Marktplatzangebote
5 Angebote ab € 17,40 €
  • Gebundenes Buch

Cunningham umspannt in dieser Geschichte der Kindheit ein halbes Jahrtausend vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Er zeigt, wie sich die Lebensverhältnisse der Kinder innerhalb der Familie und des Schul- und Erziehungssystems bis heute verändert haben und präsentiert seine umfassende Kindheitsgeschichte vor dem Hintergrund der großen historischen Umbrüche. Alle wichtigen Themen kommen zur Sprache: Kinderspiele und Kinderspielzeug ebenso wie Kindesmisshandlung und Kinderarbeit. Die ungeheuren Unterschiede zwischen Reich und Arm werden ebenso thematisiert wie die kritische Frage, ob wir wirklich in einem »Jahrhundert des Kindes« leben.…mehr

Produktbeschreibung
Cunningham umspannt in dieser Geschichte der Kindheit ein halbes Jahrtausend vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Er zeigt, wie sich die Lebensverhältnisse der Kinder innerhalb der Familie und des Schul- und Erziehungssystems bis heute verändert haben und präsentiert seine umfassende Kindheitsgeschichte vor dem Hintergrund der großen historischen Umbrüche. Alle wichtigen Themen kommen zur Sprache: Kinderspiele und Kinderspielzeug ebenso wie Kindesmisshandlung und Kinderarbeit. Die ungeheuren Unterschiede zwischen Reich und Arm werden ebenso thematisiert wie die kritische Frage, ob wir wirklich in einem »Jahrhundert des Kindes« leben.
Autorenporträt
Hugh Cunningham ist emeritierter Professor für Sozialgeschichte an der University of Kent in Canterbury. Er ist durch seine grundlegenden Bücher über Kinderarbeit und Kinderarmut bekannt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.02.2007

Der Nektar der Erziehung
Zwischen Recht und verspielter Romantik: Eine Geschichte der Kindheit
Kinderpolitik ist keine Erfindung der Gegenwart. Auch keine des 19. Jahrhunderts, wie man lange Zeit angenommen hat. Wie der englische Sozialhistoriker Hugh Cunningham in seinem Buch „Die Geschichte des Kindes in der Neuzeit” zeigt, ist die Idee, die Geschicke von Geburt, Kindheit und Familie staatlich zu lenken, so alt wie die Entstehung der Staaten selbst. Cunningham zeigt, wie sich Staaten von Anfang an bemühten, das Leben der Kinder zu schützen oder deren soziale Verelendung zu bekämpfen. Galt die Hauptsorge bis zum 19. Jahrhundert „den Seelen der Kinder oder der Bereitstellung zukünftiger Arbeitskräfte”, ging es ab 1800 darum, „die Kinder für den Genuss der Kindheit zu erretten”.
Cunningham erklärt die Wandlung aus Veränderungen in der Ideologie der Kindheit. Er zeichnet eine Linie von Leon Battista Alberti und seinem weit verbreiteten Buch „Über die Familie” über die Schriften des Erasmus von Rotterdam – dort kann man so hübsch-pädagogische Sätze lesen wie „ein Kind sollte mit der Milch, das es nuckelt, den Nektar der Erziehung genießen” – bis zu Lockes einflussreichem Werk „Gedanken über Erziehung” und dem „Émile” Rousseaus. Aus dem „am wenigsten beachteten menschlichen Wesen” wurde ein „Geschöpf mit geradezu göttlichen Eigenschaften”, ein „Gegenstand der Verehrung” und ein „Gefäß der Hoffnung”. Kindheit galt seit 1800 als eigenständiger und schützenswerter Lebensabschnitt.
Es ist die Stärke des Buches, dass es die Geschichte der Vorstellungen von Kindheit mit der Geschichte der Kinder, ihres realen Lebens verbindet. Dass dieses Leben jahrhundertelang erst von der Haushaltsökonomie – das Kind als ein unverzichtbarer Ernährer der Familie – und später von der Einführung der Schulpflicht geprägt worden ist, dafür liefert Cunningham viele überzeugende Belege. Nicht zuletzt demographische. Mit der Einführung der Schulpflicht gegen Ende des 19. Jahrhunderts hörten Kinder endgültig auf, „einen ökonomischen Wert darzustellen”. Sie verwandelten sich von Produzenten in Konsumenten.
Cunninghams Ansatz reicht also wesentlich weiter als derjenige des Vaters der Kindheitsgeschichte Philippe Ariès’. Während Ariès in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in seinem wegweisenden Werk „Geschichte der Kindheit” die Entwicklung der Ideen von Kindheit verfolgte, geht es Cunningham zusätzlich darum, etwas über das „Leben der Kinder herauszufinden”. Überzeugend beschreibt er die politischen und sozialen Strukturen, die den Alltag der Kinder prägten.
Dass Cunningham in seiner Überblicksdarstellung nicht in jedem Punkt ins Detail gehen kann, sondern viele Themenkomplexe kursorisch behandelt – das gilt vor allem für das Kapitel über das 20. Jahrhundert, das „Jahrhundert des Kindes” – liegt in der Natur der Sache und sollte dem Autor nicht zum Vorwurf gemacht werden. Er weiß um diese Nachteile gegenüber einer Detailstudie. Seine „Geschichte des Kindes” ist ein gleichermaßen flüssig geschriebenes wie wissenschaftlich fundiertes Werk. Bedenkenswert für unsere Gegenwart ist vor allem das Resümee: „Die Besonderheit (…) des beginnenden 21. Jahrhunderts sowie die Grundursache für manche Verwirrung und Angst in Bezug auf Kindheit liegen darin, dass die Hauptposition des öffentlichen Diskurses – Kinder sind Personen mit Rechten und genießen eine gewisse Art von Autonomie – im Widerstreit zur romantischen Auffassung steht, das Kind habe das Recht, ein Kind zu sein. Die Bedeutung der ersteren Position liegt in einer Verschmelzung der Kinder- und Erwachsenenwelten, die der zweiten in der Beibehaltung der Trennung.” FLORIAN WELLE
HUGH CUNNINGHAM: Die Geschichte des Kindes in der Neuzeit. Artemis&Winkler, Düsseldorf 2006. 320 Seiten, 29,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Diese Geschichte der Kindheit von Hugh Cunningham übertrifft nach Ansicht von Florian Welle das Standardwerk von Philippe Aries, weil es die Geistesgeschichte der Kindheit, auf die sich sein Vorgänger beschränkt hat, mit den Lebensbedingungen, der Kinder im Lauf der Jahrhunderte, kombiniert. Dass der Autor bei seinem großen Überblick der Kindheitsgeschichte nicht jeden Aspekt seines Themas en detail untersucht, findet der Rezensent völlig verständlich und so lobt er diesen Band uneingeschränkt als gut lesbar und dabei "wissenschaftlich" untadelig.

© Perlentaucher Medien GmbH