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"Die wichtigste und gelungenste Künstlerbiografie, die ich je gelesen habe. Absolut herausragend!" -- Danny Baker, BBC
"Hoskyns Buch operiert mit dem Besteck eines Neuro-Chirurgen: fein, vorsichtig, Fasern freilegend." -- Süddeutsche Zeitung
"Journalist Barney Hoskyns lässt in seiner Biografie über Tom Waits Personen und Orte, die das Leben des Musiker ausmachten, lebendig werden." -- ARD, Morgenmagazin
Tom's Wild Years"Endlich ist sie da, die erste umfassende Biografie über Tom Waits, der seit 40 Jahren die kulturelle Landschaft wie kein Zweiter prägt. Er ist eine der
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Produktbeschreibung
"Die wichtigste und gelungenste Künstlerbiografie, die ich je gelesen habe. Absolut herausragend!" -- Danny Baker, BBC

"Hoskyns Buch operiert mit dem Besteck eines Neuro-Chirurgen: fein, vorsichtig, Fasern freilegend." -- Süddeutsche Zeitung

"Journalist Barney Hoskyns lässt in seiner Biografie über Tom Waits Personen und Orte, die das Leben des Musiker ausmachten, lebendig werden." -- ARD, Morgenmagazin
Tom's Wild Years"Endlich ist sie da, die erste umfassende Biografie über Tom Waits, der seit 40 Jahren die kulturelle Landschaft wie kein Zweiter prägt. Er ist eine der einflussreichsten und charismatischsten Künstlerpersönlichkeiten der Gegenwart. Als Musiker, Schauspieler und Theaterregisseur feiert er sensationelle Erfolge, ohne sich je gängigen Trends anzupassen. Bruce Springsteen, Rod Stewart, Johnny Cash oder die Eagles coverten seine Songs; mit Filmrollen in "Down By Law" oder "Short Cuts" machte er sich auf der Leinwand unsterblich."Er war schon immer etwas anders als die anderen. Während die meisten Jugendlichen in den sechziger Jahren zu den Beatles tanzten, groovte der kleine Waits zu Bing Crosby und Louis Armstrong. Seine Helden hießen Jack Kerouac oder William S. Burroughs, mit dem er später auch zusammenarbeiten sollte. War er anfangs für sein "Whiskey & Zigaretten"- Image und die traurigen Lieder über Außenseiter berühmt, so wurden er und seine Musik im Laufe der Jahre immer wilder und exzentrischer. Alben wie "Swordfishtrombones" oder "Rain Dogs" zählen heute zu den wegweisenden Werken der Rockmusik. Als Schauspieler hinterließ er in mehreren Filmen von Regisseur Jim Jarmusch, aber auch in "Cotton Club" oder "Rumble Fish" bleibenden Eindruck. Mit-Frank's Wild Years und diversen Bühnenstücken gelang ihm auch am Theater der Durchbruch. Jetzt geht der Musikjournalist Barney Hoskyns dem Phänomen und Mythos Tom Waits auf den Grund. In seiner akribisch recherchierten Biografie lässt er unter anderem Weggefährten und Freunde wie Keith Richards, Francis Ford Coppola, Bette Midler, Jack Nicholson oder Frank Zappa zu Wort kommen.
Pünktlich zum 60. Geburtstag am 7. Dezember 2009.
Autorenporträt
Der britische Journalist Barney Hoskyns arbeitete von Los Angeles aus für New Musical Express, Melody Maker, GQ, Harpers Bazaar, Spin und viele andere. Er war Redakteur beim renommierten Musikmagazin Mojo und schrieb Bücher über Country-Soul, The Band und Montgomery Clift.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.11.2009

