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Wieviel wir mit den uns entwicklungsgeschichtlich nahestehenden Tierarten gemeinsam haben, ist inzwischen allgemein bekannt. Doch es gibt auch wesentliche Unterschiede. Einer davon: Wir Menschen haben einen merkwürdigen Drang zu gewinnen nur um des Gewinnens willen. Kein Tier käme je auf den Gedanken, einen Wettlauf nur zu diesem Zweck zu machen, ohne direkten Vorteil für Nahrung, Fortpflanzung oder Lebensraum. Jede Ratte gibt das Spiel am Futterautomaten auf, wenn die Erfolgsaussichten zu niedrig sind. Den spielenden Menschen reizt oft gerade dies und fesselt ihn manchmal bis zur Sucht. Der…mehr

Produktbeschreibung
Wieviel wir mit den uns entwicklungsgeschichtlich nahestehenden Tierarten gemeinsam haben, ist inzwischen allgemein bekannt. Doch es gibt auch wesentliche Unterschiede. Einer davon: Wir Menschen haben einen merkwürdigen Drang zu gewinnen nur um des Gewinnens willen. Kein Tier käme je auf den Gedanken, einen Wettlauf nur zu diesem Zweck zu machen, ohne direkten Vorteil für Nahrung, Fortpflanzung oder Lebensraum. Jede Ratte gibt das Spiel am Futterautomaten auf, wenn die Erfolgsaussichten zu niedrig sind. Den spielenden Menschen reizt oft gerade dies und fesselt ihn manchmal bis zur Sucht. Der Drang, zunächst zweckfrei Erste/r, Beste/r, Schönste/r oder Größte/r zu sein, ist offenbar nur den Menschen zu eigen. Die evolutionsbiologische Antwort auf dieses Phänomen ist verblüffend: Spiel und Sport sind die natürliche Fortsetzung der biologischen Evolution. Der international renommierte Evolutionsbiologe Josef H. Reichholf zeigt Entstehung und Folgen dieses Phänomens und vermittelt grundl egend neue Einsichten hierzu wie auch zu unserem Umgang miteinander.
Autorenporträt
Joseph H. Reichholf, geb. 1945 in Aigen am Inn. Der Zoologe, Evolutionsbiologe und Ökologe lehrt als Professor Naturschutz an der Technischen Universität München und leitet die Wirbeltierabteilung der Zoologischen Staatssammlung in München. Reichholf ist unter anderem Präsidiumsmitglied des deutschen WWF. 2007 wurde er mit dem Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.08.2001

Hab' zwei Beine zum Wanken
Doch hiervon später mehr: Rätselhafte Welt der Sportbegierde

Deutsche Wissenschaftler stehen im Verdacht, in ihren Schriften komplizierte Gedankengänge umständlich und für den Leser oft unverständlich auszudrücken. Josef H. Reichholfs Buch "Warum wir siegen wollen" widerlegt diese Unterstellung auf jeder Seite. Reichholf beweist nicht nur, daß sich auch simpelste Gedanken umständlich ausdrücken lassen, der "international renommierte Evolutionsbiologe" demonstriert zudem, wohin es führen muß, wenn man auf den begriffsstutzigsten seiner Leser Rücksicht nehmen möchte: Man langweilt alle anderen.

Man kann das Buch zur Hälfte lesen, ohne dem Thema, das im Untertitel ankündigt wird, nähergekommen zu sein. "Der sportliche Ehrgeiz als Triebkraft in der Evolution des Menschen" wird allenfalls in Form rhetorischer Fragen gestreift und meist mit Vertröstungen wie: "Doch davon im nächsten Kapitel mehr", Antworten wie: "Ja und nein" oder Geständnissen wie: "Von einem umfassenden Wissen kann hierzu allerdings noch nicht die Rede sein" auf die lange Nebelbank geschoben. Eine deutsche Untugend hemmt Reichholf nämlich nachhaltig: Seine Gründlichkeit läßt ihn immer wieder "hinunter in die Abgründe der Menschwerdung" tauchen, um von dort poetische Sprechblasen aufsteigen zu lassen: "Wunderschön muß sie gewesen sein, die ostafrikanische Savanne vor ein paar Millionen Jahren." Diese Nachahnung läßt sich ebensowenig widerlegen wie die Unterstellung: "Die Verlockung, zweibeinig ins Gras hinauszuwanken, muß groß gewesen sein; ungeheuer groß."

