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Die Anrainerstaaten Afghanistans - Usbekistan, Turkmenistan, Tadschikistan und vor allem Pakistan - sind durch die Anti-Terror-Aktion des Westens in Afghanistan enormen Spannungen ausgesetzt. Die meist autokratischen, repressiven Regierungen der Region stehen vor der Zerreißprobe mit den militanten religiösen Fundamentalisten, die sich am Vorbild Osama Bin Ladens und der Taliban ausrichten. Der Afghanistan-Experte Ahmed Rashid, international bekannt geworden durch seinen Bestseller "Taliban", analysiert in seinem neuen Buch die Lage. Erstmals wird der komplizierte Konflikt in seinen…mehr

Produktbeschreibung
Die Anrainerstaaten Afghanistans - Usbekistan, Turkmenistan, Tadschikistan und vor allem Pakistan - sind durch die Anti-Terror-Aktion des Westens in Afghanistan enormen Spannungen ausgesetzt. Die meist autokratischen, repressiven Regierungen der Region stehen vor der Zerreißprobe mit den militanten religiösen Fundamentalisten, die sich am Vorbild Osama Bin Ladens und der Taliban ausrichten. Der Afghanistan-Experte Ahmed Rashid, international bekannt geworden durch seinen Bestseller "Taliban", analysiert in seinem neuen Buch die Lage. Erstmals wird der komplizierte Konflikt in seinen vielfältigen Verästelungen und historischen Bezügen aufgeschlüsselt und verständlich gemacht. Mit oder ohne die Taliban - dieser Krisenherd wird in den nächsten Jahren die Tagesordnung der Weltpolitik bestimmen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.05.2002

Neues Schlachtfeld?
Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan verdienen höchste Aufmerksamkeit

Ahmed Rashid: Heiliger Krieg am Hindukusch. Der Kampf um Macht und Glauben in Zentralasien. Droemersche Verlagsanstalt, München 2002. 336 Seiten, 19,90 Euro.

Im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses steht seit dem 11. September und dem "Krieg gegen den internationalen Terrorismus" Afghanistan, nicht dessen nördliche Nachbarstaaten. Diese zentralasiatische Region (Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan) verdient jedoch höchste Aufmerksamkeit, könnte sie doch "zum neuen Schlachtfeld mit globaler Bedeutung" - so Autor Rashid - werden. Dort liegen die letzten großen, noch unerschlossenen Energievorräte (Öl und Erdgas), die die großen Ölkonzerne magisch anziehen; dort konkurrieren die multiethnischen Nachfolgestaaten der Sowjetunion um regionale Vorherrschaft und die Weltmächte und die großen Nachbarstaaten um Macht und Einfluß; und dort operieren die radikalen islamischen Bewegungen, um die autoritären, diktatorischen heimischen Regime zu stürzen und ein auf die Scharia gestütztes Gesellschafts- und Staatssystem zu errichten.

Im Bürgerkrieg in Tadschikistan (1992-1997) hatte mit der "Partei der Islamischen Wiedergeburt" zum ersten Mal eine einheimische islamistische Bewegung in Zentralasien versucht, gewaltsam an die Macht zu kommen, und zwar unterstützt von Pakistan und Saudi-Arabien (während gleichzeitig Rußland und der Iran die tadschikischen Kämpfer im afghanischen Bürgerkrieg gegen die Taliban unterstützten). Nach dem Friedensabkommen und der Bildung einer Koalitionsregierung in Tadschikistan erfolgte die Gründung und begann der spektakuläre Aufstieg der "Islamischen Bewegung Usbekistans" (IMU); der usbekische Feldherr Namangani, der mit seinen Männern in der IMU mitgekämpft hatte, lehnte den Kompromiß ab und setzte nun den Kampf in Konzentration auf sein Heimatland fort, unterstützt von dem Taliban-Regime und Bin Ladins Organisation in Afghanistan, wo zugleich IMU-Gruppen gegen die tadschikische Nordallianz mitkämpften. Nach der Erklärung des Dschihad gegen das Karimow-Regime hat der charismatische Führer der IMU, der als Unteroffizier der sowjetischen Armee im Afghanistan-Krieg seine islamische Bekehrung erlebt hatte, von Afghanistan beziehungsweise dem tadschikischen Tawildara-Tal aus Jahr für Jahr seine Offensiven gegen Usbekistan geführt - mit dem strategischen Ziel, das Fergana-Tal zu erobern. Dieses fruchtbare Tal, das Stalin unter die drei Sowjetrepubliken Usbekistan, Kirgisien und Tadschikistan zur Machtsicherung aufgeteilt hatte und in dem 20 Prozent der Gesamtbevölkerung Zentralasiens leben, war stets das Zentrum des politischen und kulturellen Islams in Zentralasien und wurde in den neunziger Jahren zur Wiege und Rekrutierungsbasis der islamischen fundamentalistischen Gruppen.

