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Die Geschichten in Michael Chabons Erzählungsband, die um die Themen Hoffnung, Einsamkeit und die Kraft der Phantasie kreisen, zeigen sein gewaltiges Talent. Seine Texte sind stärker und trittsicherer als jemals zuvor und lassen die Fans seiner Romane befriedigt und mit der Lust auf mehr zurück. Stewart O´Nan Timothy Stokes, ein elfjähriger Schüler, beißt eine Mitschülerin in den Hals, denn er ist sicher, ein Werwolf zu sein. Sein einziger Freund Paul, der Ameisen liebt und mit ihnen experimentiert, besitzt zwar ein Gegenmittel, doch will er eigentlich nicht mit Timothy in Verbindung gebracht…mehr

Produktbeschreibung
Die Geschichten in Michael Chabons Erzählungsband, die um die Themen Hoffnung, Einsamkeit und die Kraft der Phantasie kreisen, zeigen sein gewaltiges Talent. Seine Texte sind stärker und trittsicherer als jemals zuvor und lassen die Fans seiner Romane befriedigt und mit der Lust auf mehr zurück.
Stewart O´Nan Timothy Stokes, ein elfjähriger Schüler, beißt eine Mitschülerin in den Hals, denn er ist sicher, ein Werwolf zu sein. Sein einziger Freund Paul, der Ameisen liebt und mit ihnen experimentiert, besitzt zwar ein Gegenmittel, doch will er eigentlich nicht mit Timothy in Verbindung gebracht werden, der von der Schule zu fliegen droht. Viel wichtiger ist ihm, dass seine Eltern wieder zusammenfinden. Und so ruft er seinen Vater an und gibt vor, selbst die Schulkameradin gebissen zu haben ...
Ein junges Paar versucht seine ins Strudeln geratene Ehe zu retten, indem es ein Haus und somit ein Zuhause sucht. Doch das angebotene Haus ist viel zu groß und der Makler benimmt sich so merkig, dass irgendwas nicht stimmen kann ...
Neun Erzählungen des großartigen Erzählers Michael Chabon, die dem Leser wohlige Schauer über den Rücken jagen. Nicht selten das Unheimliche streifend, handeln sie von Trennungen und dem jungen Erwachsenenalter, von Loyalität, Freundschaft und der Schwierigkeit, außergewöhnliche Situationen zu meistern.
Autorenporträt
Chabon, MichaelMichael Chabon wurde 24. Mai 1963 in Washington, D.C., geboren und wuchs in Columbia, Maryland, auf. Er besuchte die Carnegie Mellon University und wechselte bald zur University of Pittsburgh, wo er 1984 den Bachelor of Arts erlangte. Für den Master of Fine Arts im Fach Creative Writing ging er an die University of California, Irvine. Er erhielt für sein umfangreiches Werk zahlreiche Auszeichnungen, u.a. den Pulitzer-Preis für »Die unglaublichen Abenteuer von Kavalier & Clay«. Er lebt heute mit seiner Frau, der Schriftstellerin Ayelet Waldman, und den vier Kindern in Berkeley, Kalifornien.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.12.2003

