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Anzukündigen ist die Erstveröffentlichung zweier Texte von Max Frisch:
1981, das Jahr seines siebzigsten Geburtstags, war für Max Frisch biographisch wie literarisch ein ereignisreiches Jahr: Nach der Scheidung von seiner zweiten Frau Marianne lebt er nun in New York - gemeinsam mit Alice Locke-Carey, Frisch-Lesern bekannt als"Lynn"aus der 1975 erschienenen Erzählung Montauk. In Zürich wird an der ETH das Max Frisch-Archiv eingerichtet, und im Sommer und Herbst dieses Jahres entsteht die Erzählung Blaubart. Zur gleichen Zeit schreibt Frisch zwei Vorlesungen, die er Anfang November 1981 in…mehr

Produktbeschreibung
Anzukündigen ist die Erstveröffentlichung zweier Texte von Max Frisch:

1981, das Jahr seines siebzigsten Geburtstags, war für Max Frisch biographisch wie literarisch ein ereignisreiches Jahr: Nach der Scheidung von seiner zweiten Frau Marianne lebt er nun in New York - gemeinsam mit Alice Locke-Carey, Frisch-Lesern bekannt als"Lynn"aus der 1975 erschienenen Erzählung Montauk. In Zürich wird an der ETH das Max Frisch-Archiv eingerichtet, und im Sommer und Herbst dieses Jahres entsteht die Erzählung Blaubart. Zur gleichen Zeit schreibt Frisch zwei Vorlesungen, die er Anfang November 1981 in englischer Sprache am City College of New York hält. Beide Vorträge sind eine Reise durchs Werk und zugleich Instrument der Selbstbefragung und -erforschung: Welchen Impulsen folgt der Drang zu schreiben? Was vermag Literatur? Und zu welchem Zweck?

Max Frischs Vorlesungen sind ein Manifest: ein Bekenntnis zur Poesie, die sich nicht abfindet mit dem Machbaren, die nicht lassen kann"von der Trauer, daß das Menschsein auf dieser Erde nicht anders ist". Unter dem Titel Schwarzes Quadrat erscheinen sie jetzt erstmals in deutscher Sprache.
Autorenporträt
Max Frisch, geboren am 15. Mai 1911 in Zürich, arbeitete zunächst als Journalist, später als Architekt, bis ihm mit seinem Roman Stiller (1954) der Durchbruch als Schriftsteller gelang. Es folgten die Romane Homo faber (1957) und Mein Name sei Gantenbein (1964) sowie Erzählungen, Tagebücher, Theaterstücke, Hörspiele und Essays. Frisch starb am 4. April 1991 in Zürich. Peter Bichsel wurde am 24. März 1935 in Luzern geboren und wuchs als Sohn eines Handwerkers ab 1941 in Olten auf. Am Lehrerseminar in Solothurn ließ er sich zum Primarlehrer ausbilden. 1956 heiratete er die Schauspielerin Therese Spörri (¿ 2005). Er ist Vater einer Tochter und eines Sohnes. Bis 1968 (und ein letztes Mal 1973) arbeitete er als Primarlehrer. 1964 wurde er mit seinen Kurzgeschichten in Eigentlich möchte Frau Blum den Milchmann kennenlernen auf einen Schlag bekannt; die Gruppe 47 nahm ihn begeistert auf und verlieh ihm 1965 ihren Literaturpreis. Zwischen 1974 und 1981 war er als persönlicher Berater für Bundesrat Willi Ritschard tätig, mit dem er befreundet war. Mit dem Schriftsteller Max Frisch war er bis zu dessen Tod 1991 eng befreundet. Er ist seit 1985 Mitglied der Akademie der Künste in Berlin und korrespondierendes Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt. Bichsel lebt in Bellach bei Solothurn.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.05.2009

Ich probiere Geschichten an
Ein Bankier zum Beispiel hat keinerlei Appelle nötig: Max Frischs New Yorker Poetikvorlesungen denken über die Wirkung von Literatur nach

Was bleibt vom Rang eines Textes, wenn sein Repräsentant von der Bildfläche verschwunden ist? Die beiden unter dem Titel "Schwarzes Quadrat" erschienenen Vorlesungen aus dem Jahr 1981 von Max Frisch legen die Frage nahe. Der Schweizer Schriftsteller hielt die Referate, die sich mit seinem Verhältnis zur Sprache und dem politischen Einfluss der Literatur beschäftigen, vor Studenten des New Yorker City College, kurz nachdem er von Berlin in die amerikanische Metropole gezogen war. Das deutsche Typoskript lagerte im Zürcher Max-Frisch-Archiv. Der Autor hatte die Vorlesungen übersetzen lassen und hielt sie auf Englisch. Der Genter Germanist Daniel de Vin hat die poetologischen Reflexionen jetzt in einem schmalen Bändchen herausgebracht.

