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Eine dramatische Geschichte vom Widerstand gegen Mauern, von der Gewalt des Wandels, von mutigen Männern und Frauen und vom Glück der Geschichte, das ausnahmsweise mit den Schwachen war.
Die friedliche Revolution 1988 bis 1990 und die Wiedervereinigung sind einzigartig ebenso unwahrscheinlich in ihrem Verlauf wie in der Schnelligkeit und Wucht, mit der sie die Richtung der Weltgeschichte änderten. Zwanzig Jahre später unternimmt es Ehrhart Neubert zum ersten Mal, eine Gesamtdarstellung zu schreiben. Als Mit-handelnder am Runden Tisch damals und Wissenschaftler heute vermag er das…mehr

Produktbeschreibung
Eine dramatische Geschichte vom Widerstand gegen Mauern, von der Gewalt des Wandels, von mutigen Männern und Frauen und vom Glück der Geschichte, das ausnahmsweise mit den Schwachen war.
Die friedliche Revolution 1988 bis 1990 und die Wiedervereinigung sind einzigartig ebenso unwahrscheinlich in ihrem Verlauf wie in der Schnelligkeit und Wucht, mit der sie die Richtung der Weltgeschichte änderten. Zwanzig Jahre später unternimmt es Ehrhart Neubert zum ersten Mal, eine Gesamtdarstellung zu schreiben. Als Mit-handelnder am Runden Tisch damals und Wissenschaftler heute vermag er das vielschichtige Geschehen nicht nur aus erster Hand zu erzählen, sondern es auch zu deuten und zu strukturieren. So kann er zeigen, wie der eine historische Augenblick möglich wurde, in dem sich die deutsche Revolution von unten entfalten, eine buchstäblich betonierte Herrschaft stürzen und die Weltpolitik verändern konnte.
Autorenporträt
Ehrhart Neubert ist Fachbereichsleiter bei der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Abteilung Bildung und Forschung.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.10.2008

