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Aus dem Englischen von Barbara Ostrop Nick und Fran wollen endlich eine "richtige" Familie. Mit ihrem kleinen Sohn Jasper sowie Nicks Tochter aus erster Ehe, Miranda, und Frans Sohn Gareth ziehen sie in ein altes Haus am Rande von Newcastle. Doch die beiden Teenager sind an einem harmonischen Familienleben nicht interessiert: Miranda gibt sich als coole kleine Erwachsene, während Gareth in eine Welt brutaler Computerspiele und Gewaltvideos abtaucht. Fran, wieder schwanger, fühlt sich von Nick wenig unterstützt, denn dieser muß sich um seinen hochbetagten Großvater kümmern. Der 101jährige…mehr

Produktbeschreibung
Aus dem Englischen von Barbara Ostrop
Nick und Fran wollen endlich eine "richtige" Familie. Mit ihrem kleinen Sohn Jasper sowie Nicks Tochter aus erster Ehe, Miranda, und Frans Sohn Gareth ziehen sie in ein altes Haus am Rande von Newcastle. Doch die beiden Teenager sind an einem harmonischen Familienleben nicht interessiert: Miranda gibt sich als coole kleine Erwachsene, während Gareth in eine Welt brutaler Computerspiele und Gewaltvideos abtaucht. Fran, wieder schwanger, fühlt sich von Nick wenig unterstützt, denn dieser muß sich um seinen hochbetagten Großvater kümmern. Der 101jährige Geordie trägt immer noch schwer an seinen Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg - seit damals lastet die Schuld am Tod seines Bruders auf ihm. Dann kommt in dem neuen Haus der Familie unter der alten Tapete ein schockierendes Gemälde zum Vorschein. Es ist ein Familienporträt, Vater, Mutter und drei Kinder, dargestellt in einer verstörend obszönen und haßerfüllten Weise - die früheren Bewohner des Hau ess, die eine schreckliche Geschichte erlebt haben ...
Autorenporträt
Pat Barker wurde 1943 in Thornaby-on-Tees geboren. Sie stammt aus einer Arbeiterfamilie, studierte an der London School of Economics und unterrichtete Geschichte und Politik. Für den Roman "The Ghost Road", den letzten Band der "Regeneration"-Trilogie, erhielt sie 1995 den Booker Prize. 2001 wurde er mit dem "Welt"-Literaturpreis ausgezeichnet.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.02.2002

Familienfront
Pat Barkers Roman vom Kampf
in den Schatten der Vergangenheit
„Die Krieg ist die Fortsetzung der Familie mit anderen Mitteln”, hätte ein feministischer Clausewitz vielleicht gesagt. Leider hat das 20. Jahrhundert bewiesen, dass der Krieg sich längst in allen Nischen des privaten Lebens eingenistet hat. Den Beginn eines neuen Zeitalters markieren nicht nur die Schlachtfelder in Flandern und an der Somme, sondern auch die Frontlinien, die durch das einstige Schmuckstück des Bürgertums verlaufen: die Familie. Zwischen dem Kampf im Schützengraben und dem Kampf um Geschlechterrollen bestehen Zusammenhänge, deren Spätfolgen auch in der Gegenwart noch spürbar sind.
In ihrem Roman „Das Gegenbild” zeichnet Pat Barker die Wirkung der Vergangenheit auf eine moderne Familie nach, indem sie den Ersten Weltkrieg in Erinnerung ruft – aus englischer Sicht eine Epochenschwelle, die in der deutschen Wahrnehmung hinter die Auseinandersetzung mit dem Zweiten Weltkrieg zurücktritt. Doch während ihre Kriegstrilogie, mit deren dritten Band sie 1995 den Booker-Preis gewann, im Great War selbst situiert ist, spielt „Das Gegenbild” im Hier und Jetzt.
Die 1943 geborene Autorin präsentiert einen familientherapeutischen Problemfall, der kinderlose Singles erleichtert aufatmen lassen kann: Nick und Fran bringen je ein pubertierendes Kind mit in ihre Ehe, haben einen kleinen Sohn und erwarten ihr zweites Baby. Der Stiefbruder hasst die Stiefschwester, beide misstrauen der neuen Konstellation und die Eltern akzeptieren das jeweils fremde Kind nur zähneknirschend. Beim Tapezieren ihrer alten Villa entdecken sie ein düsteres Familienporträt der früheren Hausbesitzer, die im Ersten Weltkrieg mit Rüstungsgeschäften zu Geld gekommen sind. Die glatt heruntererzählte Handlung lässt das Bild zum Zerrspiegel werden, der die Gegenwart auf die Vergangenheit zurückwirft. Nick entdeckt, dass zu Zeiten der Fabrikantenfamilie ein Kindsmord stattgefunden hat, und der Leser vermutet, dass sich Unheil über dem Kleinkind zusammenbraut.
Auch Nicks greiser Großvater Geordie wirkt wie ein lebender Zaunpfahl aus der Vergangenheit. Im Sterbebett wird er von den Erinnerungen an den Großen Krieg heimgesucht, die seine Kriegswunden schmerzen lassen. Seine Biografie macht ihn zum idealen Interviewpartner für die Historikerin Helen: Ihrer These von der Formbarkeit individueller Erinnerungen folgend, soll das kollektive Gedächtnis in jeder Phase der Nachkriegszeit andere Kriegsmythen ausgebildet haben. Doch der konstruktivistische Ansatz stößt bei Nick auf Widerstand: „Was er Helen am liebsten gesagt hätte, in Ermangelung einer taktvollen Formulierung aber nicht gesagt hat, ist, dass sie Geordie völlig falsch verstanden hat. Dass sie so in ihre eigene These verliebt war, dass sie seine Erfahrung verzerrte, damit sie hineinpasste. Geordies Erinnerungen sind nicht formbar: Sie verändern sich nicht, um sich anderer Leute Sichtweise des Krieges anzupassen.”
Der Kampf um das Deutungsmonopol dieser Erinnerungen und die Suche nach dem modernen Zerstörungspotential, das sich erstmals zu Beginn des vorigen Jahrhunderts entlädt, verhelfen dem Roman zu einem spannenden Gerüst. Doch das historisch Spezifische des Ersten Weltkriegs wird zurückgestutzt auf zeitlose Szenarien: Hat Geordie seinen Bruder im Krieg umgebracht? Wurde der Kindsmord von den älteren Kindern des Fabrikanten begangen?
Bei so viel familiärer Destruktionswut wirkt der Krieg wie eine austauschbare Kulisse – ein Punkt für die Formbarkeitsthese der Historikerin, sollte man meinen, aber der Roman scheint paradoxerweise eher den ewigen Wahrheiten Recht zu geben: Aggression lauert immer und überall, und ihre Entladung funktioniert in Gesellschaften nach dem gleichen Muster wie in der Familie. Die konventionell gehaltene Erzählprosa ist zu grobkörnig, um die feinen Verästelungen zwischen privater und gesellschaftlicher Macht aufzuspüren; der realistische Gestus wirkt gerade dann forciert, wenn körperliche Intimitäten sprachlich frontal angegangen werden. Genitalgerüche oder Bajonettwunden tragen dazu bei, dass „Das Gegenbild” immer ein wenig zu geradeaus wirkt angesichts der schillernden Kriegs- und Familienmythen, die zur Debatte stehen.
JUTTA PERSON
PAT BARKER: Das Gegenbild. Roman. Deutsch von Barbara Ostrop. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2001. 256 Seiten, 14,50 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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"Ein weises und packendes Buch, bewundernswert, voller Mitgefühl und Verständnis für das Leid, das man nicht benennen kann." Margaret Forster in 'Literary Review'

