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Eines Tages entdeckte Chris Van Allsburg bei einem befreundeten Kinderbuchverleger 14 Zeichnungen mit Bildunterschriften eines ihm unbekannten Illustrators namens Harris Burdick. Die Geschichten zu diesen Zeichnungen, obwohl versprochen, bekam der Verleger nie zu Geischt. Mehr als 25 Jahre sind seit der amerikanischen Erstveröffentlichung vergangen. Und noch immer regen diese geheimnisvollen Zeichnungen die Phantasie der Betrachter, ob klein oder groß, an. Das Geheimnis um Harris Burdick aber konnte nie gelüftet werden.

Produktbeschreibung
Eines Tages entdeckte Chris Van Allsburg bei einem befreundeten Kinderbuchverleger 14 Zeichnungen mit Bildunterschriften eines ihm unbekannten Illustrators namens Harris Burdick. Die Geschichten zu diesen Zeichnungen, obwohl versprochen, bekam der Verleger nie zu Geischt. Mehr als 25 Jahre sind seit der amerikanischen Erstveröffentlichung vergangen. Und noch immer regen diese geheimnisvollen Zeichnungen die Phantasie der Betrachter, ob klein oder groß, an. Das Geheimnis um Harris Burdick aber konnte nie gelüftet werden.
Autorenporträt
wurde 1949 in Grand Rapids/Michigan, USA geboren. Seine künstlerische Ausbildung erhielt er an der Rhode Island School of Design, an der er später auch unterrichtete. Seine zahlreichen Bilderbücher wurden mit vielen Preisen ausgezeichnet. Für den »Polarexpress« erhielt er die Caldecott Medal, die höchste Auszeichnung für ein amerikanisches Bilderbuch. Das Buch war ein NEW YORK TIMES Bestseller und wurde in den Vereinigten Staaten mehr als vier Millionen Mal verkauft.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.12.2012

Hier sind die Bilder, wo sind die Geschichten?

Vor langer Zeit soll ein Illustrator vierzehn Bilder in einem Büro vergessen haben. Vor achtundzwanzig Jahren machte Chris Van Allsburg daraus ein Buch. "Die Geheimnisse von Harris Burdick" sind ein kleines Wunder. Nun erscheint es auf Deutsch.

Von Andreas Platthaus

Wie viele Wörter stehen in diesem geheimnisvollen Buch? Genau zweihundert, und das letzte ist das schönste. Dazu später - zuletzt natürlich, aber bitte noch nicht gucken. Zweihundert Wörter also auf 28 Seiten. Wobei das nicht stimmt, denn das wahre Rätsel steckt in einer Seite, die gar nicht zu den titelgebenden "Geheimnissen von Harris Burdick" gehört, der ersten Textseite des Buchs, auf der erläutert wird, was da so geheimnisvoll sein soll: Chris Van Allsburg, ein amerikanischer Illustrator, dem die Welt rund zwei Dutzend Bilderbücher und darunter drei besonders erstaunliche verdankt, erzählt uns, wie er vor einem Jahr (aber man weiß nicht, wann sein Text geschrieben wurde) einen Kinderbuchlektor besuchte (der inzwischen in Rente gegangen sein soll), dem ein anderer Illustrator namens Harris Burdick vor drei Jahrzehnten (aber man weiß immer noch nicht, wann der Text geschrieben wurde) vierzehn Zeichnungen mitgebracht habe, zu denen es vierzehn Geschichten gebe. Die Bilder waren damals im Büro zurückgeblieben, doch von jenem Burdick hatte der Lektor nie wieder gehört. Und jeder, der die Zeichnungen sehe, sei versucht, sich die fehlenden Geschichten dazu auszudenken.

Natürlich ist diese Geschichte geschwindelt, alle Bilder von Harris Burdick hat in Wirklichkeit Chris Van Allsburg gezeichnet. Das sieht jeder, der die Illustrationen zu seinen Welterfolgen "Jumanji" oder "Der Polarexpress" kennt, die beide auch erfolgreich verfilmt wurden - das sind zwei der drei erstaunlichen Bücher. Doch 1984, als das dritte, "Die Geheimnisse von Harris Burdick", in Amerika herauskam, war sein magisch-realistischer Schwarzweiß-Stil, der wie im Öldruckverfahren angefertigte alte Fotografie wirkt, noch nicht allgemein bekannt. Und so rätselten viele, ob die Fiktion nicht doch zu schön sei, um nicht der Wahrheit zu entsprechen.