Die letzten Tage der DDR
Der Umbruch der Jahre 1989/90 aus der Sicht eines konservativen Bürgerrechtlers
Der Theologe Ehrhart Neubert wählte für die erste Gesamtdarstellung des
Umbruchs der Jahre 1989/90 mit einigem Recht den Titel „Unsere Revolution”, denn er war als Bürgerrechtler
direkt daran beteiligt. Gleichzeitig muss auch Neubert einräumen, dass „unsere Revolution” maßgeblich von außen getragen und angestoßen wurde: durch
Michail Gorbatschows Reformversuche in der Sowjetunion ebenso wie durch die faktische Aufgabe der Breschnew-
Doktrin. Entscheidend für den Durchbruch wurde jedoch, dass die Behörden auf Botschaftsbesetzungen in Ostberlin, Warschau, Prag und Budapest durch
ostdeutsche Flüchtlinge mit Straffreiheit reagierten. Als schließlich die ungarische Regierung am 11. September die Grenzen öffnete, flohen in wenigen Tagen 20 000 Ostdeutsche in den Westen. Die DDR-Regierung bezichtigte die BRD-Regierung ebenso vergeblich der Unterwanderung wie die Budapester Regierung des Verrats. In der deutschen
Botschaft in Prag wuchs die Zahl der Flüchtlinge innerhalb einer Woche von 600 auf 5000.
Der Damm war gebrochen. Das SED-Regime stand, unmittelbar vor dem 40. Jahrestag der Gründung der DDR, mit dem Rücken zur Wand. Die oppositionellen Bewegungen („Neues Forum”, „Demokratie jetzt”, „Vereinigte Linke” und „Demokratischer Aufbruch”) wuchsen so schnell, dass das „Ministerium für Staatssicherheit” (MfS) zuerst die Übersicht, dann die Kontrolle und schließlich die Möglichkeit, repressiv einzugreifen, schlicht verlor. Die Resonanz im Westen auf die oppositionelle Gründungswelle war bescheiden. Alle neuen Organisationen, die Neubert kenntnisreich beschreibt, beharrten „auf einem sozialistischen Charakter der anzustrebenden demokratischen Gesellschaftsverfassung”. Das änderte sich bald, denn in der Kirche, aus der die meisten Oppositionellen stammten, zeichneten sich Spannungen ab zwischen mehr oder weniger staatsloyalen Kirchenvertretern und jenen, die sich offen gegen das SED-Regime stellten und Parteien- und Medienvielfalt sowie Reisefreiheit forderten. Unruhe erfasste auch die Blockparteien.
Zum Motor der Bewegung wurden die Friedensgebete in Leipzig, aus denen sich im Laufe des Septembers die Montagsdemonstrationen mit immer mehr Teilnehmern entwickelten. In der ersten Oktoberwoche hatte sich die Bewegung bereits landesweit so ausgebreitet, dass sie trotz massiver Polizeieinsätze nicht mehr zu bremsen war. Zur Montagsdemonstration vom 9. Oktober kamen 70 000 Menschen, denen gegenüber die Sicherheitskräfte ohnmächtig zusehen mussten, um so mehr als das BRD-Fernsehen nun live dabei war. „Die SED-Führung hatte (. . .) eine schwere Schlappe einstecken müssen”, stellt Neubert fest. Allein im Oktober kam es zu 330 Demonstrationen; in der letzten Oktoberwoche mit insgesamt 540 000 Menschen. Spätestens nach der Großdemonstration vom 4. November in Berlin, auf der die Sprecher des Regimes (Markus Wolf und Günther Schabowski) gnadenlos ausgepfiffen wurden, wankte das Regime. Fünf Tage später war es mit der Maueröffnung am Ende. Neubert beschreibt die darauf folgende Phase der „Rekonstruktion der Gesellschaft”, die Entstehung von zahlreichen Bürgerinitiativen, Umweltgruppen und die Arbeit der Runden Tische auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene umsichtig, sachkundig und zurückhaltend in der Wertung. Neuberts Ton ändert sich jedoch bei der Darstellung der Zeit ab Januar 1990, als „Bonn” und die westlichen Parteien das Heft in die Hand nahmen. Die Sympathie des CDU-Mitglieds steht einseitig auf der Seite der auf Tempo bedachten Vereinigungspolitik.
Selbst die Währungsunion, die unter Fachleuten bis heute umstritten ist, wird für den Autor zu einem Teil der „Revolution”, während er Demokratisierungskonzepte, die Sozialcharta oder die Arbeit an einer neuen Verfassung als „maximalistisch” abwertet. Alternativen zum vereinigungspolitischen Kurs Helmut Kohls erscheinen in dieser Perspektive als „unrealistisch” oder „utopistisch”. Neuberts kritische Darstellung kippt ins Apologetische, wenn er unterstellt, dem geschichtlichen Prozess sei von vornherein das Ziel eingeschrieben gewesen, mit dem das Buch endet: „Deutschland”. Was zu den Folgen und Nebenwirkungen der Vereinigungspolitik gehört, beachtet Neubert so wenig wie die Einschätzung Lothar de Maizières, „dass wir nur geduldet wurden, bis die Westdeutschen alles übernehmen konnten”.
Trotz einiger Einwände verdient das Buch Beachtung, denn es beruht auf einer breiten Basis von MfS-Akten, Archivalien der Bürgerbewegungen, der Kirchen sowie einzelner Aktivisten und Tagebüchern. RUDOLF WALTHER
Ehrhart Neubert
Unsere Revolution. Die
Geschichte der Jahre 1989/1990
Piper Verlag, München 2008.
520 Seiten, 24,90 Euro.
Als die Mauer fiel: Westberliner sehen am 11. November 1989 zu, wie DDR-Grenzsoldaten eine Lücke in den „antifaschistischen Schutzwall” (kommunistische Propaganda) reißen. Doch bald wird die ganze Mauer geschleift. Foto: AFP
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.07.2009

Revolution aller Deutschen
Ehrhart Neubert schildert als Zeithistoriker und Zeitzeuge den Weg in die Einheit 1989/90

