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Was hat uns der Sozialismus noch zu sagen?
Der Autor verfolgt den Weg der sozialen Bewegungen im 20. Jahrhundert und schreibt die Geschichte des Sozialismus und der Sozialdemokratie in Europa und Amerika. Es lohnt sich nach seiner Ansicht noch immer, für sozialistische Positionen zu streiten: Die Gesellschaft darf nicht allein vom freien Spiel der Märkte abhängen.

Produktbeschreibung
Was hat uns der Sozialismus noch zu sagen?

Der Autor verfolgt den Weg der sozialen Bewegungen im 20. Jahrhundert und schreibt die Geschichte des Sozialismus und der Sozialdemokratie in Europa und Amerika.
Es lohnt sich nach seiner Ansicht noch immer, für sozialistische Positionen zu streiten: Die Gesellschaft darf nicht allein vom freien Spiel der Märkte abhängen.

Autorenporträt
Der Amerikaner Norman Birnbaum, geboren 1917, ist emeritierter Professor für Soziologie an der Georgetown University Law School in Washington und einer der führenden Köpfe der politischen Linken. Er schreibt regelmäßig für deutsche Zeitungen und Zeitschriften, darunter Die Zeit, Süddeutsche Zeitung sowie Der Spiegel, und ist Berater amerikanischer und deutscher Politiker.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Leonhard Neidhart zeigt sich begeistert von Norman Birnbaums "Vorletzten Anmerkungen zum Sozialismus", bei dessen Lektüre man "sofort gepackt, fasziniert, nachdenklich und beinahe erschüttert" werde. Das liegt für Neidhart nicht zu zuletzt an den "hohen formalen Qualitäten" des Textes, den er für seine Prägnanz, für seine Klarheit der Sprache und der Aussagen, kurz: für seine "hervorragende Lesbarkeit" lobt. Der Inhalt - es geht um die gegenwärtige Krise der sozialistischen Bewegung, um ihr geschichtliches Versagen und um die Frage, was sie dennoch zur Lösung der Probleme heute beitragen kann - steht dem nach Ansicht Neidharts in keiner Weise nach. Wie er ausführt, übergeht Birnbaum, als kritischer Linker und "luzider Beobachter und Kenner" der politischen Entwicklung des vergangenen Jahrhunderts, die (Geburts-)Fehler seiner Bewegung, vor allem ihre deterministischen Geschichtsauffassung, nicht. Das Projekt Sozialismus schreibe er dennoch nicht als "unsinnig, beendet oder per se verwerflich" ab - schließlich könne die sozialistische Utopie als Vision und Richtmaß dienen. Neben einem großen Rückblick über die sozialistischen Bewegungen in Europa und den USA im 20. Jahrhundert, formuliert Birnbaum vor allem Kritik an den Eliten, die auf beiden Kontinenten gelähmt seien und sich darauf beschränkten, "hin und wieder auf Reparaturen" der sozialen Systeme einzutreten, hält Neidhart fest. Auf der anderen Seite fordere Birnbaum auch die Befürworter des Kapitalismus auf, ihre Ideologie zu reflektieren.

© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.04.2003

Ist Solidarität möglich?
Suche nach den Gründen für das Scheitern des Sozialismus
NORMAN BIRNBAUM: Nach dem Fortschritt – Vorletzte Anmerkungen zum Sozialismus. Deutsche Verlagsanstalt, München 2003. 496 Seiten, 34 Euro.
Woran scheiterte der Sozialismus, also die Idee, nach Gleichheit unter den Menschen zu streben? An der unzulänglichen Conditio Humana, an Habsucht und Gier? Oder erklärt sich das Ende der Illusion von selbst, sind die Fehler, die zum Scheitern führten, ideologieimmanent? Wer Norman Birnbaums Buch liest und sich der Meinung des Autors anschließt, wird Ersteres favorisieren. Und beklagen, dass die politische Linke keine Visionen, keine Gestaltungsoptionen einbringt in einer Zeit, da Modernisierung gleichgesetzt wird mit der Aufkündigung des Wohlfahrtsstaats.
Weil das alles in Birnbaums Augen nicht so sein müsste, lädt er seine Leser zu einer Reise ein durch das 20.Jahrhundert. Zu Beginn dieser Epoche der sozialen Bewegungen herrschte vielerorts Aufbruchsstimmung, die am Ende indes umschlug in Politikverdrossenheit und Rückzugsgefechte. Im Schlusskapitel stellt Norman Birnbaum daher die bange und alles entscheidende Frage: „Ist Solidarität möglich?”
Aber der Reihe nach. Ein Geburtsfehler sozialistischer Bewegungen sei gewesen, so Birnbaum, dass „viele ihrer Führer und Ideologen finanzkapitalistische Faktoren nur schwer zu verstehen vermochten”. Ein zweites Problem habe darin bestanden, dass Sozialisten glaubten, die „Menschen seien entweder von ihrem Wesen her solidarisch oder könnten gewissermaßen im Schnellverfahren zur Solidarität erzogen werden”.
Trugschlüsse führten zur heutigen Notlage der sozialistischen (und sozialdemokratischen) Bewegung, so der Autor. Aber es gebe auch „Errungenschaften – zuweilen sogar beeindruckende”: Roosevelts New Deal als neuen amerikanischen Sozialvertrag zählt er dazu, auch John M. Keynes antizyklische Konjunktursteuerung im Sinne von sozialer Verantwortung und Vollbeschäftigung.
Das Verhältnis von Sozialismus zu christlicher Religion, zur Fortschrittsidee, zum Judentum, zum pazifistischen Internationalismus, zur Nationalstaatsidee und zum Faschismus, die Anziehungskraft sozialistischer Ideale auf Intellektuelle – der emeritierte Professor für Soziologie an der Georgetown University Law School in Washington greift das alles auf. Die „Bilanz eines internationalen Gelehrtenlebens”, nannte Jürgen Habermas das Werk, als 2001 die Originalausgabe in den USA erschien.
Birnbaums Thesen treffen den Sachverhalt auf den Punkt: Er teilt die Staaten in starke und schwache ein, zieht Bürgerrechte, demokratische Partizipation und nationale Solidarität als Gradmesser heran, und kommt zu dem Schluss: „Je stärker der Staat, um so weniger revolutionär und um so reformistischer die dort tätige sozialistische Bewegung.” So erklärt sich in seinen Augen, dass sich Staaten mit einer langen demokratischen Tradition nicht nur faschistischer Heilsversprechen erwehren konnten, sondern in ihnen auch die zweifelhaften Reize einer proletarischen Diktatur auf wenig Gegenliebe stießen. Als Beispiele dafür nennt er die USA, Frankreich, Großbritannien.
Norman Birnbaum blickt aber auch nach Deutschland und natürlich nach Russland, nach Italien und Spanien, und erzählt die jeweilige Geschichte der sozialistischen wie kommunistischen und sozialdemokratischcn Bewegung. Er spannt den großen Bogen, vergleicht, fokussiert, ordnet ein. Eine informative, unzweifelhaft gut lesbare und profunde Länderkunde ist ihm gelungen, die das ein oder andere Mal über das eingangs gesteckte Ziel hinausgeht.
Schön wäre es freilich gewesen, hätte Birnbaum seinen Blick erweitert auf kleinere Schauplätze – etwa auf Chile zu Zeiten Salvador Allendes und dessen vielversprechende Ansätze, innerhalb der nationalen Grenzen eine gerechtere Welt zu schaffen. Oder auf Jugoslawien, den dritten Weg und die Arbeiterselbstverwaltung.
Für deutsche Leser interessant und aufschlussreich wird es besonders dann, wenn Birnbaum als Außenstehender uns den Spiegel vorhält – egal, ob im Rückblick auf wilhelminische Zeiten („Eine erschreckende Mischung aus Chauvinismus, Provinzialismus und Rassismus dürfte bei der sozialdemokratischen Basis auf größere Gegenliebe gestoßen sein, als ihre Führung zur Kenntnis nehmen wollte”) oder auf die Jahre des Kalten Krieges, als die Bundesrepublik „im wesentlichen ein Satellitenstaat war”.
Was ist nun aber die Antwort auf die wesentliche Frage? Ist Solidarität möglich? Birnbaum zitiert Herbert Marcuse: Dem Repressions- Überschuss des Spätkapitalismus könne nur ein Ende gesetzt werden, wenn eine neue Aufklärung stattfände, die persönliche Emanzipation mit dem Aufbau neuer Solidaritäten verschmelze.
GODEHARD WEYERER
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.07.2003

Grollender linker Löwe
Parforceritt durch die Zeit des demokratischen Sozialismus

Norman Birnbaum: Nach dem Fortschritt. Vorletzte Anmerkungen zum Sozialismus. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2003. 496 Seiten, 34,- [Euro].

