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Franz-Josef Antwerpes testet etwa 100 Restaurants in Köln: Ein komplett unabhängiger und ganz und gar subjektiver Führer durch die Kölner Gastronomie. Mit einer Bewertung, die sich vor allem am Preis-Leistungs-Verhältnis orientiert. Dieses Buch erscheint in der Reihe 'Edition Express'.

Produktbeschreibung
Franz-Josef Antwerpes testet etwa 100 Restaurants in Köln: Ein komplett unabhängiger und ganz und gar subjektiver Führer durch die Kölner Gastronomie. Mit einer Bewertung, die sich vor allem am Preis-Leistungs-Verhältnis orientiert. Dieses Buch erscheint in der Reihe 'Edition Express'.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.07.2001

Die Fastnacht der langen Messer

"Und noch was: Ich zählte an die sechzig Whisky-Sorten auf der Karte. Da kommen Whisky-Liebhaber auf ihre Kosten." Weinkenner und Schnapsnasen hingegen wahrscheinlich weniger! Die Redundanz dieser Schlußbemerkung über das Bistro Feynsinn macht stutzig, kann man doch den Kölner Restaurantkritiken von Franz-Josef Antwerpes ("Gnadenlos genießen . . ." Der Kölner Gastro-Test. Edition Express. Verlag Kiepenheuer und Witsch, Köln 2001. 208 S., Abb., br., 19,90 DM) alles absprechen, nur eines nicht: den Willen zur Prägnanz. "Mit einem gemischten Salat für 7,50 Mark als Vorspeise war ich gut bedient", hält Antwerpes im Protokoll zu Feynsinn fest. "Auch die Kohlrabi-Broccolisuppe zu 7 Mark schmeckte mir." Verblüfft liest man, daß in der Freitagskolumne des "Express" "gekürzte Fassungen" der hier versammelten Notate zum Abdruck kamen. Man sieht die Abschweifungen und Vergleiche nicht, die als entbehrliche Garnierung erscheinen könnten wie das Minzblatt auf dem Dessertteller. Gründe gibt Antwerpes seinen Urteilen gewöhnlich ohnehin nicht bei. Lieber wiederholt er sich: Offenbar gilt ihm die Deutlichkeit als die Höflichkeit der Kritiker. Diesem Anspruch genügt allerdings nur der Text der Besprechungen, nicht die Note unter dem Strich. Antwerpes bewertet nach einem Zwanzig-Punkte-Schema (vergibt aber de facto, darin dem Gault-Millau vergleichbar, keine einstelligen Noten) nicht die Küchenleistung, sondern das Preis-Leistungs-Verhältnis. Das klingt einfach und vielleicht sogar pfiffig, führt aber in eine Unübersichtlichkeit, die alles andere als praktisch ist. So stuft Antwerpes das Bistro mit der Siebenmarkssuppe (19 Punkte) höher ein als sein Leib- und Magenlokal, die Hanse-Stube im Hotel Excelsior Ernst, wo ihn der Oberkellner mit "Der Salat wie immer nicht zu sauer, Herr Doktor?" begrüßt (Salade maison 28,50 Mark, 18 Punkte). Diese Relationen mag man noch nachrechnen können, unplausibel sind Mittelwerte wie 13 Punkte für ein Haus, bei dem fünf von sechs getesteten Gerichten nachdrücklich gelobt werden. Oder hat Antwerpes einen guten Grund, jeden Aussetzer mit Punktabzug zu bestrafen? Herr Doktor wird nicht nur im ersten Haus am Platze wie ein Stammgast bedient. ",Da kommt er endlich', rief die Seniorchefin Frau Scholzen und führte uns an den unter falschen Namen vorbestellten Tisch. ,Jetzt werden wir getestet', rief sie durch den Saal." Das Prinzip des anonymen Tests, nach dem seriöse Restaurantführer zu verfahren behaupten, stellt die "Express"-Kolumne auf den Kopf: Die Gastrokritik feiert Karneval. Hier wird ein Tester ausgeschickt, dessen Gesicht im Testgebiet jeder kennt, weswegen es auch auf der Titelseite des Büchleins lacht. Der Nutzen des Verfahrens ist eine Negativauslese: Wenn es Gastronomen nicht einmal gelingt, dem Regierungspräsidenten außer Diensten etwas Ordentliches vorzusetzen, braucht der Normalkölner diese Etablissements erst gar nicht zu betreten. Will jemand über den Beamten im Ruhestand spotten, dessen Ideal es ist, ein Spesenritter zu sein? Seien wir nicht so frech: Als ob Müßiggang Antwerpes' Sache wäre! Die Kostproben führt er mit der gleichen, das Fanatische streifenden Systematik durch wie weiland die Verkehrskontrollen. Neunmal wurde Vitello tonnato verkostet, einmal war es ausverkauft. Wo immer dasselbe serviert wird, dürfen auch die Pointen reichlich eintönig ausfallen: Das italienische Sprichwort, man solle den Tag nicht vor dem Abend tadeln, wird mehrfach aufgetischt, ebenso das Stammessen der "Turnersprache", die Unterscheidung zwischen Hochreck und Bodennummer. Es dürfte dem Niveau der meisten empfohlenen Lokale angemessen sein, sie in Standardsätzen zu beschreiben, wie sie Antwerpes während seiner Dienstzeit oft in Zeugnisse geschrieben haben wird: "Das Vitello tonnato entsprach den Erwartungen meines Mitessers voll und ganz." Der Mitesser! Gibt es diesen Parasiten überhaupt? Der anonyme Doppelgänger des prominenten Kritikers ist eine groteske Figur: Er hat immer Hunger, aber selten Appetit, weil er meistens schon ein Eis verputzt hat. Das Wortspiel mit diesem Esser ist simpel, wie alle Scherze des Autors, und enthält doch die Moral seines Breviers: Den Genuß ohne Reue kennt der Kölner nicht, das schlechte Gewissen sitzt ihm im Fleisch und will etwas abbekommen. Mitten in den tollen Tagen ist er von der Fastenzeit umfangen.

PATRICK BAHNERS

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Besprochen wird hier, immerhin vom Feuilleton-Chef Patrick Bahners, ein Restaurantführer des heutigen Gastrokritikers, aber vormaligen Kölner Regierungspräsidenten Franz-Josef Antwerpes. Der Qualität des Buches verdankt sich die Ehre dieser Rezension ganz offenbar nicht: Bahners findet ganze Haarbüschel in der Suppe. Merkwürdig erscheint ihm zum Beispiel das Zwanzig-Punkte-Wertungsraster, das nicht die Qualität als solche belohnt, sondern das "Preis-Leistungs-Verhältnis". Bedauerlich auch, so Bahners, dass der Kritiker auf Begründungen für seine Urteile in aller Regel verzichtet. Zwar hat der Rezensent gelegentliche Pointen entdeckt, nur sind es immer dieselben, und das Wortspiel vom "Mitesser" ist "simpel, wie alle Scherze des Autors", so Bahners. Und dann führe auch der Titel in die Irre: die "das Fanatische streifende Systematik" des Verfassers spreche keineswegs für gnadenlosen Hedonismus, sondern für ein Arbeitsethos, das den "Genuss ohne Reue" nicht kennt.

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