Im Inselreich zwischen Indischem und Stillem Ozean sucht Milda Drüke nach dem nomadischen Seevolk der Bajos - und entdeckt ihre eigene Nomadenseele. Eine erfolgreiche Frau gibt die Karriere auf und segelt einmal um die Erde. Als sie heimkehrt, beschließt sie, einen anderen Beruf zu ergreifen. Sie schreibt und fotografiert. Eines Tages hört Milda Drüke von Seenomaden, den Bajos in Südostasien, die in kleinen Hausbooten wohnen und über das Meer, ihre nassen Weidegründe, schweifen. Sie macht sich auf die Suche nach diesen Wassermenschen. In Indonesien angekommen, stellt sie fest, dass niemand weiß, wo sie sich aufhalten. Doch sie findet sie, lebt mit Bajo-Familien zusammen, die sie gastfreundlich aufnehmen, sie lernt ihre Kultur kennen. Und schließlich begegnet die Reisende dem Außenseiter Om Lahali, der seit vierzig Jahren allein auf seinem Boot lebt. Wochenlang darf sie ihn begleiten, und dabei macht sie Erfahrungen, die ihr Leben von Grund auf verändern.
Die Gabe der Seenomaden erzählt von der Begegnung einer Frau mit einer exotischen Welt und mit ihrer eigenen Ursprünglichkeit. "Plötzlich wusste ich", schreibt die Autorin: "Ich hatte den Planeten umsegelt und mich auf die Suche nach den Seenomaden begeben, um mir wieder ähnlicher zu werden. Das Meer erinnerte mich an etwas. Deshalb war ich hier. Ich wollte mich erinnern."
Die Gabe der Seenomaden erzählt von der Begegnung einer Frau mit einer exotischen Welt und mit ihrer eigenen Ursprünglichkeit. "Plötzlich wusste ich", schreibt die Autorin: "Ich hatte den Planeten umsegelt und mich auf die Suche nach den Seenomaden begeben, um mir wieder ähnlicher zu werden. Das Meer erinnerte mich an etwas. Deshalb war ich hier. Ich wollte mich erinnern."
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.08.2002Seelensuche bei den Seenomaden
Eine Düsseldorfer Karrierefrau "steigt aus", verkauft ihre Fotoagentur, läßt den schönen Schein hinter sich und peilt zielstrebig die Inselwelt Indonesiens an. Fernab der Hochglanzbilder und vorgefertigten Klischees, irgendwo zwischen dem Indischen und Stillen Ozean trifft Milda Drüke auf das ursprüngliche Volk der Bajo, das in einfachen Hausbooten und ohne jedwede Ambitionen über die nassen Weidegründe des Meeres schweift. Drükes Fahrt zu den Seenomaden ist zugleich eine eigene Seelensuche, sie reist, schreibt sie etwas mystisch verklärt, um sich "wieder ähnli-cher zu werden". Nach zögerlichen Annäherungsversuchen nimmt sie teil am All-tagsleben und an den Tauchgängen der Bajo, begleitet sie bei ihren Übergangsriten und Sterbezeremonien, beobachtet ihren elementaren Kreislauf des Lebens, der Geburten und Gezeiten. So verbietet der Volksglaube den Bajo, für längere Zeit an Land zu gehen, weil dort "Krankheiten und Geister wohnen". Sie betreten es nur, um bei chinesischen Händlern Seegurken und andere Meerestiere gegen Zigaretten, Zucker, Kaffee und Kerosin zu tauschen. Das gefährdete Selbstverständnis des Seevolkes, so das Ergebnis von Milda Drükes Lehrmonaten bei den Nomaden, ist das der Freiheit und Selbstbestimmung. Der Ansatz der Autorin ist zivilisationskritisch, aber frei vom Kitsch des sogenannten edlen Wilden: So berichtet sie von den Versuchen der Behörden, die Nomaden in kontrollierten Dörfern seßhaft zu machen, gesteht sich aber selbstkritisch ein, unterbewußt die Gewißheit zu haben, jederzeit in die Sitzkissen der Zivilisation zurückkehren zu können. Immer wieder kreisen ihre Gedanken um die "Gabe der Seenomaden", deren Toleranz und Einsamkeit, das Glück. Das zentrale Ereignis, festgehalten in expressiven Fotografien und kurzen Dialogen, ist die Begegnung mit dem Außenseiter Om Lahali, der seit vierzig Jahren allein auf seinem Boot lebt. Trotz einiger Längen und übersentimentaler Passagen: Drükes Odyssee ist ein Buch voller Zärtlichkeit für die von der Zivilisation Vergessenen und durchtränkt von intuitiver Philosophie.
