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Leseprobe Diese sich selbst mißtrauende, sich als "silbernes Zeitalter" abwertende Epoche zwischen 1918 und 1938 war tatsächlich ein letztes großes Aufbäumen hauptsächlich jüdischer Kreativität in Mitteleuropa. Während leider der Vulkan, um den man tanzte, nicht mehr aus fruchtbarer erloschener Lava bestand. Sondern das Magma bereits wieder flüssig und aktiv geworden war, bereits wieder hochkochte und sprühte ... begierig, diese Kultur, unter den begeisterten Zurufen der Ignoranten, die sich noch nicht als betroffen empfanden, mit seinem Feuerstrom zu vernichten.
Georg Stefan Troller Spiel,
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Produktbeschreibung
Leseprobe Diese sich selbst mißtrauende, sich als "silbernes Zeitalter" abwertende Epoche zwischen 1918 und 1938 war tatsächlich ein letztes großes Aufbäumen hauptsächlich jüdischer Kreativität in Mitteleuropa. Während leider der Vulkan, um den man tanzte, nicht mehr aus fruchtbarer erloschener Lava bestand. Sondern das Magma bereits wieder flüssig und aktiv geworden war, bereits wieder hochkochte und sprühte ... begierig, diese Kultur, unter den begeisterten Zurufen der Ignoranten, die sich noch nicht als betroffen empfanden, mit seinem Feuerstrom zu vernichten.

Georg Stefan Troller Spiel, Spaß und Unterhaltung war die Begleitmusik der Tragödie Österreichs zwischen den beiden Weltkriegen. Während Politik und Wirtschaft aus einer Krise und falschen Illusion in die andere taumelten, feierten Künstler, Kritiker und Kabarettisten ihre großen Erfolge - ein apokalyptischer Tanz am Rande des Abgrunds. "Das fidele Grab an der Donau" ist ein Buch der Wiederbegegnung mit einer - vornehmlich jüdisch geprägten - untergegangenen Welt. Anekdotenreich und geistvoll, aber auch scharf und nicht ohne Polemik erzählt Georg Stefan Troller von Schnitzler und Peter Altenberg, Werfel und Alma Mahler, Polgar, Kuh und Kraus, Kisch, Friedell und Torberg, dem Café Central und dem Herrenhof, dem Kabarett Simpl und vielen weiteren legendären Gestalten und Schauplätzen. Ein außergewöhnliches Stück europäischer Kulturgeschichte, selbst erlebt, erträumt und gedeutet.

Was ist ein Kaffeehausliterat? Ein Mensch der Zeit hat, im Kaffeehaus darüber nachzudenken, was die anderen draußen nicht erleben.

Anton Kuh Georg Stefan Troller - ein Zeuge des Jahrhunderts lässt brillante Literaten, Kritiker, Künstler und Kabarettisten einer glanzvollen Welt von Gestern wieder auferstehen.
Autorenporträt
Georg Stefan Troller wurde 1921 in Wien geboren, emigrierte 1938 über Frankreich in die USA und lebt seit 1949 in Paris. Berühmt wurde er mit den Fernsehserien "Pariser Journal" und "Personenbeschreibung". Zahlreiche Filme über Paris, Wien und die USA.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.12.2004

Im Kaffeehaus
Trollers Wien 1918-1938
Warum lässt einer in seiner Erinnerung das Abendland abermals untergehen, zum Teil mit den gleichen Anekdoten, ganz sicher vor dem gleichen politischen Hintergrund? In „Tante Jolesch oder der Untergang des Abendlandes in Anekdoten” erweckte Friedrich Torberg 1975, vier Jahre vor seinem Tod, auf höchst unterhaltsame Weise das jüdische Bürgertum im Wien der Zwischenkriegszeit von 1918 bis 1938, dem Einmarsch Hitlers, zu neuem Leben. Nun sitzt man aufs Neue mit Georg Stefan Troller im Kaffeehaus, der diese literarisch kreativen, moralisch auf sympathische Weise verlumpten und politisch höchst brisanten, zuletzt alarmierend lebensgefährlichen Jahre unter dem Titel „Das fidele Grab an der Donau. Mein Wien 1918-1938” beschreibt. Wie für Torberg bedeutete auch für Troller der Einmarsch Hitlers einen dramatischen Bruch in seinem Leben. Er zwang ihn zur Emigration, aus der er, anders als Torberg, nicht mehr zurück gekehrt ist.
Troller, 1921 in Wien geboren, hat dieses Buch als ein Vermächtnis geschrieben. Er widmete es seinem Freund, dem 1944 geborenen Schriftsteller Robert Schindel, Wiener Jude wie er, aber Angehöriger der Zweiten Generation, der als Säugling in einem NS-Heim das letzte Jahr Hitlerei überlebt hat. Troller erzählt ihm vom Wien seiner Jugend als fiktive Topographie von Geist und Intelligenz, von privatem und politischem Irrsinn. „Das fidele Grab” handelt von den Ausgelöschten, aber auch von den Verjagten, denen Wien in der Emigration zum sentimentalischen Abziehbild verkam.
EVA-ELISABETH FISCHER
GEORG STEFAN TROLLER: Das fidele Grab an der Donau. Mein Wien 1918-1938. Artemis & Winkler. Düsseldorf und Zürich, 2004. 332 Seiten. 24,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Franziska Sperr hat jede Menge übrig für die Wiener "mit ihrem herzerwärmenden Schmäh, ihrer selbstverliebten Ironie, ihrem hoffnungsfrohen Fatalismus" - alles Eigenschaften, die der Anekdote zugute kommen, jener kleinen Form, der sich Georg Stefan Troller hier verschrieben hat. Das vorliegende Buch, schreibt Sperr, "ist eine Fundgrube für jeden, der am Kokolores - ein jiddisch-wienerischer Ausdruck für nichtssagende Kleinigkeiten - seine Freude hat". Doch im Ganzen ist es alles andere als nichtssagend: Troller habe die kleinen Anekdoten und Szenen nämlich zu einer "sehr persönlichen Kulturgeschichte des jüdischen Wien zwischen den beiden Weltkriegen" gefügt, die als Komödie beginnt und als Tragödie endet: Hitler auf dem Heldenplatz. Doch vorher: all die Kaffeehäuser und Hinterhöfe, die Vorlieben und Vorurteile, die Witze und Gerüchte - das ist, so die Rezensentin, "Zeitgeschichte im Kolportageton" oder auch: "Schnitzlers Reigen live". Fazit: ein lehrreiches Amüsement.

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