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Herausgegeben im Auftrag des Auswärtigen Amts vom Institut für Zeitgeschichte. Hauptherausgeber: Horst Möller, Mitherausgeber: Klaus Hildebrand, Gregor Schöllgen Wissenschaftliche Leiterin: Ilse Dorothee Pautsch 1976 war der Scheitelpunkt der Entspannungsära überschritten. Sorgen bereiteten der Bundesregierung das bedrohte strategische Gleichgewicht in Europa, der wachsende sowjetische Einfluss in Afrika und die Implementierung der KSZE-Schlussakte. Der Tindemans-Bericht und die Entscheidung für Direktwahlen zum Europäischen Parlament waren Ausdruck europapolitischer Reformbestrebungen.…mehr

Produktbeschreibung
Herausgegeben im Auftrag des Auswärtigen Amts vom Institut für Zeitgeschichte. Hauptherausgeber: Horst Möller, Mitherausgeber: Klaus Hildebrand, Gregor Schöllgen Wissenschaftliche Leiterin: Ilse Dorothee Pautsch 1976 war der Scheitelpunkt der Entspannungsära überschritten. Sorgen bereiteten der Bundesregierung das bedrohte strategische Gleichgewicht in Europa, der wachsende sowjetische Einfluss in Afrika und die Implementierung der KSZE-Schlussakte. Der Tindemans-Bericht und die Entscheidung für Direktwahlen zum Europäischen Parlament waren Ausdruck europapolitischer Reformbestrebungen. Weitere Aufmerksamkeit galt dem Demokratisierungsprozess in Portugal und in Spanien, der wirtschaftlichen und politischen Instabilität Italiens und dem griechisch-türkischen Konflikt. Verstärkt trat die Dritte Welt ins Blickfeld der Bonner Diplomatie. Fragen des Nord-Süd-Konflikts, insbesondere die Stabilisierung des Rohstoffmarkts, gewannen an Bedeutung. Der Herausforderung durch den internationalen Terrorismus versuchte die Bundesrepublik mit UNO-Initiativen zu begegnen.
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Autorenporträt
Ilse Dorothee Pautsch ist Abteilungsleiterin im Institut für Zeitgeschichte und wissenschaftliche Leiterin der Edition "Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.03.2007

Aufgefrischte Erinnerungen
Auch an die Morgenandacht: Bonns Außenpolitik des Jahres 1976 im Spiegel der Akten des Auswärtigen Amts

In den Akten zur Auswärtigen Politik des Jahres 1976 finden sich auf fast zweitausend Seiten 377 Dokumente, die ein Wissenschaftlerteam mit bewundernswerter Akribie ausgewählt und kommentiert hat. Die Liste der Personen ist lang, die als Urheber der manchmal recht umfangreichen diplomatischen Korrespondenz, von Drahtberichten oder von Vorlagen "für den Herrn Minister" genannt sind. Wer in jener Zeit selbst dem sogenannten Apparat des Auswärtigen Amts (AA) angehörte, der wundert sich auf den ersten Blick über den Fleiß des einen oder anderen Botschafters oder leitenden Ministerialbeamten. Bei näherem Hinsehen entdeckt man aber, dass die eigentlichen Verfasser nicht identisch sein müssen mit der Person, unter deren Namen ein Dokument registriert worden ist. Die Botschaftsräte in den Auslandsvertretungen und die Referatsleiter im Auswärtigen Amt sind nun in den kleinen Buchstaben der Anmerkungen oft als die eigentlichen Urheber angegeben. Das erinnert an eine Personalbesprechung mit dem Außenminister Walter Scheel im Herbst 1970. Der verantwortliche Staatssekretär sagte damals zum Personalchef dem Sinne nach, er solle für bestimmte Referatsleiter möglichst rasch einen Auslandsposten finden, damit alle Referate mit den bestmöglichen Leuten besetzt werden könnten; in der Bonner Zentrale dürfe es keine Schwachstellen geben.

