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Die angesehendste US-Außenministerin rechnet ab Vom Befreier und maßvollen Unterstützer des Selbstbestimmungsrechts der Völker zum moralisch fragwürdigen ›Weltpolizisten‹ - unter der Regierung Bush haben die USA einen Wandel durchgemacht, der nicht nur in Europa mit Sorge beobachtet wird. Mit Madeline Albright meldet sich nun erstmals eine hochrangige US-Politikerin zu Wort, die Kardinalfehler wie den Irak-Krieg deutlich beim Namen nennt und gleichzeitig die Richtung aufzeigt, die die letzte Supermacht einschlagen muss, will sie nicht am Ende ihre eigenen Werte verraten. Die ehemalige…mehr

Produktbeschreibung
Die angesehendste US-Außenministerin rechnet ab Vom Befreier und maßvollen Unterstützer des Selbstbestimmungsrechts der Völker zum moralisch fragwürdigen ›Weltpolizisten‹ - unter der Regierung Bush haben die USA einen Wandel durchgemacht, der nicht nur in Europa mit Sorge beobachtet wird. Mit Madeline Albright meldet sich nun erstmals eine hochrangige US-Politikerin zu Wort, die Kardinalfehler wie den Irak-Krieg deutlich beim Namen nennt und gleichzeitig die Richtung aufzeigt, die die letzte Supermacht einschlagen muss, will sie nicht am Ende ihre eigenen Werte verraten. Die ehemalige Außenministerin geht dabei besonders scharf mit der christlichen Rechten ins Gericht: Die selbsternannten Hüter der Moral untergraben den historischen amerikanischen Wertekonsens. Die zunehmende Distanz zu den europäischen Staaten, die Drosselung der Entwicklungshilfe und der erlahmende Einsatz Amerikas im Kampf gegen den Hunger in der Welt und gegen Aids in Afrika sind Zeichen für die schleichende Abkehr von humanitären Grundprinzipien. Madeline Albright hat ein mutiges Buch geschrieben, und ein Buch, das Mut macht, an ein Amerika zu glauben, das mit friedlichen Mitteln eine Menge bewegen kann.

Mit Madeleine Albright meldet sich die erste hochrangige Politikerin zu Wort, die einen politischen Richtungswechsel in den USA einläutet - mit Folgen für die ganze Welt. Mit einem Vorwort von Bill Clinton

Autorenporträt
Madeleine Albright wurde 1937 in Prag als Tochter eines tschechoslowakischen Diplomaten geboren. Zweimal musste die Familie aus ihrer Heimat fliehen, 1938 vor Hitler nach England sowie 1948 vor den Kommunisten, diesmal für immer in die Vereinigten Staaten. Die ehrgeizige und hoch begabte Madeleine studierte Politik sowie Rechts- und Staatswissenschaften und strebte nach der Promotion bereits in den Siebzigerjahren unter US-Präsident Jimmy Carter eine politische Karriere an. Neben ihrer Lehrtätigkeit an der Washingtoner Georgetown-Universität war sie außenpolitische Beraterin der demokratischen Präsidentschaftskandidaten Dukakis und Mondale und machte sich bald einen Namen als die Expertin für Außenpolitik. 1993 berief US-Präsident Bill Clinton sie zur UN-Botschafterin, 1997 zur Außenministerin der Vereinigten Staaten und damit zur mächtigsten Frau Amerikas. Sie ist geschieden und hat drei mittlerweile erwachsene Töchter.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.06.2006

Eine bessere Welt, knapp verpaßt
Wie Madeleine Albright den Islam studierte, um ihr Scheitern zu begreifen

Daß Madeleine Albright zwar weltweit bekannt ist, aber eben nicht in so einer Prominenzliga spielt wie der zum gleichen Zeitpunkt im Berliner Hotel "Adlon" umherspukende Udo Lindenberg, daß sich also keine Menschen nach ihr umdrehen oder Witze über sie erzählen, daß sie nicht den Friedensnobelpreis bekommen hat, daß sie, mit einem Wort, nicht Henry Kissinger ist: Das liegt an einem Mann und einem einzigen Augenblick und an der Religion.

Sie kommt oft und ganz von alleine darauf zu sprechen: "Arafat in Camp David - hätte er damals unterzeichnet, würden wir heute in einer anderen Welt leben."

Warum hat er eigentlich nicht? Er behauptete, nicht legitimiert zu sein, für alle Muslime über die Verwaltung ihrer heiligen Stätten zu entscheiden. Das Clinton-Team hatte sich in seiner Verzweiflung das Konzept einer "Göttlichen Souveränität" Jerusalems einfallen lassen, für welche die irdischen Staaten eine geteilte Verantwortung übernehmen sollten. Aber Arafat blieb stur. Er wollte lieber von seiner schrumpfenden Anhängerschaft als "palästinensischer Saladin" gefeiert werden, denn als Staatsmann Kompromisse eingehen. "Wenn ich bei unseren heiligen Stätten nachgebe, bin ich ein toter Mann."

Dieses Scheitern läßt Albright nicht los: Später hat sie es nachgelesen: Schon Richard Löwenherz ist an derselben Frage gescheitert, das war im Jahr 1192.

