Ausdrucksvoll war er, jung, schlank und hochgewachsen: Gösta Berling sah aus wie ein Pfarrer aus dem Bilderbuch. Leider aber waren seine Gemeindemitglieder eher daran gewöhnt, ihn aus dem Wirtshaus kommen zu sehen, als ihn auf der Kanzel predigen zu hören. Natürlich musste man ihn über kurz oder lang seines Amtes entheben, und nur der Majorin Samzelius war es zu verdanken, daß er die Nacht im Schnee, in den er sich zum Sterben gelegt hatte, überlebte. Sie brachte den reuigen Berling im Kavaliersflügel ihres Gutes unter, zusammen mit einem bunten Haufen, dessen lustvolle Ausschweifungen im ganzen Värmland bekannt wurden und bald ein böses Ende nehmen sollten. In enger Tradition zur nordischen Sagenliteratur begeistert "Die Geschichte von Gösta Berling" bis heute durch ihren faszinierenden Helden und ihre kraftvolle Sprache.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.10.2007Furchtbar schön
Freunde in der Not sind kein Wert an sich: Der versoffene Pfarrer Gösta Berling jedenfalls, dessen Gemeinde ihm den Bischof auf den Hals gehetzt hat und der in seiner Not dann die Predigt seines Lebens hält, hätte wohl einiges darum gegeben, wenn sich sein Saufkumpan Kristian Bergh nicht eingeschaltet und den Bischof so ernsthaft bedroht hätte, dass der dann den frisch rehabilitierten Pfarrer endgültig absetzte. Gösta Berling aber schließt sich flatterhaften Kavalieren an, die in der schwedischen Provinz Värmland in den 1820er Jahren ihr Wesen treiben, erlebt Liebesabenteuer und Spukgeschichten, und all das findet seinen köstlichen Niederschlag in Selma Lagerlöfs geradezu furchteinflößend großem Roman "Gösta Berling", erschienen 1891 - nie wieder ist ihr etwas Ähnliches gelungen. Auf Deutsch hatten wir ihn in einer redlichen, aber allzu lyrischen, gelegentlich sogar leicht parfümierten Fassung. Paul Berfs Neuübersetzung schafft jetzt Abhilfe. (Selma Lagerlöf: "Die Geschichte von Gösta Berling". Aus dem Schwedischen übersetzt von Paul Berf. Piper Verlag, München 2007. 464 S., geb., 22,90 [Euro].) spre
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Freunde in der Not sind kein Wert an sich: Der versoffene Pfarrer Gösta Berling jedenfalls, dessen Gemeinde ihm den Bischof auf den Hals gehetzt hat und der in seiner Not dann die Predigt seines Lebens hält, hätte wohl einiges darum gegeben, wenn sich sein Saufkumpan Kristian Bergh nicht eingeschaltet und den Bischof so ernsthaft bedroht hätte, dass der dann den frisch rehabilitierten Pfarrer endgültig absetzte. Gösta Berling aber schließt sich flatterhaften Kavalieren an, die in der schwedischen Provinz Värmland in den 1820er Jahren ihr Wesen treiben, erlebt Liebesabenteuer und Spukgeschichten, und all das findet seinen köstlichen Niederschlag in Selma Lagerlöfs geradezu furchteinflößend großem Roman "Gösta Berling", erschienen 1891 - nie wieder ist ihr etwas Ähnliches gelungen. Auf Deutsch hatten wir ihn in einer redlichen, aber allzu lyrischen, gelegentlich sogar leicht parfümierten Fassung. Paul Berfs Neuübersetzung schafft jetzt Abhilfe. (Selma Lagerlöf: "Die Geschichte von Gösta Berling". Aus dem Schwedischen übersetzt von Paul Berf. Piper Verlag, München 2007. 464 S., geb., 22,90 [Euro].) spre
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Rezensent Aldo Keel begrüßt Paul Berfs neue Übersetzung von Selma Lagerlöfs "Geschichte von Gösta Berling", die das Werk "neu erstrahlen" lässt. Verdient hat sie der Roman seines Erachtens, denn die nostalgische Rückschau auf die Bauern- und Herrenhofkultur schöpfe aus dem Vollen. Im Mittelpunkt des Werks sieht er die Majorin von Värmland, die dank eines Pakts mit dem Teufel zu unermesslichem Reichtum gekommen ist, diesem dafür aber jedes Jahr eine Seele überlassen muss, die sie aus dem Kreis ihrer Kavaliere rekrutiert. In diesen Kreis nimmt sie eines Tages auch den der Trunksucht verfallenen und daher seines Amts enthobenen, jungen und schönen Ex-Pfarrer Gösta auf. Besonders angetan hat es Keel die sinnliche Sprache der Autorin. Bewunderung äußert er zudem über den Reichtum des Romans an alten Dorfgeschichten, Sagen und Familienerinnerungen, die sich in der Landschaft Värmland mit dem Herrensitz Ekeby abspielen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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