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Für alle, die auf Hilfe, Unterstützung und Beistand angewiesen sind, für alle ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer sowie für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in sozialen Diensten und Einrichtungen. Einrichtungen. 50 Analysen, Visionen und unbequeme Wahrheiten von A wie Alter bis Z wie Zuwanderung.

Produktbeschreibung
Für alle, die auf Hilfe, Unterstützung und Beistand angewiesen sind, für alle ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer sowie für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in sozialen Diensten und Einrichtungen. Einrichtungen.
50 Analysen, Visionen und unbequeme Wahrheiten von A wie Alter bis Z wie Zuwanderung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.09.2004

Ende der Solidarität
Zwischen Freiheit des Markts und sozialer Gerechtigkeit

Konrad Deufel/Manfred Wolf (Herausgeber): Ende der Solidarität? Verlag Herder, Freiburg 2003, 336 Seiten, 14,90 Euro.

Im Gebälk des Sozialstaates knirscht es seit geraumer Zeit, Sanierung tut not. Konrad Deufel und Manfred Wolf, die Herausgeber des Buches mit dem besorgt fragenden Titel "Ende der Solidarität?" wirken im Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge. Sie wissen aus eigenem Erleben um die wachsende Überlastung der sozialen Fürsorge. Ihr Band ist fünfzig Stichpunkten der Sozialpolitik gewidmet, von A wie Alter bis Z wie Zuwanderung. Die Autoren stammen aus Politik und Verbänden, Hochschulen und Kirchen. Sie nehmen sich jeweils ein einzelnes Stichwort vor und stellen dabei Wegweiser in die Zukunft auf. Bei fünfzig so unterschiedlichen Fragen (und Autoren) wie Familie (Renate Schmidt), Sozialstaat (Heiner Geißler) und Verantwortung (Friedrich Schorlemmer) wäre die Erwartung illusorisch, alle Beiträge könnten aus einem Guß sein. Das schadet dem Buch jedoch keineswegs. Schon der Aufklärer Denis Diderot konzipierte eine Enzyklopädie nicht als bloße Sammlung von Faktenwissen, sondern als Anregung zu Diskussionen unter seiner Leserschaft. Eine ebensolche herausgeberische Intention ist dem Buch anzumerken.

Zu den einzelnen Beiträgen, die Überraschungen bereithalten, gehören diejenigen von Johannes Rau und Gerhard Schröder. Bundespräsident und Bundeskanzler beharren auf dem Postulat, daß der Staat ein unersetzliches Werkzeug der "sozialen Gerechtigkeit" sei, und zitieren dabei Bismarck als Vorbild. Gerhard Schröder und Angela Merkel wiederum berufen sich beide auf die Freiheitsideale der Aufklärung, legen diese allerdings unterschiedlich aus. Für Schröder ist Freiheit des Marktes unvereinbar mit sozialer Gerechtigkeit, während Merkel rundheraus einen Paradigmenwechsel in der Staatsauffassung fordert.

Wie sehr sich die Demarkationslinien zwischen der Aufgabenstellung staatlicher und außerstaatlicher Fürsorge verwischt haben, beklagt der Hildesheimer Bischof Josef Homeyer, der in der korporatistischen Verfassung der deutschen Politik die Ursachen einer Denkblockade ortet. Der Staatskirchenrechtler Axel von Campenhausen erinnert daran, daß viele soziale Aufgaben traditionell nicht in staatlicher, sondern in kirchlicher Trägerschaft lagen. In der Bundesrepublik unterhalten die Kirchen beispielsweise 1400 Schulen. Als Leser wüßte man gerne, ob ein Leistungsvergleich mit staatlichen Schulen vorliegt. Hellmut Puschmann, Präsident der Caritas, kritisiert die "privilegierten Mehrheiten der Senioren und der sonstigen Personen ohne Unterhaltsverpflichtungen", welche die wahren Nutznießer des Sozialstaates seien. Die Mehrheit aller Beiträge eint dabei die Erkenntnis, daß die Zukunft des Sozialstaates nicht eine Frage seiner Finanzierbarkeit ist, sondern der Einstellung seiner Bürger.

