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Der große spanische Dichter des 20. Jahrhunderts Spannend geschriebene, gut verständliche Darstellung von Leben und Werk Lorcas. Im Fokus: García Lorcas Homosexualität.
García Lorca (1898 - 1936) ist Spaniens größter und einflussreichster Dramatiker und Lyriker des 20. Jahrhunderts. Die rastlose Leidenschaft seiner Sprache und ihre verstörende, vibrierende Metaphorik sind von nachhaltiger Faszination. Dramen wie "Bluthochzeit" oder "Yerma" gehören zum Standardrepertoire des modernen Theaters. David Johnston verfolgt die Entwicklung Lorcas, seine künstlerischen und seine persönlichen Erfolge…mehr

Produktbeschreibung
Der große spanische Dichter des 20. Jahrhunderts
Spannend geschriebene, gut verständliche Darstellung von Leben und Werk Lorcas. Im Fokus: García Lorcas Homosexualität.
García Lorca (1898 - 1936) ist Spaniens größter und einflussreichster Dramatiker und Lyriker des 20. Jahrhunderts. Die rastlose Leidenschaft seiner Sprache und ihre verstörende, vibrierende Metaphorik sind von nachhaltiger Faszination. Dramen wie "Bluthochzeit" oder "Yerma" gehören zum Standardrepertoire des modernen Theaters. David Johnston verfolgt die Entwicklung Lorcas, seine künstlerischen und seine persönlichen Erfolge und Krisen, von den frühen Jahren in Granada über die aufwühlende Zeit in New York bis zu seiner Ermordung durch die Nationalisten zu Beginn des Spanischen Bürgerkriegs. Seine Aufmerksamkeit gilt besonders der oft versteckten Homosexualität Lorcas, die der Nährboden für seine außergewöhnliche Kreativität war.
Autorenporträt
David Johnston ist Professor für Spanische Sprache und Literatur an der Queens University in Belfast. Seine Übersetzungen spanischer Autoren wie Lope de Vega, Calderón und natürlich García Lorca ins Englische sind mehrfach preisgekrönt und werden an allen großen Bühnen Großbritanniens gespielt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.07.2004

So rückständig war Spanien nicht
Lyrisches Versteckspiel: David Johnstons Biographie García Lorcas

Über Federico García Lorca, den bekanntesten Lyriker und Dramatiker der modernen spanischen Literatur, sind Bücher in zahlreichen Sprachen veröffentlicht worden. Sein Werk, sein Leben, seine anziehende Persönlichkeit und sein tragischer Tod haben viele Autoren fasziniert. In seinem Heimatland Spanien wurde García Lorcas Werk während der Diktatur des Generals Franco totgeschwiegen; schließlich waren es Anhänger Francos, die den Dichter zu Beginn des Bürgerkriegs ermordet hatten. Dieses Verbrechen wurde in der ganzen Welt bekannt und trug seinen Teil zum schlechten Ruf des Putschgenerals und Bürgerkriegssiegers Franco bei.

Den zahlreichen Interpretationen der Dichtung Lorcas hat David Johnston, ein nordirischer Hispanist, eine neue, recht eigenwillige, hinzugefügt. In "Federico García Lorca, Leben hinter Masken" erklärt er das Werk des Dichters vorwiegend aus dessen homosexueller Veranlagung. Doch vielleicht gilt auch hier, was Octavio Paz in einem Essay über García Lorcas Zeit- und Weggenossen Cernuda schreibt: "Man kann sein Werk nicht ganz verstehen, wenn man über seine Homosexualität hinwegsieht; ebenso falsch wäre es allerdings, wenn man seine Werke auf diese Veranlagung oder erotische Entscheidung reduziert" (F.A.Z. vom 20. Juli).

Daß García Lorca seine sexuelle Veranlagung nur wenigen guten Freunden offenlegte, führte David Johnston zufolge zu einem Leben ständig hinter Masken, zu Personenaustausch in den Gedichten - etwa zwischen Salvador Dalí und dessen Schwester María - und zu einer aufgezwungenen Form von Unehrlichkeit, von der sich der Dichter erst nach seinem Aufenthalt in New York und Havanna befreit habe. Gewiß, selbst so gute Freunde wie Luis Buñuel wollten die sexuelle Veranlagung oder Entscheidung Lorcas nur verärgert oder widerwillig akzeptieren. Doch übertreibt Johnston, wenn er der gesamten spanischen Gesellschaft im ersten Drittel des zwanzigsten Jahrhunderts einen ausgeprägten Haß auf die Homosexuellen nachsagt. Das Wort "Macho", das - wie er vorwurfsvoll schreibt - "Spanien der Welt vermacht hat", sieht er nur in seiner heutigen negativen Sinngebung. "Macho" bedeutete aber lange Zeit auch, auf das Verhalten des Mannes bezogen: Mut, Stärke und Hilfsbereitschaft gegenüber allen Schwächeren, ob nun Frauen, Kinder oder Männer. Granada, die Heimatstadt des Dichters, war damals eine eher konservative Stadt, aber sicher kein "Netz engstirniger bürgerlicher Intoleranz". 1936 wurde in Granada Lorcas Schwager, der demokratische Sozialist Fernández Montesinos, zum Bürgermeister gewählt und nach Francos Aufstand dann wenige Tage vor dem Dichter von den rechtsextremen Militärs erschossen.