Spätestens seit Nietzsche wissen wir, daß die Erkenntnis perspektivisch ist. Das gilt auch für die Bücher politischer Soziologen - zumal dann, wenn sie sich wie Norman Birnbaum in der vorliegenden Monographie an Monumentalgemälden versuchen. Der temperamentvolle amerikanische Publizist und Professor gehört zu den bekennenden Linken - ziemlich weit links von der Mitte, aber auf dem Boden der Demokratie. Er zählt, mit Golo Mann zu sprechen, zu den seltenen Vögeln, die noch mit ungebrochenem Frohmut an "den Sozialismus" glauben, ohne Kommunisten zu sein.

Kulturell ist Birnbaum, der lange in Europa gelebt hat, ein Mann zweier Welten. Er kennt die Politik und die Gesellschaften Frankreichs, Englands, Deutschlands, nicht zu vergessen Italiens und Spaniens, genauso gut wie die der Vereinigten Staaten. Sein neuestes Buch, das er jetzt im schönen Alter von 86 Jahren in einer guten deutschen Übersetzung mit aktualisiertem Vorwort vom Dezember 2002 herausbringt, ist breit angelegt, gelehrt, differenziert. Es läßt weiterhin die Pranke des tapfer grollenden linken Löwen erkennen und hat ein bedeutendes zeitgemäßes Thema: den Aufbau, den Triumph und den unaufhaltsamen Niedergang des sozialistischen Wohlfahrtsstaats westlicher Prägung.

Bis weit in die Reihen sozialdemokratischer Parteien hinein (auch bei manchen vom linken Flügel der Christlichen Demokraten) wird die operative Ausgestaltung der Ideen von Solidarität, gesellschaftlichem Fortschritt und sogenannter sozialer Gerechtigkeit heute zwar vielfach als bleierne Erblast empfunden. Doch wer sich die Faszination, auch die von Land zu Land hochinteressante Vielfalt, wer sich die Erfolge, doch auch die Sackgassen und die gegenwärtigen Aporien der sozialstaatlichen Projekte vergegenwärtigen möchte, findet bei Birnbaum eine Fülle kundiger, niveauvoller Analysen.

Das Buch ist gut komponiert. Elf chronologisch gefügte, packend formulierte Kapitel skizzieren die Wege und Gestaltungsversuche der sozialistischen Parteien vom frühen zwanzigsten Jahrhundert über die Zwischenkriegszeit und den Zweiten Weltkrieg bis zur Errichtung der westlichen Wohlfahrtsstaaten, gefolgt von deren säkularer Krise, die nun schon an die dreißig Jahre anhält und an deren Überwindung sich viele ziemlich erfolglos abmühen. Zwar wirft Birnbaum einige zornige und traurige Blicke auf das totalitäre Haifischbecken, wo die Lenin, Stalin und Trotzki mit ihrem Gefolge kreisten oder der nationalistisch entartete Sozialist Mussolini. Aber am lesenswertesten sind die bedenkenswerten, ungeschminkt kritischen Analysen der "konkurrierenden Varianten" des demokratischen Sozialismus in Europa und der vergleichbaren Strömungen in den Vereinigten Staaten.

Gewiß, dieser intime Kenner der Geschichte des Sozialismus im zwanzigsten Jahrhundert schreibt tendenziös. Wer ein Leben lang die Fähnlein von Solidarität, gesellschaftlichem Fortschritt und Gerechtigkeit geschwungen hat, wird in vorgerücktem Alter kaum mehr zum Neokonservativen mutieren. Birnbaum wurde zu Zeiten von Roosevelts New Deal ("das amerikanische Äquivalent einer Sozialdemokratie") politisch sozialisiert. Von dorther bezieht er die Maßstäbe. Auch seine Feindbilder sind über die Jahrzehnte hinweg intakt geblieben: das heute global triumphierende "Kapital", Regierungen "militanter Philister wie Nixon, Reagan und Bush", aber auch die ihm mißfallenden Führer ursprünglich mehr linker Parteien (Tony Blair in England, Clinton in den Vereinigten Staaten).

