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Grenzüberschreitende Angriffe von international operierenden Terroristen stellen eine signifikante Sicherheitsbedrohung dar und haben des Öfteren militärische Interventionen des attackierten Staates ausgelöst. Allerdings kann nicht jeder Angriff von privaten Akteuren einem Staat zugerechnet werden. Das Recht des angegriffenen Staates auf Selbstverteidigung kollidiert insofern mit der territorialen Integrität des Aufenthaltsstaates. Daher diskutiert diese Arbeit, wie die widerstreitenden Interessen aufgelöst werden können und in welchem Rahmen militärische Maßnahmen auf dem Gebiet des…mehr

Produktbeschreibung
Grenzüberschreitende Angriffe von international operierenden Terroristen stellen eine signifikante Sicherheitsbedrohung dar und haben des Öfteren militärische Interventionen des attackierten Staates ausgelöst. Allerdings kann nicht jeder Angriff von privaten Akteuren einem Staat zugerechnet werden. Das Recht des angegriffenen Staates auf Selbstverteidigung kollidiert insofern mit der territorialen Integrität des Aufenthaltsstaates. Daher diskutiert diese Arbeit, wie die widerstreitenden Interessen aufgelöst werden können und in welchem Rahmen militärische Maßnahmen auf dem Gebiet des Aufenthaltsstaates gerechtfertigt sein können. Die Autorin zeigt dabei auf, wie in der Völkerrechtslehre und der Staatenpraxis Souveränität im Rahmen der Terrorismusbekämpfung mittlerweile als Verantwortung und Rechtspflicht begriffen wird.
Autorenporträt
Katja Weigelt studierte interdisziplinär Internationale Beziehungen und Friedens- und Konfliktforschung in Dresden, Straßburg und Bradford. Sie war am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht ihres Doktorvaters, Prof. Dr. Fastenrath, tätig und übernahm die Geschäftsführung des Zentrums für Internationale Studien an der TU Dresden. 2009 wechselte sie ins Auswärtige Amt und 2011 ins Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Nach einem Jahr als Referentin für Entwicklungszusammenarbeit an der deutschen Botschaft Kabul ist sie nun als nationale Sachverständige an die Europäische Kommission, Generaldirektion Entwicklungspolitik, abgeordnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.03.2016

Auch auf fremdem Territorium?

Staaten sind völkerrechtlich verpflichtet, auf ihrem Hoheitsgebiet Terrorismus zu bekämpfen. Wenn sie dazu nicht in der Lage sind, dürfen Nachbarländer eingreifen, meint Katja Weigelt.

Von Christian Hillgruber

Die Einschätzung, dass der international beziehungsweise transnational operierende Terrorismus zu Beginn des 21. Jahrhunderts eine der größten Bedrohungen für die zivilisierte Staaten- und Völkerrechtsgemeinschaft darstellt, wird allgemein geteilt. Offen ist dagegen die Frage, ob die Völkerrechtsordnung auf diese Herausforderung hinreichend eingestellt ist oder ihr erst noch angepasst werden muss. Kann das nach wie vor auf die Staaten als die maßgeblichen internationalen Akteure und ihre territorial radizierte Souveränität als archimedischen Punkt zentrierte Völkerrechtssystem das Phänomen des internationalen Terrorismus zutreffend erfassen und verarbeiten? Oder muss das Völkerrecht sich strukturell verändern, nichtstaatliche Akteure in sein System stärker integrieren, um beweglicher Terrornetzwerke Herr werden zu können?