Der pakistanische Journalist Rashid beschreibt und interpretiert diese Entwicklungen mit ihren verschiedenen Verästelungen in einer Weise, die auch dem interessierten politischen Laien verständlich ist. Die historischen Hintergründe werden knapp skizziert: die zaristische Kolonialpolitik, die lange Geschichte der sowjetischen Repression und die Entwicklung des islamischen Widerstands, der Zusammenhang zwischen der sowjetischen Militärintervention in Afghanistan in den achtziger Jahren und dem von den Vereinigten Staaten, Pakistan und Saudi-Arabien unterstützten Kampf der Mudschaheddin, die Übertragung der Guerrillatätigkeit auf Tadschikistan und Usbekistan und schließlich die Islam-Renaissance in Zentralasien nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Im Mittelpunkt des Buches stehen die drei großen islamistischen Organisationen des radikalen Islam in Zentralasien: die Partei der islamischen Wiedergeburt (PIW), die Hizb ut-Tahrir (HT) und die Islamische Bewegung Usbekistans (Islamic Movement of Uzbekistan, IMU).

Zwei Argumentationslinien durchziehen das Buch. Die erste Hauptthese lautet, daß die Wiederbelebung des alteingesessenen regionalen Islam ("Volksislam") erst durch den Einfluß von außen radikalisiert und zum militanten Islam wurde. Das ist bei der "Partei der Islamischen Befreiung" evident; sie wurde 1953 in Saudi-Arabien und Jordanien von Exil-Palästinensern gegründet und hat den radikalen Wahhabismus Saudi-Arabiens nach Zentralasien importiert. Aber auch bei den anderen islamischen Bewegungen Zentralasiens wurden die religiösen, finanziellen, personellen und militärischen Einwirkungen von außen zunehmend wirkungsmächtig. Der Ausbildung in pakistanischen Koranschulen und in afghanischen Trainingslagern kam eine entscheidende Bedeutung zu. Das Afghanistan der Taliban wurde für die IMU, deren Glaubenskämpfer zum Teil auch auf seiten der Taliban kämpften, zum Rückzugsgebiet und Ausgangspunkt für immer neue Vorstöße. Ohne diese Möglichkeit hätte die IMU vermutlich keine Überlebenschancen gehabt. Nachdem Usbekistan sich der amerikanischen Anti-Terror-Koalition angeschlossen und am 8. Oktober 2001 mit den Vereinigten Staaten ein strategisches Abkommen unterzeichnet hatte, konnte und kann das Karimow-Regime seinen Kampf gegen die IMU zusätzlich rechtfertigen und intensivieren. Rashid glaubt aber, daß die Beteiligung Usbekistans an der amerikanischen Invasion in Afghanistan bei den einheimischen Muslimen eher eine Unterstützung des Kampfes gegen das Karimow-Regime bewirken wird.

Die zweite Hauptthese ist, daß die postsowjetischen autoritär-diktatorischen Regierungen in Zentralasien mit ihrer religiösen Regressionspolitik und ihrer katastrophalen Wirtschaftspolitik den Nährboden für die militanten islamistischen Bewegungen schaffen; ihr gegenwärtiger Erfolg sei "in erster Linie der repressiven Politik der zentralasiatischen Staaten" zu verdanken. Die konkurrierenden Nachbarstaaten und die großen Mächte (samt ihrer Ölfirmen) seien mitverantwortlich; insbesondere die Vereinigten Staaten versäumten es, ihre Unterstützung mit der Bedingung zu verbinden, soziale, wirtschaftliche und politische Reformen durchzuführen. Der Autor hofft, als "politisches Modell" für die Zukunft Zentralasiens könnte die Integration der verschiedenen Gruppen in die Koalitionsregierung Tadschikistans dienen. Die beste Möglichkeit für die zentralasiatischen Regierungen, den Einfluß der militanten islamischen Gruppen zu zerstören, wäre, "sie ans Tageslicht zu zerren". Die Regierungen sollten die Ausübung des Islam in ihren Ländern gestatten und Reformen durchführen, so daß die Bewegungen anschließend nichts anderes zu bieten hätten als ihre fremdartigen Ideologien. Unter besseren wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen hätten derartige fundamentalistische Bewegungen geringen Zulauf und wenig Einfluß. Sie würden eine Randerscheinung der islamischen Welt Zentralasiens bleiben. Zudem müsse der gegenwärtige Konkurrenzkampf zwischen den Großmächten Rußland, China und den Vereinigten Staaten um die Ausbeutung der Energiereserven der Region und den Bau von Pipelines in eine Kooperation umgewandelt werden.

