Der römische Kaiser Konstantin (306-337 n. Chr.) ist eine der umstrittensten Gestalten der Weltgeschichte. Kein anderer Herrscher der Antike hat eine so kontroverse Wirkungsgeschichte vorzuweisen. Konstantin, mit dem das christliche Kaisertum beginnt, wurde oftmals als Muster eines Herrschers gefeiert, der dem Glauben dient. Doch Konstantin wurde auch vorgeworfen, durch die staatliche Förderung des Christentums die Kirche korrumpiert und das Römische Reich geschwächt zu haben. Und war seine Politik gegenüber Christen und Heiden nicht allein durch seinen Willen zur Macht bestimmt?In Byzanz wie im westlichen Mittelalter, in der Frühen Neuzeit wie im 19. und 20. Jahrhundert haben sich weltliche Herrscher und kirchliche Würdenträger,Politiker und Historiker, Literaten und Künstler intensiv mit Konstantin auseinandergesetzt. So ist die Konstantinrezeption überaus vielgestaltig: Neben historiographischen, hagiographischen, politischen und philosophischen Texten stehen Kunstwerke, Theaterstücke, Filme und Dokumentationen, die modernen Printmedien und das Internet. Die Vielfalt dieser spannungsreichen Wirkungsgeschichte wird im vorliegenden Band von ausgewiesenen Spezialisten epochenübergreifend in den Blickgenommen.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Ist es noch Vielfalt oder schon Inkohärenz, was dieser von Andreas Goltz und Heinrich Schlange-Schöningen herausgegebene Sammelband über Konstantin den Goßen dem Leser bietet? Wolfgang Schuller scheint geneigt, für ersteres zu stimmen. Zwar werfen ihn die Beiträge ganz schön hin und her zwischen Konstantin-Bildern aus dem Byzanz des 9. Jahrhundert über Heiligenlegenden aus dem 12. Jahrhundert bis in die neuzeitliche Wirkungsgeschichte, etwa bei den französischen Enzyklopädisten. Doch findet Schuller auch Spezifischeres (zu Jacob Burckhardts Konstantin-Bild) und in Anlage und Argumentation Mustergültiges, wie eine Nachzeichnung der Diskussion um die Konstantinische Schenkung. Dass alles zusammen seine Berechtigung hat, erfährt der Rezensent nicht zuletzt durch Alexander Demandts Einführung, die ihm verdeutlicht, wie ungesichert vieles aus Konstantins Lebenszeit auch heute noch ist.
© Perlentaucher Medien GmbH
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