-Herzegowina Mächte und Missionare Begs und Bauern Übertritte und Überreaktionen Indien Wasserbecken und Weberstreik Der "Kuhhandel" und das Kalifat Die "Ethnisierung" der Sprache Bosnien-Herzegowina Die Weichenstellung Die Widersprüche Indien Die Weichenstellung Die Widersprüche Nationale Geburtshelfer von oben Die "Kulturunternehmer" Bosnien-Herzegowina Indien Die Bildung von Parteien Identitäts-Spagat in Bosnien-Herzegowina Die "Mehrheitsfalle" in Indien Gespaltene Brüder Bosnien-Herzegowina Bosporus oder Bosnien? Nation per Dekret: Die bosnische Besonderheit Indien: Delhi oder Mekka? Die Mahnung an die fernen Brüder Wie weit war die Nationsbildung? (Diskussion und Zusammenschau) Ein eigener Staat in Reichweite Der Käfig bricht auf Die Mehrheitsfalle schnappt zu Wahlen in Bosnien-Herzegowina 1990 Wahlen in Indien 1946 Harmonie und Hass in der Bevölkerung Der Traum vom multi-"ethnischen" Bosnien Der Traum vom vereinten Indien Die Taktik des Terrors Die Täter und ihre Strategie Jagd mit Penis und Pistole Die Protagonisten Die muslimischen Anführer Izetbegovic Jinnah Die Alternativen zu Izetbegovic zu Jinnah Das Pokern der äußeren Mächte Die ethno-nationale Karte in Bosnien-Herzegowina: Salonfähig durch den Westen Die Verlockung des Völkerrechts Klientelismus "Ethnische" Etiketten und Einhegungen Die communal card: Das britische Spiel mit Congress und Muslim League Die Verlockung der Ämter Klientelismus "Ethnische" Etiketten und Einhegungen Ein Nationalstaat der Muslime? Die Vereinnahmung der Helden Izetbegovic heute Jinnah heute Ausblick Bosnien-Herzegowina - auf der Suche nach dem Staat Pakistan - auf der Suche nach der Nation Résumé Anhang Literatur zum Themenbereich Balkan Literatur zum Themenbereich indischer Subkontinent Literatur zum Themenbereich Islam Literatur zum Themenbereich Theorie Index
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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Die Geschichtspiraten
Illegitime Vergangenheitsaneignung in Bosnien, Indien und Pakistan

Carsten Wieland: Nationalstaat wider Willen. Politisierung von Ethnien und Ethnisierung der Politik: Bosnien, Indien, Pakistan. Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York 2001. 425 Seiten, 45,- Euro.

Historische Mythen nationaler Bewegungen stützen sich nicht auf die verwickelte Abfolge des tatsächlich Geschehenen. Es sind Ideologen (nicht selten studierte Historiker), die sich einzelne Ereignisse aus dem Vergangenen herausgreifen, sei es die Schlacht im Teutoburger Wald oder am Annaberg. So als sei Geschichte eine Art Faktensupermarkt zur Befriedigung unterschiedlicher Geschmäcker und Vorlieben, berauben solche Propagandisten ihre jeweiligen Lieblingsfakten der widerstreitenden, oft genug kaum entwirrbaren Kontexte, um den Ereignissen statt dessen eine simpel-sinnhafte und politisch nützliche Einbettung zu verpassen. Als Beispiel für viele steht der Gründer Pakistans, Mohamed Ali Jinnah, der die Nation "mit der Hilfe seines Sekretärs und seiner Schreibmaschine" erfand.

Carsten Wieland faßt diese illegitime Art von Vergangenheitsaneignung in den sprechenden Begriff "Geschichtspiraterie". In seiner politikwissenschaftlichen Studie vergleicht er die Staatsdoktrin dreier, sehr verschiedener Staaten. Dennoch leuchtet die parallele Analyse nationalmythologisch gestützter Politikmuster in Bosnien, Indien und Pakistan sofort ein. Zum Beispiel nennen die Pakistanis ihre mit Atomsprengköpfen bestückten Mittelstreckenraketen "Ghauri". Der Name erinnert an einen muslimischen Eroberer, der im 13. Jahrhundert den Hindu-Herrscher Prithvi besiegte. Verschwiegen wird, und zwar auch von der indischen Gegenseite, daß Ghauri alle möglichen Stämme unterwarf, muslimische wie hinduistische. Er war ein Eroberer, nicht mehr und nicht weniger.

Als ob Pawlowsche Hunde bellten, wurde der "muslimisch" besiegte Prithvi zum Namenspatron der indischen Atomrakete. Das erklärt sich im Sinne eines Nie-Wieder, eines "historischen Rechts" auf "aktive" Verteidigung, ähnlich wie die israelischen Rekruten als Eidformel sprechen "Masada wird nie wieder fallen" und damit an eine Niederlage gegen das Römische Reich im Jahr 73 erinnern.

Die Deutschen neigten im Zweiten Weltkrieg eher zur pakistanisch-offensiven Variante, man denke an den "Fall Barbarossa". Entgegengesetzt, gewissermaßen nach dem israelisch-indischen Muster, verhielt sich Milosevic-Serbien: Auch hier wurde die Niederlage, die Schlacht auf dem Amselfeld im Jahr 1389, zur Ikone nationaler Wehrhaftigkeit. Die postkommunistisch-nationalistische Regierung ließ die Knochen des seinerzeit von den Osmanen exekutierten Prinzen Lazar durch das ganze Land tragen - zur Stärkung einer angeblich historisch fundierten, in alter Erfahrung begründeten kollektiven Einbildung.

