Marktplatzangebote
26 Angebote ab € 1,40 €
  • Gebundenes Buch

Waren die Frauen des Hauses Mann glücklich? Sie waren reich geboren und bald berühmt, Mitglieder einer Familie, die in Deutschland wie eine Dynastie bewundert wurde, und verkehrten international mit den wichtigsten Menschen ihrer Zeit. Dennoch: Keine von ihnen vermochte aus dem Schatten Thomas Manns zu treten. Alle konkurrierten sie um die Anerkennung und Liebe des großen "Zauberers", so unterschiedlich ihre Biographien auch verliefen: Da war Katia, Herrin der Familie und Dienerin ihres Mannes; die "wilde Erika", immer für einen Skandal gut, ob mit ihrem Mann Gustaf Gründgens zusammen oder mit…mehr

Produktbeschreibung
Waren die Frauen des Hauses Mann glücklich? Sie waren reich geboren und bald berühmt, Mitglieder einer Familie, die in Deutschland wie eine Dynastie bewundert wurde, und verkehrten international mit den wichtigsten Menschen ihrer Zeit. Dennoch: Keine von ihnen vermochte aus dem Schatten Thomas Manns zu treten. Alle konkurrierten sie um die Anerkennung und Liebe des großen "Zauberers", so unterschiedlich ihre Biographien auch verliefen: Da war Katia, Herrin der Familie und Dienerin ihres Mannes; die "wilde Erika", immer für einen Skandal gut, ob mit ihrem Mann Gustaf Gründgens zusammen oder mit ihrem Bruder Klaus; Monika, vergebens um Anerkennung bemüht; und Elisabeth, "das Kindchen", die doch die selbständigste von allen war.

Den "Roman einer Familie" erzählt Hildegard Möller aus den Quellen heraus, aus Briefen, Tagebüchern, literarischen Zeugnissen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.10.2004

Trocken hält länger
Etikettenschwindelig: Zwei neue Bücher über die Familie Mann

Adolf Hitler und sein damals sprachmächtigster intellektueller Gegenspieler, der emigrierte Schriftsteller Thomas Mann, erfahren seit einigen Jahren eine Hochkonjunktur. Seit Heinrich Breloers Fernseh-Vierteiler über die Familie Mann mit Begleitbuch und Guido Knoops schwülstig-glatten NS-Dokumentationen mit fiktionalen Einsprengseln, die schließlich in die Serie "Hitlers Frauen", ebenfalls mit einem Begleitband, mündeten - wurden beide zeitgleich zu richtigen Medienlieblingen.

Und es liegt ja auch eine unheimliche Parallelität vor, die schon Thomas Mann in seinem häufig mißverstandenen Essay "Bruder Hitler" erkannte. Dort begriff er den von ihm gehaßten Hitler als gescheiterten Künstlerkollegen. Während dieser vom Versager zum Massenmörder geriet, wurde aus dem traumatisierten Schulversager Thomas Mann einer der größten Romanciers deutscher Sprache im zwanzigsten Jahrhundert. Und denkwürdig bleibt, daß beinahe zeitgleich Traudl Junge, die Sekretärin Hitlers, und Elisabeth Mann-Borgese, die jüngste Tochter Thomas Manns, starben, nachdem sie ihre Geschichte dem Medium des Films vermächtnishaft anvertraut hatten.

Nun erschienen aber "Die Frauen der Familie Mann". Dies Buch Hildegard Möllers ist schon aus einem einzigen Grund bemerkenswert: Der Leser grübelt während der ganzen Lektüre über den völlig rätselhaften Buchtitel. Denn den drei Thomas-Mann-Söhnen wird fast ebensoviel Aufmerksamkeit geschenkt wie den drei Töchtern; Thomas Mann selbst sogar noch mehr als seiner Frau Katia. Die Frauen werden also kaum besonders hervorgehoben.

Wenn aber über die Mutter Thomas Manns, über seine Schwestern und Heinrich Manns Frauen jeweils nur einige belanglose Zeilen geschrieben werden, dann erstaunt der Fachmann, und der Laie wundert sich. Im Jargon der Werbung formuliert: Wo "Die Frauen der Familie Mann" draufsteht, möchte der Leser auch die Frauen der Familie Mann drinhaben, sonst wird ihm ganz etikettenschwindelig. Um nur ein für die Autorin offensichtlich ganz abwegiges Beispiel zu nennen: Über die zweite Frau Heinrich Manns, Nelly, könnte man ein ganzes Buch schreiben. Heinrich Mann hat dies mit dem Roman "Ein ernstes Leben" versucht, desgleichen Joachim Seyppel mit seiner 1975 in der DDR erschienenen Montage "Abschied von Europa". Hier nun kein Wort davon, daß sie beispielsweise 1933 Heinrich Manns Flucht organisierte und ihn später buchstäblich eigenhändig über die Pyrenäen trug. Statt dessen wird wieder einmal kolportiert, daß Thomas Mann sie für "eine schreckliche Trulle" hielt. Den reizbaren und auf nervliche Schonung angewiesenen Schriftsteller mögen Nellys betrunkene und die Konvention sprengende Auftritte belastet haben - einer Familienbiographin steht es aber mitnichten zu, solche spontanen Äußerungen als die ganze Wahrheit über eine Person zu nehmen!

