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Baby-Yoga, PEKIP, Early-English die Liste der Trends in Sachen Kindererziehung ist lang, und fast täglich kommen neue Mode-Erscheinungen hinzu. Wer hier nicht auf dem neuesten Stand ist und seine Kenntnisse in Stilltreffs und Pädagogikkursen frischhält, gerät schnell in Verdacht, eine Rabenmutter zu sein. Vor allem berufstätige Mütter fühlen sich zunehmend unter Druck gesetzt, denn ihnen fehlt allein schon die Zeit, all diese neuen Trends auszuprobieren. Und schon schnappt die Gewissensfalle wieder zu. In diesem aktuellen, provokanten Buch fordert Jutta Hoffritz ein Ende der…mehr

Produktbeschreibung
Baby-Yoga, PEKIP, Early-English die Liste der Trends in Sachen Kindererziehung ist lang, und fast täglich kommen neue Mode-Erscheinungen hinzu. Wer hier nicht auf dem neuesten Stand ist und seine Kenntnisse in Stilltreffs und Pädagogikkursen frischhält, gerät schnell in Verdacht, eine Rabenmutter zu sein. Vor allem berufstätige Mütter fühlen sich zunehmend unter Druck gesetzt, denn ihnen fehlt allein schon die Zeit, all diese neuen Trends auszuprobieren. Und schon schnappt die Gewissensfalle wieder zu.
In diesem aktuellen, provokanten Buch fordert Jutta Hoffritz ein Ende der "Mütterbeschäftigungsindustrie" und plädiert für ein neues, ganz entspanntes Rabenmüttertum.
Autorenporträt
Jutta Hoffritz ist studierte Volkswirtin, gelernte Journalistin und arbeitet seit fast zehn Jahren für die ZEIT. Sie hat einen Mann mit zwei Töchtern geheiratet und einen Sohn geboren. Nachdem die großen Mädchen gut erzogen in ihr Leben traten, machte sie nach der Geburt des Sohnes erstmals Bekanntschaft mit Pekip, STEP und anderen zeit- und nervenraubenden Pädagogiktrends. Sie ist bekennende Rabenmutter und schreibt dieses Buch, um anderen Frauen Mut zu machen, sich für Kinder zu entscheiden und für den Beruf - und gegen das Baby-Yoga.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.10.2008

Sind unsere Kinder noch zu retten?
Jutta Hoffritz über den Optimierungswahn neurotischer Vollzeit-Mütter / Von Sandra Kegel

Kinder und Karriere, in Deutschland ist das ein Politikum. Frauen können zwar nach den Sternen greifen, aber nur, solange sie keine Kinder haben. Werden sie Mütter, ist es damit oft vorbei. Auch in einem Kanzlerinnenland ist das Kümmern Frauensache. Dass Mütter neuerdings pausenlos im Einsatz sind in Sachen Babyschwimmen, Babymassage, Baby-Yoga, entwickelt sich für Berufstätige indes immer mehr zum Problem. Denn wer arbeitet, dem fehlt die Zeit für die Ansprüche der Mütterbeschäftigungsindustrie: Es gilt, allergenarmes Kochen zu lernen, korrektes Möhrenschaben und fachgerechtes Tragen des Säuglings im Tragetuch. Soll es die Baby-Bachblütentherapie sein, musikalische Früherziehung, Early-English? Oder alles zusammen?

Dass der tägliche Optimierungswille am Kind diesem nicht unbedingt nutzt, bringt Jutta Hoffritz in ihrem lesenswerten Buch "Aufstand der Rabenmütter" mit Witz und Fakten auf den Punkt. So entlarvt die Journalistin etwa Pekip, jene Förderkurse für Säuglinge ab der vierten Lebenswoche, die ein Muss sind für die urbane Mittelschicht, als Programmierkurs für die kindliche Software. Auch das Säuglingsschwimmen geißelt sie als populären Missgriff ehrgeiziger Eltern, denn: "Kinder lernen, was sie lernen müssen, und zwar unabhängig vom elterlichen Weiterbildungswillen." Immerhin aber schadet der Aufenthalt im pippiwarmen Wasser nicht, von Schniefnasen und Mittelohrentzündung einmal abgesehen.