Sie schreibt sich das Scheitern freilich auch selbst zu: Sie hatte im Vorfeld des Treffens zuwenig getan, um vor allem die gemäßigten muslimischen Staaten auf das Jerusalem-Problem vorzubereiten. "Wir hatten mit denen nie über eine gemeinsame Verwaltung von Jerusalem gesprochen. Als wir dann hektisch aus Camp David anriefen, hatten sie keine Ahnung, wovon wir überhaupt sprachen." Sie habe, sagt sie, die Rolle der Religion unterschätzt. Sie sei stets von der traditionellen diplomatischen und liberalen Zurückhaltung ausgegangen: Das Problem ist schon kompliziert genug, laßt uns nicht noch die Religion oder gar Gott hineinbringen.

Als sie später, nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt, ihre Unterlagen durchsah, um ihre Memoiren zu schreiben, fand sie immer wider am Rande ihrer Papiere diesen Merksatz: Den Islam studieren! In einem gemäßigten Umfang hat sie das schon während ihrer Amtszeit unternommen, sprach mit geistlichen Führern, ließ muslimische Feiertage in die offizielle Liste ihres Ministeriums aufnehmen und nahm an Iftar-Essen teil, mit denen das Fasten an Tagen des Ramadan beendet wird; und sie setzte sich für die Muslime in Bosnien und Somalia ein.

Doch allzuviel wußte sie nicht über den Islam und vor allem nicht über die Rolle der Frauen im Islam. Und weil Madeleine Albright eine Wissenschaftlerin geblieben ist, hat sie sich dieses Themas angenommen, und herausgekommen ist ein erstaunlich lehrreiches und überraschend lesbares Buch. Wenn Politiker Bücher schreiben, kann bekanntlich eine Menge schiefgehen; oft sind es lange Rechtfertigungen entgangener Möglichkeiten, die erneute Aufarbeitung ihrer aktuellen Wahlkampfschlager; und schon nach wenigen Wochen liegen sie im Kaufhaus zwischen den Romanfassungen abgesetzter Fernsehserien und Diättips toter Schauspieler.

Albright beherzigt in ihrem Buch hingegen erst einmal das Grundprinzip der Moderne, die kritische Selbstreflexion. So schreibt sie eine sehr klarsichtige Analyse ihrer eigenen Illusionen über den Stellenwert der Religion im öffentlichen Leben der Vereinigten Staaten: "Ursprünglich", sagt sie dazu, "war ich der Meinung, Bush sei eine Anomalie der amerikanischen Geschichte." Erst beim Nachlesen der großen Reden amerikanischer Präsidenten sei ihr aufgefallen, wie sehr sie sich getäuscht hatte, wie sehr die religiöse Melodie das nationale Leben schon immer durchzogen hatte, auch und gerade unter demokratischen Präsidenten. Doch die neuen Medien, die Kabelkanäle hätten die Durchschlagskraft der Fernsehprediger vervielfacht. So sah sie sich auf ihren Reisen durchs eigene Land des öfteren durch die Frage in die Defensive gedrängt, ob die Vereinten Nationen nicht ein atheistischer Klub seien, der mit schwarzen Hubschraubern die Welt zu regieren trachte; ob sie nicht auch an Armageddon und das große Erwachen glaube. "Da waren viel mehr Menschen, die an das Jüngste Gericht als konkretes Ereignis glaubten, als ich je für möglich gehalten hätte. Es gibt sogar Autoaufkleber frommer Automobilisten: ,Am Tag der Großen Entzückung wird dieses Auto fahrerlos sein!'"

Das größte Rätsel aber waren ihr die Frauen im Islam. "Wie viele amerikanische und westliche Frauen war ich vollkommen davon überzeugt, daß unser Lebensstil für Frauen auf der ganzen Welt als der erstrebenswerteste gilt. Aber eine Reihe von Begegnungen mit intelligenten und selbstbewußten muslimischen Frauen hat mich eines Besseren belehrt."

In ihrem Buch hält Albright fest: "Es gibt im Koran Stellen, die Frauen benachteiligen - etwa die Aussagen über Polygamie, Scheidung und Erbrecht -, aber in jedem Fall sind die Verse des Korans weniger diskriminierend als die damals in Arabien herrschenden Gebräuche. Mohammed sagte seinen Anhängern: Ihr habt gewisse Rechte gegenüber euren Frauen, aber sie haben auch Rechte gegenüber euch." Und sie fährt im Stil einer Einführung fort. "Es gibt keine Vorschrift im Koran, die den Frauen das Wahlrecht absprechen würde, das Recht, Auto zu fahren, mit Männern in der Öffentlichkeit zusammenzutreffen oder einer Arbeit außerhalb des Haushalts nachzugehen (die Frau des Propheten, Khadija, war eine erfolgreiche Geschäftsfrau). Die Länder mit der größten muslimischen Bevölkerung, Indonesien, Indien, Pakistan, Bangladesch und die Türkei, haben beziehungsweise hatten Frauen als gewählte Regierungsoberhäupter - eine solche Bilanz können weder die Vereinigten Staaten noch irgendein arabischer Staat vorweisen."