Zeitzeugen und Zeithistoriker haben oft nicht das beste Verhältnis. Meist trifft das mokante Wortspiel zu: "Der größte Feind des Zeithistorikers ist der Zeitzeuge." Tatsächlich sind Aussagen von Zeitzeugen oft von hoher Subjektivität geprägt, daher fehlt es nicht selten an notwendiger (wissenschaftlicher) Distanz zu den miterlebten Ereignissen. Der historiographische Wert von Zeitzeugenaussagen liegt deshalb eher im Atmosphärischen als in der Analyse. Wenn ein maßgebliches Mitglied der DDR-Opposition daher ein umfangreiches Buch über die Geschichte der Jahre 1989/90 - noch dazu mit dem Titel "Unsere Revolution" - verfasst, steigt die Skepsis, ob es sich nicht um eine Darstellung handelt, die stark subjektiv geprägt ist und der es zugleich an wissenschaftlicher Distanz mangelt.

Doch das ist bei dem vorliegenden Werk nicht der Fall. Vielmehr ist Ehrhart Neubert, der 1989 Mitglied des Initiativkreises zur Gründung des Demokratischen Aufbruchs wurde und während der Friedlichen Revolution in der DDR zu den führenden Bürgerrechtlern gehörte, eine durchweg distanzierte, kühl abwägende und daher ausgewogene Darstellung der "Wende" gelungen, die sich in manchen Abschnitten wie ein Krimi liest. Sein Werk wird auch deshalb auf die richtige Spur gelegt, als Markus Meckel und Rainer Eppelmann, selbst herausragende Protagonisten der Opposition in der DDR, im gemeinsamen Vorwort klar zum Ausdruck bringen, dass es zwar die Menschen in Ostdeutschland waren, welche die SED-Diktatur zu Fall brachten, dass ihre Revolution aber zur Revolution aller Deutschen wurde, weil sie zur Einheit Deutschlands führte. Damit wurde die Friedliche Revolution in der DDR zugleich zur erfolgreichsten Revolution in der deutschen Geschichte, vergleicht man sie mit 1848/49 und/oder 1918/19. Leider ist diese historische Tatsache noch immer nicht zum Allgemeingut unserer Erinnerungskultur geworden.

Neuberts Darstellung basiert auf einem enormen Quellenfundus und umfassender Literaturkenntnis. Zum einen konnte der Autor auf ein umfangreiches Privatarchiv zurückgreifen, zum anderen ließ ihn seine achtjährige Tätigkeit als Fachbereichsleiter der Abteilung Bildung und Forschung bei der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen mit den Akten des MfS und der Forschungsliteratur bestens vertraut werden.

Sein Werk ist auf die Erringung der Macht fokussiert, namentlich die gegen hinhaltenden und nicht zuletzt hinterhältigen Widerstand schrittweise eroberte Macht durch die Oppositionsgruppen und Demonstranten, die der Monopolpartei SED abgerungen werden musste - Schritt für Schritt und keineswegs ohne Rückschläge. Der eigentliche Kern des Revolutionsgeschehens, ja, ihr Symbol besteht für ihn in der "Selbstermächtigung der Gesellschaft", die auf eine "Neugründung der Freiheit" abzielte. Zu Recht betont Neubert dabei, dass der Begriff "Friedliche Revolution" eine zu glatte, dem eigentlichen historischen Verlauf nicht immer entsprechende Chiffre darstellt: Tatsächlich verlief sie bis zum 9. Oktober 1989 nicht friedlich, vor allem nicht seitens der herrschenden SED und ihrer Machtapparate MfS, Volkspolizei und NVA. Erst danach setzte sich die neben: "Wir sind ein Volk!" wichtigste Parole wirklich durch: "Keine Gewalt!".

Mit der schrittweisen Eroberung der Macht gewann "das Volk" indes nicht nur seine Freiheit, sondern auch seine Sprache zurück. Nicht zuletzt manifestierte sich die Revolution auch im Kampf um die richtige Bedeutung der Wörter. Mit dem Zurückdrängen ideologischer Phrasen - und zwar der von der SED unablässig gebrauchten "Lügenworte" - ging eine "Sprachrevolte" einher. Darauf macht Neubert wiederholt und mit großer sprachlicher Sensibilität aufmerksam. Die Wörter gewannen ihre eigentliche, "wahre", semantische Bedeutung zurück und verdrängten die politisch-ideologisch verbrämten Leerformeln. Bis dahin hatte die gesamte öffentliche Sprache der Herrschenden die Bevölkerung jahrzehntelang "genervt".

