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Provokant, kritisch, kämpferisch
Der jährliche Hungertod von mehreren zehn Millionen Menschen ist der Skandal unseres Jahrhunderts. Alle fünf Sekunden verhungert ein Kind unter zehn Jahren. Und das auf einem Planeten, der grenzenlosen Überfluss produziert. Dieser Massenvernichtung von menschlichem Leben begegnet die öffentliche Meinung mit eisiger Gleichgültigkeit - solange die alltäglichen Katastrophen nicht allzu aufdringlich »sichtbar« werden, wie etwa die Hungersnot, die seit Sommer 2011 in fünf Ländern am Horn von Afrika eine tödliche Bedrohung darstellt.
Jean Ziegler verbindet
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Produktbeschreibung
Provokant, kritisch, kämpferisch

Der jährliche Hungertod von mehreren zehn Millionen Menschen ist der Skandal unseres Jahrhunderts. Alle fünf Sekunden verhungert ein Kind unter zehn Jahren. Und das auf einem Planeten, der grenzenlosen Überfluss produziert. Dieser Massenvernichtung von menschlichem Leben begegnet die öffentliche Meinung mit eisiger Gleichgültigkeit - solange die alltäglichen Katastrophen nicht allzu aufdringlich »sichtbar« werden, wie etwa die Hungersnot, die seit Sommer 2011 in fünf Ländern am Horn von Afrika eine tödliche Bedrohung darstellt.

Jean Ziegler verbindet seine Erfahrungen aus acht Jahren als UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung mit seinem unermüdlichen Kampf für eine friedliche, gerechte Welt. Er erinnert an die dramatische ungleiche Verteilung von Reichtum, an die strukturelle Gewalt unserer Weltordnung, an Milliardenzocker, die Nahrungsmittel monströs verteuern, und er zeichnet das brutale Bild des Hungers.
Autorenporträt
Jean Ziegler, Bürger der Republik Genf, Soziologe, ist emeritierter Professor der Universitäten von Genf und Paris. Er war bis 1999 Nationalrat (Abgeordneter) im Eidgenössischen Parlament, dann Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für das Recht auf Nahrung. Seit 2008 ist er Vizepräsident des Beratenden Ausschusses des UNO-Menschenrechtsrats. Er ist Träger verschiedener Ehrendoktorate und internationaler Auszeichnungenwie z.B. des CARE-Milleniumspreises (2009) und des Internationalen Literaturpreises für Menschenrechte (2008). Jean Ziegler ist Autor zahlreicher Bestseller.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Jean Ziegler haut mit seinem neuen Buch "Wir lassen sie verhungern" vehement in alte Kerben, berichtet Karin Steinberger. Erstaunlich findet sie, wie einfach die Welt durch Zieglers Brille aussehen kann: Die Guten, die Bösen, das Problem, die Lösung, alles Fakten, bekannte noch dazu, es müsste nur mal einer den Hebel umlegen, erfährt die Rezensentin vom Autor. Durch die Blume gibt es hier nichts, die Schuldigen stehen auf Seite Siebzehn. Und weil die Gier sich so schlecht anklagen lässt, wird sie hier würdig vertreten durch die "räuberischen Oligarchen des globalisierten Finanzkapitals", insbesondere die Agrokonzerne und Hedgefonds. Manch einer mag derart gerasterte Erklärungen belächeln, meint Steinberger, doch der Soziologe Ziegler hat jahrelang für die UN als Sonderberichterstatter gearbeitet und ist heute Vizepräsident des beratenden Ausschusses des UN-Menschenrechtsrats. Mangelnden Einblick in das politische Geschäft kann ihm also keiner vorwerfen. Selbst wenn so jemand zum zehnten Mal "Feuer" ruft, guckt man besser noch mal hin, rät die Rezensentin.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.12.2012

Ein ätzend scharfer Freund-Feind-Mechanismus

Der Schweizer Jean Ziegler kämpft seit Jahren gegen Hunger und Unterernährung in der Welt. Mit seinen Rundum-Attacken will er mobilisieren, macht sich dabei aber auch viele Gegner.