Die Konzepte des buntassortierten eigenen Lagers, dem er sich verbunden weiß, werden gleichfalls nicht geschont. Birnbaum gehört zu den redlichen, selbstkritischen Linken. So seziert er die strukturellen Aporien des Wohlfahrtsstaates im "orientierungslosen Europa" ebenso wie "die ziemlich durchwachsenen Leistungen der regierenden sozialistischen Parteien" von heute mit durchweg scharfem Skalpell. Natürlich weiß er, daß vor allem die globale Mobilität des Kapitals den europäischen Wohlfahrtsstaaten den Garaus macht, und die lästigen demographischen Tatsachen sind ihm nicht unvertraut. Doch glaubt er auch andere Gründe für die Misere des Projekts Sozialismus zu erkennen: Anwachsen des Individualismus, Entpolitisierung der Massen, Internationalisierung der politischen Entscheidungsprozesse, desgleichen Phantasielosigkeit im sozialistischen Lager. Nur von der unfinanzierbaren Gefräßigkeit der Wohlfahrtsstaaten ist bei ihm weniger die Rede.

Heute fehlt es überall, so meint er resümierend, an Aufklärung über die moralischen Quellen unserer Zivilisation: "Wir zahlen nun den Preis dafür, daß sich die amerikanischen Demokraten wie auch die europäischen Sozialisten einseitig darauf konzentriert haben, ihre Wählerschaft in eine Konsumdemokratie zu führen. Die pädagogische Dimension der amerikanischen Sozialreform und des europäischen Sozialismus ist vernachlässigt worden . . ."

Alles in allem überwiegen nach diesem Parforceritt durch ein Jahrhundert des demokratischen Sozialismus beiderseits des Atlantiks die skeptischen Töne. Selbst die von ihm positiv vermerkten Aktivitäten der gegenwärtigen Kapitalismuskritiker können ihn nicht so recht hoffnungsfroh machen. "Extrem schwierig, aber nicht unmöglich", lesen wir im Schlußkapitel, sei die Wiederbelebung der sozialistischen Bewegung in Europa oder das neue Schmieden eines Bündnisses für Sozialreform in den Vereinigten Staaten. "Nicht unmöglich" - viel sozialistische Hoffnung hat also auch dieser prächtige alte Kämpfer nicht zu vermitteln.

HANS-PETER SCHWARZ

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Utopie und Vision

Der Kapitalismus erobert ungezügelt den Globus - und der amerikanische Soziologe Norman Birnbaum gibt die Hoffnung nicht auf, Sozialisten und Sozialdemokraten in Europa oder Demokraten in den USA könnten dem freien Spiel der Kräfte und Märkte etwas entgegensetzen. Wer die Geschichte sozialer Bewegungen und Parteien studieren und bis in die Gegenwart verfolgen will, wird in diesem Buch fündig.

Vorherrschaft der Vernunft

Was ist Sozialismus? Nach der Definition Birnbaums zielt er auf die Umgestaltung der menschlichen Gesellschaft durch "Ausdehnung der Vorherrschaft der Vernunft auf bislang unveränderbar gehaltene ökonomische und soziale Prozesse". Er setzt auf Solidarität, Bändigung des Marktes und eine gründliche demokratische Praxis. Der Autor räumt ein, dass dies eine Utopie ist, es werde wohl nie eine Gesellschaft geben, die so zu organisieren ist. Sie könne aber als Bezugspunkt fungieren, "als Vision, als ein Richtmaß dienen, an dem erlösende Maßnahmen in einer unerlösten Welt gemessen werden können".

Krise der Ideen

Wer glaubt heute noch, Konzentration von Produktion und Kapital führten durch die Verschärfung der Widersprüche auf direktem Weg zum Sozialismus, wie von Marx einst erhofft? Der Autor sieht jedoch Chancen für einen Gegenangriff auf die Allmacht des Marktes. Finanzielle Transaktionen können gelenkt und besteuert, Investitionen in sozial produktive Projekte geleitet, Arbeiter besser ausgebildet, die Nützlichkeit eines autonomen öffentlichen Sektors verteidigt werden. Die Krise in den fortgeschrittenen Staaten sei vor allem eine Krise der Ideen. Hier könnten Sozialisten Mut und Tatkraft beweisen. Mut schöpfen können sie aus dieser Lektüre.
(Roland Große Holtforth, literaturtest.de)

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"Dies ist die Bilanz eines internationalen Gelehrtenlebens." (Jürgen Habermas)