Aus lauter Sorge, nur ja keine Chance ungenutzt zu lassen, haben viele Eltern das Augenmaß bei der Erziehung verloren. So wird das absurde Bedürfnis entfacht, schon drei Monate alte Säuglinge mit Fremdsprachen zu bombardieren. Der Effekt ist erwiesenermaßen jedoch gleich null. Kleinkinder lassen sich durch noch so eifriges Kursbesuchen nicht auf Glück und Erfolg trimmen. Schon allein weil sie anders lernen als Erwachsene. Die Mütter aber, alarmiert durch Pisa und Zukunftsängste, ficht das nicht an. Im Gegenteil, kritisiert Hoffritz, laute ihr Credo "Synapsenpflege". Das führe zu einem Paradox: Denn die Mütter versuchen, ihre Kleinen bestmöglich auf das Berufsleben vorzubereiten, aus dem sie sich selbst oft gerade zurückgezogen haben.

Der Frühförderwahnsinn bedeutet vor allem Stress für Mütter und Kinder, wie die Autorin mit vielen Beispielen aus dem Alltag belegt. Die Wissenschaft diagnostiziert dann ein Obsessive Overparenting Syndrome, zu deutsch: Übermutterungswahn. "Kinder sind demnach nicht mehr einfach nur Kinder, sondern besondere kleine Wesen, die in jeder wachen Minute angeregt und bereichert werden müssen", merkte unlängst die Zeitschrift "Eltern" an. Die Folge sei ein Heer neurotischer, ausgebrannter Mütter. Wer mehr als fünf Erziehungsratgeber im Regal stehen hat, ist nach Lesart der Autorin infiziert.

Warum aber begehren die Mütter nicht auf, gerade die berufstätigen, die sich dem Leistungsdruck ums Kind ohnehin nicht stellen können? Warum findet der "Aufstand der Rabenmütter" nicht statt? Immerhin arbeiten 61 Prozent aller Mütter. Von dieser stillen Mehrheit hört man wenig. Für Jutta Hoffritz liegt die Antwort auf der Hand: Sie haben aus organisationstechnischen Gründen schlicht keine Zeit. Berufstätige Mütter können es sich nicht leisten, einen Arbeits- oder Spielplatztag zu opfern, um für ihre Belange auf die Straße zu gehen.

Und schließlich, weiß Hoffritz, lässt das schlechte Gewissen berufstätige Mütter verstummen: "Heimlich grübeln sie, ob ihr Kind auch ohne Baby-Yoga wirklich zu einem glücklichen Menschen werden kann." Am Gartenzaun der Doppelhaushälfte werden sie von den Mütterkriegerinnen gequält, die täglich zum Thema Kind theoretisieren und die gesamte Ratgeberliteratur samt Hüpfburgenführer kennen. An dieser Stelle setzt Hoffritz an: Sie appelliert an Mütter, aufzustehen, die Wahrheit auszusprechen, um es anders zu machen. Die Entscheidung muss lauten: Kinder und Beruf, kein Baby-Yoga.

Die Sorge der Mütter galt seit je dem körperlichen Wohl des Nachwuchses. Heute aber gerät die Verantwortung, die man ihnen aufbürdet - für die seelische Gesundheit und die intellektuelle Vervollkommnung der Kinder -, zur bedrückenden Last. Deshalb kommt Hoffritz' Aufruf zur Rebellion gerade recht. Es ist an der Zeit, die Mütter von dem Perfektionswahn zu entlasten. Kinder bedeuten ohnehin das Ende jeglicher Perfektion, sie verursachen Chaos, schlaflose Nächte und totale Unvorhersehbarkeit. Gerade darin liegt das Potential einer normalen Kindheit.

Jutta Hoffritz: "Aufstand der Rabenmütter". Warum Kinder auch ohne Baby-Yoga und Early-English glücklich werden. Verlag Droemer Knaur, München 2008. 200 S., br., 8,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Das Potential einer normalen Kindheit, da sind sich Rezensentin Sandra Kegel und die Autorin einig, liegt nicht in der perfekten Organisation eines prallen kindlichenTerminkalenders mit Baby-Yoga und Early English, sondern im Chaos eines Alltags mit Kind und Beruf. Dass der "Optimierungswahn" am Kind Wahnsinn ist und außer Stress wenig bringt, belegt Jutta Hoffritz laut unserer Rezensentin mit Fakten und mit Witz. Dabei ist Kegel gar nicht zum Lachen zumute, liest sie über das Heer neurotischer Mütter, das der Perfektionswahn und der Leistungsdruck ums Kind der Post-Pisa-Ära hinterlässt. Oder über das von Hoffritz aufgezeigte Paradox, der das Kind übereifrig aufs Berufsleben vorbereitenden Mutter, die darüber ihren eigenen Beruf aufgibt.

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