Mit etwas mehr Berechtigung dürfte man dem Urnaturschwärmer unterstellen, er sei in nicht ganz so grauer Vorzeit mit einem Klammerbeutel gepudert worden. Was Reichholf alles in Klammern setzt, geht allerdings kaum noch in einen Beutel. Umständlich erklärt werden nicht nur Fremdworte wie "Diäten (die bei Politikern bekanntlich so gut wie nichts mehr mit dem Essen, schon gar nicht mit zuträglichem Essen, zu tun haben)", sondern umgekehrt auch deutsche Begriffe wie "Blutstau in den Beinen (Krampfadern)". Reichholf klammert (fast) alles ein, was "wir (zivilisierten) Menschen", die sich ihrer Sache sicher(er) sind, (vermutlich) ersatzlos streichen würden.

Dieser Umgang mit den Zeichen gibt dem Text etwas kokett kabarettistisches, ein Eindruck, der durch Reichholfs unseligen Drang, die Sprache beim Wort zu nehmen und dem durch eine Unmenge Gänsefüßchen Ausdruck zu verleihen, ins Unerträgliche gesteigert wird: "Konkurrenz heißt dem ursprünglichen (lateinischen) Wortsinn nach ,zusammenlaufen'." "Also dürfte es gar keinen ,Fortschritt' in der Evolution geben ..." Ein "Fortschritt" ist auch in Reichholfs "Gedanken" nicht erkennbar, sie bleiben brav im grünen Bereich: "Kinder turnen zwar gern und - wo ihnen das möglich ist - auch viel ..." Wo nicht, da nicht. Ja: "Es rankt sich etwas Geheimnisvolles, Rätselhaftes um das Siegenwollen ...", zumindest für Reichholf. Unwiderlegbare Erkenntnisse hat er nur im Konjunktiv zu bieten: "Die schönste und schlüssigste Logik nützte wenig, wäre sie nicht verwirklicht." Und: "Wären die Augen wie bei Hasen ... weit seitlich am Kopf, wäre die Rückschau kein Problem."

Reichholfs Probleme liegen rückschauend darin, daß er sich anfangs zu dumm stellt, um am Ende zu halbwegs schlüssigen Folgerungen gelangen zu können, und daß er sich dauernd rhetorische Probleme macht, die er selbst nicht befriedigend lösen kann, wie etwa dieses: "Wozu war es einmal gut?" fragt er sich in bezug auf "den Sport" und unser Verhältnis zu ihm bewußt unbarmherzig: "Denn irgendeinen Sinn muß es einmal gehabt haben, sonst wäre es nicht entstanden." Hätte Reichholf diesen optimistischen Rückschluß auf sein eigenes Buch angewandt, wären wohl selbst ihm berechtigte Zweifel an beider Haltbarkeit gekommen.

BERND EILERT

Josef H. Reichholf: "Warum wir siegen wollen". Der sportliche Ehrgeiz als Triebkraft in der Evolution des Menschen. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2001. 260 S., br., 28,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Eines der originellsten Bücher der letzten Zeit." 'Frankfurter Rundschau'

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Bernd Eilert lässt kein gutes Haar an diesem Buch. Für ihn ist es ein Paradebeispiel dafür, dass deutsche Wissenschaftler nicht nur komplizierte Gedankengänge umständlich ausdrücken, sondern - wie in diesem Fall - auch einfache Überlegungen unnötig kompliziert formulieren. Gleichzeitig findet Eilert, dass der Autor zu viel Rücksicht auf "begriffsstutzige" Leser nimmt, wodurch er alle anderen langweilt. Weiterer Kritikpunkt sind die vielen Klammern und Anführungszeichen im Text, wofür Eilert einige Beispiele anführt und auch selbst einen Teil seiner Rezension in diesem Stil verfasst, um seinen Vorwurf besonders anschaulich zu machen. Auch in inhaltlicher Hinsicht zeigt sich Eilert unzufrieden: Immer wieder werde der Leser vertröstet mit Anmerkungen wie 'Doch davon im nächsten Kapitel mehr' oder ähnlichem. Und Reichholfs Ausflüge in poetische Beschreibungen können nach Ansicht des Rezensenten nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Autor kaum zu "halbwegs schlüssigen Folgerungen" kommt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.06.2016