Ob dies eine Erwartung ist, die durch die Analyse der Vergangenheit und durch die "neuen Spielregeln" nach dem 11. September gestützt wird, kann bezweifelt werden. Was den Druck vom Westen anbelangt, so ist nicht ersichtlich, mit welchen einheimischen Gruppierungen eine "Demokratisierung" - falls sie tatsächlich von den Vereinigten Staaten betrieben würde - zu erreichen wäre. Auch die internationalen Organisationen waren bisher wenig erfolgreich; sie waren nicht in der Lage, ein integriertes Entwicklungsprogramm zu entwerfen. Daß der geoökonomische und geopolitische Konkurrenzkampf zwischen den Großmächten in Kooperation umgewandelt werden könnte, steht im Gegensatz zu der zuvor vom Autor selbst geäußerten Vermutung, daß infolge der Militärpräsenz der Vereinigten Staaten in Zentralasien eine neue Runde in dem Großmächtespiel eingeläutet werde. Die Lektüre des Buches von Ahmed Rashid vermittelt eindrucksvoll die Größe und Schwierigkeit des Problems.

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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.05.2002

Wiederauflage des großen Spiels
Schon lange Zeit ist Zentralasien Zankapfel und Einflussgebiet der Großmächte, aber jetzt kommen neue Akteure dazu: die radikalen Islamisten
AHMED RASHID: Heiliger Krieg am Hindukusch. Der Kampf um Macht und Glauben in Zentralasien; Droemer/Knaur, München 2002. 350 Seiten, 19, 90Euro.
Zentralasien, Afghanistan, radikaler Islam, Dschihad, Öl, die Großmächte – das sind Stichworte, die Politiker, Diplomaten, Journalisten und die Öffentlichkeit im Westen sowie in den Regionen der ehemaligen Sowjetunion beherrschen. Oft stehen sie unverbunden und damit unerklärt neben einander. Nur wenige Kenner sind in der Lage, aus dem Puzzle der politischen Begriffe ein zusammenhängendes Bild zu fügen. Seit er sein Buch „Taliban –Afghanistans Gotteskrieger und der Dschihad' vorgelegt hat, ist der pakistanische Journalist Ahmed Rashid ein anerkannter Experte. Nun hat Rashid ein neues Werk veröffentlicht. Es analysiert die Situation in den ehemaligen zentralasiatischen Republiken der Sowjetunion – in Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan.
Konflikte von Anfang an
In diesen Ländern wurden die Grenzen einst von Stalin willkürlich und ohne Rücksicht auf ethnische Gegebenheiten gezogen. Konflikte sind ihnen also in die Wiege gelegt. Dieses Gebiet liegt an der ehemaligen Seidenstraße zwischen China und Europa und wurde einst, im 19.Jahrhundert, von Sir Halford Mackinder als das „politische Zentrum der Welt' bezeichnet. Heute ist diese Region heimgesucht von der Rivalität großer Mächte, die am Ölreichtum des Kaspischen Meeres teilhaben wollen. Und sie ist heimgesucht vom radikalen Islam, welcher in den Gesellschaften wuchert wie ein Krebsgeschwür im geschwächten Körper. Aus diesen Gründen könne, schreibt Ahmed Rashid, Zentralasien leicht zu einem „globalen Schlachtfeld” werden. Wer die komplizierten Zusammenhänge verstehen will, kommt um die Lektüre dieses Buches nicht herum.
Der Autor beginnt mit einer Klarstellung des Begriffes Dschihad. Geprägt vom Gedankengut der Kreuzfahrer, verstehe der Westen unter dem Wort Dschihad vornehmlich einen Krieg des Islam gegen Ungläubige, also gegen Christen. Ursprünglich aber habe Dschihad den inneren Kampf eines jeden Muslim darum bedeutet, ein besserer Muslim und ein besseres menschliches Wesen zu werden. Dieser „größere” Dschihad sei ein Zeichen dafür, dass der Muslim Gottes Willen auf Erden befolge. Leider hätten sich die zeitgenössischen Islamisten nicht für diesen moralischen „Heiligen Krieg” entschieden. Ihre Version sei eine Perversion des ursprünglich vom Propheten Mohammed geforderten inneren Kampfes. Islamistische Gruppen, von Osama bin Ladens Al- Qaida- Gruppe bis hin zur militanten „Islamischen Bewegung Usbekistans” scherten sich nicht um diesen noblen moralischen Kampf.