Der Hobo trinkt nicht mehr
Straßenrand und Große Oper: Barney Hoskyns’ 700-Seiten-Biographie über Tom Waits
Wenn man den jungen Tom Waits, Youtube sei Dank, heute in seinen ersten Fernseh-Interviews sieht, dann besticht die schon früh ausgebildete Perfektion seiner Unangepasstheit. Waits ist Ende der siebziger Jahre bereits leidlich erfolgreich, und das nicht nur, weil er mit einer unverwechselbaren Stimme ausgestattet ist. Er ist es auch deswegen, weil er das Gegenteil des Hitparaden-Mainstreams verkörpert. Waits zelebriert seinen Nonkonformismus und kokettiert damit, ein kettenrauchender Boozer zu sein. Ein Pegeltrinker, der kühn von sich behauptet, kein Problem mit dem Alkohol zu haben, solange genug davon da ist. Entsprechend inszeniert er sich mit der umwölkten Nonchalance des Gewohnheitstrinkers: Die Syntax seiner Sätze folgt der Logik des Rausches, man notiert den nicht fokussierenden Blick, die rudernden Gesten und eine beschwipste Hemmungslosigkeit im Umgang mit seinen Interviewpartnern.
So erklärt Waits 1976, dass er sich weder als Poet noch als Sänger verstehe, sondern vielmehr als Prediger, der ab und zu auf einer Kneipentoilette erwache. Ein Jahr später zückt er in der Show Fernwood 2 Night den Flachmann und antwortet auf die Frage, wie ihm denn die Stadt gefalle, dass er in einem Restaurant speisen musste, in dem die Köche nicht wussten, wie sie ein Gericht servieren sollten, das sie zuvor per Anhalter mitgenommen hätten.
Einem australischen Showmaster liefert Waits 1979 ein Nicht-Interview an der Grenze autistischen Verhaltens. Er schwankt, stiert grummelnd auf den Boden. „Gibt es da unten etwas, von dem ich wissen müsste?”, fragt der Fernsehmann. Waits nuschelt: „Warum machen wir nicht einfach weiter?” Der Australier kommt dann auf den mutmaßlichen Reichtum von Waits zu sprechen. „Sie genießen Kultstatus und sehen für mich aus wie ein Leprechaun”, provoziert ihn der Host. Damit meint er den Schuhmacher aus der irischen Mythologie, der verhärmt erscheint, aber heimlich Gold scheffelt und hortet. Waits reagiert geistesgegenwärtig – und überhaupt nicht betrunken: „Ja, ich genieße eine gewisse Popularität in Japan, Europa, sicherlich auch in Irland. Man kennt mich aber auch in Iowa . . . und im übrigen”, jetzt mit offenem, klaren Blick, „habe ich gerade den Eindruck, meine Großmutter zu besuchen.” Waits ist da noch nicht einmal dreißig Jahre alt, aber schon in jeder Hinsicht selbstbestimmt, rollensicher und sattelfest im Geschäft.
Man wird also bei dem extrem öffentlichkeitsscheuen Mann mit der Reibeisenstimme zu unterscheiden haben zwischen einerseits der Kunstfigur des trunkenen Hobos, der aus der Romantik des 19. Jahrhunderts in die Gegenwart gefallen zu sein scheint, um Kintopp-Musik zu Großer Oper umzuschreiben. Und andererseits dem Menschen Tom Waits, der seit mehr als einer Generation äußerst erfolgreich Film-, Musik- und Musiktheatergeschichte schreibt, branchenüblich verdient und die Medien lieber meidet.
Insofern ist jeder Biograph von Tom Waits gefordert, dem Konstrukt des Hasardeurs im Obdachlosenschick nicht auf den Leim zu gehen. Und darum muss die über 700 Seiten starke Biografie von Barney Hoskyns verwundern, die im Original: „Lowside of the Road: A Life of Tom Waits” heißt und gerade als „Tom Waits. Ein Leben am Straßenrand” auf deutsch erschienen ist. Denn welches „Leben am Straßenrand” Hoskyns da auch immer ausgemacht haben will, es dürfte nicht das von Tom Waits sein, sondern das seines Bühnen-Avatars.
Hoskyns weiß um seine Lage: Den Auftakt seines Buches bildet eine gut 10-seitige Begründung, warum er dieses Buch besser nicht geschrieben hätte. Tom Waits, den Hoskyns in dessen dreißig Karrierejahren zweimal persönlich getroffen hat, schlug die Bitte um Mithilfe an dem Biographie-Projekt nicht nur aus, er versuchte auch, die Recherche daran zu verhindern. Wie im Chor ertönte das Nein von Wegbegleitern, die substantiell hätten beitragen können: Keith Richards, Jim Jarmusch, Elvis Costello, Chuck E wollten sich nicht äußern. Rickie Lee Jones, Waits’ Gefährtin für einen Lebensabschnitt, antwortet sogar: „Waits, hmm, was gibt's da zu sagen? Ich warte auf ein Buch über MICH.”
Öffentlichkeit, ein wildes Tier
Für diese Absagen, da ist sich Hoskyns sicher, zeichne Kathleen Brennan verantwortlich, die Ehefrau von Tom Waits. Das Paar, so bilanziert er bereits auf Seite 13, „will nicht, dass ein Buch erscheint, das Waits auf so eine pseudofreudianische Tour auf die Summe seiner Lebenserfahrungen reduziert. Und dafür habe ich durchaus Verständnis.” Danach müsste der ungewollte Biograph den Griffel eigentlich weglegen. Zumal Waits auch ausdrücklich erklärt hat: „Die Öffentlichkeit ist ein wildes Tier. Es ist besser, sie nicht allzu gut zu füttern.” Doch Hoskyns will ihr partout Futter geben, und sei es eine voluminöse Mutmaßung zur Person. Pseudofreudianisch, ad hominem. Doch das ist nicht einmal eine Schande. Jedenfalls keine große.