Im Grunde genommen spielt das keine Rolle. Die Geschichte der vierzehn geheimnisvollen Bilder ist nicht mehr als ein Köder. Und den schluckt jeder, der dieses Buch aufschlägt. Es geht darum, sich ein passendes Geschehen zu den Zeichnungen auszudenken, die nichts miteinander zu tun haben, außer dass sie alle verführerisch sind. Van Allsburg setzt seine Szenen jeweils ins Zwielicht, in eine Zwischenwelt von Traum- und Wachzustand, in der sich die tollsten Dinge ereignen können. Da schwebt zum Beispiel eine Nonne auf ihrem Stuhl durch ein hohes gotisches Kirchenschiff. Und dazu steht auf der dem Bild gegenüberliegenden Seite unter der Überschrift "Die sieben Stühle" folgender Satz: "Der fünfte landete schließlich in Frankreich."

Auch das ist Teil der Fiktion, denn der ominöse Harris Burdick soll bei dem Lektor zu jeder Zeichnung den Titel der zugehörigen Geschichte und die Bildunterschrift zurückgelassen haben. Die summieren sich zusammen auf jene zweihundert Wörter: 49 in den Überschriften, 151 in den Bildtexten. Und das macht die Sache mit dem Erfinden der Geschichten noch reizvoller, weil alle von derselben Basis ausgehen. Irgendwann wird zum Bild von der schwebenden Nonne der Satz erzählt werden müssen: "Der fünfte landete schließlich in Frankreich." Und vom Schicksal der anderen sechs von den sieben Stühlen des Titels wird man auch etwas zu hören bekommen.

In Van Allsburgs amerikanischer Heimat ist die Suche nach passenden Geschichten längst zum weitverbreiteten Phänomen geworden, das seinen bisherigen Höhepunkt vor einem Jahr erreichte (und Sie wissen ja, wann diese Rezension gedruckt wurde), als dort die "Mysteries of Harris Burdick" als "Chronicles of Harris Burdick" neu herausgegeben wurden - mit ausformulierten Geschichten prominenter Autoren zu jedem Bild. Jules Feiffer, der legendäre Cartoonist und Pulitzerpreisträger, nahm sich des Titels "Unter dem Teppich" an, Stephen King wählte "Das Haus im Ahornweg" aus, und Chris Van Allsburg selbst schrieb die Geschichte zu "Oskar und Alfons". Man braucht kein Prophet zu sein, um diese Publikation auch bald auf Deutsch zu erwarten, wenn sich das ursprüngliche Bilderbuch als Erfolg erweisen sollte.

Und das wäre ihm von Herzen zu gönnen, denn nicht nur wird die Phantasie eines jeden Betrachters herausgefordert und geschult, auch das Beobachtungsvermögen wird gemehrt, weil es gilt, sich auf die Details der Illustrationen einzulassen, um ihre Geschichte erzählen zu können. Den Wanderer mit Hund im Hintergrund vom Bild zu "Die Harfe" muss man erst einmal sehen. Oder gar die kreisförmigen Wellen im Bach vor dem titelgebenden Instrument, aus denen man schließen könnte, dass da ein Musiker abgetaucht ist. Unfreiwillig? Aus Scheu? Zur Lust? Niemand weiß es, aber jeder kann es sich so zurechtlegen, wie es ihm am passendsten erscheint. Die Freiheit des Auges und der Sprache - das ist das wahre Thema dieses Buchs.

Was kann man daran nun noch groß übersetzen? Viel, wie die Leistung von Henning Ahrens beweist. Er hat einen ganz knappen Stil gefunden, der die 201 Wörter des Originals (wenn ich mich nicht verzählt habe) noch um eines verknappt hat - ein Kunststück. Und er hat bei der letzten Zeichnung ein Meisterwerk vollbracht. Auf Englisch heißt es zum "Haus am Ahornweg": "It was a perfect lift-off." Ahrens übersetzt das mit "Es war ein Bilderbuchstart." Witzig und brillant. Einen solchen Start wünschen wir diesem Bilderbuch.

Chris Van Allsburg: "Die Geheimnisse von Harris Burdick".

Aus dem Englischen von Henning Ahrens. Carlsen Verlag, Hamburg 2012. 31 S., Abb., 19,90 [Euro]. Ab 6 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Andreas Platthaus ist hingerissen von diesem Buch und der wunderbaren Idee dahinter: Ein Illustrator hat vierzehn Bilder im Büro eines Verlegers hinterlassen. Mit je einem Titel für die dazu passende Geschichte und einer Bildunterschrift. Chris van Allsburgs Bilder sind "verührerisch", so der Rezensent, der sofort anfing, sich zu den Bildern passende Geschichten auszudenken. Man muss dazu aber schon genau hingucken, empfiehlt er und spricht noch ein dickes Lob an den "ganz knappen Stil" des Übersetzer Henning Ahrens aus.

© Perlentaucher Medien GmbH