Alt und jung
zugleich
Josef H. Reichholf skizziert eine
kurze Geschichte von Mensch und Natur
VON FRITZ GÖTTLER
Eine atemraubende Vision – die Geburt des Lebens auf der Erde aus gewissermaßen höllischen Bedingungen: So wie sie bei den „Schwarzen Rauchern“ herrschen, in der Tiefe des Meeres. Das sind vulkanartigen Schlote, aus denen heißes Wasser mit Schwefeldämpfen und allen möglichen Mineralien austritt, die also dem Umfeld ähneln, in dem chemische Reaktionen die einfachsten frühen Lebensformen hervorbrachten. An diesen Rauchern „wird intensiv geforscht, seit es möglich ist, mit Tauchbooten und automatischen Greifern Proben aus diesen ‚Höllenschlünden‘ entnehmen zu können. Dort liefern rein chemische Vorgänge die Energie und es herrscht, je nach Tiefe des Meeres, sehr hoher Druck. Das begünstigt schwierige chemische Reaktionen, denen Energie zugeführt werden muss, damit sie ablaufen.“ Von diesen Reaktionen aus entwickeln sich dann – über Bakterien, Zellteilungen, Fotosynthese und Atmungsprozesse – in Millionen Jahren die Lebensformen, wie wir es heute kennen.
  Ein Moment von Jules Verne spielt durchaus mit, wenn der Evolutionsforscher Josef H. Reichholf aus der Geschichte von Mensch und Natur berichtet, unterstützt von den Bildern von Johann Brandstetter. Wissenschaftsgeschichte als Expedition, als erzählerischer Trip. Souverän wechselt er zwischen den diversen Wissenschaften, Chemie, Genforschung, Biologie, aber auch Anthropologie und Soziologie. Es ist noch vieles in der Schwebe in den in diesem Band dargestellten Forschungsergebnissen, geklärte Fragen und Ergebnisse führen schnell zu neuen Fragen. Das schöne Gefühl des Dabeigewesenseins entsteht beim Lesen dieses Buches, das uns in ferne Welten und lang vergangene Zeiten führt – zu unseren Vorgängern wie dem Australopithecus oder dem Homo sapiens, zur Herausbildung von Pflanzen und Tieren, Zivilisierung und Kultivierung, die Erfindung von Waffen und Gerätschaften.     „Zwei Millionen Jahre Evolution formten uns im Allgemeinen, die letzten 200 000 Jahre aber im Speziellen. Die genetischen Befunde stimmen mit den physikalischen Zeitmessungen bestens überein. Wir Menschen sind also alt und jung zugleich.“ Reichholf verweigert den eindimensionalen Blick, er stellt immer wieder in Frage und nimmt gern ungewohnte Perspektiven ein. Ist der treue Hund wirklich eine Züchtung des Menschen, oder hat er womöglich selbst sich ans Leben mit den Menschen angepasst, weil er halt zahlreiche Vorteile davon hat?
  Den großen Vereinfachern mit ihrer Sehnsucht nach Ordnung und Dauer, Volk und Nation könnte man Reichholfs Befund entgegenhalten, „dass die Menschen sehr viel umherwanderten und nur ausnahmsweise über längere Zeiten sesshaft geblieben waren“. Die Natur- und die Menschengeschichte bleiben ein Abenteuer. – Auch und gerade das unerhörte Abenteuer der Identität. Das letzte Wort lässt Reichholf dem großen Lewis Carroll und dessen Alice hinter den Spiegeln, die der Roten Königin erklärt: „Hierzulande musst du so schnell rennen, wie du kannst, wenn du am gleichen Fleck bleiben willst.“ (ab 14 Jahre)
Josef H. Reichholf: Evolution. Eine kurze Geschichte von Mensch und Natur. Mit Illustrationen von Johann Brandstetter. Carl Hanser Verlag 2016. 239 Seiten, 22,90 Euro.
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