Von Wilfried von Bredow

Hunger und Unterernährung sind eine Geißel der Menschheit. Es gibt viele Verursacher des Hungers. Mangelhafte Ernten infolge von Dürrekatastrophen, Überschwemmungen, Pflanzenkrankheiten und Ungeziefer gehören dazu. Manche dieser Naturkatastrophen gehen auf menschliches Verhalten zurück. Solches Verhalten aus Unwissenheit oder, schlimmer noch, als bewusste Politik zur Durchsetzung von Herrschaftsansprüchen, Ideologien oder wirtschaftlicher Interessen verletzt nicht nur das Recht jedes Menschen auf ausreichende Nahrung, sondern verdunkelt alle hoffnungsfrohen Vorstellungen über angeborene Menschenfreundlichkeit als Gattungsmerkmal. Dennoch ist es wichtig, gegen den Hunger in der Welt anzugehen. Alle, die sich dieser Aufgabe widmen, verdienen Respekt und Unterstützung.

Der Soziologe Jean Ziegler, Jahrgang 1934, ist ein etwas pittoresker Veteran des politischen Kampfes gegen den Hunger. Lange Zeit ein aufmüpfiger sozialistischer Abgeordneter im eidgenössischen Parlament, hatte er von 2000 bis 2008 den Posten des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für das Recht auf Nahrung inne. Er hat zahlreiche Bücher veröffentlicht und sich damit auch viele Feinde gemacht. Das ist Schlüsselwort für Zieglers Schaffen: Feinde. Er ist ein Schriftsteller, der mit Wut und Wonne polarisiert. Sein Weltbild beruht auf einem ätzend scharfen Freund-Feind-Mechanismus. Die Guten, das ist das einfache Volk, die Campesinos und Landpächter, die Besitzlosen - schon allein deswegen, weil sie besitzlos sind. Die Bösen sind die Reichen, die Großgrundbesitzer, die Manager der transnationalen Konzerne, die von ihnen bestochenen Politiker und heute vor allem die Spekulanten. Diese Zweiteilung der Menschheit in viele machtlose Gute und wenige mächtige Böse setzt bei Ziegler eine enorme, aber eindimensionale Empörungsdynamik frei.

Die komplexen Sachverhalte der Welternährungsdefizite werden nicht analysiert. Stattdessen klagt Ziegler an. Er will entlarven, nicht argumentieren. Wer den Feind kennt, darf ihn mit allen Mitteln angreifen. Das sind im Falle Zieglers verbale Mittel. Raubgesindel, Kreuzritter des Neoliberalismus, Raubritter, Geier, Kraken und Tigerhaie, so wird der Feind charakterisiert. Alle entweder skrupellos oder zynisch, Kriminelle halt. Manchmal gerät seine Sprache dabei in die Gefilde unfreiwilliger Komik. So wenn er Pascal Lamy, den Generalsekretär der Welthandelsorganisation, als "Savonarola des Freihandels" bezeichnet. Oder die Welthandelsorganisation, den Internationale Währungsfonds "und, in geringerem Maße, die Weltbank" als die drei apokalyptischen Reiter des Hungers identifiziert. Da werden die Weltbank-Mitarbeiter aber erleichtert sein, dass sie nur in geringerem Maße apokalyptische Reiter sind.

Es mag ja sein, dass solch schriller Attacken-Enthusiasmus sein Publikum findet. Aber letztlich verschwendet Ziegler seine Intelligenz. Seine Erkenntnisse in die Vielgestaltigkeit des Hunger-Phänomens auf der Welt gehen unter in einem Wust von zuweilen nicht ganz uneitel erzählten Anekdoten, oberflächlichen Ausflügen in die "Theorie" (etwa zu Malthus) oder Geschichte (Stalin kommt nur am Rande, Mao gar nicht vor) und verknappten Augenzeugen-Reportagen von seinen Reisen in die Hungergebiete. Zustimmung wird er nur bei denen einheimsen können, die ohnehin überzeugte und militante Kapitalismusgegner sind und voller Missverstand auf revolutionäre Bewegungen in den Entwicklungsländern hoffen samt einem Übersprung-Effekt auf die Industrieländer. Der Kampf gegen den Hunger verdient unsere Unterstützung. Aber wer uns mit fragwürdigen Übertreibungen und Rundum-Attacken mobilisieren will, schadet nur seinen eigenen Zielen.