sg
"Die Gabe der Seenomaden. Bei den Wassermenschen in Südostasien" von Milda Drüke. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2002. 304 Seiten, zahlreiche Farbfotos, Gebunden, 21,90 Euro. ISBN 3-455-09355-8.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Eine Düsseldorfer Karrierefrau "steigt aus", verkauft ihre Fotoagentur, läßt den schönen Schein hinter sich und peilt zielstrebig die Inselwelt Indonesiens an. Fernab der Hochglanzbilder und vorgefertigten Klischees, irgendwo zwischen dem Indischen und Stillen Ozean trifft Milda Drüke auf das ursprüngliche Volk der Bajo, das in einfachen Hausbooten und ohne jedwede Ambitionen über die nassen Weidegründe des Meeres schweift. Drükes Fahrt zu den Seenomaden ist zugleich eine eigene Seelensuche, sie reist, schreibt sie etwas mystisch verklärt, um sich "wieder ähnli-cher zu werden". Nach zögerlichen Annäherungsversuchen nimmt sie teil am All-tagsleben und an den Tauchgängen der Bajo, begleitet sie bei ihren Übergangsriten und Sterbezeremonien, beobachtet ihren elementaren Kreislauf des Lebens, der Geburten und Gezeiten. So verbietet der Volksglaube den Bajo, für längere Zeit an Land zu gehen, weil dort "Krankheiten und Geister wohnen". Sie betreten es nur, um bei chinesischen Händlern Seegurken und andere Meerestiere gegen Zigaretten, Zucker, Kaffee und Kerosin zu tauschen. Das gefährdete Selbstverständnis des Seevolkes, so das Ergebnis von Milda Drükes Lehrmonaten bei den Nomaden, ist das der Freiheit und Selbstbestimmung. Der Ansatz der Autorin ist zivilisationskritisch, aber frei vom Kitsch des sogenannten edlen Wilden: So berichtet sie von den Versuchen der Behörden, die Nomaden in kontrollierten Dörfern seßhaft zu machen, gesteht sich aber selbstkritisch ein, unterbewußt die Gewißheit zu haben, jederzeit in die Sitzkissen der Zivilisation zurückkehren zu können. Immer wieder kreisen ihre Gedanken um die "Gabe der Seenomaden", deren Toleranz und Einsamkeit, das Glück. Das zentrale Ereignis, festgehalten in expressiven Fotografien und kurzen Dialogen, ist die Begegnung mit dem Außenseiter Om Lahali, der seit vierzig Jahren allein auf seinem Boot lebt. Trotz einiger Längen und übersentimentaler Passagen: Drükes Odyssee ist ein Buch voller Zärtlichkeit für die von der Zivilisation Vergessenen und durchtränkt von intuitiver Philosophie.
sg
"Die Gabe der Seenomaden. Bei den Wassermenschen in Südostasien" von Milda Drüke. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2002. 304 Seiten, zahlreiche Farbfotos, Gebunden, 21,90 Euro. ISBN 3-455-09355-8.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Als "Buch voller Zärtlichkeit" für die von der Zivilisation Vergessenen und " durchtränkt von intuitiver Philosophie" beschreibt Rezensent "sg" dieses Buch. Die Autorin wird als "Düsseldorfer Karrierefrau" eingeführt, die ihre Fotoagentur verkaufte und fernab der Hochglanzbilder im indischen Ozean auf das "ursprüngliche Volk der Bajo" getroffen sei. Das Buch sei die Frucht vieler Lehrmonate bei diesem Nomadenvolk. Sie habe teilgenommen am Alltagsleben der Bajo, den Tauchgängen des auf Hausboten lebenden Volkes, seinen Geburts- und Sterbezeremonien. Der Beschreibungsansatz des Buches sei zivilisationskritisch, aber "frei vom Kitsch des sogenannten edlen Wilden", freut sich der Rezensent und schätzt auch das selbstkritische Eingeständnis der Autorin, jederzeit "in die Sitzkissen der Zivilisation" zurückkehren zu können.
© Perlentaucher Medien GmbH
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