Marktplatzangebote
3 Angebote ab € 8,02 €
  • Gebundenes Buch

In Belgien explodieren Bomben im Flughafen und an Bahnhöfen. In Paris werden werden Konzertbesucher und Restaurantgänger erschossen. In Deutschland brennen Flüchtlingsheime. In sozialen Netzwerken kursieren Hassparolen. Extremisten jeglicher Couleur bedrohen den Frieden in Europa.
Peter R. Neumann beschäftigt sich seit über zwanzig Jahren mit Terrorismus in all seinen Ausformungen von Separatisten und ethnischen Nationalisten, über Rechts- und Linksextreme bis hin zu Dschihadisten. Das von ihm geleitete International Centre for the Study of Radicalisation (ICSR) setzt sich konkret mit der…mehr

Produktbeschreibung
In Belgien explodieren Bomben im Flughafen und an Bahnhöfen. In Paris werden werden Konzertbesucher und Restaurantgänger erschossen. In Deutschland brennen Flüchtlingsheime. In sozialen Netzwerken kursieren Hassparolen. Extremisten jeglicher Couleur bedrohen den Frieden in Europa.

Peter R. Neumann beschäftigt sich seit über zwanzig Jahren mit Terrorismus in all seinen Ausformungen von Separatisten und ethnischen Nationalisten, über Rechts- und Linksextreme bis hin zu Dschihadisten. Das von ihm geleitete International Centre for the Study of Radicalisation (ICSR) setzt sich konkret mit der Frage auseinander, warum sich Menschen radikalisieren. Welche Rolle spielen Herkunft, Ideologie und Umstände? Wie kann Prävention gelingen? Stacheln sich "Neue Dschihadisten" und "Neue Rechte" gegenseitig auf?
In seinem fundierten Werk, das auf zwanzig Jahren Forschungsarbeit beruht, erklärt Peter R. Neumann die Gewöhnlichkeit des Terrors. Dabei geht er auf die "hausgemachte" Radikalisierung ein, die speziell in Europa zu einer zentralen gesellschaftlichen und sicherheitspolitischen Herausforderung geworden ist, mit der wir lernen müssen, umzugehen.
Autorenporträt
Neumann, Peter R.
Peter Neumann ist Professor für Sicherheitsstudien am King's College London und leitet das International Centre for the Study of Radicalisation (ICSR), das weltweit bekannteste Forschungsinstitut zum Thema Radikalisierung und Terrorismus. Nach dem Studium der Politikwissenschaft in Berlin und Belfast promovierte Peter Neumann am King's College London über den Nordirlandkonflikt. Vor seiner wissenschaftlichen Karriere arbeitete er als Radiojournalist in Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.10.2016

