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Vorhang auf für die Münchner Kammerspiele: Die Autoren und die Regisseure, die Dramaturgen und die Bühnenbildner, die Schauspieler und das technische Personal, die Kritiker und die Enthusiasten haben sich noch einmal versammelt, um in einer großen Rückschau Bilanz zu ziehen. Die aufregende und reich bebilderte Erfolgsgeschichte eines Stadttheaters, das weit über Deutschlands Grenzen hinaus bewundert wird. "Das" Theaterbuch des Jahres.

Produktbeschreibung
Vorhang auf für die Münchner Kammerspiele: Die Autoren und die Regisseure, die Dramaturgen und die Bühnenbildner, die Schauspieler und das technische Personal, die Kritiker und die Enthusiasten haben sich noch einmal versammelt, um in einer großen Rückschau Bilanz zu ziehen. Die aufregende und reich bebilderte Erfolgsgeschichte eines Stadttheaters, das weit über Deutschlands Grenzen hinaus bewundert wird. "Das" Theaterbuch des Jahres.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.04.2001

Legenden: Sunnyi Melles und Peter Lühr in „Troilus und Cressida” (links); Thomas Holtzmann und Rolf Boysen in „König Lear”; in der Mitte: Regisseur und Intendant Dieter Dorn
Foto: Kammerspiele
Sie wollten nur alles
Das Buch zur Ära: Zum Ende der Intendanz von Dieter Dorn erscheint eine imposante Dokumentation über die letzten 25 Jahre an den Münchner Kammerspielen
Das war’s nun also: 25 Jahre Münchner Kammerspiele mit und unter Dieter Dorn, von 1976 bis 2001 – ein Vierteljahrhundert Theatergeschichte. Diese lange Zeit des künstlerischen Schaffens in einem Buch zusammenzufassen und im Detail noch einmal Revue passieren und glänzen zu lassen, das ist eine gewaltige Liebhaber- und Fleißaufgabe. Vollbracht hat sie Sabine Dultz, die Feuilleton-Chefin des Münchner Merkur. Der imposante, 608 Seiten starke Band, den sie zum Ende der Intendanz Dorn im Carl Hanser Verlag herausgibt – heute wird er im Münchner Literaturhaus präsentiert – trägt den Titel: „Die Münchner Kammerspiele”. Darunter steht: „Mit Dieter Dorn und Michael Wachsmann” (von 10. April an im Buchhandel, für 68 Mark).
Es ist das Buch zur Ära – und schon die Gestaltung verweist auf all das, was die Kammerspiele in den letzten zwei Jahrzehnten ausgemacht hat: die feierliche Eleganz der Aufmachung – auf dem Titel, in dezentem Lila-Blau, eine Szene aus „Prinz Friedrich von Homburg” –; das Understatement in der Präsentation bei gleichzeitigem Bewusstsein von Größe; die Seriosität der Bebilderung – unter den rund 600 Abbildungen von Oda Sternberg und Winfried E. Rabanus sind nur wenige Farbfotos – und dann natürlich: die Konzentration auf den Text und auf die Menschen. Jeder einzelne, der an diesem Theater mitgewirkt hat, kommt in dem Buch vor: mehr als 460 Schauspieler, 80 Regisseure, 90 Bühnen- und Kostümbildner, dazu all die Helfer hinter den Kulissen. Es ist eine Familienchronik, ein Kammerspiele-Kompendium. Vor allem aber auch: eine Bibel.
Es beginnt mit der Offenbarung. In einem langen Gespräch mit der Herausgeberin geben Dieter Dorn und Michael Wachsmann Auskunft über ihr Schaffen: „Wir wollten nur alles.” Beide wurden 1976 von Hans-Reinhard Müller an die Kammerspiele geholt, Dorn als Oberspielleiter, Wachsmann als Dramaturg. 1983 wurde Dorn dann selbst Intendant und machte Wachsmann drei Jahre später zum Künstlerischen Direktor.
Wenn sie zurückblicken auf die gemeinsame Zeit, dann bedauern sie nur wenig – etwa, dass sie zu selten Stücke von Tschechow gemacht oder 1997 auf Peter Zadek und dessen „Richard III.” vertraut haben, diesen „Wackel-Peter”. Im Blick zurück liegt vor allem Stolz: Stolz auf das einzigartige Ensemble dieses Hauses, diese „gemischte Raubtiergruppe”, die man doch immer hat zusammenhalten können; Stolz auf ihre Texterforschungen. Stolz auch auf die Stückauswahl. Dorn: „Wir schwärmen für die alten Stücke, wir würden sie alle wieder machen.” Wachsmann: „Es sind im Ganzen immer herausfordernde Stücke gewesen und nie bedienende. Deswegen hat auch nie der psychologische Realismus eine Rolle gespielt.” Das, was er stets versucht habe, würde Dorn eher als „magisches Realismusspiel” definieren. Wobei er keinen Hehl aus seiner Neigung zum Boulevard macht. Das größte Kompliment habe ihm einmal der alte George Tabori gemacht: „Dieter, du bist der einzige, den ich kenne, der am Broadway inszenieren könnte.” Dorns Devise nämlich lautet: „Leicht muss es sein.”