Denn Hoskyns hat akribisch recherchiert und dann gedeutet, was sich so deuten lässt. Das tut er, indem er in den Wald an verfügbaren Zeugen hineinruft, den er dann vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Er holt so viele Originalstimmen aus dem weiteren Umfeld, dass ihm deren Kakophonie gar nicht auffällt. So liest man über Rickie Lee Jones’ Karrierestart auf aus Beteiligtenmund: „Diese Mieze zieht die totale Show ab. Ich habe keine Ahnung, ob sie nur das geringste Talent hat, aber sie weiß, wie man Aufmerksamkeit bekommt.” Zwei Seiten weiter klingt es aus neuer Quelle ganz anders: „Sie schien nicht ehrgeizig zu sein. Das Tamtam . . . interessierte sie überhaupt nicht.” Ja, was denn nun?
Obwohl Hoskyns Tom Waits’ Leben als Indizienbiografie aus Fundsachen und dem Sound des Hörensagens zusammensetzt, ist das Ergebnis der Recherche äußerst unterhaltsam. Aus dem Dickicht an disparaten Informationen schält sich nach und nach so etwas wie eine Gestalt heraus, von der man nur zu gerne glauben möchte, dass sie Waits sein könnte.
Demnach wurde der Künstler 1949 in Whittier, einem kalifornischen Mittelklasse-Traum von überschaubarer Urbanität, als Kind zweier Lehrer geboren. Vater Frank, ein strammer Trinker, verließ die Familie früh, doch, wie Waits einmal sagte, reichte seine Erziehung zum unfallfreien Umgang mit Messer und Gabel. Seine Mutter zieht mit der Restfamilie in das sonnenumschmeichelte San Diego. Waits lernt dort die Drop-Outs und Beatniks der Sechziger kennen, verschlingt Kerouacs „On The Road”, vergöttert Ray Charles, jobbt als Pizza-Bäcker, nimmt Piano-Stunden und entwickelt sich auch sonst ganz prächtig. Allerdings in Richtung eines freiwillig frühvergreisten Weisen, der den Hippies und politisch plusternden Folkschrammlern seiner Generation die Kopie eines „I did it my way”-Sinatra entgegensetzt.
Hoskyns’ Buch operiert an diesen frühen Jahren mit dem Besteck eines Neuro-Chirurgen: fein, vorsichtig, Fasern freilegend. Von den ersten Alben über die Beziehungen zu Bette Midler und Rickie Lee Jones zu den „Asylum Years”, der Zeit unter Vertrag des Label-Chefs David Geffen. Es sind dies, stets eingedenk der lärmenden Zeugen-Kompanien, die der Autor jeweils auffährt, die aufschlussreichsten Kapitel seines Buches. Während der Arbeiten an Francis Ford Coppolas „One From The Heart” lernt Waits 1982 seine spätere Frau Kathleen kennen, mit der er inzwischen drei Kinder hat.
Diese Ehe nährt auch Waits’ künstlerisches Schaffen, holt ihn im Lauf der Jahre mehr und mehr aus der Hobo-Ecke. Er schwört Alkohol und Nikotin ab und orientiert sich an der arrivierten Avantgarde. Waits arbeitet nun mit erfolgreichen und namhaften Künstlern zusammen: mit Jarmusch, Robert Altman, William S. Burroughs und Robert Wilson, dem schicken Theaterverstörer. Folgt man dem Autor, dann ist es die Yoko-Ono-hafte Gattin, die die Karriere-Fäden im Hintergrund zieht. „Kathleen”, so resümiert Bones Howe, ein Produzent, „hat ihn von allen isoliert. Doch ich hege keinen Groll. Ich weiß, dass sie ihm das Leben gerettet hat.” Hoskyns’ Buch tröpfelt gegen Ende aus. Hier stützen Song-Interpretationen und Konzertbesprechungen seinen dann auch penetrant werdenden Psychologismus.
Von Tom Waits stammt der Satz: „Alles kann heutzutage erklärt werden. Wir leben in einer Zeit, in der man jemanden beiläufig etwas fragt. Schon rennen alle zum Computer und erklären es dir in fünf Sekunden. Das ist vielleicht ganz gut so, aber manchmal möchte ich auch nur einfach weiter staunen.” Hoskyns größtes Verdienst dieser Nicht-Waits- Biografie ist es, dass man über das Phänomen Tom Waits auch nach der Lektüre weiter staunen kann. BERND GRAFF
BARNEY HOSKYNS: Tom Waits. Ein Leben am Straßenrand. Heyne, München 2009. 701 Seiten, 24,95 Euro.
Tom Waits nimmt noch ’n Kleinen: 1977 im Interview bei „Fernwood 2 Night” Foto: oh
Früh schon ein Perfektionist der Unangepasstheit: Der Sänger Tom Waits, hier um 1970, hat schon zu Beginn seiner Karriere am Image eines Mannes gefeilt, der nicht in die Gegenwart gehören will, weil er sich einer bedeutenden musikalischen Vergangenheit verpflichtet fühlt. Foto: Michael Ochs Archives/Getty Images
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.12.2009