Aus den Annalen der Kannibalen
Michael Chabon züchtet „Junge Werwölfe” und lässt die Bosheit dunkelviolett schillern
Auf ihrem Rasen mutieren Gänseblümchen zu Blumen des Bösen und Nachbarsjungen zu Monstern. Neurosen blühen und Jugendsünden streuen ihre Sporen in die Gegenwart. Wir sprechen von der amerikanischen Vorstadtzone, aus deren mehr oder weniger gepflegten Eigenheimen blasse Giftgewächse kreuchen. Michael Chabon, dessen Roman „Die unglaublichen Abenteuer von Kavalier & Clay” vor zwei Jahren mit dem Pulitzer Preis ausgezeichnet wurde, schickt archäologische Stoßtrupps in die Mittelstandsnormalität. Seine Geschichten graben Verstümmelungen aus, folgen der gedachten Linie eines amputierten Zeigefingers, interessieren sich für klebebandumwickelte Brillenbügel und stechen die Blasen auf, die über den perfekten Lippen von ehemaligen Cheerleaderinnen stehen.
„Junge Werwölfe” heißt der Band mit Erzählungen, die im New Yorker, Harper’s und anderen Magazinen erschienen sind. Ihre Helden sind ausnahmslos beziehungsgeschädigt und schlingern als sportliche Verlierer durchs Leben. Gewalt erweist sich hier als heimlicher Ursprung aller menschlichen Angelegenheiten, auf die klassische Formel gebracht: je intimer, desto tyrannischer. Für den Roman über die Comiczeichner Kavalier und Clay ist Chabon, geboren 1963 in Washington D.C., in einem Atemzug mit den Altmeistern Pynchon und DeLillo genannt worden. Seine Erzählungen sind zwar einfacher gestrickt als die überbordende Comic-Saga, glänzen aber mit dem gleichen, sozusagen furunkelnden Sprachwitz: Dunkelviolett lackierte Fingernägel haben „exakt den Farbton eines blauen Flecks nach einem Hammerschlag”, ein diebischer Optiker trägt den freudianisch klingenden Namen Eddie Zwang und die Trinker von Chubb Island, Washington, arbeiten an einem schön formulierten Kollektivprojekt: „Seit mehreren Generationen errichteten sie eine Basilika des Versagens, deren überfüllte Friese sie selbst als lebende Inkarnationen von Bankrott, Drogenrehabilitation, Softball und Haftstrafe bevölkerten.”
Die Proteine des Vandalen
„Der Sohn des Wolfsmannes” erzählt mit Kleistscher Diabolik von einer vergewaltigten Frau, die schwanger wird und sich für das Kind entscheidet, weil ihr ehelicher Kinderwunsch unerfüllt geblieben ist. „Die geschwungene Buchstabenfolge von Proteinen, die zu produzieren sie sich so lange bemüht hätten, für die sie Jahre verschwendet und Arztrechnungen in Höhe von zehntausend Dollar angehäuft hätten, sei nun doch in Cara hineingekritzelt worden, jedoch von der Hand eines Vandalen”. Je mehr ihr Ehemann leidet, desto wohler scheint Cara sich zu fühlen. Doch der missgünstige Unterton, der ihren Bauch in einen ziemlich hässlichen Ballon und ihre Reproduktionskräfte in unheimliche Zauberkünste verwandelt, löst sich am Ende in relativem Wohlgefallen auf. Was mit Gewalt begonnen hat, scheint in ein vorerst friedliches familiäres Dreieck zu münden. Überhaupt sind in Chabons Erzählungen paradoxerweise versöhnliche Gesten versteckt, die das Unbehagen zwar nicht aus der Welt räumen, aber irgendwie erträglich machen. Und sei es durch das altbewährte Gleitmittel der Ironie.
Michael Chabon ist nicht nur ein brillanter Romancier, sondern auch ein Meister der kleinen Form. „Junge Werwölfe” sind gelungene Kreuzungen aus amerikanischen Untoten, Alltagstristesse und einem Schuss schwarzer Romantik. Die letzte der neun Geschichten ist vollgestopft mit ironischen Zaunpfählen, die das Böse zu einem erzählerischen Gegengift für eine vollständig entzauberte Zivilisation werden lassen. In perfektem Schauergeschichtenstil legt ein trotziger Archäologe indianische Hügelgräber frei und hofft darauf, die Theorie seines Doktorvaters zu widerlegen. Gegen dessen aufgeklärten Skeptizismus setzt er das bluttriefende Kannibalentum der Indianerfrauen, das ihn auch in der Gegenwart einholt. Wo Prähistorie und Industriezeitalter so eng verstrickt sind, muss er das schlucken, was grausame Priesterinnen ihm einflößen. Aber schlecht scheint es ihm nicht zu bekommen.
JUTTA PERSON
MICHAEL CHABON: Junge Werwölfe. Erzählungen. Aus dem Amerikanischen von Andrea Fischer. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2003, 252 Seiten, 18,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.12.2003

Quantensprung des Quarterbacks
Atheisten sind die besseren Trainer: Stories von Michael Chabon

In Michael Chabons Erzählungen kommt kein Fernseher vor; die Figuren reagieren langsamer, als wir es vom fiktionalen Personal des Werbe- und Musikclipzeitalters gewohnt sind. Trotzdem sind sie wie die Schnecke im griechischen Mythos immer rechtzeitig da, wenn das Schicksal ihnen die Rechnung aufmacht. Der vor zwei Jahren mit dem Pulitzer-Preis geehrte Romancier berichtet aus der amerikanischen Provinz, von ihren zähen Riten und unumstößlichen sozialen Mustern. Doch er beschreibt seine Protagonisten nicht durch die Verhältnisse, in denen sie leben, sondern durch ihre fixen Ideen, ihre Fehltritte und traumatischen Erlebnisse, die tief in ihrer Psyche abgespeichert sind. Daß es ein Genuß ist, Chabon zu lesen, hat damit zu tun, daß er seine Scheidungsopfer, seelisch verkrüppelten Söhne und ausgemusterten Ehemänner nie resignieren läßt. Unter dem Schutt ihrer Verlierergeschichten glimmt ein vitaler Funke, der im entscheidenden Moment auf die ganze Existenz übergreift und das eingerastete Steuer herumreißt.