Alle diese Gruppen, stellt der Autor fest, seien weder an der Reform korrupter Gesellschaften noch an sozialen Fragen wie Arbeitslosigkeit und Armut interessiert. Auch ihre Forderung nach Einführung des islamischen Gesetzes, der Scharia, gelte nicht der Sorge um ihre Mitmenschen. Vielmehr wollten die Islamisten mit Hilfe der Scharia ihre Untertanen und insbesondere die Frauen kontrollieren. Wissenschaftliche Kenntnisse und kulturelle Leistungen der Vergangenheit lehnen diese Islamisten ab. Damit stellen sie sich gegen die eigene Kultur, die auf ihrem Höhepunkt dem Abendland weit voraus war.
Den Grund für die Wiederbelebung des Islam sieht Ahmed Rashid im Untergang der Sowjetunion. Wie das orthodoxe Christentum, so war auch der Islam in der Sowjetunion unterdrückt, aber niemals ausradiert. Im Untergrund existierten Christentum und Islam weiter. Nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums strömten die Menschen wieder in Kirchen und Moscheen. In den nunmehr unabhängigen zentralasiatischen Republiken aber kamen meist Herrscher an die Macht, die alles andere als die Einführung der Demokratie im Sinne hatten. Nursultan Nasarbajew etwa, Präsident Kasachstans und früherer Führer der Kommunisten, hat Kasachstan zu einem Land gemacht, das die vierthöchste Hinrichtungsrate der Welt aufweist. Die Gefängnisse, schreibt der Autor, seien überfüllt, in der Verwaltung blühe Korruption. Der Machtmissbrauch habe zum Aufstieg extremistischer muslimischer Gruppen beigetragen. Die bekanntesten sind die „Islamische Bewegung Usbekistans” und die „Hisbat-Tahrir al-Islami‘, die Islamische Partei der Befreiung.
Diese Partei hat sich weltfremde und anachronistische Ziele gesetzt – etwa die Vereinigung ganz Zentralasiens mit der chinesischen Xinjiang-Provinz zu einem Kalifat. Der Führer der Partei, Scheich Abdul Qadeem Zaloom, ein Palästinenser und Absolvent der islamischen Universität Al-Sazhar in Kairo, sieht in der Wiedererrichtung des Kalifats und der Vereinigung aller muslimischen Länder eine Aufgabe für alle Muslime.
Dieses Zurück an den Anfang der muslimischen Bewegung kommt einer Leugnung der Geschichte gleich. Der Urzustand, der Zustand der angeblichen Unschuld, soll wieder hergestellt werden, in den Augen dieser Islamisten darf es danach keine weitere geschichtliche und kulturelle Entwicklung geben. Islamische Befreiung heißt also Leugnung von Geschichte, von „Entwicklung” schlechthin. Gegründet wurde die Bewegung 1953 in Saudi Arabien von einem Palästinenser, der ebenso wie der jetzige Vorsitzende an der Al-Azhar studiert hatte. In der Arabischen Welt ist die Partei verboten, organisatorisches Zentrum ist vermutlich London. Die Herausforderung, welche die Partei der Befreiung heute für die zentralasiatischen Regime darstellt, lässt sich laut Ahmed Rashid an der Tatsache ablesen, dass in den Gefängnissen mehr Mitglieder dieser Partei als jeder anderen Gruppierung einsitzen – obwohl die Partei ihren utopischen Staat nicht mit Gewalt aufbauen will.
Die militantere islamistische Bewegung in Zentralasien ist die „Islamische Bewegung Usbekistans”. Sie wurde kurz vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion von zwei jungen Männern gegründet; einer von ihnen nahm den Namen seiner Heimatstadt an. Es ist Juma Namangani aus dem Ort Namangan, der heutige Führer der Bewegung. 1987 war er Mitglied der sowjetischen Armee in Afghanistan, er bewunderte den Mut des afghanischen Widerstandes. Namangani und seine Gefährten besetzten das Gebäude der KP in Namangan, nachdem die Partei den Bau einer Moschee verboten hatte. Dies war die Geburtsstunde der „Islamischen Bewegung Usbekistans”. Im Unterschied zur Islamischen Partei der Befreiung verfolgt Namangani Guerillataktiken zur Erreichung seines Zieles. Doch wie fast alle anderen Islamisten hat auch er keine klare islamische Vision, er hat auch kein Rezept für einen sozial gerechten islamischen Staat. Ein tieferes Verständnis des Islam schreibt ihm Ahmed Rashid deshalb nicht zu.