Albright gibt sich Mühe, den dynamischen Charakter des Islams verständlich zu machen. Eine Schlüsselstellung schreibt sie dabei den europäischen Muslimen zu. Dabei kommt sie auf einen Vorschlag des Großmuftis von Bosnien, Mustafa Ceric, zurück, den dieser im September 2005 in New York auf einer von Bill Clinton initiierten Tagung formulierte: "Er schlug einen Gesellschaftsvertrag vor, in dem die europäischen Muslime sich unmißverständlich zu den demokratischen Grundsätzen bekennen, gleichzeitig jedoch auch ihre politischen, wirtschaftlichen und religiösen Rechte behaupten. Ceric meint, daß die Muslime sich ihrer Verpflichtungen bewußt sein sollten, um der Freiheit würdig zu sein, und daß die Europäer begreifen müßten, daß der Islam kein Fremdkörper in ihrer Kultur ist, sondern ein Teil von ihr."

Sosehr sie auch die Möglichkeiten, das demokratische Potential des Islams betont, so sehr gibt sich Albright mit Blick auf die Weltlage sorgenvoll, obwohl sie persönlich angesichts ihres unwahrscheinlichen Lebenswegs - vom tschechischen Flüchtlingskind zur amerikanischen Außenministerin - doch soviel Grund hätte, mit unerschütterlichem Glücksgefühl in die Welt zu schauen. Albright will auf das Holz des Kamins klopfen, doch es ist Marmor: "Ich bin eben eine Optimistin, die sich viele Sorgen macht. Nicht zuletzt um die Integration der Muslime in Europa."

Darum fügte es sich sehr gut, daß wenige Tage nach Madeleine Albrights Besuch in Berlin ein Buch vorgestellt wurde, das erstmals Auskunft gibt über die Zusammensetzung und die Einstellungen der muslimischen Eliten in Europa. Die in den Vereinigten Staaten forschende Politologin Jytte Klausen hat sich daran gemacht, in Frankreich, Deutschland, England, Schweden und Dänemark so etwas wie die muslimischen Eliten zuerst einmal zu identifizieren. Sie versteht darunter "gewählte oder ernannte Führungspersönlichkeiten mit muslimischem Hintergrund, die in einer regionalen oder überregionalen zivilgesellschaftlichen oder politischen Organisation tätig sind". Das sind in den sechs Ländern zwischen 1500 und 2000 Personen. In ihren Interviews und Befragungen wird deutlich, daß sich in der Tat so etwas wie ein europäischer Islam herausbildet, mit "einer neuen Epistemologie, einer neuen Hermeneutik der Koranauslegung". Die Transformation des Islams in und durch Europa ist, so Klausen, ein unumkehrbarer Prozeß. Doch ist das Bekenntnis der übergroßen Mehrheit der von ihr interviewten Eliten zu rechtsstaatlichen Prinzipien und zur Demokratie auch ehrlich? Oder haben sie eine Unterwanderungsstrategie verabredet? Klausen diskutiert all diese Möglichkeiten mit großem Ernst und zieht - wie übrigens auch Madeleine Albright - immer wieder Parallelen zum Kampf gegen den Kommunismus im Kalten Krieg. Der europäische Islam sei mit dem Eurokommunismus zu vergleichen: Dem ging es auch darum, die Lehre durch eine Anpassung an die lokalen Gegebenheiten stärker zu machen, wodurch aber - wie Klausen meint - den Dissidenten Argumente geliefert wurden und schließlich Gorbatschow der Weg geebnet worden sei.

"Ihr habt noch viel vor mit euren Muslimen", waren Madeleine Albrights Worte zum Abschied gewesen.

NILS MINKMAR

Madeleine K. Albright: "Der Mächtige und der Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik". Droemer-Verlag, 315 Seiten, 19,90 Euro.

Jytte Klausen: "Europas muslimische Eliten. Wer sie sind und was sie wollen". Campus, 306 Seiten, 29,90 Euro.

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Madeleine Albright habe kein handelsübliches Politikerbuch geschrieben, lautet die gute Botschaft von Rezensent Steffen Hebestreit. Die ehemalige Außenministerin habe sich nämlich tatsächlich Arbeit gemacht und Fachleute und Zeitzeugen über ihr eigenes Wissen hinaus befragt. Nicht der liebe Gott amerikanischer Provenienz stehe allerdings im Mittelpunkt des Buches, verweist der Rezensent auf den irreführenden Untertitel, vielmehr die zunehmende Relevanz von Religion weltweit. Entsprechend fordere Madeleine Albright eine "Stabstelle" in Washington für religiöse Fragen der Außenpolitik. George W. Bush firmiere bei Albright als "Extrembeispiel" in einer kontinuierlichen Galerie immer schon extrem religiös inspirierter amerikanischer Präsidenten. Das sei wenig hilfreich, außer für al Qaida und Konsorten. Mehr Toleranz laute dementsprechend Madeleine Albrights Credo, das sie, lobt der Rezensent, auf gut lesbare Art und Weise propagiere.

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