Jean Ziegler: Wir lassen sie verhungern. Die Massenvernichtung in der Dritten Welt.

C. Bertelsmann Verlag, München 2012. 320 S., 19,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.04.2013

Die Politik mit dem Hunger
Jean Zieglers Anklage gegen die Weltgemeinschaft
Nein, ein feinfühliger Philosoph ist Jean Ziegler nicht. Er argumentiert brachial, er peitscht die Truppen immer in eine Richtung, mit viel Tamtam und unkomplizierten Parolen. Dem Feind entgegen.
  Faszinierend bei all dem ist seine über Jahre anhaltende Wut. Faszinierend ist auch, wie einfach die Dinge sein können: Da ist das Gute, dort das Böse, da ist der Fehler, da der Auslöser, da der Hebel, an dem man den Lauf der Dinge umlegen könnte. Alles ist erklärbar, vieles bekannt: die Ausgangslage, die These, die Schuldigen, die Fakten. Alle fünf Sekunden verhungert ein Kind unter zehn Jahren – in einer Welt, die einen irrwitzigen Überfluss produziert und eigentlich viel mehr Menschen ernähren könnte. Für Jean Ziegler ist Welt-Hunger vor allem ein Verteilungsproblem, ein Systemfehler, eine Schande, ein Skandal, ein organisiertes Verbrechen, ein Massenmord, den es augenblicklich zu beenden gilt. Wer wollte da widersprechen?
  Lange braucht Ziegler auch in diesem Buch nicht, um die Schuldigen zu benennen. Auf Seite 17 ist es so weit: Schuld am Hunger ist die grenzenlose Habsucht der räuberischen Oligarchen des globalisierten Finanzkapitals. Schuld ist die erdumspannende Macht der transkontinentalen Agrokonzerne und Hedgefonds, die auf Lebensmittelpreise spekulieren. Schuld ist die Wirtschaftsordnung, die den Profit über das Wohlergehen der Menschen stellt. Schuld sind Freihandel und Biotreibstoff und Landgrabbing. Schuld ist: die Gier.
  Das alles ist nicht überraschend. Zieglers Feindbilder sind bekannt: Der Neoliberalismus ist für ihn ein unzähmbares Monster, der Humus für jene CEOs, die in ihren durchgestylten Führungsetagen über Leben und Tod entscheiden.
  Natürlich kann einer wie er über Hunger unendlich viel erzählen. Er kennt den Kalorienbedarf der Menschen in jeder Altersklasse, er kennt die Hirnschäden und Behinderungen, mit denen Kinder auf die Welt kommen, deren Mütter unterernährt sind. Er weiß, was Hunger anrichten kann: die Auszehrungen, die Mundparasiten, die infizierten Atemwege, die sich selbst aufzehrenden Muskeln, die Schmerzen. Und schlimmer noch: Er weiß, wie wenig es braucht, um all das zu verhindern.
  Jean Ziegler, Bürger der Republik Genf, Soziologe, emeritierter Professor, ehemaliger Abgeordneter im Eidgenössischen Parlament, ehemaliger Sonderberichterstatter der UN für das Recht auf Nahrung, ehemaliges Mitglied der UN-Task-Force für humanitäre Hilfe im Irak, ist heute Vizepräsident des beratenden Ausschusses des UN-Menschenrechtsrats. Er hat genug Einblicke, um fassungslos zu sein.
  Er beobachtet das große Geschacher lange genug von innen, er hat gesehen, wie schmierige Deals immer zugunsten der Reichen ausgehandelt werden, wie sich Länder vor ihrer Verantwortung drücken, wie Politiker lieber die Hände aufhalten, als sie zu benutzen, wie Staaten willenlos herumlavieren. Er hat die Ministererklärung zur Aufhebung der Exportsubventionen gelesen und dann beobachtet, wie die Verhandlungen nie über das Stadium von Absichtserklärungen hinausgingen. Während in Dritte-Welt-Ländern wie Haiti oder Sambia unter dem Diktat des Internationalen Währungsfonds den dortigen Bauern die Subventionen schon vor Jahren gestrichen wurden. In Haiti müssen die ruinierten Reisbauern jetzt den Reis der Amerikaner kaufen, zum Weltmarktpreis. In Sambia ist die Kindersterblichkeit seitdem explodiert.