Unbestritten ist, dass die Staaten völkerrechtlich verpflichtet sind, auf ihrem Hoheitsgebiet Terrorismus effektiv zu bekämpfen und ihm keinen Rückzugsraum zu gewähren. Die Zulässigkeit von Verteidigungsmaßnahmen gegen grenzüberschreitend gewalttätige Private auf dem Territorium des Aufenthaltsstaates wird aber herkömmlich davon abhängig gemacht, dass diese Gewaltakte Privater dem Staat zugerechnet werden können, in dessen territoriale Integrität im Zuge der Verteidigungsmaßnahme eingegriffen wird. Dafür muss dieser Staat die - hinsichtlich der zu stellenden Intensitätsanforderungen strittige - Kontrolle über den privaten Angriff ausüben. "Insofern ist eine staatliche Zurechnung ausgeschlossen, wenn der Staat den privaten Angreifer lediglich ,beherbergt' beziehungsweise auf seinem Territorium duldet." Staatliche Verwicklung unterhalb der Zurechnungsschwelle zieht zwar die völkerrechtliche Haftung des betreffenden Staates nach sich, macht aber aus dem privaten Angriffsakt noch keinen "act of state".

Dürfen Staaten massive private grenzüberschreitende Gewalt auch dann unter Beeinträchtigung der territorialen Integrität eines anderen Staates militärisch beantworten, wenn sie diesem Staat nicht als eigenes Handeln zurechenbar ist? Eine eingehende Analyse der Staatenpraxis führt die Verfasserin zu dem überzeugenden (allerdings auch schon von anderen Autoren gewonnenen) Ergebnis, dass die internationale Gemeinschaft militärische Reaktionen eines Staates gegen nichtstaatliche Aggression auf fremdem Territorium für zulässig erachtet, falls sich der Staat, auf dessen Gebiet sich die dafür verantwortlichen Terroristen aufhalten, als zu deren Bekämpfung unfähig oder unwillig erweist.

Nach Ansicht der Verfasserin kann sich der angegriffene Staat dafür auf das Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der UN-Charta berufen. Dieses setze, anders als der Internationale Gerichtshof annimmt, nicht notwendig einen staatlichen Angriff voraus. Erlaubt seien vielmehr in Reaktion auf private terroristische Angriffe in einer Art von Notstandsbefugnis auch - nach Ziel sowie in Dauer und Intensität begrenzte und verhältnismäßige - Verteidigungsoperationen auf dem Aufenthaltsstaat der Terroristen. Der Aufenthaltsstaat, der selbst keine effektiven Maßnahmen ergreife, sei dann zur Duldung solcher Operationen verpflichtet, um die in seinem Herrschaftsgebiet befindliche Gefahrenquelle zu beseitigen.

Die mit der Anerkennung eines so weit gehenden, notstandsähnlichen Selbstverteidigungsrechts einhergehende Einschränkung des Anspruchs der Staaten auf Achtung ihrer territorialen Integrität erscheint der Verfasserin mit Recht durchaus mit der Idee territorialer staatlicher Souveränität vereinbar. Denn diese ist schon seit jeher immer auch als Kontrollverantwortung verstanden worden, als Pflicht der Staaten, ihr Staatsgebiet effektiv zu kontrollieren, um von dort ausgehende Gefahren für die Rechte anderer Staaten abzuwehren.

Katja Weigelt: Die Auswirkung der Bekämpfung des internationalen Terrorismus auf die staatliche Souveränität.

Verlag Duncker & Humblot, Berlin 2016. 154 S., 59,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Terroristen operieren oft grenzüberschreitend. Ist das Völkerrecht auf solche transnational operierenden feindlichen Kräfte vorbereitet, oder muss es ergänzt werden? Über diese Frage denkt Katja Weigelt nach, informiert uns der sich hauptsächlich aufs Referieren beschränkende Rezensent Christian Hillgruber. Nach Ansicht der Autorin gestattet es das Selbstverteidigungsrecht in Artikel 51 der UN-Charta, zur Terrorismusbekämpfung die Souveränität eines anderen Staates zu verletzen, wenn dieser Staat unfähig oder unwillig ist, die Terroristen auf seinem Staatsgebiet selbst zu bekämpfen. Eine richtige Erkenntnis, aber nicht ganz neu, lässt uns der Rezensent wissen.

© Perlentaucher Medien GmbH