Räuber, Amokläufer, Terrorist
Peter R. Neumann versucht sich an einer Erklärung des Dschihadismus
Wenn flaumbärtige Dschihadisten sich in französischen Metropolen in die Luft sprengen und einsame Wölfe in deutschen Kleinstädten messerstechen oder die Axt schwingen, droht ein Nachspiel in Person des Terrorexperten. Der zählt, im Gegensatz zum Fassmacher oder Zeitungsredakteur, zu einer Berufsgruppe, die eine Zukunft hat. Und das, obwohl die in den Tagesnachrichten zugeschalteten Terrorexperten meist nur in gewichtiger Rede zusammenfassen, was Nachrichtensprecher und Reporter davor in schlichten Worten gesagt haben.
  Es gibt dennoch Fachleute, bei denen Zuhören oder Lesen ein Gewinn ist. Peter R. Neumann, der am Londoner King’s College als Professor für Sicherheitsstudien forscht, gehört eigentlich dazu. Der Leiter eines renommierten „Zentrums für Radikalisierung und Terrorismus“ hat etwas zu sagen, weshalb Journalisten ihn häufig befragen.
  Neumann hat jetzt ein Buch veröffentlicht, das laut Titel „Der Terror ist unter uns“ die Phänomene „Dschihadismus und Radikalisierung in Europa“ verständlich machen will. Das tut es, irgendwie. Aber leider in einer epischen Breite, die den Leser mehr Zeit kostet als nötig. Das Werk ist, Neumann erklärt es im Vorwort, auf der Grundlage seiner in den vergangenen Jahren gehaltenen Vorlesungen entstanden. So liest es sich auch: Zu vollständig, zu akademisch und vor allem mit wenig Vertrauen in das eigene Urteil.
  Auch sonst überzeugt das Buch nicht. Es beginnt mit einem Exkurs über die „Shankill-Schlächter“, eine nordirische Terrorbande aus den 70er-Jahren(!). Haben sich Autor und Lektor beim Titel (eben „Dschihadismus und Radikalisierung in Europa“) vertan? Oder setzen sie darauf, dass Dschihadismus im Buchladen oder in der virtuellen Amazon-Welt natürlich besser zieht als etwa „Allgemeines Lehrbuch über die Natur des Terrors im späten 20 und frühen 21. Jahrhundert?“
  Die protestantischen Shankill-Schlächter hatten Katholiken entführt und auf bestialische Art ums Leben gebracht. Umso merkwürdiger Neumanns Schlussfolgerung: „Als die Gruppe Islamischer Staat im Sommer 2014 damit begann, westlichen Geiseln vor laufender Kamera die Köpfe abzuschneiden, dachte ich sofort zurück an (. . .) die Shankill-Schlächter.“
  Jihadi John, der sich und den Islamischen Staat mit seinen Kopf-ab-Videos aus Syrien auf grausig-trashige Weise bekannt gemacht hat, soll mit irischen Terroristen vergleichbar sein, die Geisel des globalen Dschihads mit einem letztendlich überschaubaren nationalistisch-religiösen Konflikt am Nordwest-Zipfel Europas? Anschließend führt der Autor einen britischen Veganer an, der für eine „Tierbefreiungsfront“ 2006 den Lieferanten eines Tierversuchlabors in die Luft sprengen wollte und schlägt von dort den Bogen zum schwedischen Rassenspinner und Massenmörder Breivik. Schließlich sind sie alle radikalisiert worden, setzten auf Gewalt. Das ist, als ob einer den Auftragsmörder mit dem Amokläufer und den Bankräuber mit dem Erbschleicher vergleicht, alle haben viel kriminelle Energie.
  Neumann holt auf 250 Seiten aus, bemüht Politikwissenschaft, Soziologie und Psychologie. Nachdem er einzelne, zu einem Teil reichlich bekannte Terrorfiguren vorgestellt hat, widmet er sich den „Bausteinen“ der Radikalisierung: Vom Lebenslauf, dem Umfeld aus Familie und Freunden, dem Ausmaß gescheiterter Integration, den „Ideen“, sprich Ideologien, und der Gewaltaffinität bis hin zu Phänomen einer Art dschihadistischer Jugendrevolte. Er betont, fair genug, dass sein Gebiet keine exakte Wissenschaft ist, dass alle diese Facetten weder für sich noch alle zusammen das Phänomen umfassend erklären.
  Aber wer mit einem Buch zu einem aktuellen Thema antritt, sollte seine selbst aufgeworfenen Fragen griffiger beantworten können. Das Werk mag für Studenten im Grundstudium Terror und Sicherheit nützlich sein. Wer aber verstehen will, warum es zu den Schlächtereien im Bataclan-Club in Paris, auf der Corniche in Nizza und am Flughafen in Brüssel kommen konnte, wird enttäuscht. Um die Faszination des militanten Islam zu erklären, bedarf es kaum des Verweises auf die Shankill-Schlächter oder einen bombenden Veganer. Der Weg ist zu weit vom belgischen Molenbeek in einen Hühnerstall in der Nähe von Oxford.
TOMAS AVENARIUS
Jihadi John erinnert den Autor
merkwürdigerweise an die
nordirischen Shankill-Schlächter
      
      
Peter R. Neumann:
Der Terror ist unter uns.
Dschihadismus und
Radikalisierung in
Europa. Ullstein-Buch-
verlage, Berlin 2016.
304 Seiten, 19,99 Euro.
E-Book 16,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Sehr gerne hätte Rezensent Tomas Avenarius von diesem Buch etwas über die Gründe erfahren, warum dschihadistische und andere radikale Bewegungen sich auch in Europa derzeit über großen Zulauf freuen dürfen. Mit weitausholender Geste wird er von Peter R. Neumann nun aber darüber belehrt, dass bereits in den 70ern irische Terroristen Menschen töteten und ein Tierbefreier die Tötung eines Menschen in Erwägung zog, um ein Tierversuchslabor zu sabotieren. Da sei akademisch gesehen zwar gute historische Arbeit, aber ersichtlich wird dem Rezensenten nicht, warum er sich angesichts aktuell dringender Problemlagen mit solchen Exkursionen in abgelegene Gebiete der historisch orientierten Terrorforschung befassen sollte. Erstsemester in Sachen Terrorforschung können zu diesem Buch greifen, wer sich mit aktuellen Phänomenen der weltanschaulichen Radikalisierung befassen will, wird mit diesem Buch jedoch nicht glücklich, lautet Avenarius' Fazit nach dieser enttäuschenden Lektüre.

© Perlentaucher Medien GmbH