  Gerechtigkeit? Ziegler hat Weltgipfel für Ernährungssicherheit miterlebt, bei denen sich die westlichen Staatschefs nicht mal die Mühe machten, so zu tun, als interessiere sie der Welthunger. Er kennt all die Oxfam-Studien und FAO-Grafiken – Zahlenkolonnen, die alles beziffern, aber nichts bewirken. Warum sollte er diplomatisch sein, ausgewogen oder gar gerecht?
  Jean Ziegler stand in der Hitze Nigerias und musste mit ansehen, wie Schwestern der Mutter Teresa in einem Ambulatorium verhungernde Mütter mit ihren sterbenden Kindern zurück in die Savanne schickten, weil sie nicht genug Mittel hatten, um alle zu retten. Er hat gesehen, wie sich die Hungerkrankheit „Noma“ durch Kindergesichter frisst, und auch, mit welcher Gleichgültigkeit World Health Organisation und Staatschefs darauf reagierten. Ziegler sagt: Hunger ist Politik, kein Schicksal.
  Hedgefondsmanager betrachtet er als „schäbiges Raubgesindel“, transkontinentale Privatkonzerne als „Kreuzritter des Neoliberalismus“. Die G-8/G-20-Länder seien „fulminante Heuchler“, World Trade Organisation, Internationaler Währungsfonds und Weltbank die „drei apokalyptischen Reiter des Hungers“. Und die Vereinten Nationen seien ein „bürokratischer Dinosaurier“, angeführt von einem „untätigen und farblosen“ Südkoreaner. All das schreibt Jean Ziegler, unterlegt mit Fakten und Anekdoten und ein paar Indiskretionen. Er wurde so oft von so vielen verklagt, und ein bisschen Gepolter verkauft sich einfach besser. Diesmal sind vor allem die Nahrungsmittelspekulanten dran, die er „Tigerhaie“ nennt, weil Spekulant und Hai die Opfer über viele Kilometer aufspüren und dann vernichten.
  Für Verfechter der Totalliberalisierung des Marktes ist das Kinderkram. Für Jean Ziegler, den alten Kämpfer, ist es eine Frage des Anstands, sich aufzulehnen gegen ein System, das der Mehrheit keine Chance gibt. Er betritt eine brasilianische Zuckerrohrfarm nicht von vorne, durch die protzigen Büros der Zuckerbarone, sondern von hinten, durch die ärmlichen Siedlungen der Zuckerrohrschnitter, die selber mal Bauern waren, nicht reich, aber satt. Jetzt kaufen sie, was sie früher selbst angebaut haben. Sie sind der Menschenschrott, der übrig bleibt, wenn riesige Agrobetriebe und Zuckerrohrbarone ehemaliges Staatsland unter sich aufteilen, um abzusahnen bei der gigantischen Agrotreibstoff-Zockerei – von der Regierung abgesegneter Landraub.
  Jean Ziegler tingelt schon so lange als Globalisierungsgegner durch die Welt, dass sein Spekulanten-Bashing fast schon zu erwartbar ist. Andererseits: Wenn nicht einmal mehr Leute wie er aufschreien würden, wer dann?
KARIN STEINBERGER
Jean Ziegler: Wir lassen sie verhungern. Die Massenvernichtung in der Dritten Welt. C. Bertelsmann Verlag, München 2012. 319 Seiten, 19,99 Euro.
Für Ziegler, den alten Kämpfer,
ist es eine Frage des Anstands, sich
gegen das System aufzulehnen
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