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Martin Walsers im Frühsommer 2002 erschienener Roman Tod eines Kritikers provozierte den wohl größten Literaturskandal in der Bundesrepublik Deutschland. Der "Offene Brief", mit dem Frank Schirrmacher Ende Mai 2002 kundtat, dass die von ihm herausgegebene "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" einen Vorabdruck entschieden ablehne, sorgte für Reaktionen, die sich rasch von ihrem Gegenstand entfernten und eine gesellschaftspolitische Debatte von großer Heftigkeit heraufbeschworen.
Martin Walser - so das Tremolo seiner Gegner - arbeite in seinem Roman mit antisemitischen Klischees und sei allein
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Produktbeschreibung
Martin Walsers im Frühsommer 2002 erschienener Roman Tod eines Kritikers provozierte den wohl größten Literaturskandal in der Bundesrepublik Deutschland. Der "Offene Brief", mit dem Frank Schirrmacher Ende Mai 2002 kundtat, dass die von ihm herausgegebene "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" einen Vorabdruck entschieden ablehne, sorgte für Reaktionen, die sich rasch von ihrem Gegenstand entfernten und eine gesellschaftspolitische Debatte von großer Heftigkeit heraufbeschworen.

Martin Walser - so das Tremolo seiner Gegner - arbeite in seinem Roman mit antisemitischen Klischees und sei allein vom Hass auf seinen Widerpart Marcel Reich-Ranicki geleitet. Mit einem Mal wurde einer der bedeutendsten deutschen Erzähler des 20. Jahrhunderts zum "Freiwild" (Ilse Aichinger) erklärt, und auf erschreckende Weise zeigte sich, wie man Literatur meinungsstark bewerten kann, ohne auf philologische Grunderkenntnisse Rücksicht zu nehmen.

Die renommierten Heidelberger Literaturwissenschaftler Dieter Borchmeyer und Helmuth Kiesel treten mit ihrem Sammelband Der Ernstfall diesem Skandal entgegen. Sie und ihre Kollegen - darunter Philologen, Juristen und Psychiater - setzen nicht auf oberflächliche Lesarten und rasch reproduzierte Vorurteile, sondern bemühen sich darum, den vielen oberflächlichen Einschätzungen der letzten Monate das entgegenzusetzen, was jede Literatur verdient hat: genaue Lektüre, nachvollziehbares Interpretieren, abwägendes Urteil.

Autorenporträt
Helmuth Kiesel habilitierte sich mit einer Arbeit über Alfred Döblins Exil- und Spätwerk und ist Professor für Neuere deutsche Literaturgeschichte an der Universität Heidelberg. Er ist einer der besten Kenner der literarischen Moderne in Deutschland.Dieter Borchmeyer, geb. 1941, lehrt Neuere deutsche Literatur und Theaterwissenschaft an der Universität Heidelberg. Zahlreiche Publikationen und Editionen auf dem Gebiet der deutschen Literatur- und Theatergeschichte des 18. bis 20. Jahrhunderts.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Der Pulverdampf über der wohl überflüssigsten Feuilletonschlacht der letzten Jahre - nämlich der Debatte um Martin Walsers "Tod eines Kritikers" - hat sich verzogen, jetzt nimmt sich die Wissenschaft der Sache an. Dieter Borchmeyer und Helmut Kiesel drücken sich und den Beiträgern des Bandes das feinere Besteck in die Hand und untersuchen das einst schon vor seiner Veröffentlichung zu Tode polemisierte Werk. Und, siehe da, von Antisemitismus keine Spur, nirgends. Im Gegenteil, meint Hans-Jürgen Gehrigk in seinem Aufsatz, das Buch mache vielmehr die Entstehung von Antisemitismus zu seinem Thema. Leo Kreutzer entdeckt Nähen zu Thomas Mann, Goethe, Nietzsche und zum Walserschen Gesamtwerk. Norbert Greiner stellt fest, dass man in England über das deutsche Gezeter nur lachen kann, dort erscheine die Satire eher als "dünner Aufguss" viel schärferer Werke von Swift bis Waugh. Und der Rezensent Jörg Magenau? Er scheint nicht immer glücklich mit Walsers ständigen Provokationen, stellt aber fest: "Doch je heftiger die Reaktionen der Korrektheitswächter, umso drastischer hat er Recht. Das ist das Elend."

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