Seine stärkste Story, "Der Sohn des Wolfsmanns", wirkt wie auf dem Reißbrett konzipiert. Mit bemerkenswerter Chuzpe greift der Amerikaner die Achillesferse seiner politisch korrekten Landsleute an und zeigt, daß es Lösungsformeln gibt, von denen sich der biedere Gerechtigkeitssinn nichts träumt: Cara, eine Frau, die seit Beginn ihrer Ehe schwanger zu werden trachtet, gerät durch eine Vergewaltigung in andere Umstände. Was diese unerhörte Begebenheit an Reaktionen entfesselt, kann sich mit Kleists Novellen messen. Da ist die werdende Mutter, die den Ekel vor dem eigenen Körper überwindet, ihren Mann brüskiert und sich in matriarchalischer Selbststilisierung zum Austragen des Fötus entschließt. Ihr Antagonist, der gehörnte Gatte, tariert den Haß auf den fremden Mann mit dem stillschweigenden Geständnis aus, daß er nie wirklich Nachwuchs wollte. Die skandalöse Situation gipfelt in der Niederkunft: Vom Pragmatismus einer archetypischen Hebamme in die konventionelle Vaterrolle geprügelt, entdeckt der Hahnrei in sich eine Größe, die er sich freiwillig nie zugemutet hätte.

Daß sich das Happy-End nur durch absurde Entschlüsse und Übertretungen des eigenen Regelkanons einstellt, ist ein Grundaxiom in Michael Chabons Welt. Ein kriselndes Paar überwindet die eheliche Lustlosigkeit bei der Besichtigung eines Hauses, in dem der Makler ungeniert ein Buch, einen Damenslip und eine Blume einsteckt. Durch ihre Mitwisserschaft geraten Daniel und Christy in einen verwegenen Zustand, beginnen die Schubladen eines Nachtschranks zu durchstöbern und enden in einem unbewachten Augenblick auf dem fremden Ehebett: "Sex hatte sehr wohl etwas mit Gewalt zu tun", denkt sich Daniel, "und die Ehe war sowohl ein Behältnis für den Wahnsinn zwischen Mann und Frau als auch ein zerbrechlicher Schutz davor, so wie es die Religion für den Tod war."

Das Glück ist nicht gesellschaftsfähig und seine Integration in zivile Formen alles andere als ein müheloser Sieg; nur wer das Tabu streift und ab und zu die Latte reißt, dem wird der moralische Hochsprung gelingen: Herr Green ist ein geschiedener Kinderpädagoge, der mit seinem Töchterchen den eigenen Heimatort besucht. Die scheinbar so episodische Stippvisite reißt alte Wunden wieder auf, denn Marty, die mit allen Insignien einer Punk-Queen ausgestattete Nachbarstochter, ist das Opfer einer unsittlichen Annäherung, die sich der neun Jahre ältere Green in der Pubertät hat zuschulden kommen lassen. Erst als seine eigene Tochter ausgerechnet an diesem belasteten Ort in einen Teich fällt, gebadet werden muß und energisch von ihrem Vater fordert, daß er mit ihr in die Wanne steigt, schmilzt bei ihm das gewissenhafte "Empfindungsverbot", an dem schon seine Ehe gescheitert ist.

Ob alte Damen Nachbarn mit Feldstechern nachspionieren, aber vor lauter Alzheimer nicht wissen, wen sie auf dem eigenen Sofa übernachten lassen, oder ein Informatiker die letzte Chance verpaßt, finanzielle Ansprüche als Geschiedener anzumelden, weil ein pummeliges Nachbarskind ihn als Vaterfigur adoptiert, immer sind es die Ungereimtheiten des Daseins, aus denen der Autor seine belebenden Pointen bezieht. Als Erzähler steht er in der Tradition der großen Novellisten, fesselt seine Leser durch kühne Metaphern, verblüffende Wendepunkte und eine so sorgfältige wie ökonomische Konstruktion. Er erzählt zwischen den Zeilen, isoliert das Manische jeder Existenz, das Dirndlkleid und die steife Bluse zum Beispiel, in die Herr Green aus lauter Angst vor sich selbst sein Töchterchen zwängt.