Über Derartiges verschafft ein Dokumentenband selbstverständlich keinen Aufschluss. Man erfährt auch in den Anmerkungen nicht, was den Leiter der Übersee-Abteilung am 6. Februar 1976 bewog, Außenminister Genscher eine ziemlich lange Aufzeichnung "Betr. Angola" vorzulegen (Hauptautor war der Leiter des für das südliche Afrika zuständigen Referates). Der Ministerialdirektor, unter dessen Namen die vom Minister angeforderte Aufzeichnung jetzt veröffentlicht wird, hatte in einer montäglichen Direktorenrunde - so die Erinnerung des Rezensenten - auf die komplizierte Situation in dem vom Bürgerkrieg geplagten Angola hingewiesen. Man müsse fragen, ob es denn nicht an der Zeit sei, mit dem von den Sowjets und den Kubanern mit Waffenlieferungen unterstützten Rebellenführer Neto in Kontakt zu kommen. Neto werde nach Lage der Dinge siegen, nicht aber der von Südafrika unterstützte Savimbi. Wir sollten möglichst nicht die Letzten sein, die Beziehungen zu Neto anknüpften. Allerdings, so der Leiter der Übersee-Abteilung, sei es sicher geboten, mit unseren europäischen Partnern eine gemeinsame Position zu finden, zumal sich die Vereinigten Staaten mit Außenminister Kissinger immer noch gewisse Illusionen über Angolas Zukunft machten.

Niemand in der Runde der Direktoren widersprach dem für Afrika zuständigen Kollegen. Der Minister selbst hielt sich mit einem Urteil zurück. Aus gutem Grund. Er wusste, dass ein deutscher Alleingang nicht empfehlenswert sei. Deshalb plädierte er für eine intensive Beratung mit den EG-Staaten. Außerdem bat er um eine Aufzeichnung, die alle Aspekte behandle. So also entstand das Dokument vom 6. Februar, in dem der Referatsleiter in enger Abstimmung mit dem Abteilungsleiter einen Abschnitt unterbrachte, der exakt die Hinweise enthielt, die die Ansicht des Afrika-Referates und der Übersee-Abteilung wiedergaben: "Schweden-Ministerpräsident Palme zeigte sich in kürzlichem Gespräch mit dem niederländischen Ministerpräsidenten Joop den Uyl sehr verärgert über die amerikanische Angola-Politik. Das ungeschickte amerikanische Vorgehen sei schuld an der sowjetisch-kubanischen Intervention. Die MPLA sei die repräsentative Vertretung des angolanischen Volkes. Neto habe bei seinem letzten Besuch in Stockholm einen guten Eindruck hinterlassen. Er sei kein Kommunist, und man hätte vor allem auf amerikanischer Seite alles tun müssen, um ihn nicht in die Arme Moskaus zu treiben."

Kein Zweifel: diese Aufzeichnung ist auch im Rückblick nach mehr als drei Jahrzehnten ein Beweis für sachkundige Beratung eines deutschen Außenministers in Fragen der Afrika-Politik. Was die Bearbeiter Matthias Peter, Michael Ploetz und Tim Geiger im Falle "Angola" nicht entdecken konnten, das ist ein Gesichtspunkt, der im Schriftstück überhaupt nicht angesprochen wurde. Das Thema "Beziehungen mit Netos MPLA" hatte nämlich eine wichtige wirtschaftliche Seite, weil bei der Konferenz für ein neues Meeresvölkerrecht (Seerecht) Einigkeit über eine 200-Seemeilen-Wirtschaftszone erzielt worden war. Zumindest ein großer deutscher Chemiekonzern hätte gerne mit dem Staat Angola über die Ausbeutung von - angeblich - großen Erdöllagern innerhalb der neuen Wirtschaftszone Kontakt aufgenommen. Die amerikanische Politik gegenüber Neto und seiner MPLA (so das Argument von Angehörigen des AA) werde eines Tages dazu führen, dass weder ein deutsches noch ein anderes westeuropäisches Unternehmen die Schürfrechte in der 200-Seemeilen-Zone erhalte, sondern stattdessen wahrscheinlich ein sowjetischen Staatsunternehmen. Zumindest der Direktor der Übersee-Abteilung im Auswärtigen Amt war über dieses - wirtschaftliche - Thema informiert gewesen, wollte aber darauf nicht in schriftlicher Form hinweisen.

