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Was bedeuten Barong-Figuren der Ethnologie? Warum wurden sie immer wieder neu und anders interpretiert? Volker Gottowik untersucht die wissenschaftstheoretischen Prämissen und zeitgeschichtlichen Ereignisse, die sich in diesen Interpretationen spiegeln. Und warum bestimmte Barong-Figuren ganz aus dem ethnographischen Diskurs ausgeklammert wurden.
Zum Beispiel die schöne weiße Frau an der Seite eines schwarzen wilden Mannes (Barong Landung), die den Balinesen zufolge eine Chinesin repräsentiert. Doch wie gelangt diese fremde Frau in das Zentrum hindu-balinesischer Rituale? Und was geben sich
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Produktbeschreibung
Was bedeuten Barong-Figuren der Ethnologie? Warum wurden sie immer wieder neu und anders interpretiert? Volker Gottowik untersucht die wissenschaftstheoretischen Prämissen und zeitgeschichtlichen Ereignisse, die sich in diesen Interpretationen spiegeln. Und warum bestimmte Barong-Figuren ganz aus dem ethnographischen Diskurs ausgeklammert wurden.

Zum Beispiel die schöne weiße Frau an der Seite eines schwarzen wilden Mannes (Barong Landung), die den Balinesen zufolge eine Chinesin repräsentiert. Doch wie gelangt diese fremde Frau in das Zentrum hindu-balinesischer Rituale? Und was geben sich die Balinesen zu verstehen, wenn sie sie auf der Straße tanzen und singen lassen? Welche symbolischen Aussagen über 'das Fremde der eigenen Kultur' und damit über interethnische Beziehungen getroffen werden, zeigt dieses Buch beispielhaft auf
Autorenporträt
Volker Gottowik, Dr. phil. habil., ist Ethnologe und Privatdozent an der Universität Frankfurt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.02.2006

Den Masken vergeht das Lachen nicht

Die indonesische Wirtschaftskrise vom Herbst 1997 erschütterte auch Bali. Als Sündenböcke galten Angehörige der chinesischen Minderheit, die als Geschäftselite in den städtischen Zentren Einzelhandel betrieben. Sie wurden Ziel von Pogromen und Plünderungen. Dabei heißt es, die Insel der Tempel und Götter sei gegenüber anderen Glaubens- und Lebensformen tolerant. Volker Gottowik zeigt, wie die kulturell vielfältige Gesellschaft auf Bali mit Hilfe von Sakralfiguren symbolisch ausgedrückt, rituell eingespielt und normativ verankert wird.

Im Zentrum steht mit "Barong Landung" ein indo-chinesisches Figurenpaar (es ist oben zu sehen), auf das Ursprungsmythen der balinesischen Kultur rekurrieren. Die Figuren in Gestalt eines schwarzen wilden Mannes und einer schönen Frau mit weißem Teint gehören zu den volksreligiösen Praktiken. Ihre Masken zeigen einen grimmig blickenden Hindu indischer oder balinesischer Herkunft und eine milde lächelnde Chinesin buddhistischen Glaubens. Die zweieinhalb Meter hohen, von zwei Männern animierten Figuren ziehen anläßlich des Galungan-Neujahrsfestes während einer "aktiven Phase" von 42 Tagen oder in Krisensituationen, wenn zum Beispiel Epidemien ausgebrochen sind, tanzend, singend in sinnesfrohen Prozessionen durch die Straßen oder ans Meer. Augenfällig ist die Indifferenz der rituellen Akteure der Barong-Umzüge gegenüber der Exegese ihres Tuns.

Äußerst widersprüchlich sind die einheimischen Erzählungen. Dort tauchen als historische Vorbilder ein balinesischer Raja namens Sri Jaya Pangus auf, der im zwölften Jahrhundert regierte, und seine chinesische Ehefrau Kang Cing Wi, die in den Chroniken nicht nachgewiesen ist. Die Legenden berichten von Heirat, Kinderlosigkeit und, daraus folgend, Ehebruch, vom Eingreifen der Götter, die entweder die heimliche Wiederheirat des Mannes oder die Eifersucht der Chinesin bestrafen, vom gemeinsamen Flammentod und der Unsterblichkeit des ungleichen Paares.

Die balinesischen Eliten oder Ethnien interpretieren Traditionen interessengebunden. Im Ringen um die Bedeutungshoheit werden die integrative oder tragische Symbolik der Sakralfiguren hervorgehoben. Während die Südbalinesen die chinesische Minderheit auf Bali tolerieren, leitet das Volk der Bali Aga im zentralen Bergland aus den Mythen ein Heiratsverbot zwischen Chinesen und Balinesen ab. Ethnische Chinesen betonen die historische Rolle Kang Cing Wis als Kulturbringerin, die nach ihren Versionen chinesische Tempel errichten und chinesische Münzen einführen ließ. Das schwarzweiße Sakralfigurenpaar wird als ein Modell für oder als eine Warnung vor einer kulturell nicht homogenen Beziehung verstanden.

Der Autor unterstreicht die Wechselbeziehung zwischen sozialer Realität und ritueller Inszenierung: Auf Bali werde im Medium der Maskerade die Frage nach dem anderen in der eigenen Kultur als "zeitentbundene Fragestellung periodisch aufgegriffen und vor dem Hintergrund zeitnaher Erfahrungen kollektiv überdacht".

STEFFEN GNAM.

Volker Gottowik: "Die Erfindung des Barong". Mythos, Ritual und Alterität auf Bali. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2005. 531 S., 32 Farb- u. S/W-Abb., br., 49,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Interessiert berichtet Steffen Gnam von seiner Lektüre dieser Studie, in der sich Volker Gottowik Balis Kultur mit dem sakralen Figurenpaar "Barong Landung" beschäftigt. Die Figuren, berichtet Gnam, haben die Gestalt eines "schwarzen wilden Mannes und einer schönen Frau mit weißem Teint". Etliche Mythen des ethnisch vielfältigen Balis kreisen um die beide, in zahllosen bunten Prozessionen werden sie verehrt. Aber der Witz sei, erklärt Gnam, je nachdem wie es den herrschenden Eliten genehm sei, werden sie als Modell oder als Warnung vor gemischten Ehen angesehen. Der Rezensent enthält sich eines explizites Urteils, er erhebt aber auch keine Einwände.

© Perlentaucher Medien GmbH