Die Ethnopropaganda in Serbien malte - wie in Indien - das Bild von den "muslimischen Invasoren" (Masada erinnert eben an vorarabische "Invasoren"). Auf der Gegenseite wurde ein gewöhnlicher Politiker wie Izetbegovic nicht ohne aktives eigenes Zutun zum "Mujahedin", zum Gotteskrieger, stilisiert. Von dort öffnete sich überall der Weg zum islamischen, serbischen oder hinduistischen "Sozialismus". Gemeint ist das massenwirksame Märchen von der Binnengleichheit eines national-religiösen Kollektivs. Die Konstruktion rechtfertigt dann die Enteignung und Vertreibung derjenigen, die nach wechselnden Definitionen nicht zum homogen geglätteten Volkskörper gehören sollen. Das führt kurzfristig zu einer starken Politisierung der Massen, langfristig überall zum Verlust an sozialer Differenz und zur Verminderung von Entwicklungschancen.

In Pakistan gibt es Schulbücher, die die "Geburt" des pakistanischen Staates in die frühe Steinzeit zurückverlegen, ein einflußreicher Politiker pflegt die Behauptung, Indien und Pakistan seien schon vor 5000 Jahren "getrennte Staaten" gewesen. Zu solchen Wahnbildern trug die britische Kolonialmacht wesentlich bei. Die erste Volkszählung in Indien unterschied zwischen Ureinwohnern, Ariern, Gemischten und Muslimen. Mit den ersten drei Gruppen wurden die nach Kasten gegliederten Hindus erfaßt, "die Muslime" dagegen als angeblich undifferenziertes Kollektiv. In dieselbe Richtung wirkte der Hang europäischer, hier britischer Historiker, Geschichte in primitiver Weise zu chronologisieren und typisieren: So unterschied James Mill 1918 die "Hindu-Zeit" (vor dem Jahr 1000), die "Muslim-Zeit" (bis 1857) und die "Britische Zeit".

Auch beteiligte sich Großbritannien massiv an der Aufspaltung seiner Kolonie in Indien und Pakistan. Gedacht war an eine sogenannte "saubere Teilung", nach dem Vorbild des Vertrags von Lausanne oder des Potsdamer Abkommens. Im Jahr 1946 bezeichnete der britische Vizekönig, Lord Mountbattan, dieses Unternehmen, das bald die Vertreibung ("Verpflanzung") von Millionen Menschen und den Tod Hunderttausender zur Folge hatte, mit dem europäischanzüglichen Begriff "Balkan-Plan". Auch hier offenbarte die demokratische westliche Welt ihren Anteil an der Homogenisierungswut des 20. Jahrhunderts. Die Ursachen lassen sich nicht auf autoritäre und diktatorische Regimes reduzieren.

All das arbeitet Karsten Wieland präzise, mit reichhaltigen Literatur- und Quellenhinweisen heraus. Allerdings formuliert er oft etwas lax und hält das, so muß leider vermutet werden, für besonders "lesbar". Da heißt es zum Beispiel: "Die ,hinduistische Religion' universell zu definieren ist so aussichtslos, wie einen Pudding an die Wand zu nageln." Gelegentlich "schlittert" das Buch "immer tiefer" in einen "Teufelskreis", "knabbert" Indien an Problemen et cetera.

GÖTZ ALY

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Diese politikwissenschaftliche Studie befasst sich nach Auskunft von Rezensent Götz Aly mit einseitiger, ideologisch motivierter Geschichtsschreibung und nationaler Mythenbildung. Mit Politikern, die Geschichte als "Faktensupermarkt" missbrauchten, wie Pakistans Gründer Mohamed Ali Jinnah, "der die Nation mit der Hilfe eines Sekretärs und einer Schreibmaschine" erfunden habe. Die drei Beispiele (Bosnien, Indien, Pakistan), anhand derer Autor Carsten Wieland diese "illegitime Art von Vergangenheitsaneignung" verdeutlicht, haben dem Rezensenten trotz ihrer Unterschiedlichkeit sofort eingeleuchtet. Drei nationalmythologisch gestütze Politikmuster werden hier parallel analysiert und präzise mit "reichhaltigen" Literatur- und Quellenhinweisen herausgearbeitet, so Aly. Auch den verwendeten Begriff "Geschichtspiraterie" findet der Rezensent sehr sprechend. Viele andere Formulierungen moniert er jedoch als "lax" und mag die Vorstellung eines "lesbaren" Stils, der sich für ihn in schnoddrigen Formulierungen manifestiert, nicht mit dem Autor teilen.

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14.03.2002, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Die Geschichtspiraten: "Eine präzise Studie mit reichhaltigen Literatur- und Quellenangaben."

28.05.2002, Financial Times Deutschland, Wenn Mahatma Gandhi das noch erlebt hätte: "Der Autor beschreibt, wie bereits die Briten die Spaltung der indischen Gesellschaft vorantrieben und verfolgt diese Spur bis in die Gegenwart."
Die Geschichtspiraten
"Eine präzise Studie mit reichhaltigen Literatur- und Quellenangaben." (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.03.2002)

Wenn Mahatma Gandhi das noch erlebt hätte
"Der Autor beschreibt, wie bereits die Briten die Spaltung der indischen Gesellschaft vorantrieben und verfolgt diese Spur bis in die Gegenwart." (Financial Times Deutschland, 28.05.2002)