Am 9. Februar 1976 - also kurz nachdem Außenminister Genscher die Aufzeichnung über die Angola-Frage auf seinen Schreibtisch vorgelegt worden war - bekam er aus Paris einen Drahtbericht betreffend "Frankreichs Haltung zu Berlin und Deutschland als Ganzem". Absender war Botschafter Sigismund von Braun. Ohne jeden Zweifel war Braun auch der Autor; er berichtete unter anderem über Äußerungen des französischen Außenministers Sauvagnargue. Vor allem aber erinnerte der Botschafter an die Position des französischen Staatspräsidenten der Jahre 1958 bis 1969. "Auch wenn de Gaulle in der Wiedervereinigung das natürliche Schicksal des deutschen Volkes erblickte, wird man in ihr keine Priorität der französischen Politik erkennen", heißt es in dem Bericht. Der Standpunkt des französischen Außenministers, der als Botschafter in Bonn an dem Zustandekommen des "Vier-Mächte-Abkommens" beteiligt war, laute zur deutschen Frage: "Frankreich hat den Zustand der Teilung nicht herbeigeführt, kann ihn aber auch nicht ändern." Für Frankreich war nach Brauns Einschätzung ein wiedervereinigtes Deutschland als Nachbar eine "kritische Größe". Was die französische Regierung in der Berlin- und Deutschland-Frage derzeit besonders bewege, sei die Ernennung des Regierenden Bürgermeisters von Berlin zum Kulturbeauftragten des deutsch-französischen Vertrages. Das erscheine zwar rechtlich statthaft, politisch jedoch sei dies wegen seines "Demonstrations-Effektes" nicht unbedenklich.

Anlass für Brauns Depesche dürften wohl die in Bonn offenbar wenig beachteten Antworten des französischen Außenministers in einer Fernsehsendung "Unter sechs Augen" gewesen sein. Darin übte Sauvagnargue ziemlich deutliche Kritik an den Versuchen der Bundesregierung, das Berlin-Abkommen der vier Mächte großzügig auszulegen, etwa durch die Errichtung eines Bundesumweltamtes im westlichen Teil Berlins. Dort, wo es dem Vier-Mächte-Abkommen an Präzision fehle, sei ein Gebot politischer Klugheit, Mäßigung zu üben - auf beiden Seiten. Das hörte man vom französischen Außenminister in der Fernsehsendung. Braun hielt es für seine Pflicht, die Bundesregierung - nicht nur das Auswärtige Amt - deutlich an die französischen Positionen in der Berlin- und Deutschland-Politik zu erinnern.

Zur Person Brauns sei hier angemerkt, dass er als Staatssekretär im Auswärtigen Amt von 1970 bis 1972 den zuständigen Referaten regelmäßig kurze schriftliche Mitteilungen über Informationen zukommen ließ, die er bei irgendwelchen (auch privaten) Begegnungen erhalten hatte. Falls diese "Merkzettel" im Politischen Archiv des AA ruhen, wäre dies ein Schatz, der noch zu heben ist. Eine Schlussbemerkung an die Adresse der Herausgeber und Bearbeiter der Aktenedition sei dem Rezensenten gestattet: Über die Direktorenrunde (Morgenandacht) existiert im Auswärtigen Amt ein Protokollbuch, das normalerweise der Leiter des "Büros Staatssekretäre" führt. Hier sind aus 140 Jahren alle gescheiten und auch alle weniger gescheiten Beiträge aus dieser Runde gesammelt. Allerdings dürfte im Auswärtigen Amt wenig Bereitschaft bestehen, eine derartige Geschichtsquelle besonderer Art irgendwelchen neugierigen Historikern in die Hände zu geben.

KARL MOERSCH

Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland 1976. Herausgegeben im Auftrag des Auswärtigen Amts vom Institut für Zeitgeschichte. Zwei Bände. R. Oldenbourg Verlag, München 2007. 1868 S., 132,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als Spiegel der Bonner Außenpolitik betrachtet Karl Moersch diese Edition von Akten des Auswärtigen Amtes aus dem Jahr 1976. Der voluminösen, fast 2000 Seiten umfassenden Ausgabe mit 377 Dokumenten bedenkt Moersch mit hohem Lob. Besonders würdigt er die "bewundernswerte Akribie", mit der die Wissenschaftler diplomatische Korrespondenz, Drahtberichte und Vorlagen ausgewählt und kommentiert haben. Inhaltlich konzentriert sich Moersch - Staatsminister im Auswärtigen Amt von 1974-1976 - in seiner Besprechung auf die Afrika-Politik der damaligen Regierung und berichtet detailliert über die Beratungen der Morgenrunde zum Thema.

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