BENEDIKT KOEHLER

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.07.2003

Was genau ist „sozial”?
Der moderne Staat kann sich Gerechtigkeit nicht mehr leisten
KONRAD DEUFEL / MANFRED WOLF (Hrsg.): Ende der Solidarität? Die Zukunft des Sozialstaats. Herder, Freiburg 2003. 336 Seiten, 14,90 Euro.
Eine bisweilen unergiebige Lektüre beschert der im Auftrag des „Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge” erstellte Sammelband mit fünfzig, naturgemäß ziemlich heterogenen, kleinen Aufsätzen. Bereits im Vorwort verkünden die Herausgeber vollmundig: „Der Stand der öffentlichen Debatte muss eine gemeinsame Grundlage und eine gemeinsame Zielrichtung erkennen lassen: Umbau JA – Abbau NEIN!” Gleichwohl geben sie zu, dass „sozial” und „gerecht” Zielvorstellungen sind, die sich nur schwer operationalisieren lassen. Das Problem wird an Äußerungen von Bundespräsident Johannes Rau sehr deutlich: Dieser macht sich einerseits vehement für das Sozialstaatsgebot als „Kernbestand unserer gesellschaftlichen Ordnung”stark; doch auch er räumt ein, dass Reformen bei den sozialen Sicherheitssystemen benötigt würden. Und schränkt dann wiederum weiter ein: Durch diese Reformen dürften diejenigen, die heute am Rande der Gesellschaft stünden, nicht „morgen ganz aus ihr herausgedrängt” werden.
Ein westdeutscher Sozialhilfeempfänger lebt momentan durchschnittlich von 292 Euro pro Monat. Das Einkommen des Konzernchefs der Deutschen Bank, Josef Ackermann, betrug hingegen im Jahr 2002 sieben Millionen Euro. Die Managerelite in den USA verdient im Durchschnitt 200 Mal so viel wie ein mittlerer Angestellter. Von der geplanten Kürzung des Arbeitslosengeldes oder der Auslagerung des Krankengeldes sind diese Minderheiten nicht betroffen.
Heiner Geißler vertritt daher in seinem Aufsatz die Meinung, das „Durcheinander” in der sozialpolitischen Diskussion sei dem Umstand zu verdanken, dass „ethische Grundsätze nicht mehr beachtet oder aus dem Bewusstsein verdrängt” würden. Noch vor 25 Jahren habe er, „hart an der Grenze des Zulässigen”, die berüchtigte Parole „Freiheit statt Sozialismus” proklamiert – heute aber sei nicht mehr die Freiheit gefährdet, sondern die Solidarität zwischen Reich und Arm, Ost und West, Männern und Frauen, Deutschen und Ausländern. „Die Sozialbeziehungen werden monetarisiert.” Statt Kündigungsschutz gebe es Abfindungen, statt sozialer Marktwirtschaft dominierten der Shareholder Value, die Macht des Börsenwerts, die Drei-Klassen- Medizin. Geißler schaut aber nicht nur auf Deutschland: Auf der Welt, schreibt er, lebten „225 Menschen mit einem Vermögen von zusammen einer Billion Dollar, das ist genauso viel wie die Hälfte der Menschheit, nämlich 3 Milliarden Menschen, insgesamt an jährlichem Einkommen haben.”
Kardinal Franz Hengsbach findet, es sei ein Fehler, auf modische Formeln wie Globalisierung, demographischen Wandel oder die technische Revolution zurückzugreifen, um damit die Ursachen der Arbeitslosigkeit zu erklären – für Hengsbach sind das „Schmetterlingswörter, deren Erklärungswert gegen Null tendiert.” Die gröbste Fehldiagnose sei es, die „Massenarbeitslosigkeit durch individuelles Versagen zu erklären.” Seien in der Industriegesellschaft Qualifikationen wie „Zählen, Wiegen, Messen gefragt”gewesen, so nehme in der Dienstleistungsgesellschaft die Fähigkeit des „Heilens, Beratens und Spielens” an Bedeutung zu. Diese „Arbeit am Menschen, die das Arbeitsvermögen als den kostbarsten Schatz reifer Industriegesellschaften” entdecke, werde die Zukunft der Erwerbsarbeit ausmachen.
Auch ein Text vom Bundeskanzler ist in der Aufsatzsammlung enthalten, doch Gerhard Schröder speist den interessierten Leser mit Plattitüden ab: Das Pochen auf Eigenverantwortung sei eine der wesentlichen Aufgaben des Sozialstaats, schreibt er, und auch Oppositionsführerin Angela Merkel doziert über Banalitäten: „Der geistige und praktische Aufbruch zu neuen Ufern” werde gebraucht.
Karl Kardinal Lehmann predigt salbungsvoll für den Sonntag – dieser sei eine Zeit des Innehaltens und eine Grundbedingung „gelungener Freiheit”; Anselm Grün wiederum, Benediktiner und als geistlicher Berater bei Topmanagern beliebt, rekurriert zur Lösung gegenwärtiger Probleme auf den heiligen Benedikt, der sich im sechsten Jahrhundert nach Christus zu den Themen der Zeit äußerte. Und Dietmar Mieth, der in Tübingen Theologische Ethik lehrt, warnt eindringlich vor einer Abschaffung von „Geburt und Tod” in rund 500 Jahren. Das ist alles sehr geheimnisvoll, und in der vorwiegend innerkatholischen Debatte, die in diesem Buch dokumentiert ist, findet sich auch viel soziales Engagement. Allerdings schmerzt die Lektüre, denn sie gemahnt daran, dass hier viele schöne und hehre Worte doch nichts daran ändern, dass die anstehenden Reformen eben doch genau das nicht sein werden: sozial.
THOMAS ECKARDT
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

"Bisweilen unergiebig" findet Thomas Eckardt die Aufsätze der fünfzig Sozialexperten in diesem Sammelband von Konrad Deufel und Manfred Wolf. In der großenteils "innerkatholischen Debatte" zeige sich zwar "viel soziales Engagement", meint der Rezensent, jedoch bezweifelt er, dass die schönen Worte tatsächlich soziale Politik nach sich ziehen werden. Schon der Beitrag von Bundespräsident Rau mache deutlich, so Eckardt, dass die Begriffe "sozial" und "gerecht" schwer zu definieren und noch schwerer konkret in der Politik umzusetzen sind. So plädiere Rau einerseits für den bisherigen Sozialstaat, andererseits halte er Reformen aber für dringend nötig. Heiner Geißler wiederum vermisse die "ethischen Grundsätze" in der heutigen sozialpolitischen Diskussion. Der Bundeskanzler und die Oppositionsführerin äußern nur "Plattitüden" und "Banalitäten", ärgert sich Eckardt. Und die kirchlichen Vertreter ergehen sich in "geheimnisvollen" Reden über den heiligen Benedikt, die "Abschaffung von Geburt und Tod" oder den Sonntag als "Grundbedingung gelungener Freiheit".

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