So stoßen wir auf eine weitere Schwäche des Buches: Es wertet allzu biedersinnig nur aus der Perspektive Thomas und Katia Manns. Und kaum erfahren wir mehr als das, was woanders schon gründlicher recherchiert und schöner beschrieben wurde, sei es aus der biographischen oder autobiographischen Literatur. Doch immerhin ist Hildegard Möllers Buch munter zu lesen, allerdings nicht ganz frei von kleinen Banalitäten: "Nach der Rückkehr aus dem Urlaub am 18. Oktober war zu Hause wieder allerlei los." Dieser Satz inspiriert zu einem neuen Titelvorschlag. Statt "Die Frauen der Familie Mann" hätte das Buch besser heißen sollen "Was der Familie von Thomas Mann so alles passiert ist". Aber auch unter diesem Titel müßte man traurig konstatieren, daß die Möllersche Schilderung eines achtköpfigen Familienunternehmens, in dem neben Tragik und Schmerz sowohl freiwillige wie unfreiwillige Komik durchgehend herrschten, humorfrei bleibt.

In sachlicher Hinsicht können wir einzig den siebenseitigen Epilog hervorheben, der hauptsächlich um "den besonders gelungenen Lebensentwurf" Elisabeth Mann-Borgeses kreist. Doch macht sie es jeder Darstellung auch am leichtesten, da sie die letzte Überlebende der Familie war und zumal in Breloers Film ausgiebig zu Wort kam. Aber Hildegard Möllers Buch springt zu spät auf einen fahrenden Zug - siehe oben - und verunglückt mithin schwer. Ob dies nur der Autorin oder auch einer in diesem Falle zu populistischen Verlagspolitik zu verdanken ist, sei dahingestellt.

Verspricht Möllers Titel mehr, als er hält, so liegen die Dinge bei einer ganz anderen Neuerscheinung zur Familie Mann umgekehrt: Die Lektüre von Michael Stübbes "Die Manns. Genealogie einer deutschen Schriftstellerfamilie" verspricht staubtrocken zu werden und berührt dann merkwürdig tief. Dies ist ja auch nicht verwunderlich, machte Thomas Mann doch beim Verfassen seiner "Buddenbrooks" ausgiebig von erhaltenen Familienchroniken und mündlichen Erzählungen Gebrauch. Gerade in jenem Roman machte der Autor von einem Prinzip Gebrauch, das wir sehr frei nach Goethe nennen können: Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es, um daraus einen Roman zu schreiben. Es ist also keineswegs sinnlose Faktenhuberei, wenn Stübbe jeder nur möglichen Verästelung der mecklenburgischen Namensträger nachgeht und übrigens die in der Familie genährte und auch schon veröffentlichte Legende zurückweist, die Manns stammten einem Nürnberger Geschlecht ab.

Vom ersten nachweisbaren Vorfahren, dem 1611 geborenen Kaufmann Johann Mourer Mann zu Parchim bis zu heute noch ganz jungen Enkeln Fridolin Manns, der im "Doktor Faustus" als Vorbild für den früh dahingerafften "Echo" stand, sind alle verfügbaren Vor- und Nachfahren Thomas und Heinrich Manns nicht nur aufgelistet, sondern auch, soweit irgend möglich, mit präzisen Kurzbiographien geschildert - auch die angeheirateten Frauen beziehungsweise Männer. Und wenn die Quellen schweigen, wird dies akribisch verzeichnet. Stübbe zitiert immer dann die "Buddenbrooks", wenn dort ein Vorfahre literarisch traktiert wird, und lädt damit zum Lesen des Werks ein. Dies beglückt schon deswegen, weil es zeigt, daß professionelle Familienforschung über sich hinauszuverweisen vermag. Es ist absehbar, daß, wenn hinkünftig über Thomas und Heinrich Mann lebensgeschichtlich geforscht wird, nur noch vom "Stübbe" als Standardwerk die Rede sein wird. Thomas hätte es wohl als "buchenswert" bezeichnet.

MARTIN THOEMMES.

Hildegard Möller: "Die Frauen der Familie Mann". Piper Verlag, München Zürich 2004. 419 S., Abb., geb., 19,80 [Euro].

Michael Stübbe: "Die Manns". Genealogie einer deutschen Schriftstellerfamilie. Verlag Degener & Co., Neustadt/Aisch, 2004. 112 S., Abb., br., 14,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Etikettenschwindel! Martin Thoemmes hat keine Ahnung, warum Hildegard Möller ihr Buch so genannt hat, wo doch über die Männer der Familie mindestens genauso viel drinsteht wie über die Frauen. Und wenn es mal um die Gattinnen und Schwestern geht, ist es Thoemmes zufolge oft banal. Dabei könnte man doch allein über Nelly, Heinrich Manns zweiter Frau, die ihn bei der Flucht "eigenhändig über die Pyrenäen trug", ganze Romane verfassen! Doch was macht die Autorin: schreibt, dass Thomas Mann sie nicht ausstehen konnte, und das war's dann. Überhaupt folge die Darstellung meistens der Perspektive von Thomas und Katia, schimpft Thoemmes weiter und schlägt einen alternativen Titel vor: "Was der Familie von Thomas Mann so alles passiert ist". Damit wäre das Buch dann zwar treffender bezeichnet, aber immer noch unoriginell, humorlos und frei von neuen Erkenntnissen oder Materialien.

© Perlentaucher Medien GmbH