Rivalen ums Öl
Die Islamisten, die friedfertigeren wie die militanteren, könnten im fernen Zentralasien sich selber überlassen bleiben – wenn es nicht um viel mehr ginge: um Öl, um Erdgas, um Pipelines und um die Rivalität der USA, Russlands und Chinas. Den Islamisten wäre leicht der Wind aus den Segeln zu nehmen, wenn sich die zentralasiatischen Regime dazu bequemten, ihre Herrschaft zu liberalisieren und ihren Völkern soziale Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Doch unter der Repression der absoluten Herrscher werden die islamischen Heloten zu einem unübersehbaren Machtfaktor im neuen „Großen Spiel”.
Eben dieses nämlich droht: eine Neuauflage jener als „great game” in die Geschichte eingegangenen Epoche, in der sich im 19. Jahrhundert unter anderem das englische Imperium und das russische Zarenreich den Einfluss in Afghanistan streitig machten. Nur wenn die Supermacht Amerika eine Politik der Konfliktlösung betriebe, könne eine neue Konfrontation verhindert werden, schreibt Ahmed Rashid. Doch in einer Region, in der etwa 200 Milliarden Barrel Öl lagern, besiegen Begehrlichkeiten oft nüchternes politisches Kalkül.
Bedauernd konstatiert der Autor, die USA hätten nicht an der Lösung der Konflikte gearbeitet; sie hätten Russland und den Iran schlicht zu Rivalen erklärt. So gehen Zentralasien, Afghanistan, der Iran, Pakistan und auch Indien einer ungewissen Zukunft entgegen. Der amerikanische Sieg über die Taliban nutzt wenig, wenn mit der militanten „Islamischen Bewegung Usbekistans” ein neuer Gegner aufscheint. Es wäre demnach keine Überraschung, wenn sich der Krieg ums Öl, wenn sich die Auseinandersetzung mit dem militanten Islam in absehbarer Zeit vom Nahen Osten nach Zentralasien verlagerte. Dann stünde in der Tat ein neues „Großes Spiel” bevor. Diesmal wären die Einsätze weit höher, als bei der Urfassung des Dramas vor etwa 150 Jahren.
HEIKO FLOTTAU
Demonstrationen des Glaubens waren in Usbekistan während der Sowjetzeit nicht gern gesehen. Heute sprießen Moscheen und Koranschulen aus dem Boden – und mit ihnen nimmt die Zahl radikaler Moslems rasant zu.
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Auch wenn das Buch über die Konflikte in Zentralasien schon vor der Vertreibung der Taliban aus Afghanistan fertig gestellt worden ist, ist es für Karl Grobe keinesfalls veraltet. Er lobt den pakistanischen Autor, den er bereits durch sein vorhergehendes Buch über die Taliban als "herausragenden Kenner" der Gegend schätzen gelernt hat, für seine spannende Studie. Lediglich der ihm zu knapp geratene Teil zur Geschichte des Islam findet nicht seine Zustimmung und er meint, hier wäre "mehr am Platz gewesen". Insgesamt aber würde Grobe das Buch gerne zur "Pflichtlektüre für Außen- und Wirtschaftspolitiker" erheben. Denn was der Autor sehr deutlich darstelle, sei der Widerspruch in der Politik der Großmächte, die angeblich lediglich den Terrorismus bekämpfen wollen, in Wahrheit aber vor allem an den Öl- und Gasvorkommen interessiert sind. Dass daraus "sozialer Sprengstoff" entsteht, der sich auch in Fundamentalismus und Extremismus wandeln kann, liegt für Grobe auf der Hand und wird, wie er lobt, in diesem Buch deutlich.

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