Max Frisch war eine zentrale Projektionsfigur des Zeitgeistes, seine Literatur sog wie ein Schwamm die gesellschaftlichen Verwerfungen der Nachkriegsjahre auf, deren Zeuge und Bürge er war. Genau das macht sie anfällig für ein Verfallsdatum. Wer mit dem rezeptionsgewohnten Ohr des einundzwanzigsten Jahrhunderts hinhört, konstatiert eine gewisse Entzauberung. Abstrahiert man von der imposanten Aura des Autors, von seinen legendären Auftritten auch, die eine Magie ausübten, verblasst die Dringlichkeit mancher Erkundungen. Er habe keine Theorie und kein Rezept des Romans, hebt er an. Am Schreiben interessiere ihn die Konfrontation mit der Sprache. Wo Schreiben nicht zur Selbsterfahrung führe, entstehe keine Literatur. Er probiere, zitiert er einen Schlüsselsatz aus dem Roman "Stiller", Geschichten an wie Kleider. Eine Sprache für die Wirklichkeit besitze er nicht. Schreiben sei Notwehr gegen die Erfahrung der Ohnmacht, etwa beim Anblick der zerstörten Städte nach 1946.

Gewiss, interessante Bemerkungen, die als prinzipielle Überlegungen allerdings doch etwas kurzatmig wirken. Wer heute diese "Geständnisse" liest, ist überrascht von ihrem pathetischen Grundton und der verblassten Brisanz der Ergebnisse: Wurde nicht etwa die Theorie von der Wichtigkeit des Weißen zwischen den Wörtern, dem Verhältnis des Dichters zum Unsagbaren und dem Umschreiben des Eigentlichen in den letzten Jahren von unzähligen Autoren vor und zurück buchstabiert?

In seiner zweiten Vorlesung zeigt sich Frisch ganz als die politische Instanz, als die er sich in der damaligen Schweiz etablierte. Er bekennt sich zur Tradition der engagierten Literatur, die aufklärerisch wirken will und an die bewusstseinsverändernde Kraft des Wortes glaubt - nicht aber, ohne im gleichen Zug die eigene Position zu konterkarieren. Öffentliche Appelle seien gleichzeitig Eingeständnisse der Wirkungslosigkeit von Literatur; ein Bankier zum Beispiel mache keine Appelle. Ein politisches Bewusstsein verhindere noch keinen Krieg. Trotzdem dröselt Max Frisch die Frage auf, was denn Literatur vermöge. Seine rhetorischen Abschweifungen über die "Herrschaftssprache" sind so wahr wie wenig überraschend. Aus der Distanz der Zeit fällt allerdings Frischs ausgeprägter Instinkt für aktuelle Streitfragen auf und seine Fähigkeit, diese in knackigen Formulierungen unterzubringen. Das erklärt teilweise seine Wirkung als politischer Vordenker, entlarvt andererseits auch ein agiles Surfen auf der Oberfläche.

"Utopie" heißt Frischs Zauberwort im Kampf gegen die verbarrikadierten Verhältnisse, und dieser Begriff ist im Titel der Vorlesung verborgen: "Das schwarze Quadrat", ein Bild des russischen Avantgardisten Malewitsch, demonstriere durch seine vermeintliche Sinnlosigkeit beinahe körperlich die Irritation, die der Dichter erzeugen müsse: Ein Signal, dass es "noch etwas anderes gibt", ein schwarzer Fleck als "Gegen-Position". Frisch deklariert die Poesie als wirkungsvollstes Gegengift zur Macht.

PIA REINACHER

Max Frisch: "Schwarzes Quadrat". Zwei Poetikvorlesungen. Hrsg. von Daniel de Vin unter Mitarbeit von Walter Obschlager. Mit einem Nachwort von Peter Bichsel. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2008. 93 S., geb., 14,80 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Fast wie vom Blitz getroffen beschreibt Rezensentin Beatrice von Matt ihre Wiederbegegnung mit Max Frisch in diesen New Yorker Poetik-Vorlesungen des vor achtzehn Jahren verstorbenen Schriftstellers, diesem "großen Poeten", dessen Wiederentdeckung längst fällig sei: Denn da sei sie wieder, diese "scharfe Diktion", die ihr seit "Montauk" und "Blaubart" weder aus dem Kopf noch aus dem Ohr gegangen sei. Jenes "schneidende Denken", das Abrechnen, "vor allem mit sich selbst". Aber auch Frischs "bewegende Verteidigung der poetischen Existenz" als einer "fragilen und gefährdeten Verfassung" begeistert die Rezensentin, die bei der Lektüre dieser, nun erstmals auf Deutsch (also im Original) erschienenen Vorlesungen Frischs am New Yorker City College von 1981 ständig den Eindruck hat, als spreche Frisch "aus dem Grab", mische sich ein, und zwar "nicht bloss in subtilen Bildern und Zeichen, sondern lautstark, mit wuchtigen Parolen" für die Autonomie der Kunst und gegen ihre Funktionalisierung. Auch Peter Bichsels Erörterungen über Frischs Beziehung zu New York im Nachwort lobt die Rezensentin als "scharfsinnig und einfühlsam".

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