In der detaillierten Darstellung des revolutionären Geschehens wird deutlich, dass die Unzufriedenheit der Gesellschaft 1988 ein kritisches Niveau erreicht hatte. Nur in den Kirchen, der einzig verbliebenen nichtstaatlichen Institution, war noch "Öffentlichkeit", das heißt die demokratische Artikulation unterschiedlicher Meinungen, möglich. Gleichwohl waren die Kirchenleitungen immer besorgt, das in ihren Mauern anwachsende Protestpotential könne zu revolutionären Handlungen führen.

Dass die SED-Diktatur nicht mehr allmächtig war, zeigte sich erstmals, als Mahnwachen die bereits vom MfS verhafteten und inhaftierten Mitarbeiter der Umweltbibliothek der Berliner Zionskirche Ende November 1988 wieder frei bekamen. Erstmals landesweit durchgeführte Kontrollen der sogenannten "Volkswahlen" vom 7. Mai 1989 durch oppositionelle Bürger ließen ein zweites Mal Risse im SED-Regime deutlich werden. Doch es begann unübersehbar zu wanken, als Ungarn ab Mai 1989 schrittweise seine Grenze öffnete und schließlich ab dem 11. September Zehntausende von DDR-Flüchtlingen über Österreich in die Bundesrepublik einreisten. Von diesem Zeitpunkt an war der Staat der SED international diskreditiert, schließlich liefen ihm seine "Bürger" in Scharen weg.

Jetzt kam die Stunde der oppositionellen Gruppen, die zum Sprachrohr der bis dahin noch immer schweigenden Bevölkerung wurden, und forderten Freiheit, Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit und demokratische Veränderungen in Gesellschaft und Wirtschaft ein. Insbesondere in Leipzig spitzte sich die Situation durch die dort seit Jahren stattfindenden Friedensgebete zu. Die schiere Masse der Demonstranten von 70 000 Menschen am 9. Oktober 1990 zwang die bereitstehenden "Sicherheitsorgane" dazu, nicht (mehr) einzugreifen - es war der entscheidende Nackenschlag für das SED-Regime. Was für ein grandioser Fehler, statt dem 9. Oktober den 3. Oktober zum Einheitsfeiertag gemacht zu haben!

Neubert schildert alle weiteren Etappen "unserer Revolution", insbesondere den mühseligen Kampf der schrittweisen Niederringung der Partei und ihrer Helfershelfer bis zur Wiedervereinigung, ebenso detailliert wie kompetent. Ihm ist eine schnörkellose, doch zugleich packende Schilderung des wichtigsten Ereignisses unserer jüngsten Geschichte gelungen, der es gleichwohl nicht an profunder Analyse mangelt.

GÜNTHER HEYDEMANN

Ehrhart Neubert: Unsere Revolution. Die Geschichte der Jahre 1989/90. Piper Verlag, München/Zürich 2008. 520 S., 24,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Rezensent Christian Kind findet sehr respektabel, was Ehrhart Neubert zum politischen Ende der DDR zusammengetragen hat. Der Autor, einst selbst aktiver Bürgerrechtler, führt auf eine in Kinds Augen durchaus überzeugende Weise aus, warum dieser politische Umbruch in der DDR den Namen Revolution verdient. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt auf den Anfänge des Aufbegehrens gegen den sozialistischen Staat, wobei Neuberts Innenperspektive zu durchaus interessanten Einblicken führe. An einigen Stellen jedoch ist der Rezensent etwas befremdet, wernn etwa Neubert seine Rollen als Historiker und "als Erzähler aus persönlicher Sicht" nicht klar genug voneinander abgrenzt. Doch unter dem Strich zeigt sich Kind von dieser "umfassenden Gesamtdarstellung" beeindruckt.

© Perlentaucher Medien GmbH