Die Familie García Lorcas - seine Geschwister und seine Neffen - wollten, daß wenig über die Homosexualität des Dichters nach dessen Tod gesprochen würde. Sie hatten dafür einen wichtigen Grund, den der Biograph Johnston wohl nicht kennt, jedenfalls nicht erwähnt. In den sechziger Jahren wurde von einigen, dem Franco-Regime nahestehenden Zeitungen eine Verleumdungskampagne über den Tod Lorcas gestartet. Diese stützte sich auf ein unter dem Pseudonym Schonberg im Pariser "Le Figaro" veröffentlichtes Pamphlet. Danach hätten nicht die Todeskommandos Francos den Dichter ermordet; vielmehr sei sein Tod eine Abrechnung unter rivalisierenden Gruppen Homosexueller gewesen; oder auch Rache eines verschmähten Liebhabers. Für diese, vom offiziellen damaligen Spanien geförderten Gerüchte gab es keinerlei Beweise, nicht einmal Hinweise. Die Kampagne fand schnell mutige Zurückweisung auch von Spaniern, die im Bürgerkrieg auf der Seite Francos gestanden hatten, wie Dionisio Ridruejo und Luis Rosales. Johnstons Meinung, nur aus Heuchelei oder Homosexuellenfeindschaft sei die Zurückhaltung von Lorcas Verwandten und Freunden zu verstehen, ist überaus leichtfertig.

Die krassen Gegensätze zwischen dem Dichter García Lorca und den meisten anderen Spaniern seiner Zeit haben so, wie sie Johnston ausmalt, nicht existiert. Es gab in den zwanziger und dreißiger Jahren ein tolerantes, sehr liberales Spanien. Gerade die Madrider "Residencia de Estudiantes", wo Buñuel, Dalí und Lorca wohnten, war eine Heimstätte dieses liberalen, politisch wie künstlerisch progressiven Spaniens.

Die ständige Konfrontation Lorcas mit der Gesellschaft ist häufig für Johnston das wichtigste Argument seiner Interpretationen, so auch der "Zigeunerromanzen", deren sehr differenzierte Aussagen so nicht alle erfaßt werden. Die große Originalität der Bilder und Metaphern in diesem Buch werden zu häufig mit Lorcas "Masken", seiner Homosexualität, erklärt. Fast überall, selbst in den vielbewunderten surrealistischen Metaphern sieht Johnston "eine erkennbare homosexuelle Kultur und einen erkennbaren homosexuellen Diskurs".

Recht hat Johnston freilich, wenn er García Lorca vor dem Vorwurf verteidigt, volkstümelnd zu schreiben. Die deutschsprachigen Leser mußten sich viele Jahre hindurch mit Übersetzungen zufriedengeben, welche die harte, präzise und oft direkte Sprache des spanischen Dichters im Sinne einer neoromantischen Lyrik idyllisierte und sie auch mit manchmal abgebrauchten volkstümlichen deutschen Ausdrücken belastet. Die neuen Übersetzungen aus den letzten Jahren sind dieser Gefahr ausgewichen.

Die beste Lorca-Biographie bleibt aber weiterhin das umfangreiche Buch von Ian Gibson, das in Deutschland bei Suhrkamp verlegt wurde. Zur Ermordung Lorcas resümiert Johnston lediglich die bisher bekannten Forschungsergebnisse und stützt sich vernünftigerweise auf ebendiesen Gibson, der für sein früheres Werk über "Lorcas Tod" von 1971 eine bewundernswerte Feldforschung betrieb und sich in Zeiten, als Recherchen über die Ermordung des Dichters noch lebensgefährlich waren, als Englischlehrer in die Familie des für das Hinrichtungskommando Verantwortlichen, des Oberst Nestares in Víznar, einschlich. Der Name des Ortes Víznar bei Granada wurde von den lokalen Behörden der Diktatur sogar von den Wegweisern gestrichen, nachdem Víznar als Ort des Mordes schon eine traurige Berühmtheit erlangt hatte. (Über die Orte, an denen García Lorca und seine Leidensgenossen - zwei Hilfstoreros und ein Dorfschullehrer - erschossen und begraben wurden und die Hütte "La Colonia", wo der Dichter seine letzten Stunden verbrachte, wurde seinerzeit in dieser Zeitung übrigens zuerst berichtet.) Bei aller Kritik an Johnstons einseitigem Werk gebührt der Übersetzerin Alice Jakubit allerdings ein Sonderlob: Sie kennt sich auch im Spanischen und im Spanien der damaligen Zeit, ebenso wie in den deutschen Lorca-Editionen aus.

WALTER HAUBRICH.

David Johnston: "Federico García Lorca, Leben hinter Masken". Biographie. Aus dem Englischen übersetzt von Alice Jakubit. Verlag Artemis und Winkler, Düsseldorf / Zürich 2003. 176 S., 12 Abb., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ziemlich eintönig findet Walter Haubrich diese Lorca-Biografie des nordirischen Hispanisten Davis Johnstons. Darin werde die gesamte Person und das gesamte Werk auf einen einzigen Punkt reduziert: Lorcas Homosexualität. Egal, um welches Werk es geht, um welche Bilder - immer erklärt Johnstons sie als homosexuelle Kultur oder als homosexuellen Diskurs, selbst Lorcas "vielbewunderte surrealistische Metaphern", stöhnt der Rezensent. Übertrieben findet er auch den krassen Gegensatz, den Johnston zwischen dem Dichter und der spanischen Gesellschaft ausmalt, die angeblich in Gänze von einem ausgeprägten, machistischen Hass auf Schwule geprägt gewesen sein soll. Die Ermordung Lorcas durch franquistische Handlanger im Blick, besteht Haubrich doch darauf, dass es in den zwanziger und dreißiger Jahren sehr wohl auch ein liberales Spanien gab. Ausnehmen von seiner Kritik will der Rezensent ausdrücklich die Übersetzerin Alice Jakubeit, die sich seiner Einschätzung nach gleichermaßen gut im Spanischen, in Spanien und in deutschen Lorca-Editionen auskennt.

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