Dagegen stinkt im einzig wirklich kritischen Gastbeitrag des Buches nur Wolfgang Höbel vom Spiegel an. Der schreibt: „Fast alles, was ich vom Theater nicht will, weiß ich von Dieter Dorn.” Das habe mit der „Zitronenbittermiene” zu tun, mit der Dorn das Theater „als strenge moralische Anstalt zu behaupten versucht”; mit Dorns „finsterem Belehrungspathos”. Höbel wünscht sich – wie vielleicht so mancher aus der jüngeren Generation – vom Theater „mehr Mut zum Scheitern und mehr Nähe zu meinem eigenen Leben”, als das in vielen „elegant-fernen” Dorn-Inszenierungen zu finden gewesen sei. Allerdings: „Auch das Wichtigste, was ich über das Theaterglück gelernt habe, weiß ich von Dieter Dorn.”
Das Theaterglück, das Dieter Dorn in seinen eigenen Inszenierungen immer wieder beschert oder als Intendant ermöglicht hat, wird in den Beiträgen des Buches eingehend gewürdigt. Herbert Riehl-Heyse etwa beschreibt, wie Dorn, der gebürtige Sachse, allmählich mit dem „süddeutsch-bayerischen Element” so vertraut wurde, dass er nicht nur Achternbusch und Kroetz zu Hausgöttern machte, sondern seine Bühne auch für die Revuen von Hans Christian Müller und Gerhard Polt zur Verfügung stellte – mit dem Verdienst, dass München leuchtete und dem Freistaat Bayern manchmal ordentlich heimgeleuchtet wurde. Hans Well von der beteiligten Biermösl Blos’n erinnert sich, wie sich 1982 ein „unrasierter Typ, der wie Mick Jagger aussah” als Dieter Dorn entpuppte. Und er dankt, dass Dorn „so Krattlern wie uns” seine „hehren Räume” geöffnet hat.
Erinnerungen, Würdigungen, Ritterschläge. „Dieter Dorn ist ein Meister der Kunst, im Gewöhnlichen das Außergewöhnliche sichtbar zu machen”, schreibt der Schauspieler Rolf Boysen. „Man war in den Aufführungen immer dicht am Leben im Land; und immer auf dem Weg darüber hinaus”, so der Kritiker Peter Iden. Joachim Kaiser nennt Dieter Dorn gar einen „Helden unserer Zeit”, im Sinne von Arnold Schönberg, der Helden als diejenigen beschreibt, „die Taten wagen, an die ihr Mut nicht heranreicht”.
Viele weitere Wegbegleiter kommen zu Wort, darunter Botho Strauß, Robert Wilson und Tankred Dorst. Schauspieler wie Helmut Griem, Gisela Stein, Lambert Hamel oder Cornelia Froboess halten Rückschau und würdigen ihre Kollegen. Der Regisseur Jens-Daniel Herzog schreibt über seinen Vater Peter. Jürgen Rose, Dorns kongenialer Bühnenbildner, plaudert aus dem Guckkästchen.
Eine Ära geht zu Ende. Das Drama dazu hat in einem Beitrag Susanne Schneider geschrieben: „Die Auslöschung”. In den Hauptrollen: Intendant Dieter Dorn und ein Kulturreferent namens Julian Nida-Rümelin. Aber man muss jetzt nicht nachkarten, denn es geht ja weiter. Im Herbst wird Dieter Dorn das Bayerische Staatsschauspiel übernehmen. Für die Eröffnung hat er sich naturgemäß einen Shakespeare ausgesucht, den „Kaufmann von Venedig”. Grundstein für eine neue Bibel.
CHRISTINE DÖSSEL
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Dies war zweifellos eine "gewaltige Liebhaber- und Fleißaufgabe", bemerkt Christine Dössel zu Beginn ihrer Rezension. Die Herausgeberin, Feuilletonchefin des Münchner Merkur, habe jeden zu Wort kommen lassen, der in irgendeiner Form in den letzten 25 Jahren an den Kammerspielen mitgewirkt hat. Auch die "feierliche Eleganz" der Aufmachung des gewaltigen Bandes scheint ihr von einiger Aussagekraft. Die Offenbarung von Dorn und Wachsmann zu Beginn des Buches laute:" Wir wollten nur alles", und das scheint ihnen, dies jedenfalls ist der Tenor des Buches, meint Dössel, auch geglückt zu sein. Aus ihrem Rückblick spreche kaum Bedauern über Mißglücktes oder Versäumtes, sondern hauptsächlich Stolz, hält Dössel fest. Auch unter den zahlreichen Gastbeiträgen von Schauspielern, Wegbereitern, Bühnenbildnern finde sich nur ein einziger kritischer, fällt der Rezensentin auf. Es entstehe vielmehr der Eindruck, dass eine Ära zuende geht, und wer dies bedauert, den tröstet die Rezensentin mit der Perspektive, dass Dorn demnächst die Bayrischen Kammerspiele übernimmt und aus dieser Tätigkeit möglicherweise der Grundstein für eine neue Bibel in der Art erwachse, wie sie gerade herausgebracht wurde.

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"Ein Vierteljahrhundert Theater auf höchstem Niveau, mit diesem typisch Dornschen Profil der hundertprozentigen Textdurchdringung, der dramaturgisch strengen Sorgfältigkeit und Vertiefung, das lässt sich kaum in einem Buch einfangen. Und doch ist hier so etwas in dieser Art gelungen..." Malve Gradinger, Münchner Merkur, 3.4.01 "Es ist das Buch zur Ära - und schon die Gestaltung verweist auf all das, was die Kammerspiele in den letzten zwei Jahrzehnten ausgemacht hat: die federleichte Eleganz der Aufmachung..; das Understatement in der Präsentation bei gleichzeitigem Bewusstsein von Größe; die Seriösität der Bebilderung...; und dann natürlich: die Konzentration auf den Text und auf die Menschen." Christine Dössel, Süddeutsche Zeitung, 5.4.01