"Ein traditioneller Roman in moderner Sprache - er gehört zum Besten, was Pat Barker je geschrieben hat, und ist wohl ihr bewegendstes Buch." Ruth Rendell in der 'Sunday Times'

"Erinnerung, Zeit, Wirklichkeit - alles ist gleichmaßen lebendig in diesem Buch und verändert sich ständig. Barker schreibt kraftvoll und präzise, ihr Feminismus ist sanft, ihr Mitgefühl allumfassend. Trotz ihres Humors ist die Art und Weise, wie sie an das Geheimnis des Bösen herangeht und zeigt, wie die Vergangenheit sich wiederholt, sehr ernsthaft und tiefgründig." Carol Birch in 'The Times Literary Supplement'

"Ein packender, bewegender und verstörender Roman." Michele Roberts

"In 'Das Gegenbild' treffen wir wieder auf den außergewöhnlich unmittelbaren und kraftvollen Stil, den wir inzwischen schon von Barker erwarten - brillante Beobachtungen, ein untrügliches Gespür für Dialoge, eine Bildersprache, die bei aller Sprunghaftigkeit und Kürze wunderbar treffend ist ... ein Buch, von dem man keinen Satz außer acht lassen sollte." Barry Unsworth in 'The New York Times Book Review'

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Anton Thuswaldner hätte sich mehr erwartet von dem neuen Roman Pat Barkers, die sich mit ihrer Trilogie über den Ersten Weltkrieg einen Namen gemacht hat. Mit ihrem neuen Buch, das in der Gegenwart spielt, sei Barker aber nun zur "Unterhaltungsschriftstellerin geworden, die Sensationen für sich entdeckt hat". Eine Familie bezieht ein altes Haus und entdeckt dort Spuren der Vorgänger, einer Familie, die sich bis aufs Blut gehasst haben muss. Nach und nach kommen immer mehr Ähnlichkeiten der beiden Familien ans Tageslicht. Auf die Rezensentin wirkt die Geschichte wie ein "Schauerroman", der mit "klassischen Horrormotiven" arbeitet, die "triviale Sparversion einer Literatur, die von der Macht der Vergangenheit zu berichten weiß". Das werde auch durch den Auftritt der "heimlichen Hauptfigur", eines über 100 Jahre alten Veteranen des Ersten Weltkriegs (sic!) nicht besser. Thuswaldner kann in dem Buch nicht mehr als eine "Gothic Novel in historischem Unterfutter" entdecken, und bedauert, "dass hier eine Chance verkasperlt wurde".

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