In der Gammler-Gastrolle seines Lebens

Mit ihm ist schwer ins Gespräch zu kommen, aber wenn er seinen kratzigen Verlierer-Blues anstimmt, dann geht uns das Herz auf: Eine Biographie nähert sich dem rätselhaften Tom Waits.

Bei Tom Waits findet man noch in den übelsten Geschichten Erlösung durch Lachen: "Never drive a car when you're dead." Gelegentlich hat es aber auch andere Wirkung, etwa bei dem frühen Stück "Christmas Card from a Hooker in Minneapolis", das Waits seinerzeit oft eingerahmt von einem trunkenen "Silent Night, Holy Night" zum Besten gab. Der Weihnachtsgruß dieses Strichmädchens beginnt hoffnungsvoll, endet aber mit dem Eingeständnis, dass alles zuvor Erzählte erfunden war - von wegen Ehemann, von wegen Geld. Unmittelbar nachdem die Dame die Finanzen erwähnt, folgt jenes herrliche "By the way, Charlie . . .", welches ihr Schreiben in neues Licht rückt.

Wie kaum ein anderer Lieddichter hat Tom Waits Menschen auf der Verliererstraße porträtiert oder sich selbst dazu stilisiert, und zwar so erfolgreich, dass viele geneigt waren, die Pose für wahr zu nehmen. Man könnte das, mit Bezug auf sein legendäres Dauerlogis im heruntergekommensten Motel Hollywoods in den siebziger Jahren, als die Tropicana-Falle bezeichnen. Wenn nun eine Biographie mit dem Titel "Tom Waits - Ein Leben am Straßenrand" erscheint, steht zu befürchten, dass wieder einer hineingetappt ist.

Der erfahrene Musikjournalist Barney Hoskyns beschwört die Gefahr gleich selbst und schreibt dann doch: "Der Alkohol forderte von ihm zunehmend den gleichen Tribut, den er schon von seinem Vater gefordert hatte, indem er eine gewisse Griesgrämigkeit hervorbrachte." Das Image des Dichter-Trinkers hat Waits tatsächlich eine Zeitlang kultiviert: in seinem von atemloser Beat-Lyrik durchdrungenen Frühwerk vor allem, das zumeist von Nachtgestalten handelt. Spätestens mit seinen epochalen Alben "Swordfishtrombones" (1983) und "Rain Dogs" (1985), die mit der Wende zu Vaudeville und Weill auch die Ausprägung der unverkennbar ruiniert klingenden Kunststimme demonstrieren, war jedoch klar, dass es sich dabei um eine Inszenierung handelt.