Gleichzeitig weht etwas vom epischen Atem Walt Whitmans durch Chabons Prosa, seine Figuren sind aus dem sturen, eigenbrötlerischen Holz der amerikanischen Pioniere geschnitzt. Und es schleicht sich der Verdacht ein, daß sie vielleicht gar nicht für das bürgerliche Dasein gemacht sind, daß ihre eingeschläferten Lebensgeister die Untat und den Gesetzesbruch brauchen. Erst dann erwacht in ihnen eine Großzügigkeit, die auf das moralische Über-Ich pfeift und das Humane trotzdem davonträgt. Nicht zufällig haben zwei von Chabons Erzählungen mit Base- und Football zu tun, den uramerikanischen Exklusiv-Ertüchtigungen der Männer. Der Autor zeigt nicht nur, daß Stadien soziale Integrationsorte ersten Ranges sind, in denen der Umgang mit Gewalt spielerisch einstudiert wird, er führt auch vor, daß die Welt ein Stadion ist, für das niemand die Spielregeln kennt.

So mutet es nicht gar so absurd an, daß in der "Harris-Fetko-Story" ein Footballtrainer auf seine alten Tage ein neues Spiel konzipiert, das "die spannendsten Elemente der modernen Sportarten" in sich vereint. Sein Sohn, ein von ihm gezüchteter Quarterback-Spieler, greift bei der Beschneidungszeremonie seines spät geborenen Halbbruders nach dem flennenden Kind und stürzt mit ihm aus dem Haus, als ob es ein Ball und die Flucht ein Home run wäre. Und doch stellt er sich nach dem Sprint seinem Vater, dem Patriarchen, der das Spiel ohne Grenzen erfunden hat. "Ich bin existentieller Humanist", läßt der die Gäste bei der Beschneidung wissen: "Am Ende der Saison wird ein atheistischer Trainer immer einen Trainer schlagen, der an Gott glaubt."

INGEBORG HARMS

Michael Chabon: "Junge Werwölfe". Erzählungen. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Andrea Fischer. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2003. 252 S., geb., 18,90 [Euro].

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Neun verdrehte, gruselige und oft makabere Short Stories präsentiert der Pulitzer-Preisträger Michael Chabon („Die unglaublichen Abenteuer von Kavalier und Clay“) in seinem neuen Buch. Timothy, der Held der Titelgeschichte, ist ein Außenseiter und Sonderling. In seiner Fantasie mutiert der Elfjährige abwechselnd zum Androiden, elektromagnetischen Kran oder Werwolf. Da kann es schon mal vorkommen, dass er einer Mitschülerin in den Hals beißt. Sein einziger Freund Paul besitzt zwar ein Gegenmittel. Aber eigentlich will Paul nicht mit Timothy in Verbindung gebracht werden, der von der Schule zu fliegen droht.
(X-Mag)

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ingeborg Harms hat bei Michael Chabons Geschichten den "epischen Atem Walt Whitmans" gespürt und in seinen Figuren den Geist der "sturen, eigenbrötlerischen" Pioniere des Landes erkannt, durch das sie mitsamt ihrer seelischen Verletzungen und ihrem Versagen in der Liebe stolpern. Aber, und das hat Harms Genuss bereitet: Sie geben nicht auf - "unter dem Schutt ihrer Verlierergeschichten glimmt ein vitaler Funke", an dem sich schließlich etwas Unerhörtes entzündet, irgendein absurder Entschluss vielleicht. Denn das Happy End, weiß Harms, kann nur durch "Übertretungen des eigenen Regelkanons" erreicht werden. Auf dem Weg dahin gibt es "kühne Metaphern, verblüffende Wendepunkte und eine so sorgfältige wie ökonomische Konstruktion" zu bewundern und alles in allem einen Erzähler "in der Tradition der großen Novellisten".

© Perlentaucher Medien GmbH
»Diese Erzählungen sind wunderschön komponiert, herausragend geschrieben und voller scharfer, eigenwilliger Details.« The Times