Ließ die Beatnik-Attitüde Waits in den Siebzigern wie aus der Zeit gefallen scheinen, so markiert seine Weiterentwicklung, wie Hoskyns treffend beschreibt, eine geradezu "heroische Absage an die synthetischen Banalitäten des Achtziger-Poprocks". Dass die Zirkusphase in Ausdruck und Inhalt weiter anhält, wird nirgendwo deutlicher als auf dem jüngst erschienenen Livealbum "Glitter and Doom" (Anti): Noch immer wirft sich Waits gern etwas Konfetti ins lichter gewordene Haar. Folgerichtig in der Weill-Tradition zählen seine Arbeiten für den Regisseur Robert Wilson, insbesondere jene heillosen Lieder zu dessen Woyzeck-Inszenierung ("Blood Money", 2002), zum Besten, was zeitgenössische Theatermusik zu leisten vermag. Hoskyns hat aus der Wilson-Zeit jede überlieferte Probenanekdote ausgegraben, wie denn sein Buch gelegentlich zur Trivia-Sammlung gerät. Das Namensregister lässt allerdings erkennen, wie vielfältig die Einflüsse, wie groß die Anziehungs- und Ausstrahlungskraft des Künstlers in seiner fast vier Dekaden umspannenden Karriere geworden sind: Zwischen Alban Berg und Warren Zevon haben Gott und die Welt Platz, also etwa die Flying Burrito Brothers oder ein Cellist namens Edgar Lustgarten. Waits' Wirkungsmacht kann man leicht auch an der Zahl der ihm gewidmeten Alben und Coverversionen ablesen; seit neuerem sind erstaunlich viele von weiblichen Stimmen wie Anne-Sofie von Otter oder Joan Baez darunter. Nicht immer gelingt es allerdings, die eigenartigen Werke in eine andere Sphäre oder auch nur in ein anderes Timbre zu überführen. Dass Bob Dylan auch für Waits ein Vorbild war, ließ der einmal anerkennend verlauten. Umgekehrt fällt jedoch auf, dass Dylans Altersstimme immer mehr an Waits-Charakter gewinnt. Das ist für beide eine Ehre.

Seine Extravaganz hat der Sänger auch als Schauspieler bewiesen, in zahlreichen Gammler-Gastrollen, aber auch bei bedeutenderen Auftritten etwa für Robert Altman. Zu wenig gewürdigt indessen hat man bislang Waits' Qualitäten als Komiker. Ein amüsantes Talkshowthema über Jahre hinweg war etwa seine Wohnsituation: Hier entfaltete die Tropicana-Falle ihr spielerisches Potential. Als David Letterman ihn einmal fragte, ob es stimme, dass er eine Weile in seinem Auto gelebt habe, antwortete der, das habe ja wohl jeder Mensch. Der Komiker Waits kommt auch bei Hoskyns zu kurz. Immerhin ist dessen Buch selbst unterhaltsamer, detaillierter und besser übersetzt als die bisherigen Versuche, sich Waits biographisch zu nähern. Wirklich einholen kann aber auch er die lebende Legende nicht, die, so viel scheint gesichert, an diesem Montag ihren sechzigsten Geburtstag feiert.

JAN WIELE

Barney Hoskyns: "Tom Waits - Ein Leben am Straßenrand". Aus dem Englischen von Stephan Glietsch. Wilhelm Heyne Verlag, München 2009. 701 S., 70 Abb., geb., 24,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Durchwachsen scheint Rezensent Bernd Graff diese 700-Seiten-Biografie über Tom Waits, die Barney Hoskyns vorgelegt hat. Sicher, die Herausforderung, die Schwierigkeit, die eine Biografie über diesen Künstler darstellt, ist ihm bewusst, sie liegt in seinen Augen vor allem darin, den Menschen Waits nicht mit der Bühnenfigur zu verwechseln. Und hier liegt für Graff auch die Crux von Hoskyns' Buch, für das er keinerlei Unterstützung durch den öffentlichkeitsscheuen Waits erhalten hat: das Leben, das der Autor beschreibt, so der Rezensent, "dürfte nicht das von Tom Waits sein, sondern das seines Bühnen-Avatars". Er attestiert Hoskyns zugleich, minutiös recherchiert zu haben. Und er lobt diese "Indizienbiografie" als überaus "unterhaltsam", gerade wenn es um die jungen Jahre des Musikers geht. Andererseits stört ihn der oft "penetrant werdende Psychologismus" des